dorf), beschuldigt, er habe als Standesbeam­ter daselbst unter Außerachtlassung der ge­setzlichen Vorschrift, daß Frauen, erst nach Ab­lauf des zehnten Monats seit Beendigung der früheren Ehe eine weitere Ehe schließen dürfen, am 15. Jan. d. I. die Eheschließung zwischen der Wittwe Marie Widmann (geb. Schüttle) und dem S.teinhauer Aloys Gaus vollzogen, während der Ehemann der Ersteren, der Zieg­ler Wilhelm Wivmann, erst am 18. Mat 1882 verstorben war, mit einer Geldstrafe von 10 M. angesehen. Bei der Strafbemessung beachtete der Gerichtshof, daß Maier erst seit kurzer Zeit das Standesamt versieht und daher mit den gesetzlichen Vorschriften noch nicht ganz be­kannt war.

Ulm, 21. Febr. Heute Vormittag ist, wie bereits telegraphisch gemeldet, in der Ziehung der Münsterbaulotterie der 2. Gewinn 30 000 M. auf Nr. 107 567 gefallen. Dieses Loos wurde von der Generalagentur nach Köln abgesetzt. Der 4. und 5. Gewinn, je 5000 M. fielen auf Nr. 128 516 und 281381. Weiter wurden Vormittags gezogen: Nr. 141595, 197 725, 315217, 326 634, 8373 je 2000 Mrk.; Nr. 205 736, 23442, 235083 je 1000 M. Heute Nachmittag wurde die Ziehung beendet. Der 1. Gewinn 75000 M. fiel auf Nr. 106 762, der 3. Gewinn 10000 Mk. auf Nr. 214867. Der letztere Gewinn wurde hier verkauft. Die Ziehung dieser ersten Lotterie zu 3 Mrk. per Loos währte 2 Tage von 812 und 14 Uhr, heute nahm die Ziehung noch die Zeit von 812 und 14 V» Uhr in Anspruch. Der erste Gewinn wurde heute Mittag Punkt 4 Uhr ge­zogen, es war einer der letzten im Rade der Ge­winnnummern.

In Baiersbronn brannten am Morgen des 21. Febr. 2 Wohnhäuser und 1 Scheuer total ab.

Heilbronn, 20. Februar. Vor ein paar Tagen wurde plötzlich das Haus eines hiesigen Gewerbetreibenden von Landjägern und Steuer­wächtern umstellt, worauf in Gegenwart eines Steuerbeamten das Haus durchsucht wurde. Der betr. Gewerbetreibende stand im Verdachte der Kapitalsteuer-Defraudation und soll die vor­genommene Haussuchung eine Bestätigung dieses Verdachts in umfangreichster Weise ergeben haben. Man spricht von nicht versteuerten Kapitalien im Betrage von 40000 M.

Der vermißte Postbote Gaißelmann von Feckenhausen befindet sich nicht im Neckar, sondern hat sich am 14. Febr. nach Amerika eingeschifft und sollen bereits Maßnahmen zu einem feierlichen Empfang drüben getroffen wor­den sein.

Eberstadt, OA. Weinsberg, 21. Febr. Das sehr bedauerliche, geringe Interesse, wel­ches da und dort bei Gemeindewahlen sich be­kundet, ist auch bei der letzten hies. Bürgeraus­schußwahl zu Tage getreten. Beim ersten Wahl­termin hatte von den ca. 250 Wählern nicht ein einziger abgestimmt und bei der Nachwahl

erschienen nur 8 Wähler. Der Obmann des Bürgerausschusses erhielt 3, die Mitglieder je 2 Siimmen.

Deutsches Reich.

Vom Mün chener Landgericht wurde der Advokat Dr. Hettersdorf in München wegen Vergehens in Bezug auf die Religion zu 14 Tagen Gefängniß verurtheilt. Derselbe hat in einer im Münchener demokratischen Verein am 6. Dezbr. v. I. gehaltenen Rede die von den Münchener Gemeindebehörden beschlossene Scheu- ^ kung von 100000 Mk. aus der Gemeindekasse für den Neubau einer katholischen Kirche einer ^ scharfen Kritik unterworfen und dabei die Kirchen ^ Verdummungsanstalten" genannt. ^

