Der österreich-ungarische Tagesbericht.

Weitere italienische Angriffe a» der SLdtiroler Front -gewiesen.

(WTB.) Wien, 16. Jan. Amtliche Mitteilung vom 16. Januar: Italienischer Kriegsschauplatz: Auf der Hochfläche von Asiago wurde ein feindlicher Vorstoß weltlich des Lol dei Rosfo abgewiesen.. An der Brenta setzte der Italiener seine vergeblichen Angriffe erst in d?» Nachmittagsstunden fort. Am Wssthang des Monte Perlica stürmte der Gegner dreimal gegen unsere Li­nien. Jedesmal brach sein Ansturm bereits in unserem Artillerie- und Maschinengewehrfeuer unter schweren Verlusten zusammen. Südlich des Monte Fontana Secca wurden feindliche Angriffsversuchs im Keim erstickt. An der unter» Piave vielfach lebhafte Artillcriekämpse.

Der Chef des Gc^ral^ '

Non ihren eigenen Landsleuten getötet oder verwundet.

Die Zahl der bei feindlichen Artillerie- oder Flieger­angriffen getöteten und verwundeten Einwohner der be­setzten Gebiete in Frankreich und Belgien hat sich im November und Dezember 1917 wieder beträchtlich erhöht. Es wurden in diesem Zeitraum getötet 35 Männer, 45 Frauen und 27 Kinder und verletzt 27 Männer, 55 Frauen und 15 Kinder. Nach den Zusammenstellungen derGaz. des Ardennes" sind nunmehr seit Ende September 1915, also innerhalb der letzten 27 Monate, insgesamt 4VS2 friedliche französische und belgische Ein­wohner Opfer der Geschosse ihrer eigenen Landsleute oder der Verbündeten Frankreichs geworden.

Aus hm feindliche« Lager.

Die französische Kammer und die Verhaftung Caillaux'.

(WTB.) Paris. 16. Jan. Die Kammer erörterte die Interpellation des sozialistischen Abg. Lafont über die Maßnahmen, die die Negierung zu treffen gedenke, um den Rechtsgrundsätzen in der Angelegenheit der Untersuchung im Fall Caillaux Achtung zu verschaffen. Lafont wies daauf hin, daß gewisse Untersuchungen in Italien nicht in Uebereinstimmung mit dem geltenden Recht, stattgefuuden hätten. Eine Formalität würde un­beachtet gelassen, nämlich die Anwesenheit des Ange­klagten. Dieser könne darum die Echtheit des aufgefun- denen Schriftstückes nicht bestreiten. Unterstaatssekretär Jgnace erklärte: Als man vor einigen Tagen von dem Vorhandensein eines dem Angeklagten gehörigen Eeld- schrankes erfuhr. Lat der Untersuchungsrichter die Be­hörde um die Ernennung eines Untersuchungsausschus­ses, der sich an die italienische Negierung zu wenden hatte. Von diesem Augenblick an stand den Justizbe­hörden des fremden Landes die Oesfnung des Geldschran­kes zu. Diese geschah in aller Ordnung und aus loyale Weise. (Die äußerste Linke erhob Einspruch, die Mehr­heit der Kammer blieb urhig.) Clemenceau antwortete von seinem Platz aus, er könne Lafont dasselbe antwor­ten. was Jgnace ihm sagte, nämlich daß dis französische Justiz nur auf französischem Gebiet souverän sei. Elc menceau sagte weiter: Wir haben einen Ausschuß an die italienische Regierung abgeordnet. Diese ist eine ehrenhafte Regierung. Sie haben kein Recht, zu den Untersuchnngsbeamten kein Vertrauen zu haben und nicht zu glauben, daß die italienische Regierung nicht nach deni Gesetze verfahren soll. Und wenn sie es täte, so wären wir nicht dafür verantwortlich. Die einfache von der Negierung angenommene Tagesordnung w::rde mit 669 gegen 105 Stimmen angenommen. Die Ver­haftung Caillaux geschah nach neutralen Pressemeldun­gen, weil in dem Schließfach einer italienischen Bank in Florenz Caillaux sehr viel Geld und belastende Do- komente aufbewahrt haben soll, und zwar unter ande­rem Namen. Die italiensiche Regierung hat nun das Schließfach öffnen lasten und dieGeheimniste" dessel­ben der französischen Negierung mitgeteilt. D. Schriftl.

Ein offener Brief Lenins.

Die GenferNation" bringt in Nr. 31 einen offenen Brief Lenins an Hermann Fernau (den Herausgeber der Freien Zeitung"). Wir entnehmen der bedeutsamen Aus­lastung des Maximalistenführers folgende Sätze:

In einem offenen Brief des GenferJournals" vom 18. Dezember wollen Sie Widersprüche finden zwischen dem Aufruf der kriegführenden Staaten und ihren Verhandlun­gen mit den deutschen und österreichischen Regierungen oder Militärbehörden. Sie erläutern unfern Satz:Wir be­fragen die Völker usw." dahin, daß er bedeute: wir müssten jede Antwort ablehnen von seiten nicht durch das Volk er­wählter oder ermächtigter Monarchen, Minister und Diplo­maten. Sie belehren mich, es sei nicht das deutsche Volk, sonder» sein Kaiser, der über Krieg und Frieden entscheide, das deutsche Volk zähle in solchen Dingen nicht mit. Das alles wußte ich schon. Ich wußte auch, daß dies in sämt­lichen kriegführenden Ländern ebenso "ist. Cs kommt wenig darauf an, ob es dort ein Schein bild von Wahlen, parlamentarischer Kontrolle usw. gibt oder nicht. Lord Bryce, der sich auskennen muß, schrieb, daß in England, dem Mutterland aller Parlamente, die Geschicke des Landes in Wirklichkeit voneinemDutzendunverantwort-

licher Personen gelenkt werde«. Dar rein monar­chische Regiment hat wenigstens den Vorzug der Offenheit. Die Völker antworten uns nicht, weil ihre Regierungen, monarchisch« oder schein-demokratische, sie nicht zu Wort kommen lassen. Wir wollen unser Volk retten, welches den Frieden unbedingt nötig hat. Sollen wir, wenn die anderen Völker sich noch weiterhin abschlachten lasten wollen, das-, selbe tun aus Solidaritätsgefühl? Fasten wir die Tat­sachen ins Auge! Wir brauchen vor allem den Frieden. Wir haben alle Welt eingeladen, ihn zu schließen. Zwei Regierungen gehen darauf ein. Glauben Sie, daß das gegen den Wunsch der Völker ist? Und wenn die anderen Regierungen nichts davon hören wollen, was können wir dabei tun? Sie auffordern, ihre Völker zu fragen oder zur Leitung ihrer eigenen Geschichte einzuladen? Das haben wir ja bereits getan . . . Was den Krieg augeht, die diplomatischen Verwicklungen, die schein-demo­kratische Oligarchie

Sie streiten sich, so heißt's, um Freiheitsrechte,' Genau besehen, sind's Knechte gegen Knechte, sagt der große Goethe. Wir haben genug und ziehen uns zurück. Und andere werden es machen wie wir, all­mählich, einer nach dem andern: Rumänien, Portugal, wer dann? . . ."

Ei» Attentat auf Lenin.

(WTB.) Petersburg. 15. Jan. (PetersL. Tel.-Ag.) Als Lenin gestern eine Abteilung der sozialistischen Not enGa.de, die zur Front abging, begleitet hatte, und im Automobil zurückkehrte, wurden auf dieses vier Re- vokverschüste ohne Erfolg abgefeuert.

Japan lehnt einen Maximalisten als russischen Botschafter ab?

Köln, 16. Jan. DieKölnische Zeitung" meldet von der Schweizer Grenze: Ein junger Rüste, der früher in Japan studierte, traf in Tokio ein und teilte seine Ernennung zum russischen Botschafter mit. Die Japaner lehnten ab, einen maximalistischen Gesandten anzuer­kennen. Der bisherige russische Botschafter weigerte sich, das Amtsgebäude zu verlasse"

England und die elsaß-lothringische Frage.

Bern, 16. Jan. DasBerner T-'gblatt" berichtet aus Newyork: Der Herald meldet aus Grund von Er­kundungen aus den böcksten Londoner Kretin, daß Lloyd George von Deutschland einen Kompromiß in der elsoß lothringischen Frage erwarte. (Da wird er wohl umsonst warten.)

Das bundesbriiderliche Verhältnis zwischen Franzosen und Amer.tanern.

Berlin. 16. Jan. Aus dem Haag meldet die Kreuzzeitung": Wie schlecht es um die Beziehungen zwischen den amerikanischen und französischen Soldaten im französischen Operationsgebiet bestellt ist, geht aus einem über Hüll hier eingetroffenen Bericht aus St. Nazaire hervor. In diesem transatlantischen Hafenplatz traf Mitte Dezember ein amerikanischer großer Dam­pfer mit einer Provianiladung für di-- cmerikanischen Soldaten ein. Beim Löschen der Ladung kamen große Mengen Leberpastete, Konfitüren und ähnliche Lecker­bisten zum Vorschein. Französische Territoriale, die in dem Hafen als Hilfskräfte verwendet werden, machten ihrer Entrüstung über diese luxuriöse Verköstigung der amerikanischen Soldaten Luft und weigerten sich zum Zeichen des Protestes, die Arbeit im Hafen fortzusetzen. Es kam zu ernsten Auseinandersetzungen mit dem Prä­fekten. Im Namen der Territorialen erklärte ein Offi­zier, daß sich die Leute deshalb entrüsteten, weil sie die Gewißheit erlangt hätten, daß der Schiffsraum nicht auf gerechte Weise benützt werde. Während das franzö­sische Volk hungere und die franMschen Soldaten eine dürftige Nahrung erhielten, würde der amerikanische Soldat mit Leckerbisten versorgt.

Treibende Minen in australischen Gewässern.

(WTB.) Bern. 16. Jan. Einer Melbourner Mel­dung der in Paris erscheinendenChicago Tribüne" zufolge kündigt die australische Admiralität an, daß letzthin eine Anzahl Kauffahrteischiffe von großem Ton­nengehalt in den australischen Gewässern durch trei­bende Minen vernichtet wurden. In diesen australischen Gewässern sollen treibende Minen, die angeblich von neutralen (!) Schiffen ausgelegt worden sind, sehr zahl­reich sein.

Vermischte Rschrichle«.

Der Zustand Payers.

Köln, 16. Jan. DieKölnische Zeitung" meldet aus Stuttgart vom 15. Januar: Der Zustand des Vize­kanzlers von Payer hat sich soweit gebessert, daß er voraussichtlich noch in diesem Monat seine Tätigkeit in Berlin aufnehmen kann.

Das Frauenwahlrecht im preußischen * Abgeordnetenhaus.

Im preuß. Abgeordnetenhaus gehörte die Dienstag- Sitzung ausschließlich den Frauen. Sie hatten außer­gewöhnlich zahlreich die Zubörertribünen besetzt. Zur

Verhandlung standen ein fortschrittlicher Antrag aus Bestellung von Frauen zu stimmberechtigten Mit­gliedern städtischer Per.valtu ngskommissionen und Ein­gaben für und gegen Einführung des Wahlrechts der Frauen in Staat und Gemeinden. Auch eine Eingabe des Deutschen Bunds gegen die Frauenemanzipation wurde mitverhandelt, die um Schutz der Staats- und Gemeindebeamten gegen die Unterstellung unter weib­liche Vorgesetzte und um Schutz gegen den weiblichen Wettbewerb nach dem Kriege bat. Ein Zen*""'ntrag forderte noch die Heranziehung der Frauen zu den Schulkommisstonen. Der erste Antrag der Fortschritts­partei war schon in einem Ausschuß nach langen Ver­handlungen dahin abgeändert worden, daß die Re­gierung einen Eesetzesentwurf vorlegcn solle, auf Grund dessen Frauen zu Mitgliedern städtischer Depu­tationen der sozialen Fürsorge und Wohlfahrtspflege mit beschließender Stimme herangezogen werden könn­ten. Aus der eingehenden Debatte, in der alle Parteien noch einmal grundsätzlich ihre Stellung zur modernen Frauenfrage festlegten, ergab sich, daß der abaeänderte Ausschußantrag mitsamt dem ergänzenden Zentrums­antrag eine große Mehrheit im Hause hatte. Dagegen war nach wie vor keine Neigung erkennbar, die weiter­gehenden Wünsche der Frauen auf volle Gleichberechti­gung bei den Wahlen in Staat und Gemeinden zu ver­wirklichen. Selbst die Fortschrittspartei, die neben den Sozialdemokraten beider Richtungen am lebhaftesten für die Frauenwünsche eintrat, ließ erklären daß der gegenwärtige Zeitpunkt, wo um das gleiche Wahlrecht der Männer schwer gekämpft werde, nicht günstig für die Erweiterung der Frauenrechte gewählt sei und daß ein neuer Landtag weit bessere Aussichten bieten werde. Die Aussprache wurde ohne Abstimmung abgebrochen. Sie soll am Mittwoch beendet werden.

