digerweise die Widerhersteklung der kleinen besetzten Länder. Der französische Abgeordnete sprach sich dahin aus, daß die französische Abordnung die Ausdrücke der von den russischen Sozialisten ausgestellten Formel „Frieden ohne Annexionen und Kriegsentschädigung" so auffasse, daß Frankreich die Wiedergutmachung der verursachten Schäden nicht als Kriegsentschädigung betrachte. Ohne eine solche Wiedergutmachung sei für Frankreich ein Frieden unmöglich. Der Ausdruck Annexion umfasse durchaus nicht die Wiederhergabe gestohlener (!) Gebiete, wie Elsaß-Lothringen. Diese Frage sei ein Ideal, das die freien Demokratien nicht opfern können. Die englischen und französischen Genossen haben nun vom Arbeiter- und Soldatenrat eine Antwort darauf, ob er mit dieser Auslegung seiner Erklärungen einverstanden sei. Die Antwort der Führer des Soldaten- und Arbeiterrats ist noch nicht erfolgt, weil der Ausschuß nach Minsk gereist ist. Unfern deutschen Sozialdemokraten wird also zum tausendsten Mal vor Augen geführt, wie der internationale Gedanke des Sozialismus in den demokratischen Ländern wie England und Frankreich aufgefastt wird. Wir sollen das deutsch Elsaß herausgeben, und Kriesgentsckädigungcn zahlen, denn das bedeute» doch diese „Wiedergutmachungen",' und dann muß natürlich auch das Nationalitätenprinzip, allerdings nur auf die Merbund- inächte angewendet werden, um diesen mit scheinheilig»! Recht ihre Gebiete abnebmcn zu können. Davon sprechen diese englischen und französischen Ehrenmänner nichts, daß Indien, Persien, Aegypten, Irland, Marokko und die russischen Fremdvölker befreit werden sollen, und daß es nicht angängig ist, fremde Staaten für eigene Interessen in den Krieg zu zerren, wie es mit Portuaal und China gemacht wurde und mit Griechenland unter Anwendung der schändlichsten Mittel versucht wird. Kurz gesagt, das Programm der enalilchen und französischen Sozialisten stimmt mit den Plänen ihrer Negierung überein, die Merbundmäcbte vor allem aber Deutschland, politisch und wirtschaftlich so zu unterjochen, das; es ihnen nicht mehr mimisch ist, in friedlicher Arbeit mit den Ententestaaten in Wettbewerb zu treten. Um dieses Ziel erreichen zu können, dazu muß man die Pierbundmächte erst zum Frieden zwinaen können, und zur Erlangung eines solchen Friedens braucht man selbstverständlich die russischen Heerss-
inaston.
Deshalb wird in den nächsten Tagen das ganze Interesse der Alliierten mit höchster Spannung nach Petersburg gerichtet sein, von wo die Entscheidung erwartet wird. Es wird sich nun zeigen, in wieweit die Pccinflussungsversuche der Alliierten auf die sozialistischen Mitglieder der russischen Regierung gewirkt haben, wie sich die Kräfte zwischen dem kriegsfreundlichen und kriegsfeindlicben Teil der heutigen Machthaber ver- teilen.deren Stärkebewußtsein zweifellos von der Stimmung des Volkes in diesem oder jenem Sinn abhängt. Aus der bevorstehenden Note wird auch zu ersehen sein, welche Wirkung die Erklärungen der Vierbundmächte auf die russische Negierung und die russischen Sozialisten ausgeübt haben. Das offiziöse Organ der österreichischen Regierung stellte heute wiederholt fest, daß die österreich-ungarische Monarchie absolut keine aares- fiven Pläne gegen Rußland habe und nicht beabsichtige, ihr Gebiet auf deren Kesten zu erweitern. Die Mittelmächte führen einen reinen Verteidigungskrieg, der solange fortgesetzt werde, bis Sicherbeit für ihre künstiac Existenz geschaffen sei. Auch Deutschland hat erklärt, daß es zur Schließung eines für beide Teile ehrenhaften Friedens bereit sei. Es liegt also nun an Rußland, ob es znm Frieden geneigt ist, oder ob es seine Soldaten weiter stir die unerreichbaren Ziele der Alliierten bluten lassen will. Unsere militärische Lage und unser U- Bootkrieg gestatten uns, zu warten bis die Alliierten die Aussichtslosigkeit ihrer Kriegspläne einschen.