Vor dem Würzburger Landgerichte > spielte sich am 16. und 17. ds. ein wahrer ^ Monstre-Prozeß gegen den Getreidehändler Hirsch Süßer von da, einen Wucherer und Blutsauger, wie er seines Gleichen nur selten hat, ab. Der Prozeß enthüllte eine entsetzlich lange Kette von Unthaten mittelst Ausbeutung der Noth und Dummheit der Bauern, wobei die bekannten 100160 Prozent Zinsen eine Hauptrolle spiel­ten. Die Anklage lautete auf 16 Fälle von Wucher, 6 von Betrug, 1 von Wechselaccept- fälschung, Vermögenshinterziehung und betrü­gerischen Bankerott. An 70 Zeugen, lauter i Leute, die durch den Süßer in's Unglück gestürzt wurden, waren zu vernehmen. Nicht nur das i sehr zahlreiche Publikum, sondern selbst der ! Vorsitzende des Gerichts äußerten in scharfer Weise ihren Unwillen über ein solchesHals­zuschnüren." Der Staatsanwalt beantragte 5 Jahre Zuchthaus, 3000 Mk. Buße, event. 200 Tage Gefängniß; der Vertheidiger bat um Milde. Der Angeklagte selbst suchte Alles zu verdrehen und will ein kurzes Gedächtniß haben. Bücher hat er nicht geführt. Das Urtheil wird am Samstag, den 24. d., verkündet.

Aus Kassel, 16. ds. Mts., wird der Selbst mord eines sieb enjährigen Mäd­chens gemeldet, gewiß ein seltener Fall in der traurigen Chronik der Selbstmorde. Die kleine L. G., die Nichte eines hochgeachteten Staats­beamten, der Vaterstelle an der kleinen Waise vertrat, mußte am letzten Samstag Mittags wegen irgend einer Ungehörigkeit in der Schule nachsitzen. Anstatt nach verbüßter Strafe nach Hause zu gehen, setzt das kleine Mädchen seinen Hut auf, schnallt das Ränzchen um, läuft direkt nach der Fulda und stürzt sich in die Fluthen. Das Hütchen wird alsbald am Ufer gefunden und läßt die trostlosen Verwandten das Unglück ahnen. Es wird gesucht und gesucht, bis schließ­lich die kleine Leiche aus dem Wasser gezogen wurde.

(Ueber ein aufsehenerregendes Ereigniß), das sich in einem deutschen Kleinstaat während der letzten Monate abgespielt hat und worüber in den betheiligten Kreisen bisher Stillschweigen beobachtet worden, geht Berliner Blättern fol­gende zuverlässige Mittheilung zu: In einem

gleich auch fasstonspflichtig ist, dem Steuerpflich­tigen zu ermöglichen, die Consequenzen der Ver­schuldung des Fassionspflichtigen zu beseitigen und sich selbst von der daraus hervorgehenden Verschuldung frei zu machen, hat um so mehr Chance zu seiner Erhebung zum Gesetze, als sich ja längst insbesondere unter den Steuerpflichti­gen der Wunsch geltend gemacht hat und noch heute geltend gemacht wird, daß die freiwillige nachträgliche Richtigstellung früherer Fasstonen durch die Steuerpflichtigen mehr als bisher er­leichtert werden sollte. Durch ein solches Ge­setz, wie es in dem vorliegenden Entwürfe ge­plant ist, wären dann auch die zahllosen Fälle der Bestrafung von ganz unschuldigen Erben für die Steuerdefraudationen ihrer Erblasser aus der Welt geschafft.

Stuttgart, 21. Febr. Der Zahntech­niker Vogel ist seit einigen Monaten damit beschäftigt einen Ballon zur Luftschifffahrt ä 1a Securius anzufertigen, und zwar näht er selbst in der Gewerbehalle mit einer Nähmaschine da­ran. Ende der Woche soll der Ballon in der Gewerbehalle versuchsweise gefüllt werden und Anfangs März will Vogel alsdann vom Garten des Hotel Hermann in Cannstatt aus seine erste Luftfahrt unternehmen.

Am Montag machte zu Reutlingen ein dortiger lediger Weingärtner Schmied im Hause seiner Eltern solchen Scandal, daß die Polizei aufgeboten werden mußte. Schmied drohte Jeden, der sich ihm nahe, mit seinemHäple" kaput zu machen, hieb und stach um sich wie ein Wüthender, biß einem Nachbar einen Finger durch, durchschallt einem der fünf gegen ihn aufgebotenen Polizeidiener den Mantelkragen, welcher zum Glück mit Pelz besetzt war, (es konnte dadurch das Messer nicht durchdringen, sonst wäre es um den Polizisten geschehen ge­wesen); sodann zerkratzte und zerriß er diesem das Gesicht und verwundete einen zweiten am Handgelenk. Dann hatte sich der Attentäter auf die Bühne geflüchtet und drohte jeden, der ihm nahe,hinzumachen." Wachtmeister Ströhle, welcher auf ihn zuging und ihn mehrmals auf­forderte, seine Hape wegzulegen, sah sich schließ­lich genöthigt, zu seiner Nothwehr den Säbel zu ziehen und versetzte ihm mit der flachen Klinge mehrere Hiebe; plötzlich sprang Schmied wiederholt auf denselben los und nun gelang es Herrn Ströhle den Menschen mit seinen Leuten zu fassen, ihm die Hape zu entreißen und ihn zu schließen. Als derselbe die Treppe herabgeführt werden sollte, wüthete und tobte er fortgesetzt und riß schließlich den ihn führen­den Polizeidiener die Treppe hinab, so daß beide kopfüber hinunterstürzten, ohne sich jedoch bedeutend zu verletzen. Als Schmied sich immer noch mit den Füßen widersetzte, wurde er ge­bunden und auf einem Karren zur Polizei ge­bracht.

