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Donnerstag, den 20. Juni 1929

102. Jahrgang

Tages-Spiegel

Die Ministeraussprache in Paris

Behandlung der Reparalions-

und Räumungsfrage

Der Konferenzzusammentritt soll beschleunigt werde«. ,

TU. Paris, 20. Juni. Reichsaußenminifder Dr. Strese- «nanu hatte während seines Pariser Aufenthalts gestern mittag mit dem französischen Außenminister Briand eine Fortsetzung des Gedankenaustausches, der zwischen den beiden Außenministern bereits in Madrid über di« regie­rungsmäßige Erledigung des Sachverständigenberichts statt­gefunden hatte. Sofort nach seiner Ankunft am Quai d'Orsay kurz vor 12 Uhr wurde Dr. Stresemann von Briand empfangen, mit dem er eine erste Besprechung hatte. An­schließend gab der französische Außenminister zu Ehren sei­nes Gastes ein Frühstück. Gegen Ende d:s Frühstücks er­schien auch Ministerpräsident Poincare im Außenamt, um an den Besprechungen der beiden Außennnnister teil­zunehmen. Die Besprechung der drei Staatsmänner endete «m 14.80 Uhr. Dr. Stresemann verließ in Begleitung des deutschen Botschafters das Außenamt, um sich in sein Hotel Palais d'Orsay zu begeben, in dem er gleich nach seiner An­kunft am Mittwoch vormittag eine länger« Besprechung mit Herrn von Hoesch hatte. 10 Minuten später verließen ihrerseits auch Poincare, Cheron und Briand das Außen» amt, um sich in die Ausschüsse der Kammer zu begeben.

Außenminister Briand gab den Pressevertretern fol­gende Erklärung über die Besprechung mit Dr. Stresemann: »Die heutigen Unterhaltungen sind nur die Fortsetzung d«S Gedankenaustausches, den ich in Madrid mit Dr. Strese- inann hatte. Bor dem Frühstück hatte ich mit Dr. Strese­mann eine erste Unterhaltung, die dann mit Poincare fort­gesetzt wurde. Wir haben die besten Bedingungen geprüft, unter denen die interessierte» Negierungen die Verhandln«» gen über de» Sachverständigcnplan cinleitcn könnte«. Dr. Stresemann wirb nach Berlin zurückkehren, nm seine Re. gierung über rrnscre Unterhaltungen zu unterrichte». Bald daraus werde» die Unterhaltungen durch die Staatskanzlcie« fortgesetzt werden, «m sobald wie möglich Ort «ud Zeit­

punkt für de« Zusammentritt der Negierungskonfcrenz fest- znsetzen, das heißt, diese Konferenz wird vom kommende« Monat ab stattfinde« können."

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Nach einer Meldung Berliner Blätter aus Paris wird von französischer Seite folgende halbamtliche Mit­teilung über die Unterredung zwischen den Mini­stern veröffentlicht: Die französischen Minister habe» dem Vertreter Deutschlands erklärt, daß die französische Regierung, nachdem sie bereits am Dienstag vorbehaltslos die Empfehlungen der Sachverständige« gebilligt hat, deren Inkrafttreten zu beschleunige« gedenke, nm möglichst früh die endgültige Regelung des ReparationsproblcmS sicher» znstellen. Es scheint eine grundsätzliche Verständigung über das zur Erreichnng dieses Zieles einzuschlagende Verfahren herbeigeführt worden z« fei«.

Eine Konferenz, auf der die Regierungen Englands, Deutschlands, Belgiens, Frankreich, Italiens und Japans vertreten sein werden, dürfte zusammentreten, und zwar in einem neutralen Lande, etwa in der Schweiz und, wenn möglich, in der ersten Hälfte des Monats Juli. Sobald Dr. Stresemann mit seinen Ministerkollegen Füh­lung genommen hat, dürften die Außenminister Deutschlands und Frankreichs, soivie die der übrigen interessierten Mächte einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Es ist wahr­scheinlich, daß Frankreich auf dieser Konferenz durch Poin­care und Briand vertreten sein wird.

