Aus Stadt und Land

Calw, den 15. Juli 1929.

Badezeit.

Die große Hitze -er letzten Tage mag auch Sie weniger Badefreuöigen an das schönste Abkühlungsmittel erinnern, das Vaöen. Ueberall bietet sich uns Sie Gelegenheit -azu und es gibt wohl kaum einen Menschen, der den hohen Wert des Bades für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit verkennt. Indessen, das Wasser allein tut es nicht. Wer wirklichen Nutzen vom kalten Bad haben will, muß doch gewisse Regeln beobachten.

Gesunden Menschen wird im allgemeinen ein kaltes Bad niemals schaden. Wer aber aus Gesundheitsrücksichten, wie Blutarmut, Herzbeschwerden, rheumatischen Leiden sich Be­schränkung darin auferlegen muß, soll sich nicht auS falschem Ehrgefühl oder Rücksicht auf andere dazu zwingen. Nie­mals soll man unmittelbar nach der Mahlzeit baden, auch wenn man ganz nüchtern ist, steht man besser davon ab. Am bekömmlichsten ist uns ein Bad kurz nach dem ersten Früh- stück oder vor dem Abendessen

Trotzdem es allgemein bekannt sein dürfte, daß man sich nie erhitzt in die kühlen Fluten stürzen darf, ohne sich der durch die plötzliche Temperaturerniedrtgung bedingten Ge­fahr einer Lähmung der Herznerven auszusetzen, sieht man es alltäglich, wie sich jugendlicher Uebermut, ohne sich erst abznkühlen, ganz erhitzt ins kalte Wasser stürzt. Bei vie­len hält es bas Herz aus, aber auch bei diesen wird sich bei öfterer Wiederholung eine gewisse Herzschwäche bemerkbar machen, die mit zunehmendem Alter zu schweren Störungen führt. Ein kurzes Abkühlen -er HandpulsaSer«, Ser Achsel­höhlen und der Brust werden immer den gewünschten Er. folg haben.

Zu langes Baben ist ebenso schädlich wie das bewegungs­lose Verharren. In beiden Fällen wird sich bald ein Frost, gefühl bemerkbar machen, das jeden zum Verlassen SeS Was­sers veranlassen sollte. Erst die allmähliche Gewöhnung wil­den Körper vor der sonst unausbleiblichen Erkältung schützen.

Worauf noch am wenigsten geachtet wird, ist das sorg, faltige Abtrocknen nach Sem Bade. DaS hierzu erforder­liche Frottieren übt erst die vielfach dem Baden selbst zu- geschriebene porenöffnende Wirkung aus. Nicht -ringend genug kann aber vor -er so sehr verbreitete« Unsitte ge­warnt werden, die Kleidung über dem nassen Körper an- znlegen. Ein kleiner Rheumatismus dürfte wohl der stän­dige Begleiter für Lie kalte Jahreszeit werden, nur denkt man nicht daran, - man ihn im Sommer selbst eiogeladen hat.

Schultheißenwahl in Altbulach.

In Altbulach fand am Samstag unter Leitung von Lanürat Ripp mann die Neuwahl -es Ortsvorstehers statt. Von 232 abgegebenen Stimmen entfielen 229 auf den bisherigen OrtsvorstanS, Schultheiß Jakob Mast. Die Wahlbeteiligung betrug runL 65 Prozent. Das Wahlergeb­nis ist ein schönes Zeichen der Anerkennung für Sie seit­herige Tätigkeit des OrtsvorstanSes.

Verkehrsnnfall in Hirsau.

Als am letzten Samstag abend ein Motorradfahrer von Calw bei der Pension Göring in Ser Liebcnzellerstraße sin Auto überholen wollte, streifte er dasselbe und kam zu Fall. Er zog sich dabei nicht ganz unerhebliche Verletzungen am Kopf und an einem Bein zu. Aerztltche Hilfe war alsbalS zur Stelle. Das Motorrad wurde schwer beschädigt, lojühriges Stiftungsfest des GesangvereinsSSuaerlust" Unterhangstett.

