will man, (worauf nach dem vorbereitenden Hetzseld- zug gegen den König zu schlichen wäre) die Vergewaltigung Griechenlands mit dem Sturz der Monarchie zum Abschluß bringen, um Griechenland doch noch als Opferlamm für die Ententezicle zu gewinnen, lleber- haupt wird die Entente jetzt nach dein Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg ihren wirtschaftlichen und politischen Druck bis zum Höchstgrad erhöhen. Die Washingtoner Negierung hat ja schon erklärt daß die Möglichkeit eines Ausfuhrverbots für Lebensmittel in Erwägung gezogen werde und nach einer diesbezüglichen Unterredung des niederländischen Gesandten mit Wilson, in welcher dieser zugesagt hatte, daß die Bedürfnisse ^>llands befriedigt würden, wurde als Kommentar dazu bekannt gemacht, dos; zunächst die Alliierten mit Nahrungsmitteln versehen würden, dann erst könnten die Bedürfnisse der Neutralen in^ Erwägung gezogen weiden. Dabei solle dann die Zuteilung nach den Einfuhren der Friedensjahre berechnet werden, damit die an die Zentralmächie angrenzenden Länder nicht in die Lage kommen könnten, Lebensmittel dorthin aus- zusührs. Also damit müssen wir rechnen, daß sowohl in militärischer wie in politischer Beziehung die Alliierten unter Führung Englands in nächster Zeit das Letzte daran geben werden, den Sieg an sich zu reißen, das kann aber gerade als Zeichen dafür ausgelegt werden, ooß ihr Bedürfnis nach Beendigung des Krieges stärker als je ist. Gleichzeitig wird aber auch durch diese öffentliche Beschleunigung des Tempos der Kriegführung von den Alliierten zugegeben, daß ihre ausgegebene Parole der langsamen Ermüdung der Bierbundmüchte üch als nicht durchführbar erwiesen hat, ja, daß eher die Vierbundmächte heute infolge des ungehemmten U- Bootkriegs in der Lage sind, auf die Erschöpfungstheorie zu bauen. O. 3.
Tie Lage in Nnßlarid.
Aufhetzung der Soldatenvertrcter.
(WTB.) Petersburg. 23. April. Die Pct. Tel.-Agent. meldet: In Minsk ist in Gegenwart des Dumapräsidenten Rodzianko und des Kriegsininisters Kutschkow der Kongreß von Vertretern der Armee» der Westfront eröffnet worden. Anwesend waren mehr als 1200 Vertreter der Soldat Offiziere und der Munitionsarbeiter. Der Kongreß wurde durch den Vorsitzende» des Rates der Arbc'M und Soldaten- abgeordncten von Minsk, Posener, eröffnet, der in seiner Ansprache sagte, der Kongreß sei ein Sinnbild der engen Vereinigung der militärischen und bürgerlichen Elemente des neuen Rußlands und der vollkommenen Uebereinstim- mung der Front und der Heimat. Posener wurde zum Vorsitzenden des Kongresses gewählt, der Soldat Sorokoletow zum stellvertretenden Vorsitzenden. Dieser betrat die Tribüne in Feldausrüstung mit Gewehr, was einen Sturm von Oei- fallskundgebungen heroorrief. Die Pet. Tel.-Agent. meldet weiter: In der ersten Sitzung des Kongresses der Abgeordneten der Armeen der Westfront hielt der Dumaprösident Rodzianko eine Rede, in der er sagte: Glücklicherweise kann ich erklären, daß eine Rückkehr zur Vergangenheit unmöglich ist. Das verbürgt der Wille des russischen Volkes. Weiterhin sagte Rodzianko: Vergeht nicht, daß die große Freiheit Euch große Pflichten gegen das Vaterland auferlegt. Vergeht nicht, daß das Vaterland in Gefahr ist. Ich weiß, daß die W stfront eine unzerstörbare Kampfkraft besitzt >:nd mit Freuden werde ich es im Hinterlande verkünden. — Der Abgeordnete Rodiischew lud dann alle Anwesenden ein, sich zu einer starken Alacht zusammenzuschlicßen und nicht nur den Feind Rußlands, sondern auch den' der Volksfreihcit zu besiegen. Noditschem rief: Laßt uns den Gegner vernichten! und die ganze Versammlung antwortete: Wir schwören cs.