Reichsautzenminister Dr. Stresemann verließ in Beglei­tung des Staatssekretärs v. Schubert gestern abend 22.55 Uhr Paris, um nach der Reichshauptstadt zurückzukehren.

Bon deutsche, Seite wird bestätigt, baß die Besprcchvn- gen, die Dr. Stresemann mit dem französischen Minister­präsidenten nnd Briand hatte, insbesondere der ForMhrung der Verhandlungen galten, die sich aus der Zustimmung de» beteiligte« Mächte «nd der Annahme des Sachverständigen- planes ergebe«. Es dürfte auch zutreffe«, baß für di« Re» gicrnngskonferenz die erste JulihLlfte nnd als Tagungs­ort eine schweizerische Stadt in Aussicht genommen ist.

Neue Vorschläge

Die Abgrenzung der Länderzuständigkeilen

Tagung der Unterausschüsse der LSn-erkouferenz.

TN Berlin, 20. Juni. Amtlich wird mitgctcilt: Der vieichsminister des Innern hat die durch die LäuLerkonse- renz eingesetzten Unterausschüsse für Verfassuugs- und Ver- maltungSrcform für den 5. und 6. Juli einberufcn.

Das vom Berfassungsausschuh der Länderkvnferenz an­geforderte Referat überDie Abgrenzung der Zuständigkei­ten zwischen Reich und Ländern" liegt nunmehr vor. Slls Ver. fasser zeichnen Reichsminister a. D. Koch-Weser für das Reich, Ministerialdirektor Dr. Brecht für Preußen, Innen­minister Dr. Remmele für Baden und als vom Unteraus­schuß zugewähkter Sachverständiger Landeshauptmann der Rhcinprovinz Dr. Horion. Bekanntlich ist im März I. das Referat 3 überDie Organisation der Länder und der Einfluß der Länder auf das Reich" veröffentlicht worden. Das zweite vom Unterausschuß angeforderte Referat über .den Finanzausgleich steht noch aus und dürfte auch wohl noch längere Zeit auf sich warten lassen. Jedenfalls wird es -cm für den 5. Juli einderufenen Ausschuß der Länöerkon- ferenz kaum schon vorliegen. Außerdem wird sich der Aus­schuß mit der bekannten Denkschrift des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Hel- zu befassen haben.

Di« Vorschläge d«S Referats für Zuständigkeitsfragen sind im wesentlichen folgende: Durch Vereinignng der Zen^ tralregierungen in Berlin wird erreicht, daß die bisher preußischen Provinze« alsRene Länder" «nd die vier gro­ßen alten Länder Bayern, Sachse«, Württemberg «nb Ba­de« unmittelbar mit der vergrößerte« Reichsregiernng z« tun habe«. Um verschiedene Namen (Provinzen und Län­der) zu vermeiden, wird einheitlich der NameLand" im weiteren Sinne verwendet, also ohne die staatlich-rechtliche Bedeutung alsStaat", die er vor 1919 ebenfalls nicht ge­habt hat. Der Streit um die ZustSndkgreitsvcrteilnng wirb so zu lösen versucht, daß grundsätzlich alle strittige« Zustän­digkeiten namentlich Polizei, Gemeindeanfstcht, Gewerde- anssicht «nd Schulaufsicht sowie die Justiz auf das Reich Übergehe« und cs der künftige» Reichsgcsetzgcbnng überlas­sen bleibt z« entscheide«, ob »ud wie weit eine Dezentrali­sation auf die Länder zweckmäßig ist. Man hat also das Ver­trauen daß der Reichstag hier im Laufe der ordentlichen Gesetzgebung die richtige Lösung im einzelne« Falle finden wirb. Eine Ausnahme bilde« die Länder Bayer«, Sachse«, Württemberg und Baden, denen das Sonderrecht gegeben Wird, z« erkläre«, welch« -er strittigen Zuständigkeit«« pe

