Auffassung des urwaylers zu richten. Es kann deshalb Vorkommen, datz ein Präsidentschaftsbewerber im November die Mehrzahl der Volksstimmen erhält, datz er aber im Februar, wenn die im Januar in jedem Staat von den Elek- roren abgegebenen Stimmen unter Aufsicht beider gesetzgebender Körperschaften gezählt werden, durchfällt, weil er nicht die Mehrzahl der Wahlmännerstimmen erhalten hat. Dieser Fall ist tatsächlich schon neunmal eingetreten, und auch Wilson ist infolge der Spaltung der republikanischen Wahlmännerstimmen durch Roosevelt im Februar 1912 ein solcher Minderheitspräsident geworden. Man muß aller dings sagen, datz eine solche Möglichkeit ganz außerordentliche politische Vorgänge als Grundlage haben müßte, aber wenn man den ganzen korrumpierten Wahlapparat Amerikas kennt, dann wundert man sich auch nicht über gewisse Ueberraschungen. Alle Wahlen werden nämlich in den Vereinigten Staaten mit Bestechungen größten Stils durchgeführt, hinter welchen entweder politische Spekulanten (von den Parteien ausgestellt) stehen, oder Geschäftsleute, große Jndustriegesellschaften, Banken, die Direktionen von Eisenbahnen (die in Amerika alle in Prioathänden sind). 90 Prozent von den Wählermassen verstehen von den politischen und wirtschaftlichen Streitfragen nicht so viel, daß man annehmen könnte, sik würden sich über die Richtung ihres Kandidaten klar sein. Deshalb machen die Parteiorganisationen eigentlich die Wahlen, und es handelt sich für sie darum, den Wähler, meistens durch Geld und Versprechung von wirtschaftlichen Vorteilen, für die Partei zu begeistern. In Amerika spielen Zahlen immer die Hauptrolle. So wird bei den Wahlen ausgerechnet, wie viel Reden die Kandidaten gehalten haben, wie lange sie gesprochen haben, wieviel Musikkapellen (!) bet den Wählerversammlungen mitgewirkt haben, und natürlich, was der ganze Wahlradau gekostet hat. So ist es diesmal festgestellt worden, daß die Republikaner 8 Millionen Mark, die Demokraten nu.
4 500 009 Mark an Wahlkosten aufgewendet haben. Dar sind aber natürlich nur die offiziellen Parteiausgaben. Was die verschiedenen, an den Wahlen interessierten Wirtschaft lichen Organisationen ausgegeben haben, wird ein Vielfaches dieser Summen ausmachen.
Man sieht, im Lande des Dollars ist also, weil der Dollar jede Macht hat, kein Ding in Bezug auf Wahlergebnisse unmöglich. Aber vorerst werden wir uns doch wohl auf Hughes' Wahl einrichten können. Die Wahl Hughes' wird, wie auch von dem überwiegenden Teil der deutschen Presse betont wird, jedoch sicherlich keinerlei Aenderung im Verhältnis Deutschlands zu Amerika in günstigem Sinne Hervorrufen. Manche meinen sogar, daß eine schärfere Tonart möglich sei, denn im republikanischen Lager seien noch mehr eingeschworene Ententefreunde als bei den Demokraten. Auch soll Hughes den Ausspruch getan haben, daß er bezüglich der Vernichtung amerikanischer Menschenleben durch Torpedierung von Handelsschiffen viel schärfer vorgegangen wäre, und daß er die Kriegslieferungen nicht verbieten würde. Man sagt aber dem jetzt 54jährigen, voraussichtlichen Präsidenten gute persönliche Eigenschaften nach, die er in seinem Beruf als Rechtsanwalt nud späterer Richter beim obersten Gericht in Washington betätigt habe. In einer ihm von einem Ausschuß des Staatskongresses übertragenen Untersuchung übet die unsauberen Eeschäftsmetho- den der Newyorker Easgesellschaften und der Eeschäftsprin- zipien der Lebensversicherungsgesellschaften soll er hervorragende Tüchtigkeit und unbestechliche Rechtlichkeit gegenüber dem Großkapital, das natürlich gewisse Manipulationen verdecken wollte, bewiesen haben. Ob er aber diesen recht
lichen Sinn auch sllr vre auswärtige Politik übernehmen wird, das muß noch abgewartet werden, besonders wenn man bedenkt, daß Roosevelt, der großmütig zurückgetreten ist, mit zu den Beratern des neuen Präsidenten gezählt werden will.
