Nr. 275. Amis- und Anzeigeblatl für den Oberamtsbezirk Calw. 92. Jahrgang.
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Freitag, den 23. November 1917.
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Zur Kriegslage. — Das Waffenstillstands- angebot der neuen russischen Regierung. — Die Stimmung im Ententelager.
Es ist bezeichnend für die Anschauung der englischen Heeresleitung bezüglich der flandrischen Front, daß nicht dort die verfügbaren Truppen weiter eingesetzt wurden, sondern daß sie an einer andern Stelle den so sehnlichst erwünschten Durchbruch in Szene gesetzt hat. Die deutschen Stellungen in Flandern muffen also den Engländern doch zu stark erschienen sein, um noch weiterhin dort ihre Turchbnichsversuche fortzusehen, sie haben es daher jetzt mit einem über- ralkbenden Stoß im Zentrum der Front probiert. Daß die englische Heeresleitung glaubte, diesmal wirklich den Durchbruch erreichen zu können, ersteht man an dem Eingreifen von feindlicher Kavallerie, die den zurückweichenden Gegner energisch verfoloen sollte, sich jedoch opfern mußte, weil die deutschen Linien sich eben als widerstandsfähig erwiesen. Gewiß, ein Einbruch ist hesi Engländern gelnngen; sie find, worauf wir schon gestern hingewiesen haben, südwestlich von Cambrai auf einer Linie von etwa 10 Kilometer 4— 5 Kilometer tief in unsere Linien eingedrungen, das erste Ziel o^er, den Stapelvlatz Cambrai, konnten sie nicht erreichen. Der wuchtige deutsche Gegenstoß hielt den Ansturm auf. und nach den deutschen Meldungen ist anzunehmen, daß die nötigen Maßnahmen getroffen sind, um gegen weitere Ueber- ra^chunocn geschützt zu werden. Die örtlichen Vorstöße westlich von Cambrai und südöstlich von St Ouenti" n -ren von vornherein zur Erfolglosigkeit verurteilt. Ebenso wurden die Franzoten südöstlich von Laon blutig abgewiesen, als sie durch starke Vorstöße die Operationen der Engländer »nwrsiützen wollten. In Italien hat sich die Lage noch nicht wesentlich geändert; d!e Verbündeten haben aber doch wieder ein paar HSHenstcllui -'en zwischen Piave und Brenta genommen, und nähern sich so von Tag zu Tag dem AuS- gang des Gebirges trotz des heftigsten italienischen Widerstandes.
Wie eine Bombe wird im Hinblick auf die militärischen Sorgen der Entente das Angebot des Abschlusses eines Waffenstillstandes seitens der Bolichcwikiregierung in den Kriegsrot der Alliierten eingeschlagen haben. Das Angebot, das als Vorläufer für Fricdensverhandlungen ausgefaßt sein will, ist zwar an alle Kriegführenden gerichtet, aber die bisherige Haltung der Alliierten läßt doch vermuten, daß sie dem Vorschlag nicht beitreten werden. Sie haben denn auch schon gegenüber de neuen friedensfreundlichen Regierung eine fast feindselige Stellung eingenommen; die Zufuhr von Lebensmitteln und Kriegsmaterial seitens Englands und Amerikas wurde vorläufig eingestellt, und sie wollen das solange einhallen, bis sie über den Charakter der neuen Regierung unterrichtet sind. Es wird also der Maximalisten- regierung, wenn es ihr mit Fricdensverhandlungen ernst ist, nichts anderes übrig bleiben, als mit den Mittelmächten allein zu verhandeln, und diese wiedemm werden abwarten müssen, ob die derzeitigen Machthaber auch in der Lage sind, im Namen des größten Teils des Volkes in Friede"^Verhandlungen einzuircten, oder ob sie nicht doch «och durch ein« Gegenrevolution gestürzt werden. Wenn man den Maximalsten glauben darf, so herrscht überall jetzt Ruhe, auch kann angenommen werden, daß der überwiegende Teil des Heeres friedensfreundlkch ist. Die englische Presse will zwar wissen, daß der Sieg der Maximalsten keineswegs endgültig sei, und daß neue Kämpfe bevorstehen. Wenn aber die derzeitigen Machthaber den Mittelmächten Waffenstillstandsverhandlungen Vorschlägen, so werden die Heeresleitungen der Mittelmächte wohl zweifellos einwilligen, unter Sicherung unserer militärischen Lage. Vorerst aber wird abruwarten sein, Sb -ix NeuterngLnchtM LustefjeM tzstd-
