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Nr. 27.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
91. Jahrgang.
Srscheinungswelse: Smal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im OberanrIS- -rzirk Lalw für die einspaltige LorgiSzeile 10 Pfg.. außerhalb desselben 12 Pfg., Urflamen 3ü Pfg Schluß für Jnseralannahme 10 Uhr vormittags. Telefon S
Do««erstag, den 3. Febrnar 1918.
Bezugspreis: In der Stadt mit LrSgerlohn Mk l.2L vierteljährlich, Bezugspreis fUr den Orts- und Nachbarortsverlehr Mk. I.2V, im Fernverkehr Mk. l.SV. Bestellgeld in Württemberg M Pfg., in Bagern und Reich 42 Pfg.
Die deutsche Flagge auf dem atlantischen Ozean.
GoremyLitt. — Deutsche Seehelden.
Auf die tönende Krieqsrede hin, die der russische Minister des Aeutzern, Ssassanow, kürzlich gehalten hat, darf der Rücktritt Goremqkins wohl nicht als ein Zeichen irgend welcher Aenderung der auswärtigen Politik Rußlands angesehen werden. Eoremy- kin ist der Typus des reaktionären Staatsmannes in Rußland gewesen, der eher noch für einen ungünstigen Sonderfrieden zu haben ist, als für politische Zugeständnisse an die Freiheit des Volkes. Vielleicht hat man den schon ziemlich bejahrten Mann zu Zwecken der Erzielung einer besseren Stimmung in der Duma geopfert, die demnächst zusammentreten soll. Einen Systemwechsel bezüglich der inneren Politik bedeutet der Rücktritt des Ministerpräsidenten aber keineswegs; es ist eher zu erwarten, daß nun der Minister des Innern, Chwostow, der schon seit Monaten die Freiheitsanwandlungen der politischen und wirtschaftlichen Interessenvertretungen des russischen Volkes mit nicht mißzuverstehender Offenheit bekämpft, den Kurs nun noch selbständiger sort- setzt. Wenn man über die „neue" Richtung noch irgend welche Zweifel gehabt hat. so sind diese durch die Wahl des Nachfolgers wohl behoben worden. Der neue Mann hat sich bisher nicht besonders politisch betätigt, man weiß von ihm nur, daß er in seiner Eigenschaft als Reichsratsmitglied zu den unversöhnlichsten Reaktionären gehört hat. und sein deutscher Namen bürgt schon dafür, daß er sich von keinem der „echt russischen Leute" beschämen lassen will. Es ist ein alter Lrfahrungssah, daß die „llebergetretenen" — auf irgend welchem Gebiet — immer die schärfere Tonart anschlagen, weil sie stets' das Gefühl haben, als müßten sie etwas besonderes tun, um ihr Herkommen vergessen zu machen. Immerhin, der Rücktritt des Ministerpräsidenten kann doch als Zeichen dafