tembergische Oberschulbehörde, schreibt dieFr. Z.", verdient für ihre Initiative alle Anerken­nung; es ist nur zu wünschen, daß ihr Erlaß recht viel Nachahmung finden möge und von Seiten der Lehrer und der Eltern gehörig be­achtet würde. Gehör-Störungen sind ja sehr häufig und nicht selten werden schlechthörende Kinder nicht blos für unaufmerksam gehalten, sondern auch darnach behandelt.

Mezingen, 3. Novbr. Unter den Mit­gliedern der hies. Gewerbebank herrscht gegen­wärtig eine große Aufregung. In der am 30. v. M. gehaltenen Generalversammlung wurde nemlich denselben die unerfreuliche Mittheilung gemacht, daß der frühere, nach Amerika gegan­gene Kassier durch fortgesetzte Unterschlagung kleinerer und größerer Summen die Bank um 44 000 M. geschädigt habe, welche Summe nun von den Mitgliedern gedeckt werden muß.

(Brandstatistik.) Im Monat August d. I. find 30 Brandfälle in Württemberg zur Anzeige gekommen. Es brannten ab: Haupt­gebäude 18, Nebengebäude 17. Theilweise be­schädigt wurden: Hauptgebäude 39, Nebenge­bäude 20. In Schaden sind gerathen 90 Per­sonen. Der von der Gebäudebrandversicherungs­anstalt zu vergütende Jmmobiliarschaden beträgt 108 631 M. Der Mobiliarschaden beziffert sich auf 78416 M. Hieran werden ersetzt durch Privatfeuerversicherungsanstalten 74059 M. Un- ersetzt weil unversichert blieben 4357 M. Als Entstehungsursache dieser Brände wurde mit größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit ermittelt: Vorsätzliche Brandstiftung in 7, fahr­lässige in 2, Selbstentzündung in 4, Bauge­brechen in 4, Blitzschlag in 2, unermittelt blieb die Entstehungsursache in 9 Fällen.

Deutsches Reich.

Berlin, 2. Nov. DerRetchsanzeiger" veröffentlicht eine königliche Verordnung von heute, welche den Landtag auf den 14. Novbr. einberuft.

Elberfeld. Vom Schwurgericht zu Elberfeld mußte am 1. d. der Tagelöhner Lucken­haus aus Mettman, welcher im Jahre 1880 wegen Todtschlags zu 12 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden war und anderhalb Jahre von dieser Strafe bereits verbüßt hatte, freige­sprochen werden, weil sich nachträglich seine Un­schuld herausgestellt hatte.

Hattingen a. d. Ruhr. Am 30.v. M. wurde in einem Nachbardorfe eine Hochzeit ge­feiert, ve: welcher die Braut 65 Jahre und der Bräutigam 26 Jahre alt war. Das Merk­würdigste aber ist, daß die Ehe aus gegenseiti­ger Liebe geschlossen wurde; weder Braut noch Bräutigam sind mit Glücksgütern gesegnet.

Waldmohr. Vor einigen Tagen fand vor dem hiesigen Schöffengericht eine interessante Verhandlung statt. Es handelte sich um eine Beleidigungsklage, die ein Schlosser aus Mittel­bexbach angestrengt hatte. Derselbe hatte vor einigen Monaten bei einer altkatholischen Be­

erdigung die Thür zum Thurme gewaltsam ge­öffnet. Dessen Frau ging bald darauf zum Ortspfarrer beichten und bei dieser Gelegenheit soll dieser ihr im Beichtstuhl gesagt haben, ihr Mann sei der schlechteste in der ganzen Pfarrei.

Die Frau sagte das ihrem Manne, der gegen den Pfarrer klagte. Letzterer wurde zu 30 M. Geldbuße und 10 Tagen Gefängniß verurtheilt.

Ein für die betr. Verurtheilte bedauerlicher ! Spruch der Geschworenen macht in Juristen- ! kreisen und namentlich in Augsburg, wo solches passierte, viel von sich reden. Bekannt­lich ist zu einem Schuldausspruch der Geschwo- , reuen eine Zweidrittelmehrheiffnothwendig, weß- s, halb auch der Wortlaut folgender ist:Ja, mit i mehr als 7 Stimmen." Nun verkündigte in einem Meineidsfall, in welchem der Angeklagte freigesprochen ist, der Obmann der Geschworenen gegen die Mitangeklagte Ehefrau in der voran­gedeuteten Weise ein Schuldig in der Annahme, daß seine Stimme doppelt zähle, sohin mehr als 7 Stimmen auf Schuldig erkannt hatten, während es gerade nur 7 Stimmen gewesen waren. Die übrigen Geschworenen erhoben aber unbegreiflicher Weise weder bei der Verkündigung ihres Obmannes, noch derjenige des Richter­spruches einen Einwand, sondern theilten erst andern Tags dem Vcrtheidiger das richtige Sachverhältniß mit, welcher in Folge dessen die Revision beantragte. Auf den seinerzeitigen Ent­scheid des Reichs-Gerichtes in dieser Angelegen­heit ist man mit Recht gespannt.

