seines Seelsorgers aufs Neue erweckt, die Kraft, dem Tode in der letzten ernsten Stunde ruhig und gefaßt ins Antlitz zu schauen; und so schied er aus dem Leben zwar als schwerer, aber Lief bereuender Sünder mit der sichern Hoffnung, bei dem großen Richter, der nicht nach mensch­lichen Gesetzen sondern nur danach entscheidet, ob die Reue und Buße eine ernste und auf­richtige ist, Gnade zu finden.

Stuttgart, 17. Mai. (Corr.) Die von vielen unglücklichen Genossenschaftern und Gläu­bigern der Volksbank so ersehnteStuttgarter Gewerbekasse" hat sich heute in ihrer auf dem Rathhause im großen Sitzungssaale der bürger­lichen Kollegien abgehaltenen Generalversamm­lung konstituirt. Die 800000 M., die in der Vorversammlung zum Beginn des Geschäfts für erforderlich erachtet wurden, find von 40 Aktionären gezeichnet worden, sowie 10°/o des Stammkapitals mit 80000 M. eingezahlt und bei der Württemb. Notenbank inzwischen nieder­gelegt.

Stuttgart, 18. Mai. (Corr.) Morgen Abend wird im Rathhaussaale die General­versammlung des Vereins zum Bau einer evan­gelischen Kirche in der unteren Stadt (sog. Frie­denskirche im Stöckach) abgehalten.

Stuttgart, 18. Mai. (Corr.) DerVer- ein für christliche Kunst in der evangeli­schen Kirche Württembergs begeht am nächsten Mittwoch den 24. Mai, wo er auch seine Ge­neralversammlung abhält, die Erinnerungsfeier an seine nun 25jährige Thätigkeit im Saale der evangelischen Gesellschaft.

Aus dem Oberamt Reutlingen. Die Auswanderung aus unserem Bezirk ist Heuer wieder sehr stark, allwöchentlich gehen größere Gesellschaften von hier ab. In den weitaus meisten Fällen wird das Reisegeld von Amerika herübergesandt, von Verwandten und Bekannten, die schon längere oder kürzere Zeit drüben ansäßig sind. Eine mehrjährige Erfah­rung zeigt, daß die Auswanderungslust insbe­sondere bei jungen Ehemännern stark ist, die entweder ihre Familien später Nachkommen las­sen, wenn ihre Existenz in der neuen Welt ge­gründet ist, oder aber, in erwerbslosen Verhält­nissen hier lebend, ihren besseren Verdienst von dorther zur Ausbesserung ihrer finanziellen Lage senden. Die Fälle dieser Art sind erfreulicher Weise ziemlich häufig. In sehr vielen anderen Fällen sind die Auswanderungskosten längst durch rückgesandte Gelder ausgeglichen; ja ge­wisse Familien leben ganz von den Angehörigen jenseits des Ozeans.

Nach den Berichten über den Verlauf der Wanderversammlung würrt. Land- wirthe inHeilbronn wurde für die nächst­jährige Wanderversammlung Reutlingen be­stimmt, da die Wanderversammlung immer an dem Ort tagt, wo die Regional-Biehausstellung stattfindet. Die Versammlung in Heilbronn berieth über die gesetzliche Zwangs-Hagel-Ver-

stcherung und über die Erfahrungen bei Ein­führung von Simmenthaler Zuchtvieh.

(Unglücksfälle und Verbrechen.) Am vergangenen Freitag wurde in Ochsen­hausen der dortige Kameralamtsbuchhalter Ä. verhaftet und in's Biberacher Amtsgefäng- niß abgeführt. Unordnungen in Buch und Kassa gaben die Veranlassung dazu. Zu Ende der vergangenen Woche, verunglückte der Fuhrmann Rau von Kleinbottwar auf der sogenann­ten Hardtstraße zwischen dem Rohrthal und Kleinaspach. Derselbe hatte sich auf die Deich­sel seines mit Holz schwerbeladenen Wagens gesetzt, von der er ohne Zweifel im Schlafe herabstel und von den Rädern so beschädigt wurde, daß er nach kurzer Zeit starb. Rau hinterläßt eine Frau mit vier unerzogenen Kin­dern. In Sindelfingen kam am letzten Samstag ein zweijähriger Knabe unter einen mit Sand beladenen Wagen und trug so schwere Verletzungen davon, daß das Kind, kaum nach Hause gebracht, seinen Geist aufgab. Den Fuhrmann trifft keine Schuld. In Ober­zell ertranken letzten Freitag zwei Kinder in der Schüssen, welche beim Viehhüten die Lust anwandelte, zu baden. Es waren beide Ge­schwister, das eine im Alter von 7, und das andere im Alter von 6 Jahren. Das ältere wollte nach Aussage zuschauender kleinerer Kin­der das jüngere, welches in eine zu tiefe Stelle gerathen war, retten, wurde aber wie dieses von dem unbarmherzigen Element fortgeriffen. Sobald die Unglücksbotschaft ins Ort kam, wurde sogleich nach den Kindern gesucht, aber bis jetzt nur eines aufgefunden. Fürwahr ein harter Schlag für die Eltern, so schnell und unerwartet zwei Kinder auf einmal zu verlieren.

