meistens aus der Umgegend, gehen zusammen auf das gleiche Schiff und nehmen ihren Weg über Bremen nach NewDork.
Von Göppingen wird wieder vom Abgang einer größeren Zahl Auswanderer nach Amerika berichtet. Es ist diesmal eine Gesellschaft von 35 Personen, bereits die dritte in laufendem Monat, welche vorgestern die Heimat verließ, um in der neuen Welt ihr Glück zu versuchen.
Ravensburg, 28. Mai. Am heutigen Samstag wurde in nächster Nähe der Stadt, noch innerhalb ihrer Markung, ein bedeutender Rau bau fall ausgeführt. Ein regelmäßiger Besucher unserer wöchentlichen Viehmärkte brachte auch heute wieder 5 Stück Vieh zu Markt und erzielte damit einen Baarerlös von ca. 90Ü M. Nach Einnahme dieses Betrags wurde der ca. 50 Jahre alte Viehhändler, sonst wohnhaft in Kümmerazhofen bei Waldsee, von einem ca. 30 Jahre alten, fremden Mann über die Mühlbruck auf den vom Goßner- hof zum Krebsgut führenden Vizinalweg geführt; als sie hier allein waren, packte der Letztere den nichts ahnenden Aelteren, wirft ihn zu Boden, beraubt ihn seiner gesammten Baarschaft und ergreift eilends die Flucht. Trotz sofort angestellter Nachforschung ist es bis jetzt nicht gelungen, des Räubers habhaft zu werden.
Hall, 30. Mai. Ein Akt großer Brutalität wurde gestern Abend von einem Dienstboden auf einer der Station Hessenthal nahe gelegenen, dem G. gehörenden Wirtschaft gegen seinen Herrn ausgeführt. Statt dem Aufträge, das Vieh zu füttern, Folge zu leisten, gieng der Knecht mit der Mistgabel auf seinen Herrn los und brachte ihm am Kopfe solche Verwundungen bei, daß ärztliche Hilfe Herbeigerusen werden mußte. Mit großer Mühe und unter Beziehung einer dritten Person gelang es dem Stationskommandanten, den Knecht in das hiesige Oberamtsgericht abzuführen.
Mergentheim, 29. Mai. Der in Würzburg entwichene Kassier einer Fabrikarbeiterkasse soll dieser Tage in der Nähe von hier verhaftet und der weitaus größte Theil des mitgenommenen Geldes bei ihm vorgefunden worden sein.
(Unglücksfälle und Verbrechen.) In Tübingen wurde ein Bäckerlehrjunge aus Kusterdingen in bejammernswerthem Zustande ins akademische Krankenhaus gebracht. Derselbe hatte den Auftrag, in Abwesenheit feines Meisters bis zu dessen Rückkunft den Ofen zu feuern und scheint aus irgend einem Grunde die rechte Zeit versäumt zu haben, weßhalb er, um das Holz schneller in Brand zu fetzen, mit Erdöl nachhelsen wollte; dabei entstand eine Explosion, die Kleider des Knaben fingen Feuer und er wurde am ganzen Leibe elendiglich verbrannt. — InMaulbronn ist der neunjährige Sohn des Polizeidieners beim Baden ertrunken. Er ging nicht an einer besonders tiefen Stelle, wohl
aber, wie es scheint, erhitzt ins Wasser und bekam einen Schlag. — Während einer Feuerwehr- Probe inWermuthhausen stürzten 2 junge Leute von einer Leiter herab und verletzten sich derart, daß der Eine einen Fuß und der Andere einen Arm brach. — In Hall ist letzter Tage ein vierjähriger Knabe dadurch jämmerlich verunglückt, daß er von einem im schnellsten Lauf daherrasenden Fuhrwerk überfahren wurde. Ein Tritt des Pferdes traf das ürme Kind gerade auf den Mund, so daß man demselben Stücke aus dem Oberkiefer herausnehmen mußte.
Baden.
Karlsruhe, 29. Mai. Heute früh erschoß sich im Hardtwalde in der Nähe des Linkenheimer Thors der Oberlaudesgerichtsrath Landolm v. Blittersdorf, früher Abgeordneter der Stadt Karlsruhe, Mitglied der nat.-lib. Partei, im öffentlichen wie im Privatleben eine sehr angesehene Persönlichkeit. Derselbe hatte durch unglückliche Spekulationen sein ganzes Vermögen verloren und dies mag mit Ursache geworden sein, daß fein Geist der Zerrütterung anheim fiel, in welchem Zustande v. B. die That vollzog. Man hatte unlängst wissen wollen, derselbe sei in eine Anstalt verbracht worden; dem muß leider nicht so gewesen sein. Bei den pekuniären Verlusten sollen auch Verwandte in Mitleidenschaft gezogen sein.
