Man abonnkt bei allen Poststellen und Landpostbolen; in Attenstaig bei der Expedition.
Inserate find immer vom besten Erfolge begleitet und wird die Einrückungsgebühr stets auf das Billigste berechnet.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen und angemefien honorirt.
Intelligenz- L Anzeige-Matt
von der oberen Nagold.
Dieses Blatt erscheint wöchentlick drei Mal und zwar: Dienstag, Donnerstag und Samstag.
Der Abonnementspreis beträgt pro Vierteljahr, in Attenstaig SO Pt. im OA.-Bezirk Pf. außerhalb i Mk.
Jnseratenaufgabe spätestens Morg. 10 Uhr am Lage vor dem jeweiligen Erscheinen.
Mr. 130.
Attenstaig, Samstag dm 4. MovewSer.
1882.
2 Aus Frankreich.
Eine Frage, die je nach dem Partetstand- punkt verschieden beantwortet wird, ist die, ob die anarchistischen Regungen und Agitationen in Frankreich ernsterer Natur find, oder ob Garn- betta und sein Anhang die einschlägigen Vorkommnisse ungebürlich aufbauschen, um das Bürgerthum in Schrecken zu jagen und den „Retter der Gesellschaft" in Funktion treten lasten zu können.
Heute ist Deutschland glücklicherweise in der Lage, etwaigen politischen Umwälzungen jenseit der Vogesen mit größerer Ruhe entgegensehen zu können, als dies 1830 und 1848 der Fall war. Wir sind gewohnt, Frankreich als das politische Versuchsfeld aller Parteien zu betrachten ; wir sehen dort in den letzten 90 Jahren alle Schattierungen der verschiedensten Parteien am Ruder und fanden den Börne'schen Spruch illustrirt: „Nichts ist dauernd als der Wechsel." Jedes Regiment suchte glauben zu machen, daß es die einzig giltige Regierungsweisheit im Besitze habe und dauernde Verhältnisse zu schaffen vermöge. Alle haben ihr Können überschätzt und so darf es auch gar nicht wunder nehmen, wenn die „dritte Republik" nur ein Uebergang wäre.
„Viele Privatleute lassen ihre Kellerlöcher vermauern", wird der „Köln. Ztg." aus Paris berichtet und dieser Umstand zeichnet recht deutlich die herrschende Stimmung in der Seinestadt. Eine allgemeine Panik hat sich der Ge- müther bemächtigt, die um so niederschmetternder wirkt, als bis vor kurzem allgemeinste Sorglosigkeit herrschte. Oeffentliche Anschläge, die^ zur Revolution, zu Mord und Brand aufregen gehören zu dem Alltäglichen und Versammlungen revolutionärer Tendenz werden fortgesetzt in Parts und in den Provinzialstädten abgehalten, als existiere schon kttne Polizei und keine Regierungsgewalt mehr, me für die öffentliche Ruhe einzustehen hätten.
Die Regierung des Herrn Grevy hat keine gesetzlichen Mittel, um diesem verbrecherischen Treiben Einhalt zu thun. Dank dem ungestümen Drängen Gambettas hat sie sich aller politischen Handhaben zur Bändigung der Umsturzpartei beraubt. Man glaube auch gar nicht, daß diese Agitation auf Paris und die großen Städte beschränkt sei. Das revolutionäre Gift — Gift deswegen, weil es nur zerstört und nichts neues zu schaffen vermag — hat seine Kanäle bis tief in die Provinzbevölkerung hineingebohrt und die Arbeiterbevölkerung außerhalb Paris ist ebenso fanatisirt, wie in Paris selber. In Menne '(Departement Jsöre) sagte ein Arbeiterführer seinen Zuhörern: „Keine Arbeitgeber mehr! Keine Reichen mehr! Keine Spießbürger mehr! Die Arbeiter haben genug gearbeitet! Es lebe das Dynamit! Es lebe die Commune!" Solch' tolles Zeug übertrifft unsere radikalsten Sozialdemokraten und dennoch fand es in Vienne, wie der Bericht hinzufügt, den rauschendsten Beifall der Zuhörer.
