Hinsicht kn den Vereinkglen Staaten bereits SuSgefichrten oder in Vorbereitung begriffenen Maßnahmen. Sodann er­örterte die Konferenz die ihr vorgelegten Fragen.

Zur englischen Wahlrechtsreform.

^WTB.) Rotterdam, 21. Nov.Nieuwe Nottcrdamsche Courant" meldet aus London: Im Unterhaus wurden bei der Beratung über die Wahlrechtsreform folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Wie bei den Wahlen zu örtlichen Vertretungen er­halt die Frau jedes Mannes, der für die örtliche Vertretung wahlberechtigt ist, eine Stimme, wenn sie mit ihm in dem­selben Haufe wohnt und mindestens 30 Jahre alt ist. 2. Für daS Unterhaus erhalten alle Soldaten und Matrosen, die in diesem Krieg gedient haben, das Wahlrecht, wenn sie minde­stens 19 Jahre alt sind. Außerdem wurde ohne Abstimmung den Frauen das Gemeindcwahlrecht zuerkannt.

Die Deutschen aus Washington ausgcwkesen.

(WTB.) Washington, 21. Nov. (Central News".) Alle Deutschen haben den Befehl erhalten, Washington vor dem 15. Dezember zu verlassen.

Von den Neutralen.

Die nordischen Staaten bleiben neutral.

Basel. 21. Nov. DieBasler Nationalzeitung" be­richtet: Der dänische Minister des Innern erklärte einem Vertreter derAssociated Preß": Die drei nordi­schen Völker halten unbedingt an der Neutralität fest. Kein noch so großes Elend könnte die nordischen Reiche zwingen, ein noch größeres Elend u d Unglück zu wählen, die der Eintritt in den Krieg uns brin­gen könnte.

Branting auf Urlaub.

(WTB.) Stockholm, 21. Nov. WieSozialdemokraten" mitteilt, wurde am letzten Dienstag dem Finanzminister Branting zur Pflege seiner Gesundheit ein kurzer Urlaub ge­währt. Sein Amt dürfte inzwischen von dem jetzigen Ma- rmeministcr Palustierna verwaltet werden.

Holland und der Krieg.

(WTB.) Haag, 22. Nov. In der Zweiten Kammer er­klärte gestern der Führer der christlich-historischen Partei, Jonkheer de Savorni-Lohmann: Wenn der Krieg mit einem der besiegten Partei gewaltsam auferlegtc» Frieden endigen würde, so würde damit nur der Keim für einen neuen Krieg gelegt werden und es könnte von Entwaffnung keine Rede sein. Die Aussicht auf eine Entwaffnung ist infolge besten unsicher. Wir mästen unsere Armee beibehalten, um uns wenn nötig bis zum äußersten zu verteidigen. Entsteht daraus eine Menschenschlächterei, so ruht die Verantwortung nicht bei uns.

Immer dasselbe.

Zürich, 21. Nov. Die Untersuchung der Züricher Unruhen hat zu dem Ergebnis geführt, daß die Kra­walle auf Machenschaften der Entente, vor allem auf englische Aufwiegelungen zurückzuführen seien. Die En­tente verfolgt sichtlich das Ziel, der Schweiz Verlegen­heiten zu bereiten, um sie dann bei verschiedenen For­derungen, die bisher vergeblich gestellt wurden, gefügi­ger zu machen. Die Untersuchung wird fortgesetzt, hat aber bereits jetzt sehr belastendes Material für gewisse, im Dienste der Entente stehende Persönlichkeiten zu­tage gefördert.

Zu den Züricher Ausschreitungen.

Berlin, 22. Nov. Nach einer Meldung desBerliner Lokalanzeigers" aus Basel hat der schweizerische Bundesrat beschlossen, den Führer der sozialdemokratischen Jungburschen in Zürich, den deutschen Fahnenflüchtigen Münzenberg, aus­zuweisen. Da Münzenberg ein Haupträdelsführer bei den letzten Unruhen war. findet der Beschluß des Bundesrats lebhafte Zustimmung.

