besten vorzuarbeiten glaubt. Unter Führung Englands sind ja auch erst kürzlich die Vertreter aller Alliierten bei der russischen Regierung vorstellig geworden, und haben zum Ausdruck gebracht, daß die derzeitige inner­politische Lage Rußlands ihres Erachtens nicht dem Willen der Alliierten in Einklang gebracht werden könne, den Krieg bis zum siegreichen Ende durchzufüh­ren. Die andern Alliierten erachteten die Zustände in Rußland als eine Gefahr für die Wetterführung des Krieges. Das ist natürlich eine starke Prise, die da der russischen Regierung zum Schnupfe» verabreicht worden ist, und man kann es ihr nicht übel nehmen, wenn sie sich, solange es ihr noch möglich ist, mit allen Mitteln gegen solche Bevormundungsversuche auf die Hinter­beine stellt. Die Mehrheit der russischen Volksvertre­tung aber besorgt, wahrscheinlich ohne sich der Folgen bewußt zu sein, die Geschäfte Englands und seiner Bun­desgenossen, die Rußlands Heere sehr notwendig brauchen, um den Krieg fortsiihren zu können. Zu die­ser politischen Krisis, die England benützen will, um die seinen Plänen entgegenkommenden russischen Libe­ralen zur Herrschaft zu bringen, hat sich nun aber noch eine andere gesellt, die womöglich noch gefährlicher ist für den russischen Staat, und das ist die wirtschaftliche Krisis, die ihren Grund in der Ohnmacht der russischen Vuroaukratie hat, die immer größer werdenden Le- bensmtttelschwierigkeiten zu beheben. Lebensmittel sind in dem russischen Agrarstaat mehr als genug vorhanden, aber es ist den Behörden bis heute nicht gelungen, durch Organisation des Verkehrs auch die entsprechen­de Verteilung in dem Riesenreich zu regeln. Die Der- kehrsnot ist anscheinend aufs Höchste gestiegen. Das hat dann nicht nur Lebensmittelnot zur Folge, das bewirkt auch Mangel an Rohstoffzufuhr für die Zndustrieen. die dadurch lahmgelegt werden, und als letzte Folge Man gel an Arbeitsgelegenheit. Die so sich entwickelnde Lage soll trostlos sein. Duma und Reichsrat haben Erörte­rungen über diese unhaltbaren Zustände gepflogen, die die schwersten Anklagen gegen die Regierung enthiel ten Es wurde ausgesprochen, daß die Desorganisation des russischen Verkehrswesens zum Staatsunglück wer­den müßte, wenn nicht rasch Besserung eintreten würde.

Zn Frankreich spielt heute die Lebensmittelver­sorgung auch die größte Rolle. Zn der französischen Kammer wurde recht deutlich der Besorgnis in dieser Richtung Ausdruck gegeben, und es wurde auch einge­standen, daß der verschärfte Il-Bootkrieg sehr schwierige Verhältnisse gezeitigt habe. Der Regierung wurde vor­geworfen, daß sie sich der Sachlage nicht gewachsen zeige, und daß sie keine Vorsorge gegen die Wirkung des Il-Bootkriegs getroffen habe. Das von ihr verlangte Vertrauensvotum wurde nur mit etwas mehr als der Hälfte der Kainmerstinimcn angenommen. Das be­deutet für parlamentarische Verhältnisse jetzt im Krieg eine glatte innere Niederlage der Rcgierunaspolitik. Die Besorgnis der öffentlichen Meinung und Volksver­tretung in Frankreich widerlegt übrigens reckt offen­kundig die englischen Verschleierungsversucke aller Art, die dartun sollen, daß der U-Bootkrieg seine Schärfe jetzt schon verloren habe. Nach Feststellung an zustän­diger Stelle haben unsere U-Boote in dem ersten Monat Ergebnisse erzielt, die auch weitreichende Erwartungen bei Freund und Feind übertreffe».

Die Angst Englands wird jetzt nur noch durch die Hoffnungen übertüncht, die man in das Eingreifen Amerikas setzt, und womöglich noch weiterer Neutraler, vor allein China und auch einige von den südamerikani­schen Staaten. Das soll das täglich sinkende Ansehen Englands wieder etwas heben. Ob fetzt zwar die süd­amerikanisch. Staaten Lust haben. Wilson diplomatisch zu unterstützen, nachdem sie die herausfordernde Hal­tung der imrdamerikanischen Regierung gegenüber dein größten Südstaat, Mexiko, kennen gelernt haben, möch ten wir vorerst dahin gestellt sein fassen. Man muß al lerdinas sagen, der englische Sterling und der amerika­nische Dollar haben schon viele Dinge möglich gemacht. Was aber die südamerikanischen Staaten dazu sagen werden, wenn man ihrer bisher noch selbständigen Schmesterrepublik von Washington - aus den drahtlosen Verkehr mit Deutschland verbieten will, darüber zu ur­teilen werden wir noch abwarten. Wilson scheint aber schon soweit zu sein, daß er es offen wagen darf. Mexiko herauszufordern, um sich dasEesckenk" für seine Hilfe den Alliierten gegenüber von vorherein sicherzuste^en.

