sollten, durch ein Staatsanlehen gedeckt werden sollen. Art. 10 veranlaßte eine längere De­batte, bei welcher Kanzler v. Rümelin für das Rentensystem eintrat und zu erkennen gab, daß er hinsichtlich der Schuldentilgung nicht be­sonders rosig in die Zukunft blicke Angesichts der Zunahme der Bevölkerung in Württemberg, womit die Vermehrung des Arbeitsverdienstes nicht gleichen Schritt zu Hallen vermöge. Nach­dem auch noch verschiedene Gegner zu Worte gekommen waren, wurde der Artikel nach dem Antrag der Finanzkommission in der Fassung angenommen, daß auf die 1883/85 aufzuneh- mendeu Staatsanlehen die in Art. 1 des Ges. v. 20. März 1881 hinsichtlich der Tilgung ge­gebenen Bestimmungen Anwendung finden sollen. Auf Antrag der Commission wird mit dem in Art. 9 ausgesprochenen Vorbehalt ein vor­gesehenes 4 "/oiges Anlehen zur Deckung der Elsenbahntilgungsrate pro 1883/85 von 3441845 M. 56Wfg. genehmigt, ebenso ein 4°/yiges An­lehen zur Verstärkung des Betriebskapitals der Staatshaupikasse von 1 Million. Zum Be­darf für die Staatsschuld werden pro 1883/84 für Verzinsung, Tilgung und Einlösungskosten 19 779 400 M. 72 Pf., für 1884/85 19 969411 M. 08 Pf. genehmigt, endlich noch 246 875 M. als Zinsenbedarf pro 1883/84 für die 1881/83 ausgegebenen Schatzanweisungen. Schluß der! Sitzung.

Deutscher Reichst^.

Die Verhandlungen über die Abänderung der Gewerbeordnung nehmen seinen schleppenden Verlauf; bei den Abstimmungen entschieden mei­stens nur Majoritäten von 2 bis 4 Stimmen, so daß die Entscheidungen oft rein zufällige sind. In der Dienstagssttzung wurde der Artikel 10, der vom Haufiergewerbe handelt, noch nicht zu Ende berathen. Die Ausübung der Heilkunde im Umherziehn durch nicht approbirte Personen soll nach der Vorlage umersagt werden. Da­gegen wurde geltend gemachr, daß man mit die­sem Verbot die Kurpfuscherei doch nicht be­seitige, wohl aber die segensreiche Wirksamkeit der barmherzigen Krankenpflege beeinträchtigen würde. Von Seiten des Regierungsvertreters wurde letzteres bestritten und betreffender Para­graph vom Hause unverändert , angenommen. Eine andere lebhafte Diskussion erhob sich über die Bestimmung, daß dem Bundesrath die Be- fugniß ertheilt werden soll, in Nothfällen ge­wisse Bestimmungen über das Haufiergewerbe für eine bestimmte'Zeit aufzuheben. Abg. Baum­bach beantragte nämlich den Zusatz, daß der Bundesrath verpflichtet sein sollte, die von ihm getroffenen Anordnungen dem Reichstag zur nach­träglichen Genehmigung vorzulegen. Gegen diese Bestimmung erhob der Finanzminister Scholz entschiedenen Widerspruch im Interesse des An­sehens der Regierung, welches geschädigt würde, falls der Reichstag die Anordnungen hintenher nicht genehmigte. Der Antrag wurde indessen von den Abgg. Bamberger, Hänel und Richter

als entsprechend der Verantwortlichkeit der Re­gierung bezeichnet und befürwortet, worauf er vom Hause mit 139 gegen 135 Stimmen ange­nommen wurde. Ebenso wurde ein neuer Para­graph angenommen des Inhalts: »Das Feil- vieten von Maaren im Umherziehen in der Art, daß dieselben versteigert oder im Wege des Glückspiels oder der Ausspielung (Lotterte) ab- gesetzt werden, ist nicht gestattet. Ausnahmen von diesem Verbote dürfen von der zuständigen Behörde zugelassen werden."

Auch in »der Mittwochsttzung wurde der das Wandergewerbe betreffende Artikel 10 noch nicht völlig erledigt. Es wurden nur 3 Paragraphen behandelt und angenommen, deren Schicksal bei der Abstimmung ein rein zufälliges war. So wurde die Bestimmung, nach welcher der Ge­werbeschein für das Wandergewerbe versagt wer­den kann, wenn der Nachsuchende ein oder meh­rere Kinder besitzt und für deren Unterhalt nicht genügend sorgt, mit Stimmengleichheit (142 gegen 142 Stimmen) abgelehnt, aber auch der Gegenantrag des Abg. Baumbach, wonach der Gewerbeschein zu versagen sei, wenn der Nach­suchende schon bestraft ist, wurde mit Stimmen­gleichheit (diesmal waren zwei Abgeordnete hin­zugekommen, von denen der eine für, der andere gegen stimmte) und zwar mit 143 gegen 143 ! Stimmen verworfen. Der ß 58, der von der Entziehung des Gewerbescheines handelt, wurde in der Fassung, die ihm die Kommission gegeben, angenommen. § 59, der die Fälle aufführt, in denen ein Gewerbeschein nicht erforderlich ist, wurde noch nicht zu Ende berathen.

