weil fortgesetzt russische und englische U-Boote ln den §o- heitsgewässern Schwedens Jagd auf feindliche HandelKchiffe machten. Die Anschauung der deutschen Regierung wird durch eine Erklärung, welche der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, Zimmermann, dem Berliner Vertreter der norwegischen ZeitungAftenposten" gegeben hat, noch näher festgelegt. Zimmermann sagte, daß es sich um ein-n ernsten Schritt Deutschlands handle. Es sei Norwegen Vor­behalten gewesen, als erste neutrale Nation einen bewußten Schlag gegen Deutschland in einer Frage auszuführen, die, wie Norwegen wisse, für Deutschland von außerordentlicher Bedeutung sei. Das norwegische Vorgehen falle umso mehr auf, als die Bereinigten Staaten zu gleicher Zeit ihrem Er­staunen über die englische Zumutung Ausdruck gegeben ha­ben. Die norwegische Oeffentlichksit sollte sich durch Aus­flüchte nicht irreführen lassen. Sie sollte erkennen, daß Deutschland ge.--n eine übermächtige Koalition, die es zer­trümmern will, kämpft, und daß wir es nicht zulassen können, daß eine Macht, mit der wir bisher ans freundschaftlichem Fuß lebten, in einer derartigen Frage unseren Rädern in die Speichen fällt. Daß dies nicht geht, sagte Zimmermann zum Schluß, begreift unser ganzes Volk und ist entschlossen, diesen Standpunkt aufrecht zu erhalten.

Was allerdings die Stellungnahme der Washingtoner Regierung zum U-Bootkrieg anbelangt, so haben wir schon seinerzeit darauf hingewiesen, daß wir sie nicht als endgül­tig betrachten möchten, und die heutige letzte Nachricht aus Newyork scheint unsere Annahme auch schon bestätigen zu wollen. Es heißt, die amerikanische Regierung werde eine Note an beide kriegführenden Parteien richten, in welcher sie sich den Seekrieg in der Nähe ihrer Küste verbittet, d. h. natürlich den Seekrieg über als sowohl unter See. Das Ende vom Liede wird natürlich das sein, daß sich die Alli­ierten bereit erklären, ihre Kreuzer von der amerikanischen Küste we^znziehen, falls Amerika Garantie leistet, daß auch die deutschen U-Voote nicht mehr den Handelskrieg in jenen Gewässern führen. Ein Eingehen Amerikas aus eine >olche Erwiderung würde natürlich wieder unsere Seekriegsührung behindern und unfern Interessen schaden, vorausgesetzt, daß ! wir in der Frage nachgeben. Wir sehen deshalb dem Wort­laut der Note und der Aufnahme derselben bei den Krieg- führenden mit Interesse entgegen. Holland hat auf die an- i maßende U-Bootnote der Entente kurz und klar geantwortet,! ind-m es sich auf den Standpunkt stellte, daß die Regeln, die ^ gegenüber Kriegsschiffen vorgeschrieben sind, auch für Kricgs- U Boote angewandt worden. Auch eine Internierung oon Handels U Booten könnte durch keinen völkerrechtlichen Grundsatz gerechtfertigt werden.

Welche Anstrengungen die Entente zur Zeit macht, die tle'. e» Staaten auch mit in den Abschließungsring gegen die Mittelmächte zu ziehen, das geht aus einer Mitteilung hervor, die das schwedische Telegraphenbüro herausgeocbei, jhr.t. In dieser Erklärung wird amtlich bckanntgcgeben, daß jr' 'ge der Schwierigkeiten, die die von der englischen Re­gierung getrossenen Mosmabmen für die schwedische Einfuhr h rbei führen, nicht nur für Lebensmittel, sondern auch Hilfs­mittel der Landwirtschaft und Industrie ein Bert ''ungs- systcm eingerichtet werden müsse. Es solle aber versucht wer­den, eine Verbesserung der Lage zu erzielen, ohne wesentliche 7 - w'e» aufzugeben. Zu diesem Zweck habe die Regierung

beschlossen, weitere Verhandlungen mit England einzulsiten. ^ Interessant ist es, daß an diesen Verhandlungen Bankdirsk- tor Callenberg, ein Bruder des ententefreundlichen sch- :di- fchrn Auslandsiinnisters teilnehmen wird. Der größte Teil der schwedischen Presse verlangt jedoch von vornherein eine feste Haltung der Regierung gegenüber unneutraten eng­lischen Forderungen. Im übrigen z<n>gt der ^on der amt­lichen schwedischen Erklärung von dem Gefühl, mit welchem man an diese Verhandlungen herangeht O. S.

