Der 200 Millionen-Kredit des Reiches

Ei« verschleierter AnSlanLSkrcdU.

TU Berlin, 19. Juni. Nach Berliner Vlättermeldungen verdichten sich die Gerüchte über die Anleihepläne des Rei- chcS. Die Deutsche Bank, die Reichskreditgesellschaft und anscheinend auch Mendelssohn u. Co. sollen grundsätzlich be­reit sein, dem Reich einen 290 Millionen-Kredit aus längere Zeit zur Beifügung zu stellen, für den sie sich ihrerseits 50 Millionen Dollar bei ausländischen lamerikanischen?) Ge­schäftsfreunden verschaffen. Die Verhandlungen sind, nach Informationen aus unterrichteten Kreisen, so weit gediehen^ daß mit dem Abschluß in Kürze gerechnet werden kann.

DieDeutsche Allgemeine Zeitung" bemerkt dazu: Durch die Form der Transaktion soll offenbar verschleiert werden, daß das Reich sich einen Auslandskredit verschafft. Es muß festgenagelt werden, daß es sich dabei um einen ab. solut konsumtiven Kredit handelt, also um eine Trans­aktion, die überaus bedenklich und uner­wünscht erscheinen muß. Zur Finanzierung des Konsums, d. h. der Zuivendungen an die vom Reich in jeg­licher Form durch Verwaltungsexpansion und Sozialpolitik Subventionierten wird weiter geborgt, jetzt schon in einem Modus, der zu Deoisenverpflichtungen führt, wahrlich ein weiterer würdiger Baustein zu der mit großem Eifer ange- ktindigten Finanzreform.

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Neichsbahnanleihe? Wie dasBerliner Tageblatt" mel­det, ist bi« Leitung der Reichsbahn gewillt, eine langfristige und mit erträglichen Zinsen ansgestattete Anleihe abzu­schließen, jedoch hat sich noch kein befriedigendes Angebot gefunden. Alle Vorschläge erweisen sich bei näherer Prüfung als zu teuer und insbesondere ist auch noch kein Angebot einer wirklich langfristigen Anleihe erfolgt. Der Geldbedarf der Reichsbahn wird auf 400 Millionen Mark geschätzt, je- doch dürfte sie sich zunächst auf eine Aittelhe von 260 Millio­nen im Höchstfälle beschränken.

Aus den Reichstagsausschüssen

Ter Wohnungsansschuß des Reichstages befaßte sich mit der weiteren Beratung der Neichsrichtlinien für das Woh­nungswesen und mit der Hanszinsstcuer. Der Unteraus­schuß hatte eine Entschließung vorgeschlagen, wonach geklärt werden soll, wem die Hauszinssteuerhyvotheken gehören. Die Vertreter Preußens und Bayerns wandten sich entschie­den gegen die Absicht, die Hauszinssteuer als Reichseigen­tum zu erklären. Von seiten des Reichsarbeitsministeriums wurde der Standpunkt vertreten, daß diese Frage gelegent­lich der Beratung der Neichsrichtlinien für das Wohnungs­wesen nicht zu entscheiden sei, sondern daß es sich um eine Frage des allgemeinen Finanzausgleichs handele.

Der Reichstagsansschuß für landwirtschaftliches Sied- lnngswesen befaßte sich mit Richtlinien über Gewährung von Ncichözwischenkrcditeu für die landwirtschaftliche Siedlnng. U. a. wurde beschlossen, für die höchsten zweijährigen Zwi- schcnkredite den Zinssatz auf 5 v. H. festzusetzen und auch für die Verzinsung des eigenen Kapitals, das die Siedler für den Erwerb der Stellen und für das Inventar aufwenden müsseli, den Zinssatz auf 5. v. H. zu begrenzen.

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König Fnad in Esse«. König Fuad traf mit Sonderzug von Hamburg kommend in Essen ein. Zur Begrüßung hatte sich Herr Krupp von Bohlen und Halbach eingefunden, der den König in französischer Sprache begrüßte.

Die Außenpolitik der Danziger Regierung

TU Danzig, 20. Juni. Im Volkstag hielt Senatspräsi­dent Dr. Sa hm bet der Hanshaltsberatung eine Rede über außenpolitische Fragen. Er führte u. a. aus: Die polnische Negierung habe der Danziger Regierung mitgeteilt, daß die Anmeldung Danzigs zum Kelloggvertrag und zum Litwinowprotokoll nicht der Politik Polens entgegengesetzt sei. Diese Angelegenheit werde schnellstens erledigt werden. Die bestehenden freundschaftlichen Be. Ziehungen zu Polen hätten durch den im Februar erfolgten Besuch des polnischen Ministerpräsidenten eine we-

Der goldene Mantel.