Laudesuachrichteu.

Altenstaig, 15. April. Zu Ehren des nach Backnang beförderten Hrn. Schullehrers Knieser fand gestern Abend im Gasthaus zur Traube" eine Abschiedsfeier statt, zu welcher von Seiten des Ausschusses des Gewerbevereins, Liederkranzes und Kirchenchors eine allgemeine Einladung ergangen war. Die geräumigen Lo­kale derTraube" waren vollbesetzt von hiesigen und.benachbarten Freunden des Scheidenden, welche gekommen waren, um demselben einen Tribut ihrer Freundschaft und Achtung zu zollen. Hr. Holzhändler Maier, jetziger Vorstand des Gewerbevereins, überreichte Namens desselben Hrn. Knieser einen goldenen Siegelring mit dem Wunsche, das Geschenk als eine kleine Aner­kennung der Verdienste um den Verein entgegen­nehmen und als ein freundliches Andenken be­wahren zu wollen. Desgleichen überreichte Hr. Schüller eine eingerahmte photographische Aufnahme der Stadt Altenstaig als Geschenk des Liederkranzes und bezog sich in seinen Wied- mungsworten in passender Weise auf den Text eines vorher vom Liederkranz gesungenen Liedes:So scheiden wir mit Sang und Klang", dessen Melodie Hr. Knieser selbst componirt hat. Redners sangesbrüderlichen Wünsche gipfelten namentlich auch in der Bedeutung der von ihm ausgesprochenen Worte:Wenn Menschen aus­

einandergehen, so sagen sie auf Wiedersehen." Herr Stadtpfarrer und Bezirksschulinspektor Mezger hob hervor, daß ein Lehrer von uns scheide, welcher hier 9 Jahre lang seine volle Manneskraft im Dienste der Schule eingesetzt, ! seine theoretischen Kenntnisse bestens verwerthet und seine Ehre darin gesucht habe, eine gute Schule zu halten. Zwar habe Manchen sein schneidiges Wesen, namentlich die strenge Zucht nicht ganz gefallen, die Herren Visitatoren hätten indeß seine Verdienste um die Schule gerne und rückhaltlos anerkannt. Hr. Knieser dankte sodann in bewegten Worten für die vielen ehren­den Kundgebungen und konnte nicht umhin zu bemerken, daß ihn bei der Trennung von der Stadt Altenstaig, die ihm lieb und theuer ge­worden sei, ein Gefühl der Wehmuth anwandle. Die Feier verlief in angenehmster Unter­haltung und trugen namentlich die Gesänge des Liederkranzes und Kirchenchors vieles zur Be­lebung und Verschönerung derselben bei. Möge Hr. Knieser in Backnang einen gesegneten und angenehmen Wirkungskreis finden und sich stets gerne des Schwarzwalds und der Stadt Altenstaig erinnern.

Altenstaig, 15. April. Bei heutiger Plenarversammlung der Hand wer kerb an! machte Hr. Stadtschultheiß Walther am Ein­gang die Mittheilung, daß der Vorstand, Hr. Amtsnotar Dengl er leider noch durch schwere Krankheit verhindert sei, die Rechnungsablegung zu erstatten und daß aus diesem Grunde die Abhaltung der Versammlung sich verzögert habe. Hr. Notariatsverweser Weeg mann erstattete deßhalb den Geschäftsbericht pr. 1882/83. Aus demselben heben wir Folgendes hervor: Die Mitgliederzahl betrug Ende 1882: 259 und sind im Lause des Jahrs 16 Mitglieder neu einge­treten. Die Aktiven betragen 183,690 M.

