um Zt/z Uhr die Weiterreise des kaiserlichen Besuchs mittelst Extrazugs nach Baden.

Cannstatt, 27. Sept. Orgeldum und Orgeldei! die Morithat, die ist geschehen im Jahr 1810!! Herzzerreißende und Ohren er­weichende Töne hören wir heute schon aller Orten. Wie wird es erst morgen hergehen! Eine Masse Schaubuden und Wirthschaften u. s. w. ist schon errichtet und man glaubt sich schon mitten in das volle Gewühl des Volks­festes versetzt. Der Zudrang von Fremden ist so groß, daß die Neuankommenden nach Waib­lingen und Eßlingen sich begaben, um Nacht- Quartiere zu erhalten. Heute fand hier in dankbarer Erinnerung an den hochseligen König Wilhelm eine Festfeier statt. Die sämmtlichen Schüler-Clafsen ordneten sich zu einem Zuge zum Kursaal. Die Bürger folgten in stattlichem Zuge. Das Denkmal war dieser Tage vom Wilhelmsplatz vor den Kursaal versetzt worden. Eine Festrede von Herrn Stadtschultheiß Na st vollendete die Feier. Der Liederkranz trug er­hebende Weisen vor. Die Erinnerungsfeier nahm einen äußerst würdigen Verlauf.

In Eßlingen hielten letzten Samstag die Gemeinde- und Corporations-Beamten des Landes im Museumssaale ihre alljährliche Ver­sammlung. Neben Gründung eines Unter­stützungsvereins stand auf der Tagesordnung: Die Unverträglichkeit des Gerichtsvollzieher- Dienstes mit dem Amt eines Ortsvorstehers." Punkt 1 wurde dahin erledigt, sich an eine be­stehende Lebensversicherung anzuschließen. Punkt 2 gelangte nicht zur Debatte, weil der Verein zu seiner Aufgabe gemacht habe, so viel wie möglich von den württemb. Institutionen beizu­behalten. Der Antrag einer Eingabe ans Mini­sterium des Innern um Errichtung eines Unter- richts-Curses für die Verwaltungs-Candidaten, wie solcher für Notare bereits eingeführt ist, wird angenommen. Als nächster Vorort wurde Crailsheim gewählt.

In Herrenberg hatten bei dem im dortigen Stadtwald abgehaltenen Treibjageu die Jagdpächter seltenes Glück. Es wurden erlegt zwei Hirsche, worunter ein sechszehner, ca. 280 Pfund schwer, zwei Rehböcke, ein Wild­schwein, sowie ein Fuchs.

Neuenstein, O.A. Oehriugen, 27. Sept. Gestern Abend verließ unser bisheriger Herr Diakonus Walz nach nur 4 ^jähriger, aber gesegneter Wirksamkeit unsere Stadt, um seine neue Stelle in Spielberg, O.A. Nagold, anzutreten. Bei vollbesuchter Kirche hielt er am Sonntag seine ergreifende Abschiedspredig!. W»e ungern man ihn hier scheiden sah, davon gab die einfache aber würdige Abschiedsfeier, welche am Sonntag Abend stattfand, einen schönen Beweis. Der Kirchenchor brachte näm­lich dem Scheidenden ein Ständchen, bei welchem sich fast die ganze Kirchengemeinde betheiligte. Der Vorstand dieses Vereins sprach herzliche Abschiedsworte; er hob die Verdienste des Scheidenden, die er sich sowohl als würdiger

Geistlicher und gewissenhafter Seelsorger, wie als guter Prediger erworben hatte, in gewählte« Worten hervor und schloß seine Rede mit eine« Segenswunsch für die Zukunft desselben. Dieser erwiderte mit gerührten Worten des Dankes. Die Gemeinde Spielberg können wir beglück­wünschen, einen solchen Geistlichen erhalten z« haben, wie wir unsererseits bedauern, daß er nicht noch länger unter uns wirken durfte.

Ellwangen, 28. Sept. Die Jagst-Ztg- schreibt:Wegen des Verbrechens in Heilberg ist ein Complice des Ehemanns Hesselmaier in Haft genommen worden: der Zimmermarm Batscheck, der sich nicht des besten Rufs erfreut. Es liegt nach allem ein im Komplot verübter Mord vor. Damit findet auch die Abwesenheit des Ehemanns während der Zeit der That ibre Erklärung, ebenso die sichere Annahme, daß während der Verbrennung der Frau das Feuer mit Brennstoffen unterhalten worden sein muß. An den Kleidern des besagten Helfershelfer faich man Blutspuren und sein Gesicht war zerkratzt, was auf einen Kampf mit dem Opfer schließe» läßt."

An das kg. Hauptzollamt Ulm wurde» letzter Tage von der Firma Hans Maier daselbst für eine zur Weinbereitung bestimmte Wagen­ladung italienischer Trauben im Gewicht vo» netto 7854 Kilo 1178 M. 10 Pf. Eingangszoll entrichtet.

