Aus Oesterreich, 2.Mai. Aus Ober­österreich hört man von allerlei Umtrieben gegen die 8jährige Schulpflicht. Es sei in manchen Orten schon so weit gekommen, daß die Bauern in Folge von Verabredung sämmt- liche Kinder, welche bereits länger als 6 Jahre die Schule besuchen, rudelweise zur Schule schickten u. durch die Kinder sagen ließen:Unser Voda Hot gsagt, wer dös gschofft Hot, daß mer no zwa Jahr in d'Schul' gehn müaßa, der soll Ms a zwoa Jahr suadern und's Gwand kaufa." Und dabei herrscht selbst bei der 8jähri- gen Schulpflicht vielfach eine Unkenntniß des Schreibens und der Sprache, die unglaublich ist. Der Schriftsteller, dessen Blatt wir jene Notiz entnehmen, führt mehrere haarsträubende Beispiele aus neuerer Zeit an.

Letzter Tage transportirte ein St. Gall er Landjäger einen vorübergehend in der Heilsan­stalt in St. Priminsberg untergebrachten Zucht­haussträfling nach St. Jakob zurück. Im Eisen­bahnwagen, zwischen Sevelin und Buchs, steckte sich der Wächter eine Zigarre an. Doch wäh­rend dieser Zeit sprang der vom Freiheitsdrang beseelte Sträfling zum Wagenfenster hinaus. Das kann ich auch," dachte der Polizist, con- trolirte seine Cigarre und im Nu war auch er zum Fenster hinaus. Die Flugbahn war eine rasende und erst nach einigen unfreiwilligen Turnübungen des Kühnen über den Eisenbahn­damm hinunter beendet. Ein Schrei des Ent­setzens fuhr durch den starkbesetzten Wagen. Von Buchs wurde sofort Hilfsmannschaft nach der Unglücksstätte gesendet, aber wie erstaunte man, als der verwegene Flüchtling von dem noch viel verwegeneren Landjäger vom Rheine her gefesselt nach Buchs gebracht wurde.

Neapel. Ein höchst unerquicklicher Vor­fall zwischen einem Universitätsprofessor und dem Unterrichtsminister macht das peinlichste Aufsehen. Der Professor hatte den Minister wegen einer Privatangelegenheit zur Rede gestellt. und ihm schließlich ins Gesicht gespieen. Der Professor wurde verhaftet und im Wege des Disziplinarverfahrens seines Amtes entsetzt.

Paris. Die Untersuchung betreffs des letzten großen Postdiebstahls fördert mancherlei wundersame Dinge zu Tage. So wurde bet einem Beamten eine Haussuchung veranstaltet, bei welcher man einen allerliebsten kleinen Ba­zar fand. Der ungetreue Beamte hatte die Mustersendungen seit Jahren beraubt und so war bet ihm mit der Zeit ein ganz ansehnliches Waarenlager aus Portemonnaies, Rasiermessern, Spitzen, seidenen Tüchern, Nadeln, Angelhaken, Kleidungsstücken, Taschentüchern re. entstanden!

London, 3. Mai. Der in Liverpool von der Westküste Afrika's angekommene Dampfer Connza" bringt folgenden Bericht aus Bonny vom 23. März: Einer Meldung aus Neu-Ca- labar zufolge hat eine große Schlacht zwischen den Eingeborenen und den Anhängern Öko Jumbo's stattgefunden. Das Gemetzel soll fürchterlich gewesen sein und sollen zum min­

desten 1000 Mann auf beiden Seiten geblie­ben sein.

Aus Gombin (Gouvernement Warschau) erhält derDzienik Poznanski" über die in den letzten Tagen stattgehabten Exzesse folgende au­thentische Nachrichten: Der Kampf zwischen Christen und Juden dauerte 10 Stunden. Sämmtliche jüdische Läden und Wohnhäuser wurden ausgeplündert und zerstört. Sehr viele Juden sind durch Schüsse verwundet, mehrere Bauern getödtet. D'e Stadtbevölkerung besteht zu drei Viertheilen aus Juden. Der Staats­anwalt ist aus Warschau angekommen. Mili­tär ist aus Plock und Gostynin requirirt und noch am Platze. Die Stadt ist vollständig ver­wüstet.

Athen, 25. April. Als Neuigkeit sei er­wähnt, daß vorige Woche 40 Spartaner, Ackerbauern, die ersten aus Griechenland, mach Amerika ausgewandert sind, um dort als Far­mer ihr Glück zu suchen.

Aus Bulgarien einlaufende Nach­richten stimmen darin überein, daß sich eine Krisis vorzubereiten scheine. Fürst Alexander drang schon mehrmals vergeblich auf Hitrowos Abberufung. Eine starke Partei in Bulgarien sucht dem Fürsten die Rückkehr ganz zu ver­leiden ; es gilt auch hier in unterrichteten Krei­sen als nicht außer Bereich der Möglichkeit stehend, daß Fürst Alexander abdanke und von seiner jetzigen Reise nicht mehr nach Sofia zurückkehre.