zur Neichsreform

behalte» «ollen. Dies soll durch LandtagSbeschluß mit ein­facher Mehrheit geschehen. Ebenso sollen durch einfache Mehrheit diese Beschlüsse wieder aufgehoben werden können. Das Reich soll aber in den für das Reich wichtigen Fragen auch weitere Rechte im Süden bekommen, so die Justiz als Neichsverwaltung, ferner als mittelbare Reichsverwaltung, d. h. als Anftragsverwaltung der Länder: Kriminalpolizei, Fremdenpolizei, Verkehrspolizei, Gewerbeaufsicht, Wasser- und Straßenverwaltung. Andererseits soll die gesamte Ver­waltung anf dem Gebiete der Wohlfahrts» «nd Arbeits- losenfürforgc in de« Ländern wieder mit der Länderverwal, tnng verschmolzen werbe«, also neben der Wohlfahrtspflege die Neichsversorgungsverwaltung, das Reichsversicherungs­wesen und die Reichsarbeitsverwaltung.

Di« Referenten haben versucht, alles zu tun, «m die Ein- wändeZerschlagung Preußens" und derBerpreußung Süddeutschlands" zu entkräften. Der Grundgedanke war nicht die Zerschlagung Preußens, sondern umgekehrt, die Vollendung der Mission Preußens für das Reich.

Die Finanzdebalte im Reichstag

Berlin, 20. April. In der gestrigen Reichstagsaus­sprache über den Finanzhaushalt wandte sich der Demokrat Dr. Fischer-Köln gegen die Deutschnationaken, deren Genc- raloffensive auf den Aoung-Plan er mit Schärfe verurteilte. Ob das Abkommen rin Fortschritt bedeute, wäre zu prü­fen. Mit -er Auffassung, daß die Reparationserleichterun­gen vorwiegend -er Wirtschaft zugute kommen müßten, stimmte er mit der Volkspartei überein, ebenso ttr der Be­tonung strengster Sparpolitik. Schließlich gab er eine posi­tive Anregung: Man soll« jetzt eine interne Sachverstän­digenkommission aus allen Kreisen einsetzen, die eine Neu­orientierung der Finauzwirtschast und Sozialpolitik vor-«- nehmen hätte. Dem sozialdemokratischen Redner Dr. Hertz, der erneut di« Sanierung der Arbeitslos «n Versiche­rung nach den bekannten Dorschlägen seiner Partei for­derte, wurde von den Deutschnationalen, der Bayerischen Bolkspartei und von dem Vertreter der Deutschen Volks­partei, Dr. Eremer, entgegengchalten, daß letzte« Endes doch auch die Sozialdemokraten der wirtschaftlichen Gesamtlage Rechnung tragen müßten,wenn sie, wie Dr. Cremer hinzu­fügte, nicht Lie Koalitionspolitik gefährden wollen". Die wettere Aussprache beschränkte sich im wesentlichen auf Spe- zialfragen. Zentrum, Bayrische Volkspartei und Demokra­ten forderte« die Regierung ans, über ihr« Erfahrungen

Die gestrige Anssprache Stresemanns mit Briand «nd Poincare i« Paris dichte sich in der Hauptsache «m die Reparations- «nd Ränmnngsfrage.

Tie französische Regierung ist gewillt, de« Zusammentritt der politische« Konferenz z« beschleunige«. Er soll bereits in der erste« Jnlihälfte in der Schweiz erfolgen.

Tie amerikanische Regierung will, sobald der Kongreß der Herabsetzung der Bcsatznngskoste« zngestimmt hat, eine Rote «ach Berlin richte«, in der mitgeteilt werden soll, daß sie mit der Ermäßigung einverstanden ist.

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Der zweite Unterausschuß des Verwaltnngsausfchnsses brr Ländcrkonsercnz legte gestern seine Vorschläge über d-e Neuregelung der Verwaltungsznständigkeit von Reich und Ländern vor.

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Ncichseruährnugsminister Dietrich wird sein landwirtschaft­liches Hilfsprogramm «och in diesem Sommer dem Reichs­tag zur Verabschiedung unterbreite».