O. 8.
Tie Laste in Rußland.
Die Abgeordnete» der Armeen für militäriickc Angriffsmaßuahmen.
(WTV.) Petersburg, 16. April. Die Pet. Tel.-Ag. meldet: Auf dem Kongreß der Abgeordneten aller Armeen der Westfront in Minsk sprach sich eine Reihe von Rednern über die unbedingte Notwendigkeit militärischer Angrisfsmasjnahmen aus, indem sie erklärten: Durch den Angriff haben wir unsere inneren Feinde besiegt. Auf die gleiche Weise werden wir auch den äußeren Feind niederwerfen. Nach dem Schluß der Erörterung stellte der Vorsitzende der Versammlung fest, daß die Losung: Nieder mit dem Krieg im Laufe der Verhandlungen von niemanden ausgesprochen worden sei. Eine Beschlußfassung wurde auf die Abendsitzung verschoben.
Der politische Wirrwarr und die Armer.
(WTB.) Bern, 28. April. Der „Tcmps" meldet aus Petersburg, die Fronlar,nre und die Truppen in der Provinz wollten den Arbeitern der Petersburger Garnison in ihren Irrungen nicht inehr folgen. Eie hätten beschlossen, ihrerseits Gruppen zu bilden, um die Aktion der extremsten Sozialisten zn bekämpfen. Eine allgemeine Konferenz aller Bezirksvcr- treter des Arbeiter- und Soldatenrats werde hierüber am 10. Mai in Petersburg beraten.
(WTB.) Amsterdam, 26. April. Dem „Allgeinecn Handelsblad" wird aus Petersburg telegraphiert, daß gestern die erste Abteilung revolutionärer Truppen die Hauptstadt verließ, um an die Front zu gehen. In dem Telegramm wird gesagt, das; die Truppen aus eigener Initiative an die Front gingen, denn die Regierung habe sofort erklärt, das; sie die revolutionären Truppen aus Petersburrg nicht au die Front schicken würde.
Versuche einer Ecgn'.revolutio».
Berlin, 27. Aäril. Der „Lekelcineziger" meldet aus Wien: Wie die Korrespondenz Rundschau aus Stockholm meldet, bestätigte die W-stnik-Aocntur die Verhaftung der Armcetommandanten Generale Knropat- kin, Ierofejcw und Knrlow wegen versuchter Organisation einer Eegrnrevolutionobewegung.
Vermischte Nachrichten.
Wilson dringt aus die Teilnahme Chinas am Kriege.
(WTB.) Rotterdam. 26. April. Nach einem Ex- chunge-Telearamm aus Tientsin, das der „Nicuwe Rot- terdamsche Courant" mitteilt, hatte die chinesische Regierung eine Depesche von ihrem Gesandte» in Washington erhalten, worin dieser aus eine baldige Teilnahme Chinas am Kriege drängt.
Beschlagnahme des Weizenmehls in England.
(WTB.) London, 27. April. Gemäß einer neuen Verordnung werden sämklicbe Weizenmehl herstellenden Mühlen des Vereignigten Königreichs vom Nahrungs- mittelkontrolleur übernommen. Hierzu schreiben die „Times": Personen, die über das ein'chlä-nge Zahlenmaterial verfügen, wissen wie ernst die Lage ist, die sich langsam, aber sicher entwickelt.
Ein französisches Urteil zum Berliner Streik.
(WTB.) Bern, 26. April. „Figaro" schreibt, dir Entente habe ein besonderes Interesse an den Ausstän- den in Deutschland, da die Folgen sich bei den militärischen Operationen im deutschen Heere geltend machen müßten. Sollten sich die Streiks ausdchnen und verlängern, so würde die Munitionsversorgung an der Front baldigst und ernstlich in Mitleidcnsckzaft gezogen werden, umso mehr als der augenblickliche Munitionsverbrauch beträchtlich sein müsse.
Die Taube der Batterie.