Kairo, 5. Mai. Der Pseudoprophet Molidi im Sudan schlug neuerdings die egyp- tischen Truppen er bemächtigte sich Senaars und marschirt gegen Chart um, die Haupt­stadt des Sudan, welche ohne Vertheidigung ist. Darfur und Kordofan sind in vollem Auf­stande.

New-A ork. Die Waaren-Ausfuhr aus den Ver. Staaten im Monat März ds. Js. überstieg die Waaren-Einfuhr um 6 Millionen Dollar. Die Ausfuhr von Metallgeld in dem gleichen Zeitraum überstieg die Einfuhr um 3 Millionen Dollar.

Handel und Berkehr.

Ledermesse Stuttgart, 22. Mat. Der mit der Maimefse verbundene Lederverkauf findet, wie seither, so auch Heuer, am ersten Meß­tag, 22. ds., in der Gewerbehalle statt.

Wildbad. Die hies. Spar- und Vor­schußbank zählte am 31. Dezbr. 1881 199 Mitglieder. Der Rechnungsabschluß des 10. Geschäftsjahrs weist einen Gesammtumsatz von 2592743 M. auf (1299671 M. Einnahmen und 1293 071 M. Ausgaben.) Der Reinge­winn beträgt 3657 M., davon erhält das di­videndenberechtigte Einlagekapital von 37 257.78 M. 6°/o Dividende; der nach deren Abzug ver­bleibende Saldo von 1421.91 M. wird dem Reservefonds, der sich hiernach auf 18 700.35 M. beziffert, zugeschrieben.

Vermischtes.

Wenn man untröstlich ist. Johann, der Kammerdiener des Grasen F..., hatte seit drei Monaten seine Frau verloren, und suchte nun seinen Kummer mit solchem Eifer in der Flasche zu ertränken, daß er jedenMbend betrunken nach Hause kommt. Gestern stellt ihn sein Herr deshalb zur Rede.Sag' mir, wie kommt es, daß Du alle Deine freie Zeit im Wtrthshaus verbringst, seitdem Du Wittwer bist?"Ich suche mich zu trösten, Herr Graf." Und wie lange soll das noch dauernd"Ach, Herr Graf, ich bin untröstlich I"

Literarisches.

Brockhaus' Conversations-Lexi- kon" hat vor kurzem eine neue 13. Auflage begonnen, von der bereits der erste Band vor­liegt. Das berühmte Werk, das seit länger als einem halben Jahrhundert einen hoch an­gesehenen Platz in der Literatur behauptet und, wie dieGartenlaube" von ihm sagt, zu den ältesten literarischen Hausfreunden des deutschen Volkes gehört, erscheint diesmal in sehr erwei­terter und vervollkommneter Gestalt. An dem soeben zum Abschluß gelangten ersten Bande zeigen sich die großen Fortschritte, welche das­selbe in der neuen Auflage aufzuweisen hat, be­reits im hellsten Lichte. Vor allem ist es die Bereicherung mit instructiven, anschaulichen und künstlerisch ausgeführten Illustrationen, die zur Erhöhung seines Werthes so wesentlich beiträgt; dieselben umfassen im vorliegenden Bande meh­rere hundert Abbildungen auf 22 separaten Tafeln, ferner 13 geographische, historische und physikalische Karten und außerdem 42 in den Text gedruckte Holzschnitte. Aber auch in Be­treff des Textes sind durchgreifende Verbesser­ungen wahrzunehmen. So ermöglichte der Satz in gespaltenen Columnen eine derartige Raum- ersparniß, daß 3314 Artikel in dem Bande Platz fanden, während der erste Band der vori­gen Auflage nur 2310 Artikel enthielt. Schließ­lich sei erwähnt, daß die Einbände sich durch Dauerhaftigkeit empfehlen und jedem Bücher­schrank zur Zierde gereichen. Trotz aller dieser Verbesserungen hat die Verlagshandlüng den niedrigen Subscriptionspreis von 50 Pf. für das Heft, wie er bei den vorhergegangenen Auf­lagen bestand, ebenfalls wiedereintreten lassen; das Werk erscheint in 240 Heften, monatlich 34, kann aber auch in 16 Bänden bezogen werden. So sei denn die neue Auflage von Brockhaus' Conversations-Lexikon", die laut Anzeige der Verlagshandlung auch im Umtausch gegen irgend ein älteres schon gebrauchtes Con­versations-Lexikon unter sehr günstigen Beding­ungen zu erwerben ist, bet Erscheinen ihres ersten Bandes dem deutschen Publikum angelegentlichst empfohlen!

Lesefrncht.

Wer zu viel faßt, läßt viel fallen.

Auch hatten sie nicht Kugeln mehr,

Sie schoßen keine Böcke.

DaS Gehen war im Wald zu schwer Sie hatten lange Röcke.