Hollands neitlrale Haltung in der U-Bootsrage.

(WTB.) Haag, 22. Okt. Das Korrefpondei Bureau teilt mit: Wir erfahren, daß das bekannte Memorandum der Alli­ierten über die Zulassung von Unterseebooten in den neu­tralen Gewässern vor einiger Zeit auch der niederländischen Regierung übermittelt worden ist. Die Regierung hat in ihrer Antwort vom 14. d. M. erklärt, daß in allen Fällen, in denen es k-^-e besonderen Vorschriften für Unterseeboote gilb, die Regeln, die gegenüber Kriegsschiffen vorgcschriebrn sind, auch aus die Kriegsuntersreboote angewandt werden. Die Regierung hat ferner darauf hingewiesen, daß nach der Neutralitätserklärung der Zutritt zu'den niederländischen TerrUorialgewässern allen Kriegsschiffen der Kriegführen­den» also auch den Unterseebooten, untersagt ist und daß nur in deu in der oben genannten Proklamation ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmefällen ein Aufenthalt innerhalb des niederländischen Rechtsgebiets gestattet wird. Die Negie­rung erklärte bezüglich der Handelsunterseeboote, daß kein einziger völkerrechtlicher Grundsatz ihre Internierung recht- seitigen würde. Wenn ein Unterseeboot im niederländischen Rechtsgeviet angetroffen werde, so sei es ebenso wie bei Rlchtuntersceboote» möglich, durch eine Untersuchung mit Sicherheit festzustellen, ob das Schiss den Charakter eines Kriegsschiffes oder eines Handelsfahrzeuges habe. Der vollständige Text dieser Antwort wird in das nächste Orange- Luch ausgenommen werden. Dieses vollständig loyale und neutrale Verhalten Hollands läßt die unneutrale, deutsch­feindliche Haltung Norwegens doppelt auffällig in Erschei­nung treten, denn Holland steht noch in ganz anderem Maße

unter dem Zwange Englands als Norwegen, das aus Liebe­dienerei und Profitsucht seine Selbständigkeit und seine Ehre preisgegeben hat.

Don den Neutralen.

Ein Ultimatum der griechischen Revolutionsregierung an Bulgarien.

(WTB.) Bern, 23. Okt. DerSecolo" meldet aus Sa­loniki: Am 22. Oktober wird die provisorische Regierung Bulgarien ein Ultimatum mit der Aufforderung übersenden, Ostmazedonien sofort zu räume». Die Konsuln der En­tente hätten den Empfang des ihnen von Pvlr' zugeschick­ten Schreibens, worin er seine Ernennung zum Minister des Aeußern der provisorischen Regierung mitteilte, nicht schrift­lich bestätigt, hätten aber Politis persönlich aufgesucht und damit de facto die bestehende Regierung anerkannt.

Dienationale" Armee in Griechenland.

(WTB.) Saloniki, 22. Oktober. (Reuter.) Die na­tionale Armee erhält fortwährend Verstärkungen. 800 Mann und 25 Offiziere der Athener Garnison sind ge­landet. Weitere 500 Mann der Athener Garnison sind an Bord des beschlagnahmten österreichischen Lloyd­dampfersMarienbad" unterwegs. Die nationale Re­gierung hat 15 000 Uniformen für die Division von Se- res bestellt und bezahlt den Familien der Mobilisierten Unterstützungen. Es wird berichtet, daß die Mobilma­chung auf Chios, Samos, Mytilene und Kreta sehr be­friedigende Resultate ergibt. Auf Kreta wurden 2 Re­gimenter gebildet. Die Behörden erwarten, daß bald 3 vollständige Divisionen aufgestellt sein werden.

Die Entente und Griechenland.

(WTB.) Berlin, 21. Oktober. Nach einer Kopen- hagener Meldung desBerliner Lokalanzeigers" be-> richtet dieBerlingske Tidende" aus Paris, Prinz Ge­org von Griechenland, der Bruder des Königs, sei vor­gestern aus London in Par.is eiizgetroffen. In London habe der Prinz lange Besprechungen mit dem König und Mitgliedern der englischen Regierung gehabt. ^

Lugano, 22. Oktober. Nach einer Meldung 'aus Athen benachrichtigte der französische politische Porste-! her die antivenizelistischen Blätter, daß von nun an die französische Behörde die Zensur der Presse ausüben werde.

Genf, 22. Oktober. Einer Athener Depesche der Lyoner Blätter zufolge, hat auf den Rat sämtlicher königstreuer Parteiführer der Minister Lambr-s die Kammerwahlen vertagt und behält sich die Bekannt­gabe des neuen Datums vor.