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Der D-Z«g KölnHamburg ist gestern infolge Dehnung der Schienen entgleist. Dabei wurden fünf Personen leicht verletzt.

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Durch eine« erneuten Ansbruch des japanische« VnlkauS Komogatake sind S Dörfer zerstört worden. Bisher wnr- den SO Leichen geborgen.

mit der Offenlegung der Steuerliste in einer Denkschrift zu berichten.

Um die Arbeitslosenversicherung

TU Berlin, 20. Juni. Die demokratisch« Reichstags- fraktton hat beschlossen, nachdem die interfraktionellen Ver­handlungen über das Sofortprogramm gescheitert sind, einen Antrag zur Reform der Arbeitslosenversicherung ein- zubrtngen. Di« Deutsche Volkspariei hat schon am Montag «tuen solchen Antrag eingebracht.

Unter Hinweis auf diese Anträge macht die Germania dar- auf aufmerksam, daß Wer den Vereinbarungen, die den Zu­sammenschluß der jetzigen Regletungsparteien vorangingen, der Satz stehe, daßzur Geioährletstung eines reibungslo. se» Ganges der Reichsgeschäfte Anträge von grundlegender Bedeutung überhaupt nur im gegenseitigen Benehmen ge­stellt oder weiter verfolgt werden". Das Blatt sagt weiter, nach den Vorgängen innerhalb -er Regierungsparteien und des Kabinetts sollte eigentlich kein Zweifel darüber be- stehen, daß diesen Anträgen für die Zusammenarbeit für die Koalitionsparteien eine erhebliche Bedeutung zukomme. Es wäre deshalb rvohl zu empfehlen, diesen Gesichtspmrkt nicht außer acht zu lassen. DerVorwärts" sagt, die Vor. schlage bedeuteten eine außerordentliche Erschiverung jeder Reformarbeit. Sie zeigten zugleich, wie weit dieses Pro­blem noch von -er Reise sei, und wie unmöglich das Ver­langen der Demokraten sei, es noch in diesem Sitzungs­abschnitt des Reichstages zu lösen. Di« übrigen Blätter nehmen keine Stellung dazu.

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Am das Getreidemonopol.

TU Berlin, 30. Juni. Wie dieVossische Zeitung" hört, hat sich der Sachverständigenansschnß zur Vorbereitung des Agrarprogramms grundsätzlich für ein Getreidehandels­monopol für Roggen «nd Wetze», das ans ein Jahr befri­stet fein soll, entschieden.

Eisenbahnkatastrophe in Ostflandern

TU Brüssel, SO. Juni. Infolge eines Erdrutsches ent­gleiste am Mittwoch früh di« Lokomotive eines Eisenbahn- zugeS bei Mverbeke in der Nähe von Grammont (Ostslan. dern), und legte sich quer über die Schienen. Wenige Augen­blicke später kam aus entgegengesetzter Richtung ein Zug, der Arbeiter aus Gent beförderte, und fuhr auf di« Trüm- mer auf. Die Wirkung war entsetzlich. Mehrere Wagen wurden zerstört. Bisher konnten 8 Tot« und 16 Verletzte geborgen werden

Ueder das Eisenhahnunglück bei Moerbek« werben wei­ter« Einzelheiten bekannt. Darnach ist das Unglück dadurch hervvrgerrchen worden, daß der Unterbau des Gleises, au dem Ausbesierungsarbeiten vorgenommen wurden, abge­rutscht war. Fm Augenblick des Ausamnienstoßes wurde der Wagen dritter Klasse des angefahrenen Zuges ganz zer­quetscht. All« Opfer des Unglücks befanden sich in diesem Wagen. Man zählte 9 Tote und 27 Verletzte. Wrn den letz­teren befinden sich 8 in hoffnungslosem Zustande. Die To­ten «nb Verletzten sind Arbeiterinnen und Arbeiter, sowie zwei Bahnbeamte. Den Zugführer und den Heizer -es ausfahreuHeu Zuges trifft keine Schuld.