konnte es nicht ausbleiben, daß sich aller Theil- nehmer eine gehobene Stimmung bemächtigte, weßhalb der Ausflug recht angenehm verlief und als gelungen bezeichnet werden darf.

Stuttgart, 7. Mai. (Corresp.) Fürst Orloff, der russische Botschafter in Pairs, der auf der Rückreise von Petersburg und Berlin hier kurzen Aufenthalt genommen hat und von Ihrer Majestät der Königin zur Tafel gezogen worden ist, ist heute nach Paris weiter gereist.

Stuttgart, 7. Mai. Die Sache der verkrachten Volksbank macht fortwährend viel von sich reden. Nunmehr fordern 12 Mitglieder und Genossenschafter der einstigen Bank ihre vermöglichen Leidensgenossen dringe'd zur Teil­nahme auf, damit ein Arrangement noch nach­träglich zu Stande kommt und die großen Kosten und das langwierige Verfahren eines so kolos­salen und umfangreichen Gantgeschäfts zu guter Letzt noch vermieden werden können.

Cannstatt, 4. Mai. Gestern Nachmit­tag wurden mit einem aus Lokomotive und Personenwagen bestehenden Zug, an welchem schnellwirkende Bremsen nach Heberlein- schem System angebracht waren, auf der in starkem Gefälle, 1:80, liegenden Bahnstrecke FellbachCannstatt Probefahrten ausgeführt. Die Resultate waren lautN. T." überaus günstig: in 25 Sekunden konnte der ganze Zug, trotzdem er sich mit sehr großer Geschwindigkeit bewegt hatte, zum Anhalten gebracht werden, so daß die Lokomotive ihn nicht mehr von der Stelle bringen konnte. Die Bremseinrichtungen wurden in der Hauptwagenstätte hier nach An­ordnung des Herrn Oberinspektors Fi st mann ausgeführt; den Probefahrten wohnten einige höhere Eisenbahnbeamte bei.

Reutlingen, 5. Mai. Die hiesigen Ver­lags- und Sorttmentsbuchhändler, Buchdruckerei- besttzer und Buchbinder haben, lautSchw. Kz.", eine Petition an den Reichstag gerichtet, in welcher unter eingehender Motivi- rung um Ablehnung des 8 7 der VorlageNo­velle zur Gewerbeordnung" soweit solcher sich auf den Colportagebetrieb von Druck­schriften und Bild erw erken bezieht, und welcher gleichbedeutend mit dem Untergang eines blühenden^fteuerkräftigen Industriezweiges wäre, gebeten wird. Der Schluß der Petition heißt wörtlich:Wir hegen, gestützt auf all' das bis­her Angeführte, zu einem hohen Reichstag das feste Vertrauen, er werde sich der Fassung des § 7 der Novelle zur Gewerbe-Ordnung, wie sie dermalen beabsichtigt ist, aufs Entschiedenste wiedersetzen, wir hoffen, daß es gelingen werde, diesem 8 eine Fassung zu geben, welche die Aus­wüchse, wie sie in den Motiven gekennzeichnet sind, mit aller Schärfe des Gesetzes trifft, da­bei aber dem ebenso blühenden, als für das geistige und materielle Leben unseres Volkes unentbehrlichen Colportagehandel seine fernere Bedeutung und Existenz sichert."

Der ledige Bauer L. von Fellbach ist auch einer jener Geprellten, der eine Spiel­

marke statt 10 M. angenommen hat. Er war in Geschäften in Stuttgart; dort kam ein Un­bekannter neben ihn zu sitzen, der angab, er sollte Münze haben, statt einem 10-Markstück. L. war so gefällig, das Goldstück zu wechseln, und gab seine gute Münze dafür heraus; als er dasselbe aber später wieder verausgaben wollte, wurde das Geldstück als falsch erfunden. Zunächst hatte L. den Schaden, aber nicht genug daran denn die Polizei erhielt von der Sache Kenntniß, hielt den L. an, und er hatte viele Mühe, seine Ehrlichkeit zu beweisen und wieder frei zu werdest. Also die Augen auf!

Seit einiger Zeit wird inRottweil eine Menge Leute, Jung und Alt, Mann und Weib mit einer Fluth von annonymen Schreiben, die in der beschimpfendsten, zum Theil unfläthigsten Weise verfaßt u. darauf berechnet sind, den Fami­lienfrieden zu stören, belästigt. Möchte es den Anstrengungen der Behörde gelingen, das ge­meine Subjekt zur Rechenschaft zu ziehen!

Ein auf der Sommerweide in Ehrstet- ten (Münstngen) befindlicher Schäfer prunkte mit einer von ihm 14 Tage vorher in Aalen gestohlenen werthvollen Uhrkette am Rekruten- Mufterungstage in Hayingen. Zu seinem Er­staunen nahm ihm der dort anwesende Stations- Commandant diesen Schmuck ab und mußte seine Uhr unangebunden in der Tasche versorgen.