In Ringschnait schlug der iBlitz bet einem sehr heftigen Gewitter in eine Rinder­heerde, welche auf der Waide war, und tödtete ein Stück, während 3 weitere Stücke eine Welle betäubt waren, sich aber wieder erholten und jetzt wieder munter sind.

(Ein löblicher Entschluß.) Der Remsthalbote" (Waiblingen) enthält folgende Anzeige:Es thut mir leid, den Gottlob Mer- genrhaler und seine Ehefrau von hier, unrecht­mäßiger Weise beleidigt zu haben. Ich bitte Sie daher um Verzeihung, besonders gedenke ich mit seiner Ehefrau Magdalena von nun an im Frieden zu leben. Hohenacker, den 22. Sept. 1881. Albert Jäger."

(Brandfälle.) In Baumgarten. Gemeinde Eriskirch (Friedrichshafen), ist am Sonntag Nacht ein Bauernhaus abgebrannt. 5 Stück Vieh kamen dabei um. Jn A i st aig brach am 26. Sept., Mittags 12»/4 Uhr, Feuer aus, in Folge dessen ein Wohnhaus sammt Scheuer fast ganz abbrannte. Ueber die Ent­stehungsursache ist noch nichts bekannt.

(Selbstmorde.) In Ulm erschoß sich in seiner Werkstatt der 29jährige verheirathete Schreiner Ziegler; ein unheilbares Kopfleiden soll das Motiv zu der bedauernswerthen That gewesen sein.

(Unglücksfälle und Verbrechen.) InSchwaigern fiel der Gehilfe des Schiefer­decker Sachse von Brackenheim, W. Merkle von Besigheim, der am Thurm der hiesigen Friedhofkapelle zu schaffen hatte, und sich am Blitzableiter festhielt, als dieser wich, auf das

kirchliche Trauung unterblieb in 113 Fällen -- 2,51°/o (1880 im 1. Halbst 2,7, im 2. 3,1°/o). Die höchste Zahl von Tramrngsunter- lafsungen hat natürlich die Stadt Stuttgart mit 58 17°/o sämmtl. evangel. Eheschließun­gen. Ihm folgen die Diözese Heilbronn (Stadt allein 7), sodann Eßlingen (Stadt 6), Reut­lingen (alle 4 in der Stadt) und Tübingen (Stadt 3), dies neben 138,90, 108, 124 Trau­ungen. Die nicht kirchlich getrauten Paare ge­hören, wie bisher, in der weit überwiegenden Zahl der Arbeiter- (besonders Fabrik-) Bevöl­kerung an.

Stuttgart, 28. Septbr., Abends. Se. Majestät!der Kaiser fuhr heute Vormittag um 11 Uhr mit dem Könige in einem mit sechs Trakehnern bespannten Daumont nach dem Cannst alter Volksfeste. Vieltausend­stimmiger Jubel begrüßte hier beide Monarchen. In dem königlichen Zelte unterhielt sich Se. Majestät der Kaiser auf das Freundlichste mit den dort versammelten fürstlichen Personen, namentlich mit dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm und dem Prinzen von Weimar. Die sodann vorgenommene Besichtigung des Preis- Viehes und das Wettrennen interesfirten und belustigten Seine Majestät sichtlich. Um 12 Uhr fuhren beide Majestäten unter den begeister­ten Hochrufen des Volkes zum Denkmal des Königs Wilhelm und sodann nach dem Lust­schloß Wilhelms, wo das Diner eingenommen wurde. Um 3V- Uhr fuhr Se. Majestät der Kaiser nach der Station Feuerbach und bestieg daselbst mit seinem Gefolge den Extrazug, wel­cher ihn nach Baden-Baden zurückbrachte.

Stuttgart, 28. Sept. Der Fremden- Zudrang steigerte sich von gestern auf heute so sehr, daß viele, viele Gäste kein Quartier fan­den. Es gab eine Masse Nachtbummler; andere machten sich auf die Ruhebänke der Anlagen; die Wartsäle im Bahnhof waren die ganze Nacht voll; erst mit Grauen des Tages wurden die Nachtwandler dort ausgetrieben. Die Preise der Logements waren trotz des colossalen An­drangs meist mäßig, nur an wenigen Orten wurde geklagt. Die Abfahrt zum Volksfest nach Cannstatt von dem k. Residenzschloß aus fand um 11 Uhr statt. In 6 Wagen fuhr das Ge­folge voraus, darunter die Begleiter Sr. Maj. des Kaisers. Im 7. Wagen fuhr Prinz Wei­mar. Schlag 11 Uhr fuhren Se. Maj. der Kaiser und Se. Maj. unser König in einem Landauer, mit 6 Trakhenerhengsten bespannt, ab. Eine dichte Volksmenge harrte der Abfahrt vor dem Schlosse und begrüßte die Majestäten mit kräftigen freudigen Hochs. Nach Beendigung der Festlichkeiten in Cannstatt folgt eine Fahrt durch diese Stadt an den Kursaal um das Denkmal von König Wilhem nach der Wilhelma, wo die Frühstückstafel stattfindet. Von der Wilhelma fährt der Kaiser im 2spännigen Wagen und in Begleitung des Königs nach der Station Feuerbach; von hier aus erfolgt

Aer Hängende Gaff.