Ueber das Vermögen nachstehender Personen wurde das Konkurs-Verfahren eingeleitet: Wilhelm Louis Dietz, Wagner inHeilbronn; Christian Frey. Sonnemvirth in Sontheim; Berlassenschaftsmasse des verst. Friedrich Maier, Bierbrauers und Lammwirths in Oberensingen; Caspar Keller Bauers Wittwe in Seedorf; Katharine geb. Grüner; Jung Joseph Grüner, Schreiner in Söhnstetten; Adolph Kurtz, Häcker, Wirth und Spezereihändler in Reut­lingen; Fidel Schäfer, Bauer in Rottenburg.

Deutsches Reich.

Berlin, 16. Mai. (Geschenk für Kaiser Wilhelm.) Vom Czaren sind heute 4 prachtvolle Rapphengste und ein vollständig national-russisches Gespann nebst Livrse für den Kutscher als Geschenk au den Kaiser Wil­helm hier angekommen. Die Hengste sind vom Czaren persönlich eingefahren. Es geht das Gerücht von einer in Stettin stattfindenden Zu­sammenkunft beider Monarchen.

Berlin, 16. Mai. (Die Krankheit Bismarcks.) Mit Bezug auf den leidenden Zustand des Reichskanzlers wird aus Hamburg geschrieben, daß der dortige Arzt Dr. med. Cohn, der den Reichskanzler während seines Aufenthal­tes in Friedrichsruh behandelt, am Sonntag früh plötzlich dorthin berufen wurde. Der Zug,

war, wandte sich der Herr Oberstaatsanwalt wiederum an den Verurtheilten mit den Wor­ten:David Reichardt, euer Leben ist verwirkt,

Gott sei eurer Seele gnädig." Und zu dem Nachrichter gewendet, sprach derselbe:Nach­richter, ich übergebe euch den Verurtheilten Da­vid Reichardt mit dem Befehl, ihn zu richten vom Leben zum Tode." Herr Helfer Elfä ßer betete nun noch laut mit dem Verurtheilten, welcher hierauf in sichtlicher Bewegung die Hand des Geistlichen, der ihm während seiner letzten schweren Stunden so treu zur Seite gestanden, ergriff und küßte. Nach einigen weiteren Segens­und Trostworten des Geistlichen traten die Knechte des Scharfrichters heran, ergriffen den Delinquenten, schnallten ihn an das aufrecht­stehende Brett des Blutgerüsts, erhoben dasselbe und schoben es zurück, so daß der eutblöste Hals des Delinquenten, der noch durch einen besonderen Mechanismus festgeschraubt wurde, gerade unter dem Fallbeil zu liegen kam. Kaum war dies geschehen, als auf einen Druck des Scharfrichters das Beil auch schon herabsauste und der Kopf des Delinquenten in den hin­ter der Maschine angebrachten Korb rollte. Der Gerechtigkeit war Genüge geleistet. Nachdem der Rumpf sich etwas verblutet hatte, wurde derselbe abgeschnallt und in einen schon vor­her zurechtgelegten schwarzen Sarg gelegt, und zu den Füßen des Rumpfes sodann auch der Kopf, worauf der Sarg geschlossen und bei Seite getragen wurde. Der ganze Hinrichtuugsakt ging ungemein schnell von statten. Von dem Zeitpunkt des Erscheinens des Delinquenten auf dem Richlplatze bis zum Fallen des Beils ver­strichen 4 Minuten, von dessen Ergreifung durch die Scharfrichtersgehilfen an bis zu dem letzt­erwähnten Momente kaum 30 Sekunden.

Nachdem der schauerliche Akt vollzogen war, sprach Herr Helfer Elsäßer tief ergriffen noch ein Gebet, das wohl keinen der Anwesenden unberührt ließ. Derselbe gedachte darin nament­lich auch der hinterlaffenen Wittwe des Gerich­teten mit ihren 5 Kindern, die er dem Schutze Gottes befahl. Tief erschüttert verließen hier­auf die Anwesenden den Ort. Wie wir hö­ren, hat der Verurtheilte in den letzten Tagen große Reue über seine schwere That gezeigt.