Villa.

(WTB.) Bern, 21. Nov. Nach einer Meldung des Temps" aus Newyork wird aus El Paso in Texas be­richtet, daß die amerikanischen Bundestruppcn Onaga geräumt haben, das von Billa besetzt wurde.

Vermischte Nacheilen.

Ein geheimnisvoller Dampfer.

Berlin, 22. Nov. DemBerliner Lokale- wird aus London über Rotterdam gemeldet: Ein n wegischer Dampfer, dessen Name verheimlicht wird, l nach einer Depesche aus Newyork von einem nicht ge nannten Hasen am Atlantischen Ozean nach Norwegen abgefahren. Unter den Passagieren befanden sich 70 deutsche und österreichische Diplomaten und Konsular­beamte mit Familien aus Südamerika und Asien, darunter wie verlautet auch ein Botschafter und ein be­vollmächtigter Gesandter, deren Namen die amerikani­schen Behörden nicht bekannt geben.

Ein Liter Wein 110 Marl!

Die Weinhandlung Goppert u. Cie. in Bühl und Assen- tal (in Baden) bemerkt in einem Weinangebot in einer An­zeige derM. N. N." vom 19. Nov. u. a.: Im Februar d. I. haben wir an dieser Stelle geschrieben, daß in Deides­heim der Weinpreisrekord für 1915er Wein mit 18 in späteren Auktionen mit 52 und 521- Pro Liter für ganz Deutschland erfüllt wurde. Diese Preise wurden nun durch die folgenden Frühjahrsversteigerungen hes Rheingaus weit überholt. Die Palme des Sieges fällt dem Rhein zu, und zwar mit 110 pro Liter!

Zu gut gewaschen.

(SCB.) Zu der Zeitungsnotiz, wonach ein Junge mit einem Papierhöschen in den Regen geriet und nur noch im Hemd nach Hause kam, wird aus Füssen ein Seitenstück ge­neidet, Eine Bäuerin hatte Bettüberzüge aus Papierzeug gekauft und schon verwendet. Der Mann sollte aus Urlaub kommen und die Frau wollte die Bettwäscheschneeweiß" herauswaschen. Trotz der Mahnung, die Sachen nicht in sie­dendem Wasser zu kochen, tat sie dies doch und ließ sie Wäsche über Nacht im kochenden Kessel. Andern Tags fand sie von ihrenBettziechen" nichts mehr als Knöpfe, Fäden und einen Klumpen schleimiger Papiermasse. Annähernd 90 Mark waren versotten!

Die Geschichte

des Diethelm von Büchenberg

47. von Berthold Auerbach.

Munde war ein seltsamer Bräutigam; es freute ihn. daß Diethelm wieder von Auswan­derern ein stattliches Bauerngut zusammenkauste, aber wenn er Diethelm dann so im Gelds wühlen sah. war es ihm oft. als müsse er aus einer Be­zauberung über alle Berge entfliehen, und ihm schauderte vor jedem Kreuzer, den er davon in die Hand nahm, als könnte er sich plötzlich in brennende Kohle verwandeln. Er half den Bau leiten. Im F'rühlingstauen. das jetzt begann, wurden die Grundmauern gegraben, und es schien in der Tat, daß Diethelm nicht prahlte, wenn er sagte, daß er ein kleines Schloß baue.