Aufsehen macht die Nachricht, daß bei der in Simbach a. H. vorgenommenen Visitation der Bahnamtskasse sich ein Manco von 17000 Mark ergeben habe. Der betreffende Cassen- beamte hat bisher in dem regen gesellschaftlichen Leben Simbachs, insbesondere als Vorstand der dortigen Liedertafel, großes Ansehen genossen.

Aus Sachsen, 1. Novbr. Heute wurde die zweite schmalspurige Sekundärbahn Sach­sens, welche in Hainsberg (an der Linie Dres­den-Chemnitz) abzweigt und im Thale der rothen Weißeritz aufwärts bis Schmiedeberg führt, unter lebhafter Theilnahme der Bevölkerung dem Ver­kehr übergeben. Das neue System erwirbt sich i immer mehr Freunde. Die freundlichen Wa- ! gen, welche 0,75 m Spurweite haben, gleichen ^ im wesentlichen den leichtgebauten Pferdebahn- ^ wagen. Der Zug wird vom Lokomotivführer mittelst Heberlein'scher Bremsen ganz vollstän­dig dirigirt. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt - 20 lrill in der Stunde, wie sie in Sachsen fast durchweg im Sekmidärbctrieb angewendet wird.

Ausland.

Ein Herr E. V. Bligh beklagt sich in der Times bitter über Verfolgungen, welche die Nichtkatholiken in Oesterreich zu erdul­den hätten. In Laibach wurde ein Bibelkol­porteur, der Sonntag Nachmittags in seiner eigenen Familie die Bibel vor einigen Freunden las, zu Imonatlichcm Gefängniß verurtheilt. In Wien sei den Wesleyanern verboten wvr-

men. In Rottenburg candidirt ebenfalls der bisherige Landtags-Abgeordnete Holzherr wieder. In Waldsee lehnte der bisherige Abgeordnete, Stadtpfarrer Dr. Mattes ab. An seiner Stelle wurde Schultheiß Blödt von Oberessendorf vorgeschlagen. Im Amts-Ober­amt Stuttgart hat sich der bisherige Abg. Prof. Zipperlen in Hohenheim bereit erklärt, eine Wieder-Wahl anzunehmen. Won demokr. Seite wird ihm, wie bereits mirgetheilt, Sig­mund Schott gegenübergestellt werden. Carl Mayer erklärt in derN.-Z." die von derselben gebrachte Nachricht, daß er von einer Kandidatur in Eßlingen Abstand genommen habe und bereit sei, ein Mandat für Künzelsau anzu­nehmen, für grundlos. In Sulz a. N. hat der bisherige Abgeordnete, Amtspflege^ Vogt, in Folge ergangener, zum Thefl wieder­holter Aufforderungen die Erklärung abgegeben, daß er eine etwa auf ihn fallende Wahl in oen Landtag annehmen werde. In dem Bezirk Weinsberg tritt ebenfalls der bisherige Land­tags-Abgeordnete, Carl Rettich sen. in Wüsten- roth wieder auf. Auch inMünsingen er­klärte sich der seitherige Abg. des Bezirks, Stadt­schultheiß und Oberamtspfleger Bosler, auf er­gangene Anfrage zur Wiederannahme des Man­dats bereit.

Stuttart, 3. Novbr. Der Haftpflicht­schutzverein hat bis jetzt für ca. 10 000 Mrk. Forderungen gekauft, für welche er 75 °/o ihre:, Betrags ausbezahlt hat. Der Verein zahlt ein für alle Male 75 °/g. Die Gläubiger der Volks­bank machen kein schlechtes Geschäft, wenn sie das baare Geld sofort nehmen, statt bis zum Ende des Konkurses zu warten.

(Das Ohr und die Schule.) Bisher war es von den Sinnes-Organen das Auge allein, auf das von Seiten der Pädagogen und Hygieniker Rücksicht genommen wurde. Um das gleichwertige Ohr bekümmerte sich Niemand. Seit Kurzem findet auch dieses für Schule und Leben so wichtige Organ mehr Beachtung. Da­für spricht folgender Erlaß des württembergi- schen Konsistoriums in Nro. 360 seines Amts­blattes:Da hin und wieder der Fall vor­kommt, daß Schüler an Mängel des Gehörs leiden, ohne daß es ihnen oder ihren Angehöri­gen zum Bewußtsein kommt und da nicht selten die Unaufmerksamkeit eines Schülers auf einer Schwäche des Gehörs beruht, so sind die Lehrer darauf hinzuweisen, daß sie bei ihren Schülern insbesondere bei denjenigen, welche durch Unauf­merksamkeit zu Klagen Veranlassung geben, darauf achten, ob nicht ihr Gehör ein mangel­haftes sei. Sollte sich bei einem Schüler durch genauere und fortgesetzte Beobachtung ein gerin­gerer oder höherer Grad von Schwerhörigkeit Herausstellen, so ist derselbe nicht nur beim Unterrichte in unmittelbare Nähe des Lehrers zu setzen, sondern es sind auch seine Eltern auf das vorhandene Leiden aufmerksam zu machen und womöglich dazu zu bestimmen, daß sie einen erfahrenen Arzt zu Raihe ziehen." Die würt-