Wer weiß, ob sie wie Onpicko Nicht nach den Jägern schielten Und wohl versteckt InooAnito Nach deren Herzen zielten?

Doch halt, die Markedenterin,

Die laß ich nicht so laufen,

Ich will geschwinde zu ihr hin,

Ein Schlückchen Schnaps zu kaufen.

Auch Cigarren, die giebt sie drein,

Das ist ein lustig Leben,

Die sind gewiß recht zart und fein;

Sie soll mir doch auch geben.

O weh! sie eilt so schnell davon.

Nichts, gar nichts ist mir worden.

Doch sieh, wer kommt denn wieder schon Mit reichen Silberborden?

Ha, ha! Die ist vom Steinlachthal Ich seh's an ihren Waden,

Die will ich schön zum Tanz im Saal Gar fein und höflich laden.

Gesagt, gethan und allgemach Gehts zu in TakteS Weise Den andern Pärchen tanzend nach Wohl sacht' im richt'geu G'leise.

Gut Nacht, der Maskenball ist aus.

Es brachen viele Knöpfe.

Ihr Freunde auf, wir gehn nach HauS, i Ins Bett die schweren Köpf«.

Zigeuner waren auch dabei,

Ich glaube vier nur kamen Und dennoch warens zweierlei,

Sie blieben nicht beisammen.

Zwei Jungfern, wohl recht angesehn, Gewiß vom höhern Stande;

Die konnten stattlich sich, ergehn In unserm Schwabenlande.

Sie kamen von Egypten her Am Kleid Wahrsagerzeichen.

Doch sie vergaßen ihre Mähr,

Die mußte diesmal weichen.

Gern hätt' ich einen Blumenkranz In Edens Flur gefunden Auch nur um einen einz'gen Tanz Um ihr schön Haupt gewunden.

Und der Zigeuner, nicht gar alt,

Der stand allein und stille;

Man schaute auf ihn gar zu kalt, So wars wohl nicht sein Wille.

Doch dachte er in seinem Sinn:

Laß deines gleichen lausen;

Du gehst ins Bierwirthsstüble hin, Dir einen Trunk zu kaufen.

Die blau und weiß gekleidet kam Aus Preziosas Reihen,

Die wollte, wie ich heut vernahm Ein Bischen sich zerstreuen.

Drauf schritt ich hin zur Saalesthür Sang im Zigeunerschritt:

Preziosa dir, dir folgen wir,

Doch, es gieng keiner mit.

Ein Fräulein, stolz war ihr Barrett Drauf Federn sondern gleichen Die war gar freundlich, lieb und nett, Dieß Lob soll ihr gereichen.

Sie theilte aus voll Biedersinn Die mitgebrachten Gaben Und fand den schönsten Lohn darin Die Gäste all zu laben.

Das freute den Zigeuner sehr Und es gefiel wohl allen,

Drum geb mir jeder das Gewähr Und laß ihr Lob erschallen.

Die andre gleicher Eigenschaft Nicht minder gut wie diese O hätt' ich sie in meiner Haft Die kam vom Paradiese:

Und brachte mit der Blumen viel Und Frucht von andern Fluren.

Das Tanzen war ihr nur ein Spiel, Sie machte flotte Touren.

Ein Körbchen voll und inhaltschwer Das sie in Güte füllte,

War schon im Augenblicke leer.

Dank ihrer Herzensmilde.

Ein liebes Dienderl aus Tyrol Mit langen blonden Haaren,

Ach die gefiel mir gar zu wohl,

Die mScht ich aufbewahren.

Mit Eilberborden reich geziert Und unterm rothen Mieder Ein Herzchen dem all Lob gebiert Und meine schönsten Lieder.

Aus ihrem Aug sprach Freundlichkeit, Das gibt dem Herzen Wonne.

Ihr ganzes Sein war Zärtlichkeit Gleich einer Frühlingssonne.

Die Türkin mir auch wohl gefiel In Tracht und stiller Sitte;

Sie tanzte mit dem Bauern viel Und kannte seine Schritte.

Vielleicht, daß er ihr nah' verwandt, Was kann ich Alles wissen?

Vielleicht daß sie ihn gut gekannt,

Ich wollte fast es schließen.

Ein liebes süßes Engelskind Im weißen Festeskleide,

War wie die Frühlingslüfte sind Und vieler Augen Weide.

Von jenen AuSerwählten war Sie auch dermalen Eine.

Ich gäb ihr für ein Löckchen Haar, Hätt ichs, zwei Edelsteine.

Die Bernerin, o welch ein Bild So schön, so froh, nit feindli;

In allen Zügen eugelmild Und Hegen jeden freundst.

Sie gieng auf einen Burschen zu Und sprach in ihrer Sprache:

Jtz du bisch do a schöner Bu,

Möcht mit dir Hochzeit mache.

Zwei Jägerinnen, was nicht gar?

Zu Fuß und ohne Spornen,

Mit schönen Hütchen auf dem Haar; Ihr Pulver war verloren.