Es muß unter solchen Umständen mit beschämendem Gefühl für die französischen Minister verbunden gewesen sein, als sie sich an die schweizerische Regierung wandten und diese auf die nach der Schweiz führenden Fäden der „Verschwörung" aufmerksam machten. Der Ministerpräsident Duclerc hatte deswegen mit dem schweizerischen Gesandten eine Unterredung. Die eidgenössische Regierung zeigte sich zwar zu einer Untersuchung geneigt, findet aber die verbreiteten Gerüchte „übertrieben."
Verschlimmert wird die Lage noch durch sehr umfangreiche Streikes, die gegenwärtig in
Szene gehen, z. B. der der 40 000 Tischler in Paris; daß die hochgradige Erregung in solchen sozialen Kämpfen nach der politischen Seite hin üble Folgen haben kann, besonders wenn der Boden so gut vorgeackert ist, wie in Paris, liegt wohl auf der Hand!
Tagespolitik.
— Die Prüfungskommission unter dem Vorsitz des Ministertalraths Strenge ist in der Tabaksmanufaktur auf solche Schwierigkeiten gestoßen, daß die Regierung die Unterstützung des Rechnungshofes des deutschen Reiches erbeten hat, um die gesammte Buch- und Kassenführung von 1881 zu prüfen.
— Vor einigen Tagen ist in Leipzig der Kaufvertrag über das zur Erbauung des Reichsgerichts bestimmte Areal zwischen dem Präsidenten des Reichsgerichts und dem Stadtrathe, vorbehaltlich der Genehmigung des Reichstages, abgeschlossen worden.
— Nichtoffiziösen Veranschlagungen nach wird der preußische Etat für das nächste Jahr mit einem Defizit von 30 bis 40 Millionen schließen, welches zum großen Theil durch Erhöhung der Beamtengehälter veranlaßt wird.
— Man schreibt vonBerlin: Dem Reichskanzler Fürsten Bismarck soll das Wahlergeb- ntß der preußischen Landtagswahlen wenig be- hagt haben. Es wird ihm die Aeußerung in den Mund gelegt, den Ministern erwüchsen durch die Art der neuen Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses nur Schwierigkeiten, denn sie könnten bei der Unzulässigkeit eines Appells an die Geneigtheit des Centrums zur Unterstützung der Regierung niemals von vorn herein übersehen, welches Schicksal eine Gesetzcsvorlage haben würde, es wäre ihm, dem Kanzler, mithin viel erwünschter gewesen, entweder die Konservativen oder die Liberalen stünden hinter einem namhaften Sieg. Die unverändert gebliebene Stärke des Centrums laste auf dem Ministerium wie ein Bleigewicht und mache für wichtige, wie schwierige Fragen ein Schaukelsystem nöthig, an dem Keiner seine Freude haben könne. Dies ist die Ansicht auch der andern Parteien, der konservativen wie der liberalen, und es wird unter den obwaltenden Umständen so mancher Anlauf, das Ziel zu erreichen, ein ganz vergeblicher bleiben.
— Der französische Ministerpräsident Duclerc hat anläßlich der anarchistischen Bewegung in Frankreich Rücksprache mit dem schweizer. Bundesgesandten Dr. Klein genommen. Die eidgenössische Regierung in Bern zeigt sich einer Untersuchung, soweit die Fäden auf ihr Gebiet hinüberlaufen, nicht abgeneigt, hält aber die verbreiteten Gerüchte für übertrieben. — Die Regierung soll beabsichtigen, aus Anlaß der anarchistischen Bewegung den Belagerungszustand über die beiden meist unterwühlten Departements zu verhängen.
— In einer der letzten Nächte haben lärmende Volkshaufen unter Abstngung der Marseillaise in feindseliger Weise vor dem Palaste Grevys und der Wohnung Gambettas, der sich auf dem Lande aufhielt, demonstriert. Die Polizei hat zahlreiche Verhaftungen vorgenommen.
— Rochefort befindet sich jetzt in seinem Elemente; er ist dieser Tage nach Montceau- les-Mines abgereist, um unter die Angehörigen der verhafteten Arbeiter von ihm selbst gesammelte 4000 Frank zu vertheilen.