Roman von Heinz Welten, bzr Romsociierlit Uigo, Leillu V 30,

(SS. Fortsetzung.)

Ich WM keinen Taubergarten, brauch keinen," wehrt Ulpianus ab. Er WM nicht mehr Geld nehmen, als er unbedingt not hat, um als ein reicher Mann zu gelten. Noch ist es früh am Morgen und die Erinnerungen der Nacht sind frisch wie der Tau, der auf der Wiese liegt. Doch mit der hochsteigenden Sonne, die den Tau auf­saugt, verblaßt auch die Erinnerung an die Schrecken der Nacht und der wilde Taumel kommt wieder über ihn. Der Wechsler lächelt.Ihr wollt ihn nicht? Ist nicht recht von Euch. Doch wie Ihr mögt. Jeglicher kann mit dem Seinigen tun wie er will. Aber meine Hausfrau wird sich wundern. Sie brachte heute morgen di« Zeitung vom Markt mit und trug mir auf, sie Euch zu bestellen. Ich glaube, sie freut sich schon auf das Gartenfest, das Ihr geben sollt."

UlpianuS preßt die Lippen fest aufeinander, um nicht zu antworten. Welcher Teufel gibt es dem Deuschlin ein, daß er stets die Stelle findet, an der er ihn treffen kann. Jetzt wird er den Garten kaufen. Er kommt nicht mehr in das Haus des Wechsler-. Er hat es sich zu- geschworen und er wird fein Gelübde halten. Aber wenn er einen Garten hat, wird Jacobea zu ihm kommen und er wird ihr im großen Garten so viel zu zeigen haben, daß ihre Augen eine reiche Weide finden und er ihre Blicke nicht zu fürchten hat.

Beschafft mir genug Lose, damit ich den Garten gleich zahlen kann."

Er wird in seinem Testament den Garten dem Ltnderspital vererben- Hat nicht Jacobe» darüber ge-

feutlich« Förderung erfahren, jedoch feien -te großen Hoff­nungen Danzigs auf die Worte der polnischen Regierung bisher noch nicht erfüllt worden. Es sei lediglich gelungen, eine Reihe kleinerer wirtschaftlicher Fragen in schwierigen Verhandlungen zu regeln. Nur mit großer Mühe sei es ge- lungen, einen gewissen Grad der Selbständigkeit der Danziger Wirtschaft zu bewahren.

Mit besonders schwerer Sorge erfülle die Danziger Re­gierung die Frage des Hafens von Gdingen, dessen Wettbeiverb sich für Danzig sehr fühlbar mache. Die Kul - turgemeinschaft mit dem deutschen Volk auf­recht zu erhalten, habe die Danziger Negierung als ihre selbstverständliche Pflicht angesehen. Danzig könne mit Ge­nugtuung feststellen, daß in diesem Jahre zahlreiche deutsche Verbände ihre Tagungen in Danzigs Mauern abhalten werden. Dank sei dem Deutschen Auslandsinstitut in Stuttgart, das di« Wanderausstellung Danzigs in süd­westdeutschen Großstädten bisher gezeigt habe, für sein na. tionales Wirken: danken müsse Danzig auch dem Reich und Preußen für die Zuwendung von Mitteln an die Scht- chauwerft, deren Weiterbestehen ermöglicht sei. Eine seit vielen Monaten schwer auf Danzig lastende Sorge sei damit leichter geworden, wenn auch noch nicht ganz von ihm genommen.

Fortsetzung der deutsch-belgischen

Verhandlungen in Berlin

TU. Brüssel, 19. Juni. Amtliche Kreise versichern, daß die deutsch-belgischen Markverhandlungen in Berlin fort­gesetzt werden sollen. Der Vertreter Belgiens, Gu tt, wird sich wahrscheinlich Ende dieser Woche nach Berlin begeben. Das endgültige Abkommen soll dann in Brüssel unterzeich­net werden.

Französische Verschleppungstaktik in der Schulden- und Kriegsentschädigungsfrage

TU Paris, 20. Juni. Je näher der Tag heranrückt, an dem in der Kammer die Frage der Ratifizierung der Schul­denabkommen von London und Washington zur Erörte­rung steht, desto größer wird die Nervosität und die Geschäf­tigkeit der französischen Parteien. In letzter Stunde zeich­nen sich gennsse Manöver ab, um die parlamentarische Sanktionierung der völligen und endgültigen Regelung der Kriegsentschädigungen und »Schulden zu Hintertreiben. So verkündete ein halbamtliches Pariser Blatt, der Joung- plan werde dem Parlament erst in der Herbstta­gung unterbreitet werden. DaS würde darauf hinaus, laufen, Laß die Kammer sich zuerst über die interalliierten Schulden auszusprechen hätte und dann erst gegen Ende Oktober zu dem Aoungplan und damit zur vorzeitigen Räumung des Nheinlandes Stellung nimmt. Es wird in der Tat bestätigt, daß einige Abgeordnete der Regierung di« Frage vorlegen wollen, ob es nicht möglich sei, bet der amerikanischen Negierung einen neuen Aufschub des Fäl­ligkeitstermins vom 1. August 1929 zu erhalten, damit bas Parlament die Prüfung des ganzen Fragenkomplexes auf die außerordentliche Herbsttagung verschieben könnte.