Zur Frage der Stillegung von Betrieben.

(WTB.) Berlin. 15. Jan. Im Ausschuß des Reichs­tags für Handel und Gewerbe erklärte am Dienstag zur Frage der Stillegung von Betrieben und der dabei zu beachtenden Grundsätze auf verschiedene Anregungen ein Vertreter des Kriegsamts: Nach meinen Erfahrun­gen hat die Stillegung wegen der Verschicdenartigkeit der örtlichen Verhältnisse nicht von einer Zentralstelle aus zu erfolgen. Geh. Rat Matthis erklärte: Die Aufstellung allgemeiner und dauernd giltiger Grund­sätze wird sich nicht gut ermöglichen lasten. Im Zusam­menwirken mit dem Kriegsamt wird das Wirtschafts­amt künftig Stillegungen möglichst zu vermeiden suchen.

Die polnische Frage.

(WTB.) Wien, 16. Jan. Gegenüber einem Ver­treter der polnischen Presseagentur äußerte sich der ;wl- nische Ministerpräsident von Kucharzewski, die polnische Regierung habe wie in Berlin, so auch in Wien den Entwurf einer Organisation der polnischen Armee vor­gelegt. Es sei ihr eine wohlwollende Prüfung in Aus­sicht gestellt worden. Die Frage der Teilnahme von Ver­tretern des polnischen Staates an den Fried "^Verhand­lungen sei teilweise-geregelt. Die polnische Regierung und die polnische Nation würde in der Beteiligung an den Friedensverhandlungen den Beweis des Wohlwol­lens der Mittelmächte und die praktische Anwendung der bereits theoretisch erklärten Souveränität des pol­nischen Staates erblicken. Was die Lösung der polni­schen Frage anlange, so erklärte der Minisk . ' ent, daß sich seit den bekannten Erklärungen des Grafen Lzcrnin und des Reichskanzlers Grafen Hertling über die Zukunft Polens nichts Neues ereignet habe. Die beiden Staatsmänner hätten übereinstimmend erklärt, daß die polnische Nation selbst über ihre Zukunft ent­scheiden werde. Es sei eine feststehende Tatsache, daß die Habsburger Monarchie und Dynastie sich großer Sym­pathien in Polen erfreue. Es werde sich eine ent­sprechende Form dafür und für die gemeinsamen In­teressen finden lasten. Die Vereinigung Galiziens und Kongreß-Polens sei ein inniger Wunsch der ganzen polnischen Nation.

Die englische Wettbewerbsmethode.

(WTB.) Berlin, 16. Jan. Das Reutersche Bureau bringt die sensationell aufgebauschte Nachricht, daß eins der englischen Tuchindustrie ungehörige Kommission 257 geheime deutsche Bestimmungen über die Bereitung von Farbstoffen aus der Schweiz nach England gebracht habe. Reuter will damit glauben machen, daß es nun endgültig vorbei sei mit der lleberlegenheit der deut­schen Farbstoffindustrie. Er gibt damit zu, daß die in den vergangenen drei Jahren mit vielen Opfern von England unternommenen Versuche der Begründung einer leistungsfähigen englischen Farbstoffindustrie bis­her keinen Erfolg hatten. Die deutsche lleberlegenheit in der Farbenherstellung hängt nicht von bestimmten geheimen Rezepten ab, die man nur zu stehlen braucht, um dann ebenso gute Farben herzustellen. Wer die Ent­wicklung der deutschen Farbenindustrie kennt, der weiß, daß sie ihre gegenwärtige Bedeutung nur erlangt hat auf Grund jahrzehntelanger, mühevoller Arbeit, die in den verschiedensten Anlagen im Zusammenwirken zwi­schen Wissenschaft und Industrie stattgefunden hat.