Aus dem Russischen van Baburin Pontjess.

Zwei Werste von Wilna steht auf einer Anhöhe in einiger Entfernung von der großen Heerstraße ein Landhaus, nach der dortigen Bauart, von Holz, mit grünem nicht mehr neuem Dache. In diesem Hanse wohnt gewöhnlich während des ganzen Sommers und zuweilen auch noch im Herbst Gawrila Michailowitsch. Verabschiedeter Hauptmann und zur Zeit Kreisrichter des Wilna'schcn Gouvernements.

Es war im August-Monat des Jahres 18 .. früh an einem Sonntage, als der ehrenwerthe Gawrila Michailowitsch mit seiner Gattin in einer sogenannten Britschka zur Stadt fuhr, um verschiedene nicht anfznschicbende Geschäfte zu besorgen.

Kaum war die Herrschaft ans dem Thor, so waren die Leute aus dem Hause, oer Eine hier, lcr Andere dort. Nur Duna blieb allein zu Hanse. Duna, die Perle des ganzen Wilna'schen Gouvernements, schön, wie eine ansgeblühte Rose, gewachsen wie eine Tanne, munter, tugendhaft, ihrem Stande nach ein Stubenmädchen, der Liebling der Hausfrau, die Angebetete, um derentwillen des Gouverneurs Leiblakei, Iwan, so wie sie in Petersburg erzogen, zum großen Aergerniß seines Herrn die Stiefel seines Herrn nie gehörig putzte. Sie vergötterten sich gegenseitig und waren glücklich, wie man es nur irgend sein kann.

Mädchen, die allein zu Hause bleiben, fürchten sich immer vor Dieben. Deshalb verschloß Duna die äußere Thür und gieng, um nicht an Diebe zu denken, sich im Spiegel zu besehen, wobei sie den Leiblakai erwartete, den sie hatte wissen lassen, daß die Herrschaft den ganzen Tag nicht zu Hause sein würde. In der heitersten Laune ordnete Duna ihre Locken, zog sich das Halstuch zurecht, schnürte den Gürtel fester, trällerte sich etwas, als plötzlich leise an die Thür geklopft wurde.

Das ist er!" rief sie wendig.

Wie ein Pfeil flog sie dahin, um ihm zu öffnen.

Ach! das ist er nicht!" fuhr sie erschrocken zurück.

Ich bin es!" antwortete mit tiefer, heiserer Stimme sich behutsam durch die Thür drückend, ein großer Mann in einem zerrissenen Friesmantel und mit einer farblosen Mütze; schwarz, lange nicht rasirt, mit furchtbarem fuchsrothem Knebelbart und dnnkel- rother Nase, mit zerschlagener Stirn, blauen Lippen und mordgierigem Blick, der wahre Typus eines Präsidenten von Stammgästen städtischer Diebesspelunken, oder jener hölli­schen Gestalten, die"man nur auf den Gemälden italienischer Maler sehen kann.

Voll Entsetzen sprang Duna einige Schritte zurück und wiederholte mit einem Seufzer aus der Tiefe ihres Herzens die Worte:Das ist er nicht!"

Unterdessen hatte der Unbekannte den Hausflur betreten, mit der größten Seelen­ruhe die Thür wieder verschlossen und den Schlüssel in die Tasche gesteckt.

Was wollen Sie? Wer sind Sie?" rief Duna.Warum stecken Sie de« Schlüssel ein?"

Fürchte Dich nicht, Liebchen!" antwortete er lächelnd.Ich bin bei Dir zum Besuch gekommen. Gewiß wird Dir zu Hause allein die Zeit lang?"

-HstO, nein! Aber warum nehmen Sie den Schlüssel an sich!" si AStatt ihr zu antworten, näherte er sich ihr und klopfte ihr sanft auf die Wange. Sie sprang noch einige Schritte weiter zurück.

Ich will wissen, warum Sie die Thür verschlossen ? Geben Sie mir de« Schlüssel oder ich schreie!"

Das würde vergebens sein! Ich weiß ja, daß Niemand zu Hause ist."

Wahrlich ganz etwas Neues! Kommt und schließt die Thür zu, als wäre er ür seinem Hause?"

Ich verschließe jedes Mal die Thür, wenn mich der Zufall mit einem so schone« Mädchen, wie Du bist, mein Engel, allein zusammenführt."

Und abermals klopfte er ihr mit seiner harten, unsauberen Hand auf die Wange- Zürnend flüchtete sie sich in eine Ecke.