In Perouse (Leonberg) schreckte Ende voriger Woche ein bei einer Familie zu Besuche anwesender junger Mann (Rekrut) im Scherze die mit Aufscheuern des Oehrns beschäftigte jugendliche Tochter des Hauses, indem er auf sie eine Flinte mit den Worten anlegte:Jetzt erschieß ich Dich?" Die scherzhafte Drohung wurde im selben Augenblick zur schrecklichen Wahrheit, denn das Gewehr entlud sich, und das Mädchen brach, rückseitig in den Halswir­bel getroffen, lautlos zusammen. Das unglück­liche Mädchen lebt zwar noch, man sieht aber stündlich der Auflösung entgegen.

In Heilbronn stürzte ein 3jähr!ges Kind in den Neckar. Auf den Hilferuf dessel­ben sprang der 17jährige Laufbursche Carl Knaupp herbei, und es gelang ihm noch, das Kind vom Tode des Ertrinkens zu retten.

In Jsny und Wangen war das Er- gebniß der jüngst stattgehabten Musterung wie schon seit mehreren Jahren ein sehr un­günstiges. Von 276 Gemusterten konnte nur 73 das Prädikattauglich" ertheilt werden. Diese Bedenken erregende Thatsache gibt einem offenbar berufenen Autor den Anlaß, in einem imArgenboten" erschienenen Artikel die Ur­sache zu untersuchen, welche einen so schnellen Rückgang der körperlichen Tüchtigkeit der Jugend in einem vorwiegend Landwirthschaft treibenden, alle Vorbedingungen für das Gedeihen eines gesunden und kräftigen Menschenschlages in sich fastenden Bezirks, wie es das Allgäu ist, her­vorzurufen vermögen. Der Verfasser hat auf Grund langjähriger Beobachtungen, die feste Ueberzeugung, daß die Hauptursache darin liegt,

daß in dem Land, daMilch fließt", die Kin­der mit Allem, nur nicht mit Milch auf­gezogen werden!

In Herrenberg nahm am 1. ds. der zweite Kurs der Haushaltungsschule sei­nen Anfang mit einer Betheiligung von 10 Mäd­chen; weitere Anmeldungen liegen vor.

Deutsches Reich.

Berlin, 3. Mai. Im Laufe des Som­mers soll hier ein internationaler Con- greß von Gegnern des Impfzwangs statt­finden, für welchen sich schon jetzt ein Local- comite gebildet hat.

Potsdam, 7. Mai. Die Prinzessin Wil­helm von Preußen, welche deretnstmals deutsche Kaiserin sein wird, ist gestern Abend 9 Uhr 50 Min. von einem Prinzen glücklich entbunden worden.

Das vorjährige deutsche Bundesschie­ßen in München hat das seltene Glück ge­habt, einen reinen Ueberschuß von 18000 M. zu machen.

Lunden. Der Kassierer des hies. Kredit­vereins, Claußen, ist unter Mitnahme von etwa 200000 Mark flüchtig geworden. Bis jetzt hat man von ihm noch nicht die geringste Spur auf­finden können.

SLraßburg, 3. Mai. Gestern kam eine Anzahl Auswanderer aus dem oberen Schwarz­walde hier an, um über Havre nach Amerika zu reisen und dort eine Heimath zu gründen. Heute Morgen waren es nahezu 100 Personen, die gleichfalls von des Schwarzwalds Höhen kommend, in Straßburg zu gleichem Zwecke zu­sammentrafen.

Ausland.

Wien. Im weiteren Verlauf des Ring­theater-Prozesses ist man nun zum Verhör der Polizeibeamten und Feuerwehrleute gelangt. Die ersteren sind dabei sehr ^schlecht weggekommen; der Staatsanwalt erklärte, mit Rücksicht auf das, was die bisherigen Zeugen über die Tätig­keit der bei dem Brande anwesenden Polizei­beamten ausgesagt hätten, könne er die Beeidig­ung der letzteren nicht beantragen. Der Fall erregt große Sensation.

Tachau (Böhmen). In der hiesigen Um­gegend ist infolge des durch lange Arbeitslosig­keit herbeigeführten allgemeinen Elends der Hun­gertyphus ausgebrochen, der mit jedem Tag größere Verwüstungen anrichtet, da jetzt auch diejenigen Arbeiter, welche bisher im nahen Bayern beschäftigt waren, abgelohnt worden sind, weil man dort die Einschleppung der ent­setzlichen Krankheit befürchtet. Zwar hat der Kaiser Franz Joseph zur Unterstützung der Ver­armten eine ansehnliche Summe Geldes gesandt und Fürst Windtschgrätz 167 Hektoliter Kartof­feln vertheilen lassen, doch kann durchgreifend nur durch Beschaffung von Arbeit und Verdienst geholfen werden.