- Darauf bestieg der französische Oberst Rampou, der ehemalige Kommandant eines Regiments vor Verdun, die Tribüne und sagte unter anderem: Vergeht nicht Soldaten, daß Ihr die Armeen des Kaisers vor Euch habt. Wollt Ihr daher die Freiheit befestigen, so seid tapfere, gehorsame Diener, treibt weniger Politik, erfüllt mehr Eure soldatischen Pflichten. Erinnert Euch daran, daß in der französischen Revolution die große Armee keine Politik getrieben hat. — Dann nahm ein englischer Major das Wort und forderte die Soldaten aui, die Freiheit zu lieben und alles für sie zu tun. — General Gurko, .der Konimandant der Westfront, sagte: Wenn die Soldaten nicht große Anstrengungen machen, um li: junge Frucht zu retten, wird sie untergehen. Der deutsche Militarismus, der eine große Bedrohung des Weltfriedens dsrstclkt, muß vernichtet werden.
Drnssilow gegen die sozialistische Agitation.
(WTB.) Bern, 23. April. „Teinps" meldet aus Petersburg, die Spaltung zwischen der Frontarmee und den Agitatoren im Taurischen Palast habe sich täglich verschärft. Brufsilow richtete namens der Offiziere und Soldaten der Südwestarmee an die provisorische Regierung ein Telegramm, um gegen die Möglichkeit eines Zusammentritts der konstituierenden Versammlung in Petersburg Verwahrung einFulegen, da die internationalistischen Theorie» Verwirrung in die Geister der Deputierten bringen könnte». Die Südwest armee verlange, daß die konstituierende Versammlung kn Moskau zusammentrete.
AuiLUrhe Bekanntmachungett,
An die GemeindeLehördrrr,
Diejenigen Gemeinden, welche im Rechnungsjahr 1010 militärische Einquartierungen gestabt haben, wollen die Quartlerbeschecnigungeu behufs Berechnung des amtskörperschastlichcn Quartierkosteuznschusses binnen 8 Tagen an die Oberamtspflege cinsendeu.
Calw, den 2l. April 19l7.
K. Oberamt: Bind er.
Kriegswirtschastsstclle des K. Oberamts Calw.
Fraucnarbeitshilfe auf dem Lande.
Das Kriegswirtschastsamt beim K. Kriegsmini- stcrium macht darauf ausmertsam, daß der von den Landwirten bis jetzt angemeldete Bedarf an weiblichen Arbeitskräften für die landwirlschnftlichen Arbeiten verhältnismäßig gering sei. Dies weise darauf hin. daß angesichts des großen ungedeckten Bedarfs an männlichen Arbeitskräften seitens vieler Landwirte die Wichtigkeit der Franenarbeitshilse noch nicht genügend erkannt werde oder aber, daß Vorurteile von der Heranziehung derartiger Hilfskräfte abhalten. In diesem Sinn ist auch der im „Enztüler" Nr. 85 abgedruckte Aufruf des Kriegsamts gehalten.
Den Landwirten wird auch seitens der Kriegswirtschaftsstelle die Annahme der angebotenen Mithilfe für den Bedarfsfall nahegelegt. Ein etwaiger Bedarf wäre — nötigenfalls durch Vermittlung der Gemeindebehörden oder örtlichen Vertrauensmänner (Geistliche, Lehrer) — Leim Arbeitsamt Stuttgart anzumelden. Dabei wären klare Angaben zu machen über
a) die Art der zu verrichtenden Arbeiten (Feldarbeit, Beihilfe im Stall, im Hof, in der Haushaltung und dergl.) und die Zeit des Arbeitsantritts;
b) die Höhe des Lohnes (Wochen- oder Monatslolm): ein Preis von 25 bis 80 -tt monatlich mit Kost und Wohnung wird vom Kriegswirtschaftsamt als auskömmlich bezeichnet, bei kürzerer Dauer zu besonderen Arbeitsleistungen entsprechend mehr, bei Sclbst- verköstignng entsprechend höherer Lohnsatz:
c) die Art der Unterbringung (ob einzeln, oder für wieviele zusammen, oder nur Maffenunterkunft möglich):
cl) die Möglichkeit der Unterbringung und Aufnabme «on Frauen, die ihre Kinder mitbringen wollen. (Für wieviele Kinder und auf welche Art gesorgt werden kann für ihre Unterkunft, Verpflegung bezw. Beaufsichtigung):
e) die Gelegenheit zum Schulbesuch schulpflichtiger Kinder.