Vielfach wird jetzt die Meinung vertreten, Wilson könne sich, während er noch am Ruder ist, jetzt noch an den Deu^ch- Amerikanern rächen. Man muß aber bedenken, daß die Republikaner, vorausgesetzt, daß ihnen die oder jene Absicht des Präsidenten nicht paffen würde, heute viel energischer cingreifen würden. Datz aber noch manche Ueberraschung vor dem endgültigen Präsidentenwechsel zu erwarten ist, das deutet die angebliche Absicht der Regierung, die Wehrpflicht crnzuführen, oder wenigstens vorzubereiten, doch an.
O. 8.
Hoch keine sichere Entscheidung in der Präsidentenwahl.
(WTB.) Newyork, 8. Nov. Reuter meldet: Während die gestrigen Nachrichten über die Wahl Hughes so positiv lauteten, datz sie von Wilson selbst anerkannt wurden, lassen die letzten Wahlnachrichten aus dem fernen Westen und auch aus anderen Staaten die Lage ziemlich unklar erscheinen. Beide Parteien nehmen den Sieg für sich in Anspruch.
Optimismus der Republikaner.
(WTB.) Newyork, 8. Nov. (Reuter.) Das republik« rsche Nationalkomitee erklärt: Der Sieg ist größer als wir hofften und zeigt, daß man dem amerikanischen Volk ruhig rnvertrauen kann, bei der Präsidentenwahl unter dem Losungswort der Wahlkampagne die richtige Entscheidung zu treffen. Es sieht im Augenblick darnach aus, daß nicht nur Hughes zum Präsidenten gewählt werden wird, sondern daß auch die beiden Häuser des Kongreffes republikanisch sein merden.
Don den Neutralen.
Deutsch-dänische Verhandlungen.
(WTB.) Kopenhagen, 8. Nov. (Ritzau-Bureau.)
Zwei Vertreter des Erotzhändler-Societäts-Komitees werden am Donnerstag nach Berlin abreisen, um das Komitee bei den Verhandlungen in Berlin betreffend Zufuhren von Eisen und Stahl nach Dänemark zu vertreten.
Die norwegische Antwort überreicht.
(WTB.) Christiania, 8. Nov. Die norwegische Antwortnote ist heute dem deutschen Gesandten überreicht worden.
Neue Verletzung der norwegischen Neutralität durch Rußland.
(WTB.) Christiania. 8. Nov. Ein russischer Torpedojäger hat am 2. November ein deutsches Unterseeboot beslhossen, als der Torpedojäger 2X> bis 3 und das Unterseeboot 3 bis 4 Seemeilen von Homoen bei Vardö entfernt war. Die Regierung hat ihren Gesandten in Petersburg beauftragt, gegen die neue Verletzung der Neutralität zu protestieren.
Weitere Gewalttaten gegen Griechenland.
(WTB.) Bern, 8. Nov. „Secolo" meldet aus Athen: Admiral Fournet hat der griechischen Regierung die angekündigte Note übersandt. In der Note wird die Besetzung des Zeughauses und die Besitznahme der gesamten Torpedobootsslottille und der Munition auf der Insel Leros angezeigt.
(WTB.) Amsterdam, 8. Nov. Das Reutersche Bureau meldet aus Athen: Eine Truppenabteilung der Alliierten besetzte das Arsenal und eine kleine Insel, wo sich Munitionslager der Flotte befinden.
(WTB.) London, 8. Nov. „Daily Mail" erfährt aus guter Quelle aus Athen, daß die Alliierten die Ablieferung der Verschlußstücke von den Geschützen der griechischen Torpedobootsflottille, die vermißt werden, verlangen.