(WTB.) Gens, 22. Okt.Petit Parisien" meldet, daß bei der Besprechung in Boulognc die französischen und eng­lischen Minister und Generale eingehend die Maßnahmen erörtert haben, die im Interesse der Entente an den Fron­ten im Orient durch ein Zusammenwirken Rußland: Frank­reichs, Italiens und Englands ergriffen werden sollen. Man l rbs sich anch mit der griechischen Frage beschäftigt und B«-l schlösse gefaßt, die nach und nach verwirklicht werden sollten, damit König Konstantin inne werde, daß die Alliierten kn voller Einigkeit und mit Energie handeln würden.

(WTB.) Genf, 22 .Okt. WiePetit Parisien aus ^thcn meldet, hat Ministerpräsident Lambros einem Jour­nalisten gegenüber erklärt, daß die Truppen aus Th-ffrlien zurückgezogen und die zuletzt aufgerufene Jahresklasse ent­lassen werden würde.

Ein Attentat auf Wilson.

(WTB.) London, 21. Oktober.Central News" melden, daß gestern in Newyork ein Mann, der ein Messer und eine Flasche mit irgend einer Flüssigkeit bei sich führte, auf das Automobil des Präsidenten Wilson gesprungen ist. Der Mann, von dem man glaubt, daß er geistesgestört ist, wurde herausgeschleudert und ge­fangen genommen.

Der österreichische Ministerpräsident Graf Stürgkh ermordet.

(WTB.) Wien, 21. Okt. Der Ministerpräsident Graf Stürgkh ist heute beim Mittagessen vom Herausgeber einer hiesigen Zeitschrift, Namens Adler, erschossen worden.

Wien, 21. Okt. Der österreichische Ministerpräsident Graf Stürgkh nahm wie fast täglich soeben seine Haupt­mahlzeit im Speisezimmer des Hotels Meißl u. Schadn ein. In seiner Gesellschaft befand sich Graf Aerenthal, der neben ihm am Tische saß. Drei Schritte entfernt saß an einem an­deren Tisch Dr. Fritz Adler, Sohn des bekannten sozial­demokratischen Führers Dr. Viktor Adler. Plötzlich erhob sich dieser, trat dicht an den Grafen Stürgkh heran und feuerte drei Schüsse auf denselben ab. Ein Schuß ging fehl, die beiden anderen trafen den Angefallenrn in den Kops und töteten ihn fast augenblicklich. Der dritte fehlgegangene Schuß verwundete den Grafen Aerenthal am Bein, doch hatte dieser noch die Geistesgegenwart, den sterbenden Freund aufzufangen. Auf den Lärm, den die Schüsse ver­ursachten, eilten sofort mehrere im selben Zimmer befindliche deutsche und österreichische Offiziere herbei und drangen, auf

den Täter mit den Säbeln ein. Jedoch äußerlich vollkommen gefaßt, empfing sie derselbe mit den Worten: Meine Herren, ich weiß, was ich getan habe und werde es vor Gericht ver­antworten. Mein Name ist Fritz Adler, ich bin Schriftsteller und wohne Sonnenhofgasse- Nr. 5. Hierauf ließ er sich fest­nehmen. In' einem anderen Speisezimmer des Hotels hatte sich eine Gesellschaft bekannter Künstler versammelt, darun­ter Hofburgschauspieler Treßler, Komponist Strauß und Schriftsteller Jakobsohn. Sie telephonierten sofort an die Rettungsgesellschaft, doch konnte der nach wenigen Minuten eintreffende Arzt nur den cingetretenen Tod des Grafen Stürgkh feststellen. Dann erschien der Minister des Innern am Tatort, sowie der Polizeipräsident und andere Persön­lichkeiten der österreichischen Regierung, und man führte de» Täter fort. Er war Mitglied des radikalen Flügels der österreichischen sozialdemokratischen internationalen Partei, und Parteisekretär derselben. Außerdem redigierte er das ParteiblattDer Kamps". Das Motiv zur Tat soll mit der Nichteinberufung des österreichischen Parlaments in Zu­sammenhang stehen.