Calw, de» 18. April 1017.
Regicrungsrat Binder.
Die Zustände in der Kriegsindustrie.
Berlin, 23. April. Der Stockholmer Korrespondent der „Bossischen Zeitg." ineldet: Der Verfasser der politische» und sozialen Ordnung in Rußland schreitet mit Riesenschritten fort. Der Justiznnnistcr Kerenski hat dieser Tage erzählt, in Kronstadt herrsche nunmehr Ruhe. Im amtlichen Organ des russischen Kricgsmmistcnums, dem „Nußki Invalid", liest man indes gleichzeitig, in Kronstadt seien die Verhältnisse noch nicht normal. Die Ordnung sei noch nicht wieder- hergestcllt. Die Arbeiten in den Häfen und in den Forts gingen nicht in dem erwünschten Tempo fort. Die Regierung habe allein während der letzten 10 Tage neunmal erklärt, die Petersburger Fabriken für den Kriegsbedarf seien nu'.o.rhr im vollen Gange. Der Rcgirrungskommissär für Moskau, der am vorigen Sonntag von einer Petersburger Reise zurllckgckchrt ist, berichtet aber wörtlich: „die Verhältnisse in Moskau seien weit besser als diejenigen in Petersburg, wo noch immer die Atmosphäre der Beruhigung fehle. Bis Mitte April hätten die Petersburger Munitionsfabriken kaum den 5. Teil der ihnen übertragenen Arbeiten geleistet. Auch in anderen Munitionsfabriken scheint es bedenklich zu hapern. In der Eewehrfabrik von Tula haben die Arbeiter am 0. April beschlossen, „diese Rcgicrungssabrik müsse Kollektiv-Eigentum der betreffenden Arbeiterschaft werden". Laut Mitte April beim Zentralkomitee des Kriegs- industriellenosrbandes eingelausenen Meldungen feiern noch immer 60 vom Hundert der Munitionsfabriken des südwestlichen Bezirks. Die Newskische 'Schisfsbauwcrft in Petersburg und die Werft von Nikolag feiern noch immer, wobei die Arbeiter der letzteren dies am 11. April damit motivierten, daß sie „nicht gewillt seien, als freie russische Bürger und Arbeiter sich den Grobheiten der die Werft leitenden englischen Offiziere und Ingenieure zu unterwerfen". Die Ee- wchrfabrik Sestrorezk bei Petersburg, die lange still gestanden hat, und neuerdings arbeitete,, mußte seit vorigen Montag wieder geschloffen werden, da die de '.igen Arbeiter die gesamte, aus 1 Obersten und 13 Artillerie- und Genic-Ofsi- zieren bestehende Verwaltung kurzerhand verhaftet hatten und trotz dringenden Befehlen des Kriegsministcrs Eutsch- tow »och immer in Verwahrung halten. Die provisorische Regierung aber erklärt, in ganz Rußland herrsche eitel Friede und Negierungsfreundlichkeit.
Aümika.
L!m die Dienstpflicht.
Berlin, 24. April. Einer Genfer Depesche des „Berliner Tageblatts" zufolge soll im amerikanische» Repräsentantenhaus heute eine allgemeine Debatte über die Dienstpflicht stattfinden. Man rechne auf drei stürmische Sitzungen.
Ein Vorschuß an Rußland.
Berlin, 21. April. Nach einer Newyorker Nadio- Meldung bewilligte das amerikanische Staatsdepartement, wie dem „Berliner Tageblatt" aus Genf mitgeteilt wird, der russischen provisorische» Regierung einen Vorschuß von 2VÜ Millionen Dollar für 70 Tage zu 2^ Prozent, um die amerikanisch» Forderungen für die Kriegslieferungen zu begleichen.
Slufstandsbrwcgung in Brasilien.