O. 8.

Vermischte Nachrichten.

Gras Berustorff in Norwegen.

MTB.) Christiania, 11. März. Infolge Eishin- berungen bleibt der DampferFrederik" mit Graf Bernstorff an Bord vorläufig hier liegen.

Die Qualen der verschleppten Ostpreußen.

(WTB.) Brrlin, 10. März. DieDeutschen Kriegsnach- richten" veröffentlichen aus Anlaß der am 1. März erfolgten Rückkehr der bisher in Rußland interniert gewesenen 110 deutschen Frauen und Kinder nach Stockholm einen Artikel über die Leiden der verschleppten Ostpreußen. In dem Artikel heißt es: Man hat diese Frauen, Kinder und Greise im Herbst

IStk ckufggrkffesl, wke sie gingen und standen, oft in leich­tester Bekleidung. Gar manche sind barfuß mit einem Hemd bekleidet an ihrem Bestimmungsort angelangt, de» sie sehr oft zuletzt im Fußmarsch erreichen mußten. Der Transport dauerte bis zu 10 Wochen. Sehr viele, vor allein unter den Kindern, sind den Strapazen des Transportes erlege». Hier harrte ihrer ineist namenlose Not. Sie hungerte» und er­tränkten in Masse». Zn einem Lager, das etwa 1000 nieist ostpreußische Kriegsgefangene enthält, sind in 7 Monate» über 200 zu Grabe getragen worden. Wir dürfen dieses schreckliche Bild nie vergessen. Was würde aus uns, wenn diese, russische Barbarei über uns und über Europa trium­phierte. Darum kämpfen wir mit äußerster Kraft und dem gerechten Zorn, den die Schandtaten unserer Feinde, die durch alle Heuchelei niemals aus der Welt geschafft werden können, in uns wecken.

Ein vaterländisches Filmdrama.

Berlin, 11. Mürz. Die Uraufführung des großen vaterländischen FilmdramnsOstpreußen und sein Hindenburg", von Richard Schott, Musik von Professor Ferdinand Hummel, hat heute im Deutsche» Opernhaus in Lharlottenburg mit mächtigem Erfolg in Anwesen­heit der Kaiserin stattgefunden.

Eine Schicksalsttagödie.

Die Gemahlin des Wiener brasilianischen Honomrkon- suls Jaeger verübte aus Leid über das Ableben ihres Kin­des einen Selbstmordversuch. Als der Gatte in die Wohnung kam, fand er seine Frau scheinbar leblos auf. Er griff gleich nach demselben Revolver, feuerte ihn gegen seine Schläfe ab und brach tot zusammen. Frau Jaeger kam wieder zum Be­wußtsein und wurde ins Spital gebracht. Sie dürste am Leben erhalten bleiben.

Zum Attentat gegen Lloyd George.

(WTB.) Berlin, 12. Mürz. In dem Strafprozeß wegen des Versuchs, Lloyd George mit vergifteten Pfeile» oder auf eine ähnliche Weise zu töten, wurde lautBerliner Lokal­anzeiger" vorgestern Frau Wheeldon zu 10 Zähren, Alfred Maso» zu 7 Zähren, Winnil Mas»» zu 5 Zahre» Zuchthaus verurteilt. Die jüngste Tochter Harriot Wheeldon wurde freigesprochen. Die beiden Jüngsten der Verurteilten wur­den wegen ihrer Jugend der Gnade der Krone empfohlen.

Erneuter englisch-dänischer Kabelbruch.

(WTB.) Kopenhagen, II. März. Wie hiesige Blät­ter melden, ist abermals ein Telegraphenkabel zwischen Dänemark und England unterbrochen, so daß der dä­nisch-englische Telegraphenverkehr nur noch durch das letzte Kabel zwischen Hirthshals und Newbiggi» bei Newcastle durchgeführt werden kann. Es besteht zwar noch ein anderes Kabel, das jedoch ausschließlich dem englisch-russischen Durchgculgsvcrkchr Vorbehalten ist. Wie bei dem Kabelbruch vor 5 Wochen so befindet sich auch dieses,nal die Bruchstelle an der englische» Küste innerhalb der Gefahrenzone, so daß von iner Ausbesse­rung des Kabels abgesehen werden muß.

