Bezirks auch pro 1883/84 beizubehalten. Der Aufwand für die Naturalverpflegung be­trug im Vorjahr einschließlich der Gebühren der Anweisungsbeamten 8460 M.

In Reutlingen wurde am Freitag in aller Stille ein Jubiläum gefeiert. Ein 37 Jahre alter Landstreicher stand vor dem Schöffengericht zum 100. Male zur Aburtheilung. Zur Feier des Tages wurde der Wackere vom Gericht mit 6 Wochen Haft bedacht, auch Vorsorge getroffen, ihm auf einige Zeit ein Plätzchen im Arbeits­haus zu sichern.

Plochingen, 27. April. Unter der Führ­ung der Herren Ministerpräsident v. Mittnacht und Generaldirektor Böhm, kam heute Nach­mittag eine große Anzahl Mitglieder der Stände- Versammlung, darunter die Präsidenten der bei­den Kammern hieher, um die neu eingerichtete Zentralweichenstellung des hiesigen Bahnhofs zu besichtigen. Auf der Herfahrt wurden Proben mit der Westinghouse'schen Schnellbremse ge­macht. Etwa 8mal wurde der Zug auf offener Bahn zum Stehen gebracht. Die Zeit vom ersten Signal bis zum völligen Stillstand dif- ferirte von 716 Sekunden. Die Vorrichtungen am Zug und die Weicheneinrichtung des hiesigen Bahnhofs wurde von dem Obermgeniem der Genemldirektion erläutert. Vor der Zurückfahrr des Extrazugs nach Stuttgart wurde auf der Kahnhofrestauration eine kleine Erfrischung ein­genommen.

Vaihingen, 27. April. Unsere Reben sind in den niedrigsten wie höchsten Lagen vol­ler Saft und an allen Stöcken entwickeln sich die Blätter herrlich. Bis jetzt haben denselben Wetter und Wind noch nicht geschadet.

Oberndorf, 26. April. In den letzten Tagen ist ein Arbeiter der Gewehrfabrik dahier verduftet; dem Hausherrn ließ er als Unter­pfand für sein Guthaben einen schweren Koffer zurück; als man ihn öffnete, kam ein großer Stein, aber kein Kleidungsstück zum Vorschein.

Crailsheim, 26. April. Eine vor vier Monaten nach Philadelphia ausgewanderte Zimmermannsfamilte aus Crailsheim wurde dort von einem schweren Schlage durch eine unselige Thar ihrer 16 Jahre alten Tochter betroffen. Dieselbe, ein stattliches Mädchen, welches bei Frau Lizzia May, der Gattin eines Blumenfabrikanten diente, führte sich zur größ­ten Zufriedenheit ihrer Herrin auf und mußte, als Herr May eine größere Geschäftsreise unter­nahm, sogar das Zimmer ihrer Herrin theilen. Eines Morgens, als Frau May noch schlief, nahm genanntes Dienstmädchen ein Beil, schlug auf ihre schlafende Herrin los und brachte ihr zwei tiefe Wunden am Kopfe bet; es entspann sich dann ein verzweifelter Kampf, während des­sen das Dienstmädchen eine Flasche mit Rhum ergriff und nach Frau May schleuderte, dieselbe verfehlte jedoch ihr Ziel, traf aber das acht

Monate alte in seinem Bettchen liegende Kind derart an den Hinterkopf, daß ein Schädelbruch erfolgte. Das Mädchen verließ hierauf das Schlafzimmer, in welchem Wände, Bett, Teppich und die Thüre mit Blut bespritzt waren, be­gab sich in das Badezimmer um das Beil vom Blute zu reinigen und legte sich wieder zu Bette, wie wenn nichts vorgefallen wäre. Sie wurde gleich darauf verhaftet; man glaubt indeß, nach verschiedenen Anzeichen, daß man es mit einer Wahnsinnigen zu thun hat.

Deutsches Reich.

Der DampferHabsburg", der am 7. April von New-Pork abgegangen, ist noch nicht zurück­gekehrt und es sind Gerüchte über seinen Unter­gang aufgetaucht. Wagners Bureau meldet jetzt unterm 26. April: Der DampferStandard" traf den LloyddampferHabsburg" am 17. April auf 48 Grad nördl. Breite und 23 Grad Länge mit gebrochener Welle; sonst an Bord alles wohl.

Bremen, 28. April. Der Norddeutsche Lloyd engagirte zwei starke Schleppdampfer, um den Dampfer Habsburg auszusuchen. Der eine kreuzt bei den Scilly-Jnseln, der andere an der Südspitze Irlands.