Durlach, 27. Mai. Wegen Verkaufs gefälschten Weines mußte sich Rößlewirth Fuchs von Jöhlingen vor dem Schöffengerichte dahier verantworten. Die Untersuchung ergab, daß Fuchs wohl wußte, daß er sog. Kunstwein eingelegt habe, denselben hat er jedoch als Naturwein ausgeschenkt. Das Urtheil lautete auf 14 Tage Gefängniß und 100 M. Geldstrafe und Tragung der Üntersuchungs- u. Straferstehungskosten.
Otto Koch, der vor einigen Tagen in Heidelberg seinen Schwager erschossen hat, ist dem „Bad. Landesb." zufolge, nach seiner Heimath Kandel entlasten worden, nachdem er eine Caution von 80000 Mark hinterlegt hat.
Bayern.
Von der Tauber, 29. Mai. Ein ordentlich gekleideter Handwerksbursche kam vor einigen Tagen in den nach der württb. Grenze gelegenen bahr. Ort Simmershofen, wo er bei einem Meister Nachtlager fand. Am andern Morgen gewahrte der gastfreundliche Wirth zu seinem Schrecken, daß seine Tochter und der Bursche unter Mitnahme von 14000 Mark aus der erbrochenen Schublade entflohen waren. In München, wohin sich das Pärchen begeben hatte, wurde dasselbe am nächsten Tage verhaftet und in sicheren Gewahrsam gebracht. Von dem Gelds war nur wenig verausgabt.
München, 29. Mai. Es wurde angeordnet, daß Personalnachrichten, welche auf Grund ehrengerichtlichen Ürtheils entlassene Offiziere, oder „auf Grund administrativer Verfügung oder in Folge von Verurtheilungen ver-
Aas Schmuckkästchen.
Novellette von L. Löss.
Der Kaufmann Heine hatte seit längerer Zeit schwere Verluste, die er sorgfältig den Seinen'verschwieg, um sie nicht in trabe Stimmung zu versetzen. Die Hoffnung, daß ja Alles im Leben dem Wechsel unterworfen, ihm daher das Glück nicht immer den Rücken zeigen werde, hielt ihn aufrecht. Aber kaum sich diesem schwachen Tröste überlassend, traf ihn abermals eine Hiobspost, vernichtend wie der Strahl des Blitzes. —
Es war in der Morgenstunde, als Heine aufgeregt im Zimmer ans und ab ging, wobei er zuweilen angstvoll nach der Straße blickte, als könne ihm von daher Unheil drohen.
„Was ist Dir nur heute?" fragte seine Frau, ihn ängstlich anblickend.
„Nichts, liebe Emma!" entgegnete er zerstreut.
„Aber weshalb bist Du so unruhig? Es macht mich besorgt, weil ich Dich noch niemals so gesehen," und liebevoll strich sie mit ihrer kleinen Hand über seine Stirn. «Du scheinst krank zu sein!"
«Nein, nein! Sei so gut und hole mir meine kleine Reisetasche ich will nach Z."
„In diesem Zustand?"
Heine zwang sich zu lächeln.
„Närrchen!" entgegnete er, „ich bin ganz wohl. Geh' nur und hole mir die Tasche."
Kaum hatte Emma sich entfernt, als Heine rasch ein Kästchen aus dem Schrank nahm und es bei sich verbarg. Seine Frau erschien mit der Frage:
„Willst Du nicht warten, bis Friedrich mit den Pferden zurückkommt?"
„Nein, nein, das Gehen wird mir gut thun."
Er nahm flüchtig Abschied, bat die Kinder zu grüßen, die noch süß und ahnungslos schliefen, und eilte davon. Auf der Straße ging er gemesseneren Schrittes, um nicht aufzufallen.
Endlich gelangte er, ohne von Bekannten belästigt zu werden, ins Freie.
fügte Entlassungen von Militärbeamten oder Zivilbeamten der Militärverwaltung betreffen, nicht mehr — analog Preußen — in das Mili- tärverordnungsblatt ausgenommen werden. Demgemäß werden solche Personalveränderungen nicht mehr zur Kenntniß des Publikums gelangen.
Sachsen.
L e i p z i g, 29. Mai. Dem Wiener „Fremdenblatt" entnehmen wir: Die beiden Sozialistenführer Bebel und Liebknecht haben ihre Habseligkeiten verkauft und verlassen in den nächsten Tagen Deutschland, um sich in der Schweiz anzusiedeln.
Preußen.