Daß nicht nur in Rußland das Volk kriegsmüde ist, sondem auch in England und Frankreich weite Schichten die Nutzlosigkeit weiteren Blutvergießens einsehen, kann man den Friedensdebatten im englischen Unterhaus und der starken Friedenspropaganda in England entnehmen, sowie den scharfen Maßnahmen der neuen französischen Regierung gegen die friedensfreundlichen Kreise. Auf diese kann natürlich das Angebot Rußlands einen neuen starken Einfluß ausüben, und dieser Einfluß dürste sich umso mehr geltend machen, je weniger die feindlichen Opfer an der Weststont von greifbarem Erfolo begleitet sind. Daß die Alliierten nicht auf allzugroße Hilfe Amerikas rechnen dürfen, das hat ihnen die amerikanische Presse in letzter Zeit wieder zu verstehen gegeben, indem sie betonte, daß aus Mangel an Schiffsraum nicht daran zu denken sei, im Frühjahr eine Million Mann nach Europa zu schicken. Und daß der japanische Ministerrat zu einem anderen Entschluß kommt, darf man vorerst auch nicht annehmen, besonders wenn Amerika noch dazu geschritten sein soll, alle im Bau befindlichen japanischen Schiffe auf amerikanischen Wersten zu beschlagnahmen.
O. 8.
G
Antrag eines Waffenstillstandes seitens der neuen russischen Negierung.
(WTB.) London, 22. Nov. (Reuter.) Ein russisches drahtloses Telegramm besagt, daß die Bolschewiki- regierung den Oberbefehlshaber angewiesen habe, sich den feindlichen Befehlshabern mit dem Angebot eines Waffenstillstandes -zwecks Eröffnung von Friedensverhandlungen zu nähern.
Neue Kämpfe bei Petersburg.
Berlin, 23. Nov. Aus Stockholm wird dem „Berliner Tageblatt" mitgeteilt: „Huvudstadsbladet" meldet aus Petersburg, daß in der weiteren Umgebung der Hauptstadt neue Zusammenstöße zwischen Truppen der Bolschewik! und Kercnskis bevorstünden. Es sollen 20 060 Kosaken an der Südseite des Jlmensees mit Truppen aus Nowgorod zulommcngestotzen sein. — General Brusstlow wurde in Moskau von einem Automobil überfahren. Er brach ein Bein.
Opposition der Staats- und Eemeindebeamte«.
(WTB.) Amsterdam. 22. Nov. Das Reutersche Bu- eau meldet aus Petersburg vom 20. November: An- rßlich der ausgebrochenen und noch möglichen Aus- ände im Staats- und Eemeindedienst hat der revolu- iouäre Militärausschuß einen Aufruf erlassen, der die «sitzenden Klassen warnt, mit dem Feuer zu spiele«. ;ie würden in erster Linie unter einer Hungersnot zu erden haben. Es würde ihnen das Recht, Lebensmittel u beziehen, entzogen und ihr: Vorräte würden beschlag- icchmt werden. Der Kommandant von Moskau ist ein «meiner Soldat.
Was tut Japan?
(WTB.) Bern. 23. Nov. Die Pariser Ausgabe der Daily Mail" meldet aus Tokio: Der Minister des leußern ist aus dem Hauptquartier der im Manöver »efrndlichen Armeen nach Tokio zurückgekehrt und hatte ine Audienz beim Kaiser, die mit der Erhöhung der Zahl der japanische» Vertreter auf der Pariser Kon- ereuz in Beziehung steht. Man erwartet, daß in Paris >ie Frage der militärischen Hilfe Japans erörtert wer, >eu wird, und daß die japanische Negierung veranlaßt per,den lönntx. itzrr -MrvMLiKr HÄtstpg IR Mer».