Wenn Diethelm über Land fuhr, spannte ihm Munde ein. hielt ihm oft eine Stunde lang die Pferde vor dem Hause und benahm sich überhaupt wie ein Knecht, nicht aber wie der Sohn des Hauses. Darüber hatte er viel bei Franz auszustehen, die jetzt die ganze Schärfe ihres Wesens offenbarte; sie verlangte, daß er sich geaen den Vater ganz an­ders stelle, der müsse unterducken und dürfe nicht mehr den Herrn spielen, das Sach' gehöre jetzt den jungen Leuten und nicht' mehr den alten; wenn Munde nicht den Mut und das Geschick habe, solch ein großes Anwesen in die Hand zu bekommen, hätte er davon bleiben sollen. Es gab oft die ärger­lichsten Auftritte zwischen Munde und Fränz. und wenn dann Munde das Wasser in den Augen stand, lackte ihn Fränz schelmisch aus. faßte ihn am Kopfe, küßte ihn wacker ab und sagte:Munde du hättest sollen ein Klosterfräulein werden, du biss so windelweich: fluch einmal recht wetterlich ich alaub's gar nicht, daß du's kannst. Sei froh, daß du nicht in Krieg kommen bist, du hättest keinen erschossen .Mach, fluch einmal recht mörderisch. Ich h"b' dich nachher noch einmal so lieh." In solcher Weile zerrte Fränz ihren Munde hin und her und mochte aus ihm. was sie wollte. Diethelm war oft jähzornig aeoen ihn, weil er die Arheitsleute beim Baue nicht scharf genug anhielt; nur die Mutter war stets liebreich und mild geaen ihn und erfreute ihn oft durch Vorzeigung der schönen Aussteuer, die sie für ihn und Fränz bereiten ließ.

Fränz hotte nicht nachgelassen, bis Munde ein­mal das Fuhrwerk für sich nahm und mit ihr eine Luftfahrt nach der Stadt machte.

Munde hatte sich nie dazu vergehen wollen. Jetzt aber ergab sich eine besondere Veranlassung; nicht Diethelm. sondern das junge Brautpaar stand Gevatter bei dem Erstgeborenen des Zeugmachers Kühler in G.

Es war ein linder Morgen des ersten Früh­lings, als Munde mit seiner Braut dahinfuhr, er

hatte an die schwanke Spitze der Peitsche und die Messingrosen der Pserdezäume rote Bänder gehef­tet als bescheidene und doch kenntliche Fahnen ihres bräutlichen Glückes. An seinem väterlichen Hause wollte ihm der Paßauf folgen, aber der alte Schäferle pfiff ihm zornig, und er kehrte zu ihm zurück. Munde wußte, daß sein Vater niemand mehr um sich haben wollte, als den Hund des verstorbenen Medard, mit dem er oft stundenlang sprach. Munde kümmerte sich des nicht mehr und fuhr wohloemut hinaus in den frühlinasjunqen Tag. Die Sonne stand nicht am Himmel, nebelhaft verschwommene Molken umzogen ihn. und ein leiser Dust wob über den kaum ergrünenden Feldern, daraus sich ein­zelne Lerchen noch zaghaft zwitschernd emporhoben, um bald wieder niederzusinken.

Fränz, ich freu' mich doch, aber lach mich nicht aus," sagte Munde.

Warum??"

Guck, ich kann mir's gar nicht denken, daß das Fuhrwerk mein eigen sein soll und daheim noch so viel, ich mein' immer, es sei nur geliehen, ich bin bei euch zu East., und ihr könnet mich morgen fort­schicken."

Du bist ein schrecklich guter, aber auch zum Berzweifeln weichmütiger Mensch. Du bist ein gutes Schaf, aber du mußt anders werden. Wir zwei haben unfern Alten am Bändel, er merkt wohl, was wir zwei von ihm wissen."

Meinst du, er hab's wirklich tan?"

Es ist brav von dir, daß du mir's jetzt aus- reden willst," sagte Fränz;aber ich weiß es nicht von dir allein. Ich könnt' auftreten, wenn ich wollt'. Das weiß er. And so wirst du doch nicht auf den Kopf gefallen sein, daß du nicht merkst, er hält' uns nicht zusammen geben, wenn ihm nicht das Gewissen schlagen tat? Mir zwei sind unschuldig. Ans geht's nichts an. Drum mußt du dabei bleiben, daß er vor der Hochzeit alles Vermögen an uns abtreten muß. Es soll ihm nichts abgehen, er ist ja der Bater, aber wir sind die Meisterleut', so muß es sein. Kin­der haben Nichte danach zu fragen, woher die El­tern das Sach haben, in zweiter Hand ist es redlich Gut, und es muß ihm auch recht sein, daß er nichts mehr damit zu tun hat."