Der Männergesangverein Unterhaugsteit feiert« gestern fein lOjähriges Stiftungsfest und verband hiermit einen Ge. fangswettstreit, an Sem sich 16 Vereine beteiligten. Das

Preisgericht, bestehend aus den Herren Hoch st etter, Chormeister in Stuttgart, und Kuhn, Musikdirektor in Karlsruhe, vertrat die Ansicht, die Leistungen seien derart gewesen, daß es sich nicht darum handeln könne, die Preise abzustufen nach ersten und zweiten Preisen, jeder Verein erhalte einen 1. Preis. Es wurde 11 la und 5 I. Preise zuerkannt, die sich auf Sie einzelnen Klassen wie folgt ver- teilen: Einfacher Volksgesang: Landklasse 1: Ein- tracht Ottenbronn 1. Preis mit 81ch Punkten,- Liederkranz Möttlingen 1. Preis, 87,6 Punkte. Landklasse 2: Eintracht Neuhengsiett 1a Preis, 1»1,5 Punkte,- Erheiterung Denn­jächt, 1a Preis, 101,5 Punkte. Landklasse 3: Gesangverein Sprollenhaus 1. Preis, 91 Punkte,- Liederkranz Altburg 1a Preis, 98,5 Punkte. Gehobener Volksgesang, Lanö- klasse 1: Eintracht Monakam 1a Preis, 99,5 Punkte: Land- kalsse 2: Männergesangverein Neubulach 1. Preis, 99 Punkte: Landklasse 3: Gesangverein Frohsinn Schwann 1a Preis, 194,5 Punkte. StaStklasse 1: Konkordia Welsch-Neu- reut 1a Preis, 99,5 Punkte: StaStklasse 2: Singchor der Kriegsbeschädigten Stuttgart 1a Preis, 111 Punkte. Nach­meldeklasse Landklasse 1: Germania Schömberg 1a Preis, 97F Punkte: Edelweiß Pforzheim 1. Preis, 94,5 Punkte. Erschwerter höherer Bolksgesang: Liederkranz Eltingen 1a Preis 196,5 Punkte,- Liederkranz Althengstett 1a Preis, 197,5 Punkte. Quartettklasse: Wohl, gemuthsches Männerquartett Bad Liebenzell 1a Preis mit 98 Punkten. Einen ausführlichen Bericht über das sehr gut verlaufen« Fest lassen wir in Ser nächsten Ausgabe folgen.

Znr Landeskirchenstener 1929.

Die Landeskirchensteuer für 1929 ist schon im letztjähri- gen landeskirchlichen Haushaltsgesetz für die Rechnungs­jahr« 1928 und 1929 geregelt und wird nach dem Einkom­men 1928 und mit einem Zuschlag von 7 Prozent aus der Reichsvermögenssteuer 1928 erhoben. Die Einreihung in die einzelnen Steuerstufen erfolgt bet den Steuerpflichtigen, Seren Jahreseinkommen nicht oder nicht vollständig festge­stellt werden kann, wie im Vorjahr durch Schätzung. Eine höhere Landesktrchcnsteuer kann sich für Len Steuerpflichti­gen nur ergeben, wenn das Einkommen gegenüber Sem im Vorjahr zugrunde gelegten höher ist oder die Vermögens, steuer 1928 gegen 1927 gestiegen ist. Die auf den 1. Oktober 1927 eingetretene Beamtengehaltserhöhung wird dieses Jahr zum ersten Mal voll berücksichtigt.

Steuerermäßigungen werden im bisherigen Umfang für 2 und mehr unterhaltsberechtigt« Kinder unter 18 Jahren gewährt, soweit diese Kinder sich noch in Schul- oder Be­rufsausbildung befinden. Diese Ermäßigung kann auch für Kinder über 18 Jahre gewährt werden, deren Berufsaus­bildung noch nicht abgeschlossen ist, oder die infolge Krank­heit oder körperlicher Gebrechen dauernd behindert sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienem Di« Landeskir- chensteuer wird ferner ermäßigt bei Beschränkung der Er­werbsfähigkeit durch Kriegs- oder Unfallbeschädigung von mehr als 25 Prozent. Die Ortskirchensteuer wird in Calw wie feit einer Reihe von Jahren im gleichen Betrag wie die Landeskirchensteuer erhoben.

Wetter für Dienstag und Mittwoch.

Vom Atlantischen Ozean dringt eine Depression nach Mitteleuropa vor. Unter ihrem Einfluß ist für Dienstag und Mittwoch vorwiegend bewölktes und etwas kühleres Wetter zu erwarten.

*

SCB. Böstnge« OA. Nagold, 14. Juli. Der Gemeinderat hat beschlossen. Las baufällig« Schul- und Rathaus abzubre­chen und durch einen Neubau zu ersetzen.