91 Pfg., worunter ausstehende Vorschüsse auf bestimmte Zeit 125,590 M., auf laufende Rech­nung 10,381 M. 90 Pfg., Württ. Staatsob­ligationen 25,707 M. 21 Pfg. und Guthaben beim Bankier 10,281 M. 60 Pfg.; die Pas­siven betragen 176,868 M. 19 Pfg., worun­ter Guthaben der Mitglieder an Monatseinlagen 117,982 M. 25 Pfg., Anlehen 47,305 M. 29 Pfg., Guthaben auf laufende Rechnung 8,800 M. und Guthaben des Reservefonds 2,735 M. Bei einem Umsatz von 1,333,358 Mark wurde ein Reingewinn von 6,822 M. 72 Pfg. erzielt und konnten 5 pCt. Dividende bewilligt und ca. 600 M. dem Reservefonds gutgeschrieben werden. Die Anträge des Verwaltungsraths 1) vom 1. Jan. 1884 an darf die Höhe der einbezahl­ten Monatseinlagen eines Mitglieds nur noch 1000 M. betragen und ist der Mehrbetrag zu- cückzuziehen und 2) nach erfolgter 3maltger Prolongation ist für jede weitere Verlängerung ein weiterer Bürge zu stellen, wurden von der Versammlung gutgeheißen. Der seitherige Vor­stand, Kassier, Verwaltungsrath und die Mit­glieder der Controle-Commission wurden durch er­neute Wahl wiederholt des Vertrauens gewürdigt.

Vergeltung.

Von I-isrrs 2s,oooo,s. Deutsch von wd. I,smks.

(Fortsetzung.)

Miß Luch selbst hatte sich einer gewissen Theilnahme für diese stille Natur, die jede Berührung zu fürchten und zu fliehen schien, nicht erwehren können; ihre Neugier war auf das Lebhafteste erregt worden und für ein Mädchen in ihrem Alter war eine solche Neugier nicht ohne Gefahr. Eines schönen Morgens ertappte sich das hübsche Kind darauf, daß sich ein anderes, süßeres Gefühl in ihr Herz eingeschlichen hatte; und da sie es noch nicht gelernt hatte, irgend etwas zu verheimlichen, so konnte Samuel über die Wahrheit nicht lange in Zweifel bleiben. Aber seltsam, obwohl eine solche Entdeckung ganz dazu angethan schien, ihm aufrichtige Dankbarkeit einzuflößen, schien ihn dieselbe zunächst höchst unangenehm zu berühren. Von diesem Tage an wurde er in der That noch schweigsamer und kälter als bisher, ja, er bezeigte Lucy kaum noch die alleretnsachsten Aufmerksamkeiten.

Aber man kann sich wohl denken, daß er bald von dieser ersten Stimmung zurückkam, denn nach Verlauf weniger Monate wechselte er schon bereitwillig von Zeit zu Zeit einige Worte mit dem jungen Mäd­chen und oft lächelte er beim Abschied leise und zärtlich. Freilich lag in diesem Lächeln eine tiefe Traurigkeit.

Indessen verstrich die Zeit schnell, der Salon wurde allmählich leerer, die Gäste zogen sich einer nach dem andern zurück und Samuel wollte sich nun ebenfalls verabschieden; eine dumpfe Unruhe quälte ihn, er war mit oer ganzen Welt und mit sich selbst unzufrieden er hätte schon längst fort sein mögen, und doch konnte er sich nicht entschließen, seinen Beobachterposten aufzugeben.

Endlich schien er sich zu ermannen; er verließ das Fenster, in dem er gestanden, und trat entschlossen auf Miß Lucy zu, welche soeben i« den anstoßenden Salon gegangen war.

Der Saal war leer und niemand beobachtete sie. Samuel begann sogleich die Unterhaltung«

Vergeben Sie mir mein Fräulein," sagte er und seine Stimme verrieth unwillkürlich seine Erregung,aber wenn mein Benehmen auch etwas indiskret, so bietet doch der Beweggrund zu demselben nichts, was Sie vielleicht beleidigen könnte."

WaS haben Sie denn, Herr Samuel?" fragte ihn Lucy und schlug ihre schönen Augen theilnahmsvoll zu ihm auf.

Haben Sie gestern Abend hier in der Lombardstreet geweilt?"

Weshalb stellen Sie diese Frage an mich?" sagte Miß Lucy.

Weil ich gestern Abend ungefähr um zehn Uhr das Glück gehabt habe, eine junge Dame zu retten, in welcher ich, verzeihen Sie, einen Augenblick Sie zu erkennen glaubte."

Und wo war das?"

Im Flottenviertel."

Sie gehen also oft dorthin?" i

Nur ab und zu." ,

Und Herr Bonnington hat Sie nie nach dem Grunde gefragt?" j

Nie, Fräulein!" ,

Ein reizendes Lächeln voller Schalkhaftigkeit und Uebermuth spielte > um Lucys Lippen.

Nun wohl!" erwiederte sie gleich darauf.Das ist doch sicherlich > sonderbar, Herr Hampden, und ich bin erstaunt darüber, daß Sie auf t den Gedanken kommen, mich, die ich Ihnen doch beinahe eine gänzlich 1