digten vertheilen zu lasten. Der König, erfreut durch diesen Beweis werkthätiger Anhänglichkeit der Vereinsmitglieder an ihre schwäbische Hei- math, hat denselben in freundlichster Weise danken und die Ihm zur Verfügung gestellte Summe der Zentralleitung des Wohlthätigketts- vereins übergeben lasten, um solche mit den übrigen bei dieser Behörde für die Hagelbe- schädigtcn eingegangenen Gaben in angemessener Weise zur Vertheilung zu bringen.

Von Setten der gemeinnützigen Baugesell­schaft in Stuttgart war kürzlich eine Ver­walterstelle mit einem Gehalt von 1800 M. ausgeschrieben. Um diese Stelle haben sich nun nicht weniger als 500 Bewerber eingefunden, die nahezu sammt und sonders stellenlos in Stuttgart selbst sich aufhalten.

(Landtags-Candidaturen.) Von Künzelsau aus wird derN.-Z." geschrieben, daß Carl Mayer im dortigen Bezirk als Kan­didat auftreten werde und von einer Kandidatur in Eßlingen daher Abstand genommen habe. Als Gegner von liberaler Seite wird ihm im Künzelsauer Bezirk Oekonomierath Spieß von Sailtheim gegenübergestellt werden. Am Sonntag war eine Deputation von Wählern aus dem Amts-Oberamt Stuttgart bei Rechts­anwalt Sigmund Schott, um ihm die Kandida­tur für die bevorstehende Abgeordneten-Wahl anzutragen und ihn um die Annahme derselben Namens einer großen Anzahl Wähler zu bitten. Schott hat angenommen.

Ulm, 31. Oktbr. Heute Abend sollte in der Sterngaffe ein Fechtbruder verhaftet wer­den, der bettelnd in einen Laden eintrat. Kaum hatte der Polizei-Soldat die Frage nach Legi­timations-Papieren an den Burschen gestellt, als dieser ihm an den Hals griff und die Rasers am Uniformsrock sammt dem Knopf Herabriß. Nur mit Hilfe von zwei Soldaten konnte der Widerstrebende überwältigt und gefesselt werden, wodurch ein widriges Aufsehen erregt wurde. Noch meldete sich freiwillig ein Fecht-Genoffe des Verhafteten, der angab, auch gebettelt zu haben. Beide wurden zur Polizei gebracht. Dort erklärte der erstere, der eine kürzere Haft­strafe kaum erst abgebüßt hatte, er werde jetzt wohl auf 3 Monate versorgt.

Leutkirch, 31. Okt. In letzter Woche ging von hier eine mit zahlreichen Unterschriften bedeckre Petition von Gewerbetreibenden aus Leutkirch und Wurzach um Abhilfe gegen die übermäßige Vermehrung der Wandergewerbe nach Berlin ab.

Deutsches Reich.

Das Reichskanzleramt hat lautF. Z." unterm 20. v. M. folgendes Zirkular an die deutschen Konsulate erlassen:Aus Anlaß eines Spezialfalles erlaube ich mir die Herren General­konsuln, Konsuln und Vizekonsuln im Aufträge des Herrn Reichskanzlers wiederholt darauf auf­merksam zu machen, daß sie ihre eigentliche und vornehmste Aufgabe in der Förderung des deut­

schen Handels und dem Schutz der Reichsange­hörigen zu suchen, dagegen sich jeder politischen Thätigkeit zu enthalten haben. Diese aus der Natur des konsularischen Berufs sich ergebende Vorschrift schließt auch jede Betheiligung an ge­meinsamen Demarchen oder Vorstellungen frem­den Regierungen gegenüber, wie solche von den Konsuln anderer Mächte nicht selten angeregt zu werden pflegen, aus, da derartige Kundgeb­ungen, selbst wenn sie an sich politische Fragen nicht berühren, durch die kollektive Form und die gemeinsame Verabredung leicht eine Trag­weite gewinnen, welche eine politische Verant­wortung für die kaiserliche Regierung nach sich ziehen kann. In Fällen der eben bezeichnten Art wird jedesmal vorher unter Darlegung des Sachverhalts und wo immer möglich, unter Ein­reichung des betreffenden Schriftstücks, die Er­mächtigung des auswärtigen Amts einzuholen sein. Selbstverständlich schließen die vorstehen­den Bestimmungen nicht aus, daß die Herren Konsuln über politische Vorkommnisse innerhalb ihres Amtsbezirkes, namentlich insofern diese mit wirthschaftlichen Fragen in Zusammenhang stehen, nach wie vor Bericht erstatten. Zuwider­handlungen gegen die Vorschriften dieses Er­lasses werden als mit dem ferneren Verbleiben der betreffenden Beamten im Dienste unverein­bar angesehen werden, gez. Busch."