Birkeufcld, 14. Juli. Am Donnerstag abend versagte plötzlich Sie Zufuhr zum Ortswafferleitungsnetz vollständig. Bei näherer Untersuchung stellte es sich heraus, daß in un­mittelbarer Nähe der Grösseltalbrücke an -er Hauptleitung,

0i« von der Langenbrauder Gegend herführt, ein Rohr be­schädigt war. Die Arbeiten wurden sofort in Angriff ge­nommen. Die Motorspritze aus Neuenbürg mit einigen Leuten der Weckerlinie ist an der betr. Stelle beschäftigt, das Wasser aus -er Grube herauszupumpen. Hoffentlich ge­lingt es bald, die Störung zu beheben. Die ganze Ge­meinde ist ohne Wasser.

SCB. Möhringen a. Filderu, 14. Juli. Heute vormittag ereignete sich bet dem Radfahrerfest des Arbeiterradfahrer­vereins Solidarität ein schreckliches Unglück. Als um halb 8 Uhr früh während des Radfahrerrennens 6 Radfahrer über den ungeschützten Bahnübergang der Strecke Vaihingen a. FUntereichen fahren wollten, kam ein Personenzug an­gebraust. Drei Radfahrern gelang es noch über die Gleise zu kommen, während 2 von der Lokomotive erfaßt wurden. Der eine wurde auf den Bahndamm geschleudert und kam mit leichteren Verletzungen davon, während der andere, ein etwa 29 Jahre alter Mann auß Eßlingen, unter die Näder der Lokomotive kam und mitten entzwei geschnitten wurde. Er war sofort tot.

SCB Stuttgart, 14. Juli. Am Sonntag vormittag wurde im Urnenhain des Pragfriedhofes neben dem Krematorium, in einem stimmungsvollen Rondell, das die Stadt Stuttgart für diesen Zweck zur Verfügung gestellt hat, das dem ersten württembergischcn Staatspräsidenten Wilhelm Blos gewid­mete, auf Staatskosten erstellte Grabdenkmal, enthüllt.

Göppingen, 14. Juli. Daß es ziemlich Geld kostet, wenn man den Gemeinderat beleidigt, mußten zivei Bürger von Salach bei Göppingen erfahren. Der Bäckermeister Rudolf Seibolü und der Hirschwirt Bernhard Staudenmaier hatten wegen ungebührlicher Aeußerungen über den Gemeindcrat Abbitte zu leisten und jeder 299 Mk. Buße in die Gemeinde« kafle zu zahlen. Der Gemeinderat hatte ursprünglich öf- fentliche Abbitte verlangt, ließ sich aber mit Rücksicht auf- die hohe Buße von 499 Mk. zu einem Vergleich herbei, die Abbitte an der Rathaustafel drei Tage lang in Anschlag zu bringen.

SCB Tübingen, 14. Juli. Gestern abend halb 19 Uhr ist beim Baden im oberen Neckar beim Stockdorphiahaus der 19jährige Bäckergeselle Hans Rotfuß ertrunken. Er badete mit zwei Dienstmädchen. Einem davon wollte er das Schwimmen lernen. Dabei kamen sie an eine Tief- stelle. Rotfuß gelang es, das Dienstmädchen zu retten, er selbst jedoch konnte sich nicht mehr in Sicherheit bringen und ertrank. Die Leiche konnte noch nicht gefunden werden.

SCB. Rottweil, 14. Juli. Im Bahnwärterhaus Posten 1441 auf der Strecke nach Lauffen hörte in der Frettagnacht Sie Vahnwärtersehefrau, deren Mann dienstlich abwesend war, einen Einbrecher bei der Arbeit. In ihrer Angst sprang die Frau aus dem Fenster und erlitt schwere Verletzungen: sie wurde ins Bezirkskrankenhaus übergeführt. Der Ein- brecher suchte das Weite.

SCB. Friedrichshafe«, 14. Juli. Zwischen Jmmenstaadl und Kluftern (Bezirksamt Ueberlingenj verunglückte heute vormittag etwa gegen 19 Uhr ein mit 34 Personen besetzter Retseomnibus aus Freiburg. Wohl infolge Versagens des Steuers rannte der Wagen, der erst einige Wochen in Be- trieb war, auf durchaus ebener Straße gegen einen Baum, nachdem bereits vorher die ganze rechte Seite durch St« Straßenbäume, an denen Ser Omnibus entlangschleifte, aus- gerissen worden war. Von den Insassen, größtenteils Ar­beiter -es Kaliwerks Stauffen bei Freiburg mit Frauen und Kindern, wurden alle verletzt. 6 davon schwer.