Die Raben, die im ersten Frühling immer so laut krächzen, flogen über den Weg hin und her, und Munde war's vlötzlich, als schrien sie Rache und wäre die ganze Welt um ihn verkehrt. Er faßte sich aber und sagte endlich, nachdem er Fränz lange an sich hatte hinreden lassen:

Du willst mir die Zunge heben. Es kann nicht sein, daß du das glaubst."

Ich erkenn' deine Eutheit wohl," erwiderte Fränz, aber wir zwei, brauchen uns nichts vorein­ander zu verhehlen. Es hat schon mancher Aergeres getan, als mein Vater, und daß dein Medard ver­

unglückt ist, dafür kann er nicht. Aber dabei bleiben mußt, daß wir die Meisterleut' sind, er ist mit sei­nem Großtun im stand und ladet den Wagen noch einmal zu hoch, daß er umschmeißen muß."

Munde hieb gewaltig auf die Pferde ein. als müßten sie ihn schnell an dem Abarunde vorüber- fllhren, in den er plötzlich hinein sah. So hatte der alte Schäferle recht, und war vielleicht das gräß­lichste wahr?"

Hätten sie nicht zu Gevatter stehen müüen. Munde wäre vielleicht gleich umgekehrt. Aus allem dem nahm seine Gemütsart eine unberechenbare Wendung.

Die Scheidekllnstler wissen zu bestimmen, welche Wirkuna ein Stoff auf den andern he'-rm'^ttv'tt; welche Wirkung aber ein Wort in fremdem Gemüts verursacht, ist nicht so leicht in ein Gesetz zu fassen

Das freut mich, du bffl nicht so sto^ w- glaubt Hab'," sagte Munde endlich.

Warum? Wie meinst?" fragte Fränz.

Wenn du stolz wärst, hättest du mir das nicht gesagt und hättest mich auf dem Glauben gelassen, daß mir eine besondere Gnade damit geschieht, des Diethelms Tochtermann zu werden. Aber jetzt ss' mir's fast lieb, daß du mir's gesagt hast. Ich seh'. ich geh' dir über Vater und Mptter, und du Hof' mich an mir selber gern und willst nichts vor mir vorn'"-."

Fränz rieb sich anfangs betroffen die Stirne. Sie hatte mit ihrem losen Herausplandern statt dem Vater einen Fallstrick zu legen, sich selber ge­fesselt. Sie hatte nicht den Mut. zu tun. als ob sie alles nur im Spaß geredet, und als sie zuletzt hörte, wie gut der Munde ihre Rede auslegte, bewältigst sie diese Macht der Treuherzigkeit. Der Munde war doch so ohne Falsch und so seelengut, daß sie ihn in diesem Augenblick mehr liebte als je, und sie gab ihm von selber einen Kuß.

Munde war ein finsterer Gevatter von ga^ nicht bräutlicher Laune, und als ihn der Geistljckr um den Namen des Täuflings fragte, gab er nicht, wie verabredet, den Diethelms an. sondern rief zitternd:Medard!" Er bebte in der Kirche, denn er dachte, daß einst seine eigenen Kinder einen Großvater liebkosen sollten, der so arges getan, beim Taufschmause schnitt es ihm anfangs in die Seele, da man ihn als glücklichen Schwiegersohn Diethelms laut pries und der junge Kübler ihm ein Hoch ausbrachte, daß er ebenfalls ein Familien­fürst werden möge, wie sein Schwäher. Nach und nach die Huldigung hat allerzeit ihren ver­führerischen Reiz besckwichtigte Munde die Ge­wissensschreie in seinem Innern; zumal er Fränz so überaus glücklich sah. Fränz war es gewohnt, sich in den Familien der von ihrem Vater Beglückten preisen und erheben zu lasten, und wie sie Geschenke ^usbreitete, und alles voll Dank und Lob war, zeigte sie wirklich eine hohe Freude und Gutherzigkeit.