(WTB.) Bern, 8. Nov. „Corriere della Sera" meldet aus Athen: Die Gesandten Frankreichs und Englands unternahmen gestern abend einen neue« wichtigen Schritt bei der griechischen Regierung, übe den die Alliierten sich verpfichteten, vorläufig Stil! schweigen zu bewahren. Inzwischen ist bekannt ge worden, datz die griechische Regierung Admiral Fournet eine lange Note überreicht habe, in der die Grund dargelegt werden, aus denen die Ablehnung der For derung erfolgte, die Torpedobootsflottille den Alliierte- zu überlassen. Das Gerücht, datz bereits einige beschlae nahmte Torpedoboote unter französischer Flagge un" mit französischer Besatzung verwendet würden, ent behrt noch der Bestätigung.
Griechenland und die deutschen U-Boote.
(WTB.) Amsterdam, 9. Nov. Der „Times" wir rus Athen gemeldet: Die griechische Negierung ha Deutschland um Aufklärung über die Bedingungen er sucht, die die griechischen Dampfer einhalten muffen, im von Unterseebootsan-risfen verschont zu bleiben.
Ein italienisches Urteil über die Stimmung in Griechenland.
(WTB.) Bern, 9. Nov. Eine Korrespondenz des „lor riere della Sera" aus Athen schildert die wirklichen stände in Griechenland. König Konstantin sei zweifellos deutschfreundlich und du die Entente für die Sache der Gerechtigkeit und Freiheit kämpfe, so solle sie die Vorliebe des Königs für Deutschland achten. Die Sympathien des Königs für Deutschland würden den Kaiser aber wahrscheinlich weit weit weniger kosten, als die von Venizelos der Entente. Nicht nur der König, sondern ganz Griechenland und das griechische Volk wollten vom Krieg nichts wissen. Der König Habs nicht seinen Willen dem Volk aufgezwungen, sondern er habe nur den Willen des Volkes ausgeführt. Der beste Beweis für die Behauptung liege in dem Fiasko der revolutionären Bewegung von Venizelos, der um ganze 2000 Mann zusammen zu bekommen, 10 Millionen habe ausgeben müssen. Der von der französischen Nachrichtenagentur Radio verbreiteten Nachricht, daß 50 000 Griechen aus Amerika kommen würden, um für das Vaterland zu kämpfen, sei als wahr entgegenzustellen, daß allein in 2 Monaten 30 000 militärpflichtige Griechen nach Amerika ausgewandert seien, um sich dem Krieg zu entziehen. — Die Rekrutierung auf Cy- pern hänge von der Einwilligung Englands ab, das sich aber noch nicht darüber ausgesprochen habe. In Saloniki widersetze sich das Judentum der Rekrutierung, der die Entente durch Verhaftungen und Bestrafungen zum Erfolg verhelfen müsse.
Einschränkung der argentinischen Getreideausfuhr?
Bern, 8. Nov. In amtlichen Kreisen Argentiniens spricht man, wie von Buenos Aires der „Franks. Zeitg." gemeldet wird, wegen der ungünstigen Aussichten der nächsten Ernte in gewissen Gegenden des Landes von Maßnahmen zur Einschränkung der Getreideausfuhr. (Das wäre aber ein böser Schlag für England, das namentlich auf argentinisches Getreide angewiesen ist.)
Lin von Juan von Ser Wasserkante.
von Ä. Ä. Zscovr
S9. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
Darauf stieß er plötzlich einen entsetzlichen Ton aus, auf den er selbst sehr stolz war, der aber das Tier dermaßen erschreckte, datz es sich aufbäumte und in der Absicht, außer Hörweite dieser Laute zu gelangen, davonjagte. Eine Senkung der Straße begünstigte noch das schnelle Tempo, das bald so beträchtlich wurde, datz der Schiffer, als er ein anderes kleineres Gefährt ihm entgegenkommen sah, seine Arme emporhob und mit ihnen als Warnungssignal winkte.