SCB. Friedrichshafe«, 14. Juli. Der Kronprinz von Ita­lien stattete, wie das Seeblatt berichtet, der Stadt Fried­richshafen und L. Z. 127 einen Besuch ab. In seiner Beglei­tung befanden sich zwei Herren und ein« Rotekreuzschwester. Mit beim Verkehrsbüro gelösten Karten unternahmen st« einen Runbflug in einem Flugzeug -es Bodenfee-Arolloyd.

^ VVI I»v II

, i''!

(IS. Fortsetzung.)

Entschuldigt mich bitte einen Augenblick," sagte er zu den Damen, die sich angeregt unterhielten.Ich will nur mal nach dem Rechten sehen."

Ich begleite Sie, Liebetrau," sekundierte Sohr.Die Damen haben so noch etwas zu beraten, das unsere Gegen­wart nicht erfordert.

Sie gingen. Und drautzen fragte Sohr, der gerade dieser Sache wegen nicht ungern mit nach Niederneidberg gegangen war:

Mit wieviel hängen Sie, Liebetrau?"

Achteinhalbtausend l Dritte Hypothek!"

Also Schornstein!"

Ach nee?!"

Bestimmt, wenn Sie nicht fünfzigtausend gkaü auf den Tisch legen können. Soviel ich weiß, steht Meyer vor Ihnen mit zwanzigtausend und vor diesem der berühmte Marburg mit dreißigtausend. Bei einer Versteigerung des Wetter­schen Besitzes werden beide ihre Hypotheken ausbieten. Es bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als mitzugehen."

Ob die beiden bei einem Besitzwechsel dir Hypotheken stehen lassen würden?", fragte Liebetrau.

Sohr bezweifelte es.

Glaube kaum, denn Marburg hat durch seine Kündigung die Sache mit ins Wanken gebracht und Meyer wird froh sein, wenn er mit seinen Tausenden arbeiten kann. Aber auch wenn sie es täten, wollen 50 000 Mark verzinst sein."

Und der alte Kerst ist nicht beizuspringen geneigt?"

Der wird sich hüten. Der sitzt in Berlin und wird sich der Sicherstellung seines Lebensabends nicht begeben. Wenn der Besitz ein ererbter wär, biß er sich mit seinen letzten Pfennigen darin fest. Was will ich hätte er es gar nicht soweit kommen lassen."

Also binden wir den Betrag ans Bein."

Wohl Ihnen, wenn Sie es können."

Ich kann es eben nicht! Wenigstens nicht, ohne es nicht empfindlich zu spüren. Was bleibt mir aber anderes übrig! M habe kein Bankkonto wie beispielsweise ein gewisser Sohr. Ich muß zufrieden sein, wenn ich glatt durchs Jahr komm«. Schulden machen, um achttausend Mark zu retten?

Ausgeschlossen! Lieber tabula rasa! Ich Hab' einen heil­losen Bammel vor Verbindlichkeiten."

Was liegt da näher, als Ihre Hypothek zu verkaufen," warf Sohr beiläufig hin.

Da fuhr Liebetrau herum.

An wen denn? Sie machen wohl Witze? Wollen Sie sie haben?"

Unter Umständen ja," sagte Sohr l e i chthin .

Geschenkt?"

Das nicht!"

Was wollen Sie geben?"

Sechstausend!"

Sieben"

Kann iist nicht. Ich Hab nur sechs."

Liebetrau mußte lachen. Er polterte heraus:

Der arme Mann von Finkenschlag hat nur sechstausend Emmchen! Das we-d' ich publik machen Gibt einen Heidenspaß."

Erzählen Sie es ruhig. Es ist 'c, Glatt sechstausend Mark. Keinen Pfennig mehr."

Liebetrau sah seinen Gast > -i der Seite an und sah in ein sehr ernstes Gesicht. Da au,t? er ihm, denn der Finken­schlager log nicht. E: wv' .vene sich aber doch, daß das Konto nicht höher sein sollte.

Sohr, der die Gedanken des anderen zu errate:, schien, setzte sich auf eine Treppenstufe und gab sehr offen Bescheid.