— Am Sonnabend traf General Wolseleh, vom egyptischen Kriegsschauplatz zurückkehrend, in London ein. Trotz herrschenden Regenwetters hatte sich eine große Menschenmenge am
Bahnhofe eingefunden, welche den General mit Beifallsbezeugungen begrüßte.
— Trotz der entschiedenen Ablehnung, den das Projekt eines unterseeischen Tunnels zwischen Calais und Dover in England gefunden hat, wird die Sache dennoch im nächsten Jahre dem Parlamente von den beiden konkurrierenden Gesellschaften vorgelegt werden, indem jede derselben ein Gesetz vorbereitet, in welchem versucht wird, die von der Militärkommission gegen das Projekt erhobenen Bedenken zu entkräftigen.
— Das Schweizer Budget für 1883 schließt mit einigen Hunderttausend Frank Defizit ab. Ein Theil der eidgenössischen Presse tadelt, daß der Militäretat mit einem vollen Drittel des Gesammtbudgets, nemlich 16Vr Millionen angesetzt ist, und stellt als wahrscheinlich hin, daß der Militäretat zu ernsten parlamentarischen Debatten Anlaß geben dürfte.
— Der italienische Kriegsminister beabsichtigt, demnächst mit der Bildung zweier neuen Armeekorps Mbeginnen. Auch für die Marine ist eine Erweiterung des Kriegsmaterials dl Aussicht genommen, und hat der Vize-Admiral Acton der Kammer ein Gesetz unterbreitet, welches ihn zum Bau von vier Thurm-Panzerschtf- fen, sechs Kreuzern und zwölf Torpedobooten ermächtigen soll.
Laudesuachrichteu.
Altenstaig, 3. Nov. Von der Gewerbe- veretnsversammlung wurde gestern Abend für zweckmäßig erkannt, bezüglich der bevorstehenden Landtagswahl eine allgemeine Wählerversammlung abzuhalten und ist eine ffolche für Samstag Abend in Aussicht genommen. (Siehe bezügl. Einladung im Jnseratentheile.) Hiedurch soll der gesummten Wählerschaft Gelegenheit geboten werden, die erforderlichen Schritte zu berathen und einzuleiten. Im Weiteren kam eine Eingabe an den hohen Reichstag zur Verlesung, in welcher um höhere Besteuerung des Hausirgewerbes petitionirt wird. Dieselbe wird in diesen Tagen behufs der Unterzeichnung hier zirkuliren und ist sehr zu wünschen, daß sie recht zahlreich mit Unterschriften versehen wird.
Von der Nagold. In Jselshausen, der Filialgemeinde von Nagold, fand am Montag 30. Oktbr. eine schöne Feier statt, indem das neuerbaute Schulhaus unter Mitwirkung des Dekans und Schulinspektors und unter zahlreicher und freudiger Bethetligung der Gemeinde seiner Bestimmung übergeben wurde. Dasselbe ist einfach, aber praktisch und zweckmäßig erbaut, und auf einer Anhöhe frei und sonnig gelegen, bildet es mit seinem freundlichen Aeußeren und seiner schmucken Holzbekleidung eine hübsche Zierde des lieblichen Waldachthals. Der Gemeinde Jselshausen gebührt für die erheblichen Opfer, welche sie durch den Neubau eines Schulhauses gebracht hat, ganz besonders ehrende Anerkennung, da das bisherige Schulhaus erst vor 40 Jahren einem völligen Umbau unterzogen wurde und da die Herstellung einer schönen Thalstraße derselben große Kosten verursacht hat. (S. M.)
Stuttgart, 1. November. Wie wir vernehmen, ist Seiner Königlichen Majestät jüngst von dem ganz aus geborenen Württembergern bestehenden Schwäbischen Unterstützungsverein zu Dayton im Staat Ohio in den Vereinigten Staaten von Nordamerika als Ertrag einer von dem Verein veranstalteten Kollekte zum Besten „ihrer in diesem Jahre durch Sturm und Hagelschlag schwer heimgesuchten Stammes- genoffen im alten Vaterland" die Summe von 880 M. mit der Bitte zugesendet worden, solche nach allerhöchstem Ermessen unter die Beschä,