„Ich möchte bloß wissen, wer hier einer dem anderen ausweichen wird," sagte er nachdenklich zu sich selbst,- „wahrscheinlich wissen die Pferde damit alleine Bescheid."
Er überließ deshalb alles seinem tüchtigen Roß, nachdem er ihm mit dem Peitschenstock die Flanken gekitzelt hatte, um es in munterem Gange zu erhalten. Von dem anderen Wagen erscholl ein Angstschrei zu ihm herüber, dann erfolgte ein plötzliches heftiges Anhaltendem Krachen von Holzteilen und dann beobachtete Blohm, aus dem Graben herauskriechend, mit einer gewissen Bewunderung die verzweifelten Anstrengungen seines Tieres, den Wagen auf drei Rädern weiter zu ziehen.
„Sehen Sie nur, was Sie angerichtet haben," schrie ihm der Kutscher des anderen Gefährts wütend
zu und sprang heraus, um sein sich überschlagendes Pferd am Kopf festzuhalten; „sehen Sie bloß meinen Wagen an, sehen Sie bloß."
Blohm sah hin und erwiderte dann, die Freundlichkeit des anderen, indem er ihm zurief: „Nun sehen Sie mal meinen an, meiner ist noch viel schlimmer zugerichtet."
„Aber Sie fuhren auf der falschen Seite der Straße," schrie der andere.
„Ich war zuerst da," sagte Blohm, „es wäre alles nicht passiert, hätten Sie nicht versucht, mir auszubiegen; so wie ich fuhr, wäre ich bequem an Ihnen vorbeigekommen."
Er blickte die Straße entlang; sein Pferd, das heftig zitterte, war stehen geliehen mit den Trümmern des Wagens dahinter. Er bückte sich mechanisch und hob die Peitsche auf, die auf der Straße lag und sagte, daß er Hilfe holen wolle.
„Sie bleiben hier, Herr," entgegnete der andere Mann mit einem Fluch.
„Ich denke nicht daran," sagte der Schiffer.
Sein Gegenüber, der unterdessen sein erschrecktes Pferd beruhigt hatte, erwiderte nichts, sondern nahm nur seine Peitsche aus dem Halter heraus und ging, sie am verkehrten Ende fassend, auf seinen Gegner zu.
Blohm ergriff seine Peitsche in derselben Weise, und da beide noch unerfahren in der Handhabung dieser Waffe waren, fo umkreisten sie sich zunächst einige
Male, eine günstige Gelegenheit abwartend; dann rannte der Besitzer des leichteren Wagens, dessen Zornesader immer mehr schwoll, auf den Schiffer zu und versetzte ihm einen heftigen Schlag auf den Kopf Dieser Schlag zerstörte einen Gedanken, der langsam bei ihm Gestalt angenommen hatte, nämlich, nach dem Umfang des Schadens zu fragen und ihn, falls er nicht zu bedeutend wäre, zu bezahlen; aber nunmehr erloschen alle Gedanken an gütliche Einigung, an Ehre, Moral und selbst an Entfliehen; sie alle wichen dem einen Wunsch, dem Gegner einen heftigeren Schlag zu versetzen, als jener ausgeteilt hatte Während mehrerer Minuten wogte der Kamps unentschieden hin und her; beide Männer empfingen den ihnen gebührenden Lohn, dann aber sank Vlohms Feind unter einem schweren Hieb plötzlich zu Boden Einen Augenblick wagte der Schiffer vor Furcht kaum zu atmen; schließlich erhob sich der andere Mann mühsam auf die Knie, warf seine Peitsche fort, taumelte in die Höhe, packte die Zügel, kletterte schweigend auf seinen Wagen und fuhr davon. Der siegreiche Schiffer warf einen Blick auf die einsam daliegende Straße und schüttelte bedauernd das Haupt, als er sein edles Roß erblickte, das ihn in diese üble Lage gebracht hatte. Dann betastete er vorsichtig seinen geschwollenen und schmerzenden Kopf und machte sich, so schnell fein Fuß es ihm gestattete, auf
den Wes ^Fortsetzung folgt.)