Basel, 23. April. Die „Neue Züricher Zeitung" meldet aus Mailand: „Eorriere della Sera" berichtet über London aus Newyork, daß die Aufstandsbewegung der deutschen Bevölkerung in den drei siidbrasilianischc» Staaten fortdauere. Die brasilianische Zensur werde derart streng gchandhabt, daß cs schwer halte. Genaueres über die Ereignisse zu erfahre». Es steht indessen fest, daß man mit weiteren ernsten Zusammenstößen zu rechnen hat, da die Deutschen vortrefflich organisiert seien und über gute Infanterie-Bewaffnung, Munition und Artillerie versiigen. In Porto Atcgrc wurde die Polizei durch Infanterie-Regimenter verstärkt. Uruguay zog Truppe» an der Grenze zusammen, um Grenzverletzungen durch abgesprengte Aufständische zu verhindern.
ilnsteundliche Maßnahmen der argentinische» Regierung.
Basel, 23. April. Laut „Steuer Züricher Zeitung" ineldet „Eorriere della Sera" aus Newyork: Die argentinische Regierung erließ eine Verfügung, die alle deutschen, österreichischen und türkischen Angestellten der Heeres- und Marine- Arsenale ihrer Posten enthebt.
Vorr den Neilirirlerl.
Sozialistische Kundgebungen in Schwede». (WTB.) Kopenhagen, 23. April. „Berlingske Ti- dende" meldet aus Stockholm: Gestern nacht kam es zu recht ernsten Kundgebungen in Göteborg. Auf dem Eisenmarkt hatte sich eine Anzahl junger Sozialisten versammelt. Die Volksmenge wuchs rasch an und die Polizei, anfangs nur schwach vertreten, konnte nichts ausrichten. Erst als gegen 80 Polizisten erschienen, ging man gegen die Demonstranten vor und zerstreute sie. Bald darauf waren sie jedoch wieder auf dem Gustav. Adolf-Markt versammelt. Die Menschenmenge füllte jetzt den ganzen Markt und die angrenzenden Straßen. Von der Rathaustreppe wurden Reden gehalten und die Kundgebungen dauerten zwei Stunden. Dann schritt die Polizei kräftig ein und räumte den Platz. Aber erst gegen 1 Uhr nachts trat vollständige Ruhe ein. Auch in Hernöscmd kam es zu Kundgebungen. Die Menge zog zu einer Anzahl von Kaufleuten und untersuchte deren Lobensmittelvorräte.
Die Absichten der Entente gegen die griechische Monarchie.
Berlin, 24. April. In der Hand des Generals Sarrail soll sich nach Meldung eines Londoner Gewährsmann der „Vossischcn Zeitung" eine Gcheimordre der französischen Regierung befinden, den König von Griechenland gefangen zu nehmen und ihn in Frankreich zu internieren, sobald Sarrail den Beweis royalistischer Intrigen gegen die Entente erhalten habe. — Laut „Deutscher Tageszeitung" verlangen Pariser Blätter sofortige Gewaltmaßregeln gegen Griechenland, weil Lambros nicht demissioniert habe. Die Entente müsse die ganze beschlagnahmte Flotte an Veni- zclos ausliefern, ferner die Bahnstrecke Athen—Larissa unter eigene Kontrolle und Bewachung nehmen, damit Venizelos von der Landseite keine Ileberrumpelung zu befürchten habe.
Die spanisch« Note an Deutschland.
Berlin, 23. April. Wie bekannt wird, stellt die neue spanische Neie keine positiven Forderungen, sondern tritt nur im allgemeinen dafür ei», daß spanische Schiffe und Mannschaften bei Ausübung des Il-Bootkrieges geschont werden. Dem Vernehmen nach wird die Veröffentlichung der Note j morgen nachmittag erfolgen. Bei Beurteilung der Note ist nicht außer acht zu lassen, daß sie von dem früheren Ministerpräsidenten Nomanones abgesagt ist. (Der bekanntlich ententefreundlich war.)
Spanien und Portugal?
Berlin, 24. April. Wie dem „Berliner Tageblatt" aus Genf mitgetcilt wird, glaubt man in Frankreich an die Möglichkeit neuer Verwicklungen und Kombinationen im portugiesischen Kabinett. Wie verlaute, werde Almaida die Präsidentschaft beibehalten und Costa das Finanzministerium. Letzterer sei vorgestern aus Paris kommend in Madrid eingetroffen, um mit Carola Prieto zu verhandeln.