Die Besprechungen, di« Dr. Strefemann gestern in Pa­ris hatte, werden di« französische Regierung vor di« Not­wendigkeit stellen, sich klar zur RSumungsfrage auszuspre­chen. Die Kammerausfchüsse für Auswärtiges und Finan- zen haben eine gemeinsame Sitzung zur Ausarbeitung der Fragen abgehaltcn, die dem Ministerpräsidenten, dem Fi­nanzminister und dem Außenminister vorgelegt werden sol­len. Dem Bericht des Ministerpräsidenten über die Rege­lung der Schulden und Kriegsentschädigungen, sowie das

Ratifizierungsverfahren werden Ausführungen der anderen Minister über die Rückwirkung der genannten Regelung auf außer, und tnnerpolitischem Gebiet folgen.' Was die Art und Weise anlangt, wie die Ratifizierung erfolgen soll, so haben die Ausschüsse sich bereits gegen die Ratifizierung durch Regierungsverordnung ausgesprochen. Da eine große Anzahl Abgeordneter erst nach der Prüfung des Young- planes zur Ratifizierung der Abkommen mit London und Washington Stellung nehmen will, die Ratifizierung aber bet dem gegenwärtigen Stand der Dinge noch vor dem 1. August' erfolgt sein muß, will die französische Regierung einen Aufschub der Zahlungsfrist für die amerikanischen Warenschulden erhalten.

Die englisch-amerikanische Freundschaft

London, 19. Juni. Die englisch-amerikanischen Ab« rüstungsverhanölungen, die die internationale Flotten­abrüstung vorbereiten sollen, sind mit zwei Reden des neuen amerikanischen Botschafters Dawes auf dem Vegrii« ßungsöiner der Pilgrims-Gesellschaft in London und deS englischen Premierministers Macdonald auf einem Festessen zu seinen Ehren in seinem Geburtsort Losfiemouth einge­leitet worden.

Macdonald nahm Li« Gelegenheit wahr, zu erklären, daß er im gegebenen Zeitpunkt bereit sei, das die ganze Welt umfassende Problem der Seeabrüstung in Amerika mit Prä­sident Hoover zu besprechen. Seine Amerikareise sei wahr­scheinlich, fraglich sei nur der dafür am besten geeignet« Zeitpunkt. Großbritannien und die Vereinigte« Staaten befänden sich in der außerordentlichen Lage, sich einander annähern zu könne«, ohne andere Freunde dnrch dies« Annäherung im Stich lasse« z« müsse«. Durch die ganze Welt geht «in Bedürfnis nach Zusammenhalt »nd Annähe, rung, das besonders stark in England und Amerika empfun­den wird. Wir wünschen kein Bündnis für Angriff oder Verteidigung zu schaffen, sondern wir wünschen zusammen­zukommen im Bewußtsein unseres guten Willens vor der ganzen Wett und für die ganze Welt.

General Da wes erklärte auf dem Bankett der Pilgrim» Liga, daß der Abschluß eines Abkommens über die Flotten­abrüstung von überragender Bedeutung fei. Die Flotten» abrüstung sei der nächste Schritt zur Sicherung des Welt» fricdens. Der richtige Weg bestehe darin, ein Abkommen vorzubereiten durch fortgesetzte «nd einheitliche Zusammen­arbeit zwischen Sachverständigen und Staatsmännern. Dawes schloß, daß in dem Herzen der beiden großen eng­lischen Völker der Gedanke der Flottengleichbercchtigung fest verankert sei. Nur in einer Zusammenarbeit -er bei­den englisch sprechenden Völker fei eine sichere Garantie für den Welffrieden, wie für di« menschliche Freiheit überhaupt z« sehen.

Der englische Außenminister Henderson gab der Frie­densgesinnung der Regierung Ausdruck. Er erklärte u. a.: Ich hoffe, daß unsere Länder z« einer nene« Kameradschaft im Friede« gewillt sind und daß beide darauf bedacht sind, sich mit den anderen Nationen in einem neuen gemeinschaft­lichen Versuch und einem erfolgreichen Versuch zu prüfen, um zu einer endgültigen Abrüstung zu gelange». Die Welt braucht Abrüstung, die Völker drängen darnach, Seeabrüstnngskonferenz im Herbst?