Der Aufstand iu Cuba beendigt?

(WTB.) Bern, 12. März. Wie Lyoner Blätter über Newyork aus Havanna erfahren, ist General Gsmez mit sei­nem ganzen Eeneralstab nach Havanna gebracht worden, wo er wegen Hochverrats abgeurteilt werden soll. Santiago ist von Regier»»gstruppen besetzt worden, wodurch der Aufstand tatsächlich beendigt sein soll.

Aus Stadt und And.

(?-rlw, den 1,?. März 1917.

Das Eiserne Kreuz.

Armierungssoldat Friedrich Schneider, beim Stabe eines bay. Pionier-Bataillons, Sohn des Zugmeisters a. D. Schneider in Calw, ist mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet worden.

* Das Eiserne Kreuz haben erhalten Gefreiter Zakob Vroß von Stammheim und Gefreiter Albert Blaich von Altbulach. Sohn des Gemeinderats Friedrich Bla ich.

Kriegsauszeichnung.

Leutnant d. R. Krauß .von Calw hat den Fried- richsorden 2. Klasse mit Schwertern erhalten.

Die silberne Verdienstmedaille haben erhalten: Gefreiter Otto Blaich, Sohn des Friedrich Blaich, Ge- meinderats in Altbnlach, Reservist Zakob Brau», Schreiner, Sohn des Georg Braun in Ältbulach und Gottlob Melchior aus Deckenpfronn. her einer Train- fuhrkolonne.

Beförderung.

Gustav Bozenhardt von Calw wurde zum tlnter- ofsizier befördert.

Dienstuachricht.

* Eine Oberreallehrerstelle in Neuenbürg wurde dem Hilfslehrer Alfred Schiler von Calw, seither ander Wagenburgschule in Stuttgart, libertrage».

Erledigte Stelle.

Die Bewerber um die Pfarrei Altburg, Dekanats Calw, haben sich binnen drei Wochen bei dem Evan­gelischen Konsistorium zu melden. Die im Heer oder in der freiwilligen Krankenpflege dienenden Anwärter erhalten in der üblichen Form Mitteilung.

Bo«« Rathaus.

* Vor Eintritt in die Tagesordnung der öffentliche» Sitzung des Eemeiudeeats an, Samstag gedacht« der Vor­sitzende. Stadtschultheißenamtsverweser G.R. Drei», des Ab­lebens des Grafen Zeppelin, als einem der größten Schwa ben, dem die Herzen nicht nur aller Schwaben, sondern auch aller Deutschen heiß entgegeugeschlage» hätten. Sein Lebens werk, gleich reich an Schicksalsschlägen wie an Erfolgen werde in der Erinnerung des Schwabenvolkes fortleben. Zum ehrenden Gedächtnis des Verstorbenen erhoben sich die Mit­glieder des Kollegiums von den Sitzen. Der Vorsitzende gab dann die Namen der neuerdings im Felde ausgezeichneten Calwer bekannt, die wie üblich ebenfalls durch Erhebe» von den Sitzen geehrt wurden. Es sind: Leutnant Binder (Ritterkreuz II. Klasse des Friedrichsordens), Leutnant Wil-