DieGerm." behauptet, daß an 20 Uni­versitäten des deutschen Reiches nur 18 Privat­dozenten der juristischen Fakultäten thätig und von diesen 18 wenigstens 11 jüdischen Ursprungs seien. Damit hänge es zusammen, daß die in Preußen in neuerer Zeit vakanten juristischen Professuren in Göttingen, Kiel und Greifswald sämmtlich mit Privatdozenten jüdischen Ursprungs besetzt worden seien. An letzterer Universität seien die Hälfte der juristischen Professoren ge­borene Juden. Kein Wunder, daß sich unter diesen Umständen und bei den bekannten kläg­lichen Verhältnissen der Privatdozenten trotz des Ueberflusses an jungen Juristen das christliche Element immer mehr von der Habilitation zu- rückziehe und den wohlhabenderen semitischen Mitbürgern das mit allen Mitteln angestrebte Universitätsmonopol nicht weiter bestrette.

Was ist des Deutschen Vaterland? so fragt mit dem deutschen Dichter ein franzö­sischer Militär-Schriftsteller Herr Barthelemy, Mitarbeiter desParis", um den französischen Lesern eine Antwort darauf zu geben, welcher wir Folgendes entnehmen:Mit Hilfe von klas­sischen Büchern und von Wandkarten, auf denen in großen Strichen die Marschroute von Berlin nach Paris vorgezeichnet ist, prägt gegenwärtig der deutsche Polyp seinen Jungen ein, wie weit er seine Arme ausstrecken will. Gegen Osten zeigt er sich zurückhaltend, weil er Rußland schonen zu müssen glaubt. Auf anderen Punk­ten dagegen ist er weniger vorsichtig. Oester­reich wird gegen Konstantinopel hingedrängt, damit es Siebenbürgen, Ungarn, selbst Dal­matien und Istrien aufgebe. Wie würde es

alsdann mit den Bestrebungen Italiens aus- sehen, welches Triest und Ragusa fordert? Von der Schweiz ist überhaupt nicht mehr die Rede. Ebensowenig von Holland; ebensowenig von Belgien. Im Süden hat man den Gotthardt durchbohrt; im Norden wird man einen Canal Herstellen, welcher Dänemark abschnetden und die Ostsee mit der Nordsee verbinden soll. Schließlich wird man sich auch noch Colonieen anschaffen und außerdem durch die Adria im mittelländischen Meer, diesem europäischen Meer sxosUsnos, eindringen. Das ist der Plan der Deutschen. Man g'bt sich nicht einmal die Mühe, ihn vor uns zu verbergen; mit solcher Gewißheit rechnet man auf sein Gelingen!" Es ist für uns Deutsche angenehm, von Zeit zu Zeit über Unsere Annexionspläne von auswärti­gen Verehrern aufgeklärt zu werden!

Offenburg, 30. Okt. (Strafkammer.) j Der 36 Jahre alte Handelsmann Leop. Wert- ! hetmer von Bühl hatte sich wegen verschiede­ner Betrügereien und Erpressungen zu verant­worten, deren derselbe sich als Geldverleiher ^ schuldig gemacht hat. Nur eine verhältnißmußig kleine Zahl von Fällen konnte zum Gegenstände der Anklage gemacht werden, weil inzwischen die Verjährung etngetreten und das Wuchergesetz noch nicht in Wirksamkeit war. Die einzelnen Fälle boten unter sich keine Verschiedenheit; an­fänglich wurden die Schuldner in der freund­lichsten Weise und nicht selten durch Wein zu­traulich gemacht, zur Entnahme von Geld auf­gefordert, ja es wurde ihnen solches förmlich aufgenöthigt, die Sache nahm aber nach dem ersten Geschäft, durch das Her Schuldner an den Gläubiger gekettet war, eine ganz andere >

Gestalt an. Die Schuld wuchs durch Provi- !

sionen und Zinsen immer mehr, es kamen die Drohungen mit Klage, denen sich meist auch die , Betreibung anreihte, so daß die Schuldner theils aus falscher Scham, theils um die Versteigerung zu verhindern, zu allem, was von ihnen verlang wurde, sich bereit zeigten, neue Schuldscheine ausstellten, gegen die Liquiderkenntnisse keine Einsprache erhoben und sowohl bei den: Notar ! wie vor Gericht Schulden in übermäßigem Be- i trage anerkannten. Der Betrug wurde meistens ' dadurch verübt, daß der Angeklagte die in dem ! Schuldschein zugesagte Summe nicht ausbezahlte, vielmehr die nachträgliche Zahlung vorspiegelte, ^ solche aber nicht leistete. In 7 Fällen von » Betrug und 5 Fällen von Erpressung wurde der Angeklagte für schuldig erklärt und zu einer Gefängutßstrafe von 2 Jahren 6 Mon. unter Abrechnung von 3 Monaten Untersuchungshaft, ferner zu Geldstrafe von 2500 M. oder zu wei­teren 250 Tagen Gefängniß, sowie zur Aber­kennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 4 Jahre verurthetlt. Als bemerkenSwerthe Erscheinung verdient hervorgehoben zu werden, daß der An­geklagte Mitglied mehrerer Vorschußvereine ist und von diesen das zur Ausbeutung der'Bauern verwendete Geld entlieh, so daß diese Geld- , institute anstatt der Kreditbedürftigkeit abzuhel- /