Rottweil, 21. Febr. (Strafkammer.) Schultheiß I. Maier von Harthausen (Obern­

Aie Höchler des Wilderers.

Novelle von LNvistoxN V/isss.

(Fortsetzung.)

Seht sie an," rief der Vertheidiger,diese schlichten, einfachen Kin­der der Natur, in deren Adern das Blut ihres Vaters, eines leidenschaft­lichen Wilderers, der fein Leben diesem unglückseligen Hange zum Opfer bringen mußte, rollt, und dann fragt euch, ob ihre Schuld so groß, ihr Verbrechen eine so schwere Sühne heischt! In einsamer, unheimlicher Waldgegend wohnend und von der frühesten Jugend an auf ihre Selbst- vertheidigung angewiesen, lernten sie mit Schußwaffen umgehen und er­langten eine Geschicklichkeit in deren Handhabung, die unser Staunen, unsere Bewunderung erzwingt. Ist es da so ausfällig, so verbrecherisch, daß sie der Aufforderung eines alten Wilderers, mit ihm auf den An­stand zu gehen und einen Hasen oder ein Reh zu schießen, folgten? Haben sie doch kaum nennenswerthen materiellen Nutzen davon gehabt! Ich beantrage dieserhalb, meine Herren," wendete sich jetzt der Verthei­diger an den Gerichtshof,die beiden jungen Mädchen ganz frei zu sprechen oder ihnen doch nur das geringste Strafmaß zu ertheilen."

Das Resultat der Verhandlung war, daß Väschen Born zu drei Jahren Gefängniß, Heinrich Bremer zu drei Monaten, Konstanze und Franziska zu je sechs Wochen und der alte Johann zu vierzehn Tagen verurtheilt wurden.

Nur der Fellhändler mußte Zurückbleiben, um seine Strafe sofort anzutreren, alle übrigen konnten in ihre Hetmath zurückkehren. Sie ließen von ihren drei Vertheidigern sofort ein Gnadengesuch an den re­gierenden Fürsten einreichen.

Für Reinhold schienen die beiden jungen Mädchen gar nicht vor­

handen zu sein, als die Sitzung beendet war. Ernst und ohne Gruß gieng er an ihnen vorüber und reiste sofort ab.

Noch am selben Abend trafen Konstanze, Franziska und der alte - Johann in derEule" wieder ein. Rührend, aber auch schrecklich war i die Freude der Mutter Dore. Sie schloß bald die eine, bald die andere der Töchter in ihre Arme, küßte sie, weinte, lachte, fluchte und schimpfte > auf die Jäger.

Der Verkehr in dem einsamen Wirthshause wurde nun wieder ein weit regerer. Der erste Gast, welcher sich einfand, war Wilhelm Bremer. Reinhold kam nicht mehr nach derEule".

Wilhelm Bremer drückte den jungen Mädchen, die in einem Ge­misch von Scham und Verlegenheit vor ihm standen, herzlich die Hand und gratulirte ihnen zu der milden Strafe, welche die Gnade des Fürsten ihnen voraussichtlich noch ganz erlassen werde.

Sein Bruder Heinrich mied dieEule".

Zu dem einsamen Wirthshause im Walde gehörten an hundert Morgen Acker, die verpachtet waren. Die Pachtzeit lief aber am ersten ^ Oktober dieses Jahres ab. Wilhelm Bremer, der als ältester Sohn den stattlichen Hof seines Vaters hätte erben müssen, aber durch die List und Verschlagenheit seines Bruders darum betrogen, wenn auch allerdings mit einer bedeutenden Summe Geldes abgefunden worden, j spekulirte nun auf dieEule", um so mehr, als er Franziska wirk- ! ltch liebte und weil er sie auch ohne jegliche Mitgift geheirathet ! haben würde.

Die Verlobung der beiden jungen Leute war ein freudiges Er­eigniß, namentlich für Mutter Dore. Sie kannte den bescheidenen, ge­sitteten jungen Bauern und wußte, daß ihre Tochter keinen bessern Mann bekommen konnte. Jetzt wurde das zurEule" gehörige Land nicht