Gestern Vormittag besuchte ihn seine Frau mit zweien ihrer Kinder und nahm mit ihm das Abendmahl; dieselbe benahm sich dabei sehr ge­faßt; doch soll der Abschied zwischen den Beiden, die einst vor dem Altäre ewige Liebe und Treue sich schworen und nun so von einander scheiden mußten, ein herzzerreißender gewesen sein. In letzter Nacht hat der Verurtheilte noch über 3 Stunden geschlafen. Von 3 Uhr an war der­selbe sehr unruhig, er weinte und betete ohne Unterlaß. Alle, die er mit seiner Mfsethat und seinem späteren Verhalten gekränkt, ließ er noch um Verzeihung bitten. Der tröstende Glaube, der einst sein Kinderherz erfüllt, als ihm die Sünde noch nicht in ihrer schwarzen Gestalt ge­naht, er gab ihm, durch den liebevollen Zuspruch

(Nachdruck verboten.)

Eine heitere Geschichte von A. v. Winterfeld.

(Fortsetzung.)

I, das müßte doch mit dem Teufel zugehen!" dachte Tannen­berg, riß seinem Freunde Wiesenthal die echte Lancaster-Flinte zwischen den Beinen weg und feuerte zum drittenmal.

Die Situation veränderte sich durchaus nicht.

Tannenberg drückte seinen letzten Lauf ab. Paff!

Der Hirsch blieb ruhig stehen und Wtesenthal schnarchte im tief­sten Baß.

Ganz außer sich kletterte der unglückliche Schütze vom Wagen, rannte durch das Dickicht nach dem Hirsche und trommelte mit beiden Fäusten auf ihn los. Der Hirsch fiel ungeschickt um und hielt seine vier Beine steif von sich weg.

Tannenberg bückte sich zu ihm hinunter; er war ausgestopft.

tzahahaha!" lachte Freund Wiesenthal vom Wagen her,da habe ich dich doch mal recht ordentlich angeführt!"

Na warte nur!" drohte ihm Tannenberg mit der Faust,das ist dir nicht geschenkt, dich necke ich noch, wenn ich todt bin!"

Diesmal hatte aber Herr von Tannenberg den Teufel an die Wand gemalt.

Acht Wochen darauf rührte ihn der Schlag und sie trugen ihn auf den Kirchhof.

Er wurde von seiner Frau und von seinem Freunde Wiesenthal auf das Tiefste betrauert, und letzterer irrte wochenlang ganz verstört umher, als wenn er ein Stück von seinem Leben verloren hätte. End­lich konnte er die Einsamkeit nicht mehr aushalten und schrieb an seinen

Neffen Heinrich in Rothenberg, daß er ihn doch auf einige Zeit besuchen möchte, er könne ja in Wiesenthal ebenso gut auf die Jagd gehen, wie bet sich zu Hause. Der Neffe kam mit seinem vortrefflichen Hühnerhund, einem echt englischen Pointer, und kaum war er vierundzwanzig Stun­den bei seinem Onkel, so begann dieser ihn zu necken. Von diesem Moment an trat sein Schmerz denn auch bald in ein gelinderes Stadium.

Manchmal fuhren sie auch zusammen nach Tannenberg hinüber, um die schöne Wittwe zu besuchen, und zuletzt wurden sie alle drei etwas heiterer.

Zwei Monate nach dem Tode des vortrefflichen, unvergeßlichen Freundes wurde dessen Testament eröffnet, und wer beschreibt das Staunen des Onkels Wiesenthal, als er erfährt, daß nicht ihm die Hälfte des hinterlaffenen Vermögens vermacht ist, sondern seinem Neffen Heinrich!

Siehst du wohl, stand mit Tannenbergs Handschrift links unten in der Ecke,nun habe ich dich nach meinem Tode noch geärgert."

Der junge Heinrich wußte gar nicht, wie er dazu gekommen, machte i aber keine Schwierigkeiten, es anzunehmen, und Onkel Wiesenthal, der eigentlich ein bischen geizig war, biß sich auf die Lippen und dachte so­fort darüber nach, wie er sich revanchieren könne.

Das war aber ein schweres Ding, denn wenn man auch jemand nach seinem eigenen Tode ärgern kann, so kann man doch nicht jemand ärgern, der todt ist und darauf kam es doch hier an.

Der Onkel zerqaälte sich den Kopf ganz fürchterlich, aber es wollte ihm absolut nichts einfallen.

Das Trauerjahr der Frau von Tannenberg war bereits seit meh­reren Monaten vergangen und der alte Baron Wiesenthal war noch ge­rade ebenso klug wie zuvor.

Er langweilte sich und ärgerte sich, und weil er das Bedurfniß