In Washingtoner Kreisen wird vielfach mit dem Zusam­mentritt einer Seeabrüstnngskonferenz im Herbst gerech­net. Sollten sich die übrigen Mächte an -er Konferenz nicht beteiligen wollen, so würde nach der tteberzeugung der gleichen Kreffe Englan- und Amerika allein ve»> treten sein.

klagt, daß das Spital keinen Garten hat? Nun soll eS den schönsten bekommen.

Mit Pläsier," schmunzelt Deuschlin.Ihr kommt auf den Geschmack. Sollt haben, soviel Ihr begehrt. Bedenkt nur insbesondere meine lieben Freunde, die Senatoren und Ratsherren «nd die Gildenmeister mit den schönen Zetteln!"

Drei Wochen später, am Tage Jubilate, gibt Doktor Ulpianus sein Gartenfest, zu dem die ganze Stadt ge­laden ist. Alle leisten der Einladung Folge. In ihren roten Mänteln, mit den goldenen Halsketten geschmückt, erscheinen die Senatoren, in schwarzen bauschigen Ge­wändern mit großen blühweißen Tellerkragen kommen die Zunftmeister und Altbürger; die Frauen und Mädchen sind bunt gewandet und schauen aus wie die Frühlings­blumen auf den Wiesen. Ein burgunderfarbenes Seiden- Neid, dessen Mieder durch ein großes silbernes Schloß gehalten wird, trägt die Bärenwirtin, die den Kopf nur langsam drehen und wenden kann, um ihre hoch­getürmte weitläufige Frisur nicht zu gefährden, von deren Spitze ein Kranz roter und weißer Federn her­unternickt. Rur die altmodisch gekleidete Schönin, deS Herrn Bürgermeisters Eheliebste, schaut noch fürnehmer auS. Ihr seidenes HalShemd ist überreich mit Spitze» verziert und durch ihre Haartracht ziehen sich seidene, mit Perlen und Silberglöckchen bestickte Bänder.

Auch die jungen Burschen der Stadt sind vollzählig erschienen, die Lateinschüler, die Jung- und Altgesellen, die Ladendiener, die Mitglieder der Schützengilde mit­samt ihren Tamburn und Sackpfeifern. Noch ist es hell am Tage und die jungen Stutzer wandeln Arm in Arm über die kiesbestreuten Gartenwege, reißen grüßend die keckbefiederten Baretts vom Haupt und zeigen das vom Hottinger kunstvoll gekräuselte Haar, wenn eine Jungfer tüchtig vorbeijchxeitet. Auch treten pe fest aus, damit

die Glöckchen an den Schnabelschuhen klingen, «nd wen» sie sich auf den Rasen setzen, achten sie sorglich, daß da- GraS fein trocken ist. Denn sie tragen seidene Kleider von geteilter Farbe. Ist die rechte Seite rot, dann ist die linke grün, und ist die eine gewürfelt, dann ist dt« andere regenbogenfarbig. Gar teuer ist solch Gewand und muß geschont werden, zumindest bis zum Abend, bis zum Dunkelwerden, bis sich die Jungfer zu ihrem Trautgesellen findet und sie einander ihre Pracht weisen können. Denn die Augen der Liebe sehen scharf «nd sie sind wie die Augen der Katzen, die am besten tm Dunkeln sehen.

Alle Geladenen sind gekommen; doch wieviele ihrer auch sind, ist doch kein Stoßen und Drängen. Denn der Garten ist groß und so vieles ist in ihm zu sehen, daß alle vollauf zu tun haben mit Schauen und Bewunderer. Während die Frauen und Jungfrauen zwischen den geschmackvoll angelegten Blumenstückchen wandeln, mit silbernen Tellerchen in den Händen, von denen sie köst­liches Zuckergebäck speisen, sitzen die Männer auf kleinen Bänken und trinken Malvasier, Claret und Muskateller aus spitzen böhmischen Gläsern. In acht Absätzen, die durch Stufen miteinander verbunden sind, senkt sich der Garten von der Anhöhe herab bi- an da- User der Tauber. Das Keine Gartenhaus liegt völlig frei droben auf dem Plateau, von dem ein schöner Umbltck zu ge­nießen tst. Auf dem Söller steht ein große- Fernrohr, durch das Doktor Ulpianus jeden seiner Gäste schauen läßt. Hier oben erwartet er sie, um sie zu begrüßen. Hier bleibt er stehen, bis der Rektor Jckelheimer und der Präzeptor Textor an ihn treten und ihn mit Fragen über den Vau und die innere Konstruktion seines Fern­rohre- bestürmen. Da hält er es für besser, auch in anderen Teilen seines Gartens sich zu zeigen und dort Komplimente etn-uheimsen.

(Fortsetzung folgt.)