Der „dienen Freie» Presse" wird von ihrem Kriegsberichterstatter Roda Roda geschrieben: Voriges Lahr bei der Mai- Ossensive in Tirol zeigte mir der Kommandant eines Sanitäts- ! trains eine Haustaube, die mit dem Transport von Luck bis hierher (in die Nähe von Rovreit) gekommen war. Sie saß frei oben im Baum und lies; sich von der Mannschaft mit Futter ! locken. Die Eisenbahnsahrl hatte sie im Käsig mitgemacht. Ein weit wnnderlicheres Beispiel aber von Treue gibt die Taube einer Batterie, deren Kommandant Haupimcmn Singler i>«. Der Hauptmann hatte beim Rekognoszieren der Dimajecstellung im Frühling 1915 e ne schwerverletzte Wildtaube (Steintciubc) nufgelesen und pflegte sie gesund. Die Taube verließ mm ihre Batterie nicht mehr. Im Mai 1915, in Tornow, wurde die Batterie cinmaggcmiert, um ins Küstenland gebracht zu werden. Der Osfiziersdiener des Haiiptmcmns nahm die Taube in den Bahmvagcn. Sie flog durchs Fenster ans, saß meilenweit aus dem Dach des Waggons, flog wieder ein Stück und kam so bis Flitsch mit. Die Batterie rochierte nach Görz, die Taube begleitete fliegend den Marsch. Einmal ging der Hauptmann von Görz bis Ovcia Druga — die Taube blieb stets über ibm. Sic ist noch heute bei der Batterie in der Feuerstellung. Ihr Futter sucht sie sich selbst.
Aus Stadt und Laad.
Calw, den 27. April 1917.
Boin Rathaus. -
* Zu Beginn der gestrigen öffentlichen Sitzung des Ee- meindrrats gedachte der Vorsitzende, Stadtschulthcißcnamts- vcrwescr E.R. Dreiß, des Stadtvorstands, Stadtschultheiß Conz, der mit seinem Bataillon zum zweitenmal in den schweren Kämpfen bei Arras steht, mit dem herzlichen Wunsch, dem sich die Mitglieder des Kollegiums anschlossen, auf Erhaltung des Lebens des tapferen Führers. Zur Ehre des mit dem eisernen Kreuz ausgezeichneten Wilhelm Lui- brand erhoben sich die Mitglieder des Kollegiums von ihren Sitzen. — Nach einem Erlaß des Ministeriums des
Innern wird cs den Körperschoftsbebörden anheimgestellt, die Vclcgschcine für Zahlungen auf Postan: .-jungen oder Zählkarten bis zu 880 als Quittung cmzucrkcnnen zwecks Vereinfachung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Das Kollegium faßte einen entsprechenden Beschluß. — Der Scchser- ofen im städtischen Gaswerk ist ausgebrannt, und muß wieder aufgebaut werden. Die Wicderherricht mg des Ofens erfordert eine Ausgabe von 8800 -K, ohne die dazu nötigen Bauarbeitcn, die von städtischen Gasarbeiteni ausgeführt werden sollen. Die Kosten sollen in den Veranschlag von 1917 eingestellt werden. Die Arbeiten sollen so gefördert werden, das; der Ofen mit Beginn des größeren Lichtverbrauchs wieder verwendbar ist. — Dem Vorschlag von G.R. Staudcn- meyer, den städtischen Beamten eine Leu-rungszulaee zn gewähren, wurde allseitig zugcstimmt, und der Vorsitzende wurde beauftragt, tu der nächsten gemeinschaftlichen Sitzung entsprechende Anträge mit den nötigen Unterlagen vorzu- legc„, — G.N. Wagner machte Mitteilung über die auf Veranlassung von G.R. Staudenmeyer unternommenen Schritte des städtischen Hilfsausschusses um Zuweisung von Hausarbeiten für beschäftigungslose Frauen. Es haben sich wie schon mitgeteilt. l>7 Frauen gemeldet. Non der Zentralstelle für Wohltätigkeit wurde nun probeweise eine kleine Menge Waren zugeteilt, die der Reihenfolge der Anmeldungen nach verteilt werden sollen und zwar im Einvernehmen mit dem Urteil der städtischen Behörden. Da über den Sommer wahrscheinlich die Arbeitsstelle in Stammhcim aufgehoben wird ,so werden auch einige Frauen von dorr, die nicht auf dem Felde beschäftigt werden können, Arbeit erhalten müssen. Schneidermeister Kienzle, der Militär- lieserungen hat, wird etwa 17 Frauen auf längere Zelt beschäftigen können.
Kriegs-verluste des Obcramts Calw.