Die Lage aus den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
Fortdauer der englischen Offensive südwestlich von Cambrai.
Der französische Angriff an der Aisne abgewicsen. '
(WTB.) Großes Hauptquartier, 22. Nov. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe Kronprinz Rnpprrcht: Ja Flandern beschrankte sich der Artilleriekampf auf Störungsfeuer, das erst am Abend zwischen Poehl-Eapelle und Pafchen- daele an Heftigkeit zunahm. Vorstöße englischer Abteilungen nördlich von Lens und südlich der Scarpe wurden abgewiesen. Der starken Feuerstcigerung am gestrigem Morgen bei Nkencourt folgten nur schwache englische Angriffe, die in unserem Feuer zusammen» brachen. Di« Schlacht südwestlich von Cambrai dauert au. Durch Massemeiufatz von Panzerlrastwageu und Infanterie und durch Bortreiben seiner Kavallerie suchte der Feind den am erste» Angriffstag versagt gebliebenen Durchbruch za erzwingen. Er ist ihm nicht gelungen; wohl konnte er über unsere vordere Linie« hinaus geringen Boden gewinnen, größere Erfolge vermochte er nicht zu erzielen. Die von unserer Artillerie «nd Maschinengewehren wirksam gefaßten und stark gelichteten Verbände traf der Gegenstoß unserer tapferen Infanterie. Auf dem westlichen Ufer der Schelde warf sie den Feind auf Anneux und Fontaine, auf dem rViiben Ufer in seine Ausgangsstellungen südlich von zurück. Bor und hinter unserer Linie liegen auf dem ganzen Schlachtfeld verteilt die Trümmer zerschossener Panzerkraftwagen. Au ihrer Zerstörung hatten auch unsere Flieger und Kraftwagengeschütze hervorragende« Anteil. Mit Einbruch der Dunkelheit ließ die Gefechtstätigkeit auf dem Schlachtfeld nach. Südlich von Ven- dhuille hat der Feind seine Angriffe nicht wiederholt. Eine starke französische Abteilung drang in die Süd- front von St. Quentin in unser« erste Linie ein, im Gegenstoß wurden sie hinausgeworfen.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz: Im Zusammenhang mit den englischen Angriffen bat auch de, Franzose zwischen Craoan« und Berry au Bae mit starken Vorstößen gegen unsere Stellungen begonnen. Heftiger Feuerkampf. der am frühen Morgen mit kurzer Feuerpause den ganzen Tag über anhielt, ging ihnen voraus. Nordöstlich von La Bille an Bois ist ein Franzosennest zurückgeblieben. In den andern itt-li
haben wir de« Feind im Feuer und dort, wo er ein» drang, im Nahkampf znrückgefchlage«. Eigene Unternehmungen hatten Erfolg «ad brachten Gefangene ein.
Leutnant Böhme errang dnrch Abschuß «in« feindlichen Fliegers seinen 22. Laftsieg.
Oestlicher Kriegsschauplatz und mazedonische Front: Nichts Besonderes.
Leutnant von Eschwege brachte «ine« seindliche« Fesselballon z«m Absturz «nd errang damit seine« 2V. Lustsieg.
Italienische Front: Tiroler Äaiserschutze« und württembergische Truppe« erstürmte« zwischen Brenta «nd Piave die Gipfel des Monte Foutana Eeeea und den Monte Spinuecia.
Der erste Eeneralquartiermeister Lndeudorss.
Di« gestrige Abendmelduag.
(WTB.) Berlin. 22. Nov. Abends. Amtlich wird mitgeteilt: Südwestlich von Cambrai sind neue, »ach starkem Feuer vorbrechende englische Angriffe geschei'ert Im Osten nichts Besonderes. Ans Italien bi :^ :
Nestes.