Stern und Irrlicht.

Novelle von 'Wilüslmllsnssii.

(Fortsetzung.)

Der Pfarrer und der Ingenieur der Name desselben war Karl Haberland nahmen zwei Plätze an einem Tisch für sich ein und redeten stundenlang eifrig mit einander, doch zumeist so, daß der eine immer zuhörte und der andere ihm bald ernsthaft technische Auseinander­setzungen machte, bald seiner Laune die Zügel schießen ließ und dem Dorfgeistlichen ein Mal über das andere ein, wenn auch nicht lautes, doch äußerst vergnügliches Lachen abnöthigte.

Man sah wohl, daß der unerwartete Abendgast Ottershudes dem Pfarrer sehr wohl gefiel, zumal nachdem er darüber beruhigt worden, daß der ländliche Friede des Dorfes durch die beabsichtigte Eisenbahn­anlage nicht gestört, sondern das Schienengeleis derselben in einiger Ent­fernung durch das Heideland der Torfgemarkung vorübergeführt werde.

Ersichtlich empfand der Pfarrer eine geistige Erfrischung darin, sich in seiner Abgeschiedenheit wieder einmal mit einem studierten, viel­seitig gebildeten und kenntnißreichen Menschen unterhalten zu haben; er trennte sich, für die ländliche Gewohnheit erst ziemlich spät, unter mehr­fachem Händeschütteln und zuletzt mit dem Abschtedsgruß:Also auf Wiedersehen!" von dem anregenden Gesellschafter. In der nächsten Morgenfrühe war dieser wieder verschwunden, nur seine rothen Fähnlein flatterten noch da u. dort vom Dorf aus sichtbar, weiter gegen Norden und am Abend brachten Geerbt und Sivera, die ihn am Nachmittag draußen, schon fern hinaus, ausgesucht, noch einen Gruß von ihm für den Herrn Pastor und er würde sicher nicht versäumen, es jederzeit bei der Abrede zu belasten.

Die Tage giengen mit ihrer Arbeit und ihrem Jahreswechsel west ter und die Erscheinung des Fremden ward in Ottershude bald vergessen- ^ als ob sie keinerlei zukünftige Bedeutung enthalten hätte.

Vorderhand blieb alles beim Alten. Langsam reifte das Korn, ward geschnitten und eingebracht, die Herbststille lag wie immer west s und breit über den unbesuchten Feldern und ebenso legte der Winter > sein nie unterbrochenes weißes Tuch darüber. Doch als die Lerchen > wieder zu trillern anhuben, kam es von Süden her, wie ein dunkler Strich gegen den Horizont über das flache Land.

Einer niedrigen, unbeweglich erscheinenden Wolkenbank ähnlich, rückte er nur langsam vor; nur Geerbt und Sivera verfolgten täglich mit achtsamem Blick sein herankriechendes Wachsthum und eines Tages kehrten sie eilfertig aus dem Felde heim, liefen geradewegs zum Pfarr­haus hinauf und brachten die Botschaft, der Herr Haberland sei wieder ; draußen und lasse dem Herrn Pastor einen schönen Gruß ausrichten.

Der Pfarrer hörte erfreut die Meldung der Kinder, rief sogleich nach seiner alten Haushälterin, die eifrig mit Waschkübel, Besen und Linnenzeug zu hantieren begann und am anderen Morgen zog der In­genieur Karl Haberland für die Dauer des Eisenbahnbaues auf der Ottershuder Gemarkung als willkommener Gast in ein behaglich einge- richtetes Stübchen des Pfarrhauses ein.

Das war die Abrede gewesen, welche der Pfarrer und der In­genieur im Vorjahre getroffen hatten, und das gemächliche Zusammen­leben mancher Wochen bestätigte, daß sich keiner von ihnen zu seinem Nachtheil in dieser Uebereinkunft geirrt.

Allmählich wuchs nun der Eisenbahndamm heran und begann in schnurgerader Linie etwa 10 Minuten vom Dorfe mtferut Ackerfeld und Heideland zu durchschneiden.