Frankfurt a. M., 30. Mai. In vergangener Nacht wurde ein Mann verhaftet, welcher Plakate, die schwere Beleidigungen des deutschen Kaisers enthielten, anzuschlagen versuchte. Weitere Verhaftungen sollen im Laufe des Tages erfolgt sein.
Oesterreich-Ungarn.
Pest, 28. Mai. Ein Preßprozeß deS gemeinsamen Kriegsministeriums gegen den Abg. und Redakteur Verhovay wegen Verleumdung der österreich-ungar. Armee und Beleidigung der Ehre des Offizierkorps durch zwei maßlos heftige Artikel über die Verwundung des Klausenburger Journalisten Bartha durch die Offiziere Dienst! und Rustow wurde heute verhandelt und nach 12stündiger Dauer zum Abschluß gebracht. Nach einstündiger Berathung veröffentlichte der Obmann der Geschworenen um 9 Uhr Abends das Verdikt, demgemäß die Schuldfrage wegen Verleumdung mit 10 gegen
2 und die wegen Ehrenbeleidigung mit 9 gegen
3 Stimmen verneint wurde. Demzufolge wurde Julius Verhovay freigesprochen. Oer Staatsanwalt meldete die Nichtigkeitsbeschwerde an. Das Publikum mußte wegen Kundgebungen für denFreigesprochenen entfernt werden.
Italien.
Rom, 28. Mai. (Erbitterung gegen Frankreich.) Von Brescia aus versucht man eine Agitation in ganz Italien zu organi- siren, die Maßregeln gegen die Einfuhr französischer Maaren bezweckt.
Frankreich.
Paris, 28. Mai. Aus Algier liegen schlimme Nachrichten vor. Alle Araber Nordafrikas scheinen in Gährung zu fein. Man fürchtet eine allgmeine Erhebung.
Paris, 29. Mai. In einer Bankettrede zu Cahors protestirte Gambetta gegen die Versuche, eine Spannung zwischen ihm und Grevy Herstellen zu wollen und rühmte die vortrefflichen persönlichen Eigenschaften Gre- vy's. Zur Frage der Verfaffungsrevision übergehend äußerte Gambetta: die Verfassung könne nicht als abgeschlossen gelten und bedürfe der Umgestaltung, aber der Zeitpunkt hierzu sei noch nicht gekommen; gegenwärtig würde man durch einen solchen Versuch die Republik nur gefährden.
Z. war zwar eine kleine, vom regen Verkehr belebte Stadt, nur eine Meile entfernt. Er wollte dort den Schmuck, welchen das Kästchen barg, verkaufen. Dies war nicht- Auffälliges, denn Heine war schon oftmals in ähnlichen Geschäften dort gewesen und als gut situirter Kaufmann bekannt.
Auf dem Feldweg angelangt, ging er sehr schnell, um den schützenden Wald mit seinen vielverschlnngenen Wegen zu erreichen. Hier ruhte er ein wenig, um sich zu erholen, aber die innere Unruhe trieb ihn bald wieder von dannen; er ging weiter, wobei er über seine verzweifelte L^ge nachdachte.
Diese Gedanken mochten wohl nicht beneidenswerth sein, denn der Angstschweiß rollte ihm in großen Tropfen von der Stirn.
„O, könnte ich es ungeschehen machen," murmelte er vor sich hin. Dabei schweifte sein Blick scheu umher.
Plötzlich blieb er stehen, Schrecken lämte seinen Fuß, bas Blut schien in seinen Adern zu stocken —— hatte er recht gehört?"
Seine mühsam errungene Fassung war dahin.
„Das gilt mir!" sagte er verzweifelt. „Ich bin verloren! O, meine Frau, meine Kinder!"
Die Sonne kam hinter dichten grauen Wolken hervor, ihre Strahlen sielen blendend auf die spiegelglatte Fläche eines nahen Teiches, der durch das üppige Grün der Bäume sichtbar wurde.
Ein blitzschneller Gedanke beim Erblicken des mächtigen Wasserspiegels wurde zur That. Heine eilte sofort an das Ufer und warf das Kästchen in das hohe Schilf, wo es die Halme alsbald schaukelnd in die sumpfige Tiefe versenkten.
Es war das Werk weniger Secunden. Erschöpft vor Erregung lehnte er an einen Baum und bemühte sich, die äußere Faßung wieder zu erlangen. Kinder, welche in der Nähe weilten, hatten verwundert zugeschaut, kehrten aber, nachdem der Mann sich entfernt hatte, fröhlich zu ihren Spielen zurück.
Heine hatte rasch den verrätherischen Boden verlassen und betrat den Fußpfad