DemTag" wird aus Wien gemeldet: Der Mörder des Grafen Stürgkh, Chefredakteur einer radikal sozialistisch n Zeitschrift und Leitartikler des führenden österreichischen sozialistischen Organs, der WienerArbeiter-Zeitung", gab bei seiner bisherigen Vernehmung nur an, daß er die Tat aus politischen Motiven verübt habe, sich ihrer Tragweite vollkommen bewußt sei, aber sich erst vor Gericht rechtfer­tigen wolle. Er sagte, Graf Stürgkh sei ein Schädling ge­wesen und mußte daher sortgeschafst werden. Er habe immer gegen ihn einen heftigen Groll gehabt, und behauptete stets, daß er ein schlechter Politiker sei. Stürgkh mußte sterben, er bereue seine Tat nicht im mindesten und werde sic schon zu verantworten wissen. Am meisten sei seine Tat -e-nflußl gewesen durch das Verbot der für diesen Sonntag eingesetzte, Paragraph 22 Versammlung, denn dieses Verbot habe den Faß den Boden ausgeschlagen. Dr. Friedrich Adler nacht bei seinen Aussagen den Eindruck eines politischen Fana tikers, der selbst seine Mordtat nur vom idealen Standpunkt betrachtet. Andererseits muß aber hcrvorgehoben werden, daß bei Dr. Adler in der letzten Zeit eine überaus nervöse Gereiztheit zu beobachten war. Sein Benehmen war ein exaltiertes. So nahmen z. B. die Parteisitzungen, in oenen ec als Sekretär der Deutschen Sozialdemokratischen Partei Oesterreichs teilnahm, infolge seiner Gegenwart einen stü, niischen Verlauf. Auch scheint Dr. Adler erblich belastet z» sein, es befindet sich nämlich eine seiner Seestern schon seit 15 Jahren in einem Irrenhaus. Als Nachfolger des Grafen Stürgkh werden genannt: der bisherige Minister des In­nern . .»iz Konrad Hohenlohe, der ehemalige Minister­präsident von Deckt, und der gemeinsame Finanzminister Dr. von Körbet.

Wien, 22. Okt. TieReichspost" schreibt zu der Ermor­dung des Ministerpräsidenten u. a. folgendes: Dr. Friedrich Adler ist ein fanatischer Theoretiker. In seiner schriftsteller­ischen Tätigkeit während des Weltkrieges zeigte er sich jeden Heimatgefühls bar und war einem wüsten Internationalis­mus umso leidenschaftlicher ergeben, je mehr seine Partei selbst davon absiel. Sein Verbrechen ist die Tat eines Ge­strandeten. Das österreichische Volk, gleichviel welcher Partei es angohört, hat nichts damit zu tun. DieArbeiter-Zeitung" schreibt: Dr. Fritz Adler war nicht wohlhabend, wie von anderer Seite behauptet wurde, sondern er bezog sein Sin­ke-"en nur als Angestellter der Partei. Wir Sozialdemo­kraten sind prinzipiell aus menschlichen und anderen Grün­den gegen jede Gewalttat und verurteilen die Bluttat be­dingungslos. Der Tote war ein schlichter, emsiger Arbeiter, dem wir wahres Mitgefühl weihen. Wir beklagen die Tat eines Unseligen, der mit seinem Opfer zugleich sich selbst opferte.

(WTB.) Berlin. 23. Oktober. ImVorwärts" schreibt Stampfer: Wir schütteln Fritz Adler nicht ab. Er war kein Bube, aber er war ein kranker Mann, der unter den Aufgaben politischer Arbeit in schwerster Zeit, denen er nicht gewachsen war, geistig zusammen­brach. Er war einer der unsrigen. Erst seine wirre Tat stellt ihn außerhalb der Reihen der Partei.

Vermischte Nachrichten.

Die Berliner Radikalen.

(WTB.) Berlin. 23. Oktober. Wie verschiedene Morgenblätter melden, wurde in der gestrigen Kreis­generalversammlung des Sozialdemokratischen Wahl­vereins von TeltowBeeskowStorkowCharlotten- burg mit 65 gegen 25 Stimmen der Antrag Borchardt angenommen, die Parteibeiträge zu sperren.

Der Gffanitschaden der englischen Handelsflotte.

(WTB.) London, 22. Okt.Journal of Commerce" in Liverpool verlangt einen Diktator sür die Schisssbauindu- strie. Die gegenwärtige amtliche Kontrolle führe nur dazu, daß die Produktionskraft der Werften für den Schiffsbau nicht ausgcnutzt werde. Das Blatt berechnet den Gesamt­schaden der englischen Handelsflotte während des Krieges auf 4 22V VVÜ Tonnen. Davon kämen 1,7 Millionen Tonnen auf den Mangel an Neubauten, 1,52 Millionen Tonnen auf Verluste durch den Krieg und 1 Million Tonnen auf über­mäßige Abnutzung.