Die Bevölkerung des deutschen Reiches hat seit dem 1. Dezember 1880 ab­genommen; diese überraschende Thatsachs ergibt sich aus einer vorläufig von dem Resultate der Berufsstatistik dem Reichstage mitgetheilten Uebersicht. Das Ergebniß ist dadurch entstan­den, daß im Jahre 1881 die Zahl der Geburten um 48000, im Jahre 1882 gar um 250000 hinter dem bisherigen Durchschnitt zurückgeblieben ist; seit der Zählung aber 250000 Menschen aus Deutschland ausgewandert sind. Die Ge- sammtziffer der deutschen Bevölkerung beträgt 45213 907, die Abnahme 20154 Köpfe.

In München soll demnächst der Bau von Einfamilienhäusern in großem Maßstab in An­griff genommen werden. Der Baugrund ist das hochgelegene Gebiet zwischen der Nhmphenburger- und Dachauerstraße einerseits, der Erzgießerei- und Lazarethstrabe andererseits. Im Ganzen sollen über 200 Häuschen zur Ausführung kom­men. Der Preis eines Einfamilienhauses mit Garten wird 25 bis 36 000 M. betragen.

Straßburg, 27. April. Der Landes­ausschuß nahm gestern Abend nach mehrstündi­ger Debatte über die Denkschrift, betreffend die Tabaksmanufaktur, mit allen gegen eine Stimme den Antrag der Kommission auf Beibehaltung der Manufaktur an.

Ausland.

Belgrad. Aus Rustschuk kommt die schreckensvolle Nachricht von der in wahrhaft gräßlicher Weise erfolgten Ermordung des dor­tigen italienischen Konsuls, seiner Frau und

ihres wenige Monate alten Kindes. Die ver­mummten Mörder, drei au der Zahl, drangen Nachts in die Wohnung des Konsuls, knebelten seine Dienerschaft und erdolchten den Konsul im Schlafe. Da die Mörder im Schlafzimmer des Konsuls die Schlüssel zu seiner Kaffe nicht fan­den, so begaben sie sich in das Gemach der Frau, banden sie und forderten mit vorgehaltenem Re­volver die Herausgabe der Schlüssel. Da die Frau, halb ohnmächtig, nicht antwortete, ergriff einer der Unmenschen den in der Wiege befind­lichen Säugling u. schmetterte ihn an die Wand, daß das Gehirn umherspritzte, worauf die in­zwischen bewußtlos gewordene Frau durch Re­volverschüsse getödtet wurde. Das furchtbare Verbrechen ward erst am nächsten Vormittag entdeck:. Es liegt der Verdacht vor, daß die Dienerschaft des Konsuls mit den Mördern ge­meinsame Sache gemacht, weshalb sie auch so­fort verhaftet wurde.

New - Aork, 26. April. Der Herald schätzt die Opfer des letzten Wirbelsturmes, welcher die Ver. Staaten heimsuchte, auf 300 Todte und etwa 1000 Verletzte.

In Brasilien werden, wie dieDaily News" berichtet, Chinesen zur Arbeit auf den Kaffeepflanzungen angeworben. Der Lohn, zu dem sich vorläufig 20,000 Chinesen verdingt haben, beträgt IVr Sh. den Tag, ohne Kost. Der Fahrpreis von China nach Rio beträgt 2 Pfund und die brasilische Regierung soll be­absichtigen, 4500,000 Chinesen nach Brasilien kommen zu lassen.

Handel «nd Berkehr.

Altenstai g, 27. April. Unter Beziehung auf die wiederholten Bekanntmachungen, womach vom 1. Jan. 1884 an nur solche Schank ge- sässe gebraucht werden dürfen, welche den be­kannt gemachten Vorschriften des Reichsgesetzes vom 20. Juli entsprechen, werden die betreffen­den Gewerbetreibenden darauf aufmerksam ge­macht, daß sie, um sich vor Schaden zu bewah­ren, nur solche Schankgefässe anfertigen, be­ziehungsweise kaufen sollten, welche der Vor­schrift entsprechen. Die neuen, vorschriftsmäßigen Schankgefässe dürfen jetzt schon in Gebrauch ge­nommen werden.

(Folgen des Bäckerstreiks.) DieWiener Presse" erhält folgende Zuschrift, die wir ganz unverfälscht hier wiedergeben:Geehrter Herr Redackteur. Wünschenswehrt wär es doch wen die Köchinen einmal thäten Strieke machen. Ich wäre sehr neugierig ob den das Militär dan auch Alle Ihre Köch abtretten würde. Den die Wiener Frauen können nichts Kochen. Sie laufen den ganzen Tag auf der Gaffe herum von einer Auslag zur andern Wen das Militär schon überall Einschreite muß, so müssen Sie auch Priefat Köchin machen. K. G."

in edelmüthiger Weise den Fehltritt, den er begangen, und den Kummer, den er Ihnen verursacht, wieder gut! Das Leben unserer theuren Lucy wiegt allerdings die Banknote:!, welche er in der Hauptstadt der drei Königreiche verbrannt hat, auf."