(Aus der guten alten Zeit.) Dem Nagolder Amts- und Jntelligenzblatt Nr. 14 vom Jahr 1842, welches dazumal zugleich noch Amtsblatt für die Bezirke Freuden­stadt und Horb war, entnehmen wir das nachfolgende Gedicht:Der Maskenball in Alten­staig." Das Gedicht wurde uns von befreundeter Seite zugesendet und dürfte sicherlich diesem oder jenem noch lebenden Alten eine angenehme Erinnerung werben, zugleich dürfte es aber auch den Beweis liefern, daß unsere lieben Alten in Betreff des geselligen Lebens uns voraus waren, denn in der jetzigen sonst aber als überaus verschwenderisch ver­schrieenen Zeit läßt sich in Altenstaig die Abhaltung eines Maskenballes kaum mehr den­ken, wenigstens wurde seit langer Zeit keiner mehr hier abgehalten. Des Dichters Sang, dem gewiß eine große Neigung für das zarte Geschlecht nicht abzusprechen ist, lautet:

Aer Maskenball in Allenstaig.

Geht Freunde her, und kommt zu Haus Vom Maskenball zu hören;

Habt Acht und merket ernstlich auf,

Ich kanns für wahr beschwören.

Am Dienstag Abend war im Saal Im Trauben muntres Regen,

Es tönte durch das Nagoldthal Das fröhlichste Bewegen.

Da kam ein Bajas hergeeilt,

Der machte eitel Possen.

Das Zahnfleisch schien ihm ausgefeilt,

Der Mund ihm gar verschlossen.

Vom linken bis zum rechten Ohr lind ziemlich schief gelaufen:

So stand sein Mund, daraus schannhervor Die Zähn', als zum Verkaufen.

Der machte Sprünge kreuz und quer In seinen weiten Hosen:

Sechs Fuß hoch, oder auch noch mehr. Zur Decke wollt er stoßen.

Ein andrer Bajas kam dazu,

Das gab gewalt'gen Lärmen.

Sie gönnten sich nicht Rast noch Ruh Ihr Treiben war ein Schwärmen.

Der hatte einen andern Mund,

Er glich dem Bäckerofen;

Ihn hat ein Stein von zehen Pfund Gewiß darauf getroffen.

Der Kegele, einst Junggesell Von Einundsechzig Jahren,

Der führte seine ÜsmoissUs Herein mit grauen Haaren.

Sie tanzten wie die Vögelein,

Stur steif mit alten Knochen;

Doch trank der Alte wacker Wein,

Hat auch viel Scherz gesprochen.

Vom Gäu ein Bauer schön und groß Mit silberb'schlagner Pfeife,

Mit rother Weste, gelber Hos',

Dran eine schöne Schleife.

Und mächt'gen Waden, wohlgebaut,

Wie's rechte Bauern zeigen.

Manch Auge hat auf ihn geschaut,

Doch war er nicht mehr eigen.

Ein Sarazen schritt hoch daher In prächtigem Gewände,

Er brachte manche neue Mähr Aus seinem Morgenlande.

Er gieng bei Allen hin und her,

Die da beisammen waren

Und sprach: daß er im Dampfboot wär

Uebern Kniebis hergefahren.

Der Vogelfänger bin ich ja So sangs in unsrer Mitte Und hopfte, heisa, hop-sa-sa Mit vogelschnellem Schritte.

War Papageno auch dabei Gar niedlich und gar kleine,

Und hüpfte munter, froh und frei Mit seinem Vogelhaine.

Zwei Jäger schritten stolz daher Mit ungeladnen Büchsen Auch war die Jägertasche leer,

Sie wollten wohl erwichsen.

Ich glaube gar, sie standen an Und wollten Täubchen hoffen;

Wer weiß, ob sie in ihrem Wahn Nicht manches Herz getroffen.

Drauf kam der Kiffer Jmmerdurst, Sein Bauch glich einem Fäßchen;

Er war so fett, wie Schwartenwurst Und machte manches Späßchen.

Der hatte los den Kaiserschluck,

Er trank aus ganzen Flaschen Und immer gieng es gluck, gluck, gluck, Bis voll die Magentaschen.

Und ein Tyroler, gemsenflink Mit federleichtein Blute,

Der machte lauter Liebeswink Mit seinem spitz'gen Hute.

Und führte durch die bunten Reihn Sein allerliebstes Mädchen;

Sie wollten stets die Ersten sein,

ES gieng, als wie am Rädchen.

Und ein Polak im sammtnen Kleid Mit Hermelin und Zobel Der kam herbei zu Aller Freud Im OotiUon ein Vogel.

Der war am schönsten angethan Sein Kostüm war wohl theuer,

Er war ein jugendlicher Mann Mit scharfem Aug voll Feuer.

Doch muß ich auch des Postillon Und seiner Brief gedenken :

Er gab sie alle ohne Lohn,

Das Porto wollt er schenken.

Er gieng einher mit flinkem Schritt Und seine Peitsche knallte.

Er brachte Lust und Aerger mit Für Junge und für Alte.