Man schätzt mich in unseren Kreisen falsch ein. Ich bin noch genau derselbe arme Schlucker, der ich als Knecht war. Die Stellung ist anders geworden und die Arbeit mehr. La­sst der Unterschied gegen früher. Ich will Ihnen reinen Wein einschenken. Liebetrau. Zur Diskretion sind Sie nicht ver- pflichtet."

Rücken Sie bitte sin Stückch«, zu." bot Liebetrau und setzte sich neben Sohr.

Der fuhr fort:

Großsteinau gehört Elaus, Ftnkenfchlag meiner Frau. Ich bin gewissermaßen nur Inspektor auf beiden Gütern Ledig­lich die Großsteinau« Zuchtstuten find mein Eigentum Natürlich auch das Ergebnis der Zucht. Da ich nun nicht verlangen kann, daß ausgerechnet meine Gäule von der Lust leben. Land zu Futterbau aber nicht besitze, also Claus' Eigentum in Anspruch nehmen muß, schreibe ich ihm fünfzig Prozent des Erlöses aus der Zucht gut. Es ist Ihnen be- könnt, daß ich kürzlich einen Hengst erworben habe. Kostete elstausend Mark. Siebzehntausend hatte ich, mithin habe ich nur noch sechs. Also!"

Liebetrau schüttelte den Kopf. Komisch« Kautz, dachte er, sagte ab« nur: .Sonderbar« Mensch. -

Weiß ich, Liebetrau," wehrte Sohr ab.Jeden Tag sagt mir's ein anderer. Ich glaub's bald selbst. Mehr inter- essiert mich aber jetzt die Sache an sich und Ihr Entschluß."

Liebetrau räusperte sich und fuhr mit dem Zeigefinger von innen rund um den Kragen. Der schien ihm zu eng.

Sohr, der es sah, lächelte. Tr kannte seine Berufskollegen und wußte, daß nur ganz wenige ganz frei von Mißtrauen sind. Warum sollte denn Liebetrau eine Ausnahme machen.

Schießen Sie los," ermutigte er den anderen.Man soll nicht an Herzdrücken sterben."

Sind Sie mir böse, wenn ich offen bin?"

Absolut nicht! Ich bin für Offenheit."

Nun denn." begann Liebetrau,ich kann mir noch keinen rechten Reim machen. Ihrer Bereitwilligkeit zum Kaufe der Hypothek entnehme ich, daß Sie persönlich an dem Wetterschen Besitz interessiert sind, nicht also Claus oder Frau Sohr. Herr Friedrich Karl Sohr macht das Geschäft für eigene Rechung. Sie haben sechstausend Mark verfüg­bar. müßten demnach noch über fünfzigtausend verfügen können, wenn Sie aus der Hypothek Nutzen ziehen wollen. Sie müßten doch, genau wie ich, Mey« und Marburg bei Erwerbung de» Wetterschen Besitzes auszahlen. Stimmt das?"

Sohr bejahte.

Wenn Sie nur sechstcussend haben, woher wollen Sie fünfzigtausend bekommen?^

Seelenruhig sagte Sohr:

Wenn mich das ein ander« fragen würde, bekäm' er zur Antwort: Das geht Sie nichts an. Da aber Sie mich fragen, will ich Ihnen auch das sagen. Mit meiner Frau habe ich bereits über den Kauf gesprochen. Sie lehnte ab mtt der Be­gründung, daß sie genug habe. Sowohl Besitz als auch Ar­beit. Sie sehne sich nicht nach mehr, sondern nach einem ge­ruhigen Lebensabend. Im Grunde genommen sehr ver­nünftig. Ich ab« denke aus bestimmten Erwägungen heraus anders. Ich weiß, daß ich immer anders denke, als ander«. Da» ist Veranlagung, Liebetrau, nicht Freude am Stänkern od« Widerspruch. Das Wettersche Land liegt, man könnt« sagen aus Boshaftigkeit, ausgerechnet zwischen Großsteinau und Finkenschlaa. Es gehört da nicht hin. Es ärgert mich. Es reizt mich. Ich will es haben. Da meine Frau nicht mtt- macht, muß ich mir das Geld verdienen."

Liebetrau» Augen waren während Sohrs Rede größer ge­worden. Jetzt waren sie wie Glaskugeln.

Fünfzigtausend Mark! Di« wollen Se fo im Handum­drehen verdienen?" fragte er.

^Fortsetzung folgte