Bonnington ergriff Broughs Hand und drückte sie einen Moment schweigend in der seinigen.

Gottes Finger zeigt sich in alledem," sagte er dann mit beweg­ter Stimme,und Samuels Erscheinen erklärt mir manches Geheimniß, dessen Grund mir bis aus diesen Tag räthselhaft geblieben war. Ja, Mein Freund, dieser Mann hat mir den grausamsten Kummer verursacht, dm ich in meinem Leben empfunden, aber das Glück, das ich in diesem Moment empfinde, wiegt alles Vergangene auf, und ich bin doppelt glücklich, dasselbe Samuel zu verdanken. Bitten wir nur den Himmel, daß kein Schmerz die Freude dieses Tages stören möge!"

In diesem Augenblick erscholl mitten aus der Gruppe der um den Tiger versammelten Jäger lautes Geschrei, und Jubelrufe verkündigten Herrn Bonnington und Herrn Gus, daß Samuel als Sieger aus dem Kampfe mit dem Ungethüm hervorgegangen.

Mehrere Eingeborene hatten den Elefanten bestiegen, auf welchem sich Lucy befand, und hatten das junge Mädchen eben heruntergeschafft, als die Rufe erschollen. Als sie den Boden berührte, erwachte Lucy aus ihrer Ohnmacht; sie hatte von dem wilden Drama nichts gehört u. gesehen.

Als Lucy die Augen aufschlug, fiel ihr Blick zuerst auf Samuel. Sie stieß einen Schreckensruf aus und wandte sich zu ihrem Vater. Sa­muel war sehr bleich, sein Blut floß aus einer Wunde, die ihm der Tiger beigebracht hatte. Lucy hielt das Unglück für schlimmer, als es war.

Samuel tödtlich verwundet!" sagte sie mit erstickter Stimme zu ihrem Vater, der sie mit Küssen bedeckte.

Er ist's, der dich gerettet hat, mein Kind!" unterbrach sie ihr Vater.

Aber indem er sein Leben auf's Spiel setzte!"

Gott beschütze ihn!"

Vielleicht stirbt er..

Bonnington zog di: Tochter an seine Brust.

Nein, mein Kind", sagte er,Samuel wird nicht sterben, denn jetzt ist das Vergangene vergessen u. die Zukunft kann noch glücklich werden."

Was willst du damit sagen?"

Ich meine," erwiderte der Vater,daß mir heute alles klar ge­worden ist und daß ich nicht mehr will, daß meine Lucy wegen des Ver­gangenen bleich und traurig sein soll. Morgen werde ich Herrn Hamp- den aufsuchcn, und wer weiß, wenn du nichts dagegen hast, kann ich ihn vielleicht durch süßere Bande als die der Dankbarkeit und Freundschaft an mich fesseln!"

Eine plötzliche Röthe färbte bei diesen Worten die Wangen des reizenden Kindes und sie barg ihr Köpfchen an der Brust ihres Vaters.

Was sollen wir dem eben Gesagten noch hinzufügen?

Samuel hatte kurze Zeit nach der Katastrophe in der Lombardstreet seine Schwester verloren. Dann hatte er wieder allein in der Welt da- gestanden, düster, traurig, hoffnungslos. Was er auch gethan hatte, um dies Gefühl in seiner Brust zu ersticken, er lieble Lucy mit der gan­zen Hingebung eines glühenden jungen Herzens. Er wußte, daß Bon­nington mit seiner Tochter nach Kalkutta abgereist war. Eine Art In­stinkt, der stärker war als sein Wille, trieb ihn nach Indien, wo er fast zu gleicher Zeit mit derjenigen anlangte, welche er liebte. Ohne sich je­mals zu zeigen, verließ er selten Lucys Spur; er folgte ihr überall, vor allen Blicken verborgen, glücklich. So hatte er sich auch in der Nähe der Ruinen der alten Pagode befunden. Das übrige weiß der Leser.

Ungefähr sechs Monate nach diesen Ereignissen vermählte sich Sa­muel Hampden mit Lucy Bonnington, und von diesem Moment an störte nichts mehr chr Glück. Noch heute wohnen sie in Indien und Gus- Brough, der von Zeit zu Zeit un Aufträge der flalistftchen Gesellschaft Ausflüge dahin macht, behauptet, daß man in den 64 595 Häusern und Hütten Kalkuttas vergeblich nach einem glücklicheren Paare suchen würde.