Aus der Württembergischen Verlustliste Nr. 560.
Denglcr, Christian. 27. 4. 8l. Althengsteil. l. vc-.w. - Genaenbach. Karl, 29. 6. 86. Dennjächt, gest. — Kehler Michael, 19. 10. 74. Sulz. O.-A. Nagold ins. Krankl,, gest. Weber. Emil, 15. 4. 97. Stuttgart-Calw ge,'.
Aus den preußischen Verlustlisten Nr. 7L3 b!s 790.
Wurster, Georg Johann. 27. 8. 82, Würzbach, i-nrch Unfall verl.
Die Stadtkinder aufs Land!
In vielen Städten werden die Vor'oereiiungen getroffen, um in diesem Sommer die Kinder in möglichst großer Zabl anfs Land zu bringen. Gerade siir das Heranwachsende Geschieht ist cs so besonders wichtig, daß es von den Emähningsschivierm.- keiten der großen Städte möglichst unberührt bleib!. Drang. .r in der Landlust sollen sich die Kinder irischere Wangen und neue Kräfte holen.
Vielleicht werden sie aber, ohne es zu wollen und zu wissen, noch eine andere wichtige Ausgabe erfüllen. Lauer und Städter j kennen sich zu wenig. Der Bauer liest wohl in seiner Zeitung ! zuweilen, daß „die in der Stadt" bald an Kartoff ln. bald an Gemüse, bald an Butler Mangel haben. Aber er kann sich nicht leibhaft vorstellen. was das heißt. Die .Kinder aus der Stadt werden es ihn lehren. Und wenn der Bauer die Not wirklich mit eigenen Augen sieht, dann Hilst er viel lieber, als wenn er nur durch Hörensagen von ihr erfährt. „Die in der Stadt" — das ist für ihn eine fremde, unbekannte Menschenmasse. mit der ihn kein persönliches Gefühl verbindet. Er wird die Früchte seines Bodens und feiner Arbeit viel freud'ger und unverdrossener nach der Stadt schicken, wenn er dabei an ganz bestimmte Menschen denken kann, deren Sorgen ihm ans ihren eigenen Erzählungen wohl vertraut sind.
Der Städter aber wird von seinen Kindern Horen oder sich vielleicht auch durch eigenen Augenschein iibcrzc.'ge», wie mühsam heute angesichts' der Verminderung von Arbeitskräften, Zugvieh und Mingemiiteln die Landbestellung ist. Zugleich wird er die Erfahrung machen, daß das Herz des Bauern sich oft sehr rasch regt, wenn ein lebendiger Mensch und nicht bloß ein gedruckter Aufruf im Amtsblatt oder am Rathaus mit Bitte» und Forderungen an ihn hcrantrilt. Das Schimpfen über „den Bauer" im allgemeinen ist ebenso unsinnig wie das Schimpfen über „den Städter". Gute und schlechte Menschen sind in Stadt und Land gleichmäßig verteilt.
Mögen die Kinder, die auf die Dörfer kommen. In dein oft so unberechtigten Streit zwischen Stadt und Land vnsöh- neiid wirken!
Zuckrrrcstrve.
Wie in Deutschland immer wieder siir eine ausreichende Einöhrung der Bevölkerung vorgcsorgt wird, das hat auch jetzt wieder die Erhöhung der Fleischration gezeigt. Dank unserer Reserve von Vieh und Schweinen sind wir jetzt in der Lage, die Lücke in der Getreide- und Mehlversorgung durch erhöhte Flcischnahrung auszufüllcii. Aber auch noch andere Lebensmittel liegen in Reserve. So sind solch ansehnliche Mengen von Zucker zurückgclegt, das, wir eine Zncker- reseroc haben, die manche andere Jahre übertrifst. Auch diese kann und wird zu geeigneter Zeit der Volksernührung dienstbar gemacht.
Das Ergebnis des Marineopfcrtogs.
Im Herbst vergangenen Jahres wurde bekanntlich im ganzen Reiche ein Marincopfcrtag veranstaltet; zumeist am 1. Oktober, im Lande Württemberg jedoch am 5. Oktober. Das Gesamtergebnis liegt nunmehr vor; es gingen ei» im
Versiimen Sie nicht nnf 1. Mai das Miner LOlatt" Zn -Wen!
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