!helm Stickel (Wilhelmskreuz mit Schwertern), Gefr. Joh. BUHler (das bayerische Militürverdionstkreuz III. Klasse mit Schwertern), Friedrich Lorch und Karl Böttinger, die das eiserne Kreuz erhalten haben, Gefreiter Ernst Essig, Wilhelm Bruderle und Ernst Kolb, die die silberne Verdienstmedaille erhalten haben. Der Preis der von der Stadt zu ver­kaufenden Kartoffeln wurde auf 5 -<t festgesetzt. Nach der Be­standsaufnahme vom 1. März ist der Bedarf für die Stadt bis zuni IS. Juli, also bis zur neuen Ernte, noch S820 Ztr, 800 Zentner sind noch bei der Stadtverwaltung vorhanden, O.'iOO Ztr. wurden insgesamt bei der Bevölkerung gezahlt. Man würde also noch etwa 2000 Ztr. brauchen: doch soll auch versucht werden, zur Steckung Kohlraben zu beschaffen. Auf Veranlassung der Landesversorgungsstelle beschäftigte sich das Kollegium mit der Frage der Beschaffung von Früh- gemüfe und Herbstgemüse durch die Stadt. Bekanntlich sollen die Städte mit den Erzeugern Anbau- und Lieserungsver­träge abschließen zwecks genügender Versorgung mit Gemüse. Es wurde der etwaige Bedarf an Bohnen, grünen Erbsen, gelben Rüben, Weiß- und Rotkohl, Wirsing- und Filderkrant festgesteUt, wobei allgemein zum Ausdruck gebracht wurde, daß der Bedarf möglichst aus dem Gemetndebezirk gedeckt werden solle. Da der vaterländische Hilfsdienst weitere Lücken in den Mitgliederbestand der Feuerwehr reißen wird, so hat 4>as Oberamt darauf hingewiesen, daß inan Vorsorge zur ständigen Beretthaltung wenigstens eines Löschzuges treffe, für welchen die geeigneten Leute bestimmt werden sollen, die dann als im vaterländischen Hilfsdienst befindlich betrachtet werden. Es sollen aber in erster Linie Angehörige der Landwirtschaft gewählt werden, die auf Grund ihres Be­rufes sowieso am Platze bleiben dürfen. Infolge der ver­ringerten Tätigkeit der hiesigen Industrie ist die Zahl der beschäftigungslosen Frauen wieder gestiegen. Es ist deshalb Veranlassung gegeben, ähnlich wie in Liebenzell und Stamm- Heim Arbeitsgelegenheit namentlich für solche Beschäfti­gungslosen zu beschaffen, die bisher ihren Arbeitsverdienst gehabt haben und die keine reichsgesetzliche oder kommunale Kriegsunterstützung erhalten haben. Auf einen von Verwal­tungsaktuar Staudenmeycr in unserer Zeitung erlassenen Aufruf habe» sich 81 Frauen gemeldet. Nach den von Herrn Staudenmeycr in der Sache eingeleiteten Erkundigungen würde es sich einmal um Herstellung und Wiederherstellung von Militärkletdern handeln, die bei hiesigen Schneidern vergeben sind, dann aber auch um Heimarbeit (Anfertigung von Drilchhosen und -Jacken, und Unterkleidung für Sol­daten), oder um die Einrichtung einer Flickweristätte. Nun hat die Zentralstelle vom Wiirtt. Wohlfahrtsverein, welcher die Organisation dieser Arbeit obliegt, zur Zeit jedoch nicht viel Material, sodaß selbst die bisher mit Arbeit Bedachten nicht voll beschäftigt werden können, weshalb selbstverständ­lich keine große Steigung bestehen dürfte, noch weitere mit Kosten verbundene Einrichtungen zu schaffen. Da sich aber Kommerzienrat Wagner bereit erklärt hat, seine jetzt nicht gebrauchten Lagerräume zur Verfügung zu stellen, so wür­den damit schon wesentliche Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt sein: auch dürften in nächster Zeit die Ansprüche an neue Arbeitskräfte wachsen. G.R. Staudenmeycr wurde des­halb gebeten, seine Bemühungen um Beschaffung von Ar­beitsgelegenheit in der genannten Richtung fortzusetzen, und eine entsprechende Eingabe an die Zentralstelle für die Volks­wohlfahrt zu machen. Stach den Stroinlicferungsbeding- ungen des städtischen Elektrizitätswerks vom Juni 1014 haben die Abnehmer von elektrischem Licht mindestens für 10 .tt jährlich Strom abzunehmen, und auch für die Abnahme von Kraft sind gewisse Mindestsätze festgesetzt. In Anbetracht der Kriegsverhöttnisse und im Hinblick auf die Kohlenknapp­heit schlug der Vorsitzende die Außerkraftsetzung dieser Be­stimmung über den Krieg vor, sodaß also jetzt nur der tat­sächlich gelieferte Strom in.Anrechnung gebracht wird.

Lantenlieder und Vortragsabend.

* Nächsten Freitag werden im Saal desBadischen Hof" die Wiener Lautenstmgerm Elise Becker und der Vortrags- kiinstler Raoul von Benninghoss einen Konzertabend veran­stalten. Den Künstlern geht ein guter Ruf voraus. Aus de» uns vorliegenden Presseurteilen über ihr Auftreten entneh­men wir einen Bericht derNeuen Freien Presse" in Wien die wie folgt schreibt: Der gestrige Becker-Benninghofs-Abend vereinigte zahlreiche Mitglieder der ersten Gesellschaftskreise im Strauß-Lanner-Saal, welchen das märchenhaft liebliche Mädchen mit der weichen sympathischen Stimme, verbunden mit einem ungeahnt rassigen Vortrag unvergeßlich bleiben wird. N. v. Benninghoff ist ein seltener, eigenartiger Vor- tragskünstler, der stets den richtigen Ton trifft und alles in seinen Bann zwingt