Slern und Irrlicht.

Novelle von 'VVilüsIniasiissil,

(Fortsetzung.)

Adieu, Meerkatz! Was hat denn Dich eigentlich verkrümpelt?" rief Haberland Sivera nach, die ohne Gruß voraus davongelaufen war und auch auf den ihr jetzt allein nachfolgenden und rufenden Geerbt nicht wartete. Erst am Ende der Pappelstraße blieb sie stehen, ließ ihn herankommen, und sah ihn wortlos an.

Ja, was hast Du denn eigentlich, Vera?" fragte er verwundert.

Ihre Antwort machte ihn noch mehr staunen, denn sie versetzte, mit hervorquellenden Thränen an den Wimpern, schluchzend:

Willst Du Eisenbahnbauer werden?"

Nein." Er schüttelte mit dem Kopf und mußte zugleich lachen. Bauer allein, das ist mir lieber. Aber warum weinst Du?"

Willst Du's gewiß nicht?"

Gewiß nicht."

Gib mir die Hand darauf!"

Das that er und sie hielt die Hand krampfhaft mit der ihrigen umklammert und gieng schweigend an seiner Seite den Sandweg zum Birkenhof entlang. Doch aus ihren Fingerspitzen fühlte er das Klopfen ihres Herzens auf dem Rücken seiner Hand; als sie an die Stelle kamen, wo der schmale Fußsteig am Virkenrand zu der Hütte Jtlduw Cordes abbog, fragte er:

Worum sollte ich denn kein lM«mIiahnbauer werden, Vera?"

Weil es häßlich wäre!" stieß sie kurz aus.

Aber dann sah sie ihm voll in die Augen und lachte wieder:

Du willft's ja auch nicht und darum brauch' ich nicht darüber

nachzudenken. Ich bin zu dumm, um zu sagen warum, aber Du weißt, daß ich die Eisenbahn nun einmal nicht leiden kann, und ich freue mich, > daß der Herr Haberland morgen wieder fortgeht. Er thut's doch ge­wiß, nicht wahr, und kommt dann nie mehr zurück?" i

Gewiß that er's zum Leidwesen des Pastors Vigelius, mit dem er i an diesem Abend noch bis spät in die Nacht hinein bei einer Flasche s besonderen Weines saß, und ein Weilchen auch über Geerbt Gebauer redete, dessen frische offenherzig-zutrauliche Art er offenbar im Verlauf seines Aufenthaltes liebgewonnen.

Doch am nächsten Morgen, als der Knabe ihn zum Abschied zu dem weit nach Norden vorgerückten Damm hinausbegleitete, ergab sich, daß das Gespräch mit dem Pfarrer ein anderes Resultat gefördert, als der Ingenieur vielleicht gedacht, denn er sagte:

Ich schwatzte Dir gestern allerlei Unsinn in den Kopf, mein Junge, den Du Dir wieder herausschlagen mußt, denn ich habe mich erkundigt und gehört, mit dem Rechnen hapert's bet Dir etwas mehr, als eigent­lich zur irdischen Glückseligkeit nothwendig ist. Zum Etsenbahnbau und derlei praktischen Späßen aber ist es allerdings nothwendig, ein Rechen­meister zu sein, und zwar noch ein klein wenig mehr als Dein verehr- licher Schulmeister, denn auf eine Bahn, die er zusammenaddtrt hätte, würde ich meine Knochen nicht mit Vorliebe wagen. Aus diesem großen > Vorbilde. Deiner mangelhaften Einmaleins-Begeisterung magst Du ab­nehmen, daß es doch klüger sein wird, wenn Du Deinem Entschluß treu bleibst, Bauer ohne Eisenbahn-Vorsilbe zu werden. Das ist schließlich auch eine löbliche Kunst, welche ihren Mann nährt und eine Frau oben­drein, die Dir, wie ich vermuthe, so im Verlauf Deines irdischen Acker- f bürgerwandels von selbst einmal am Trauring hängen wird, ohne daß Du rech: weißt, wenn sie daran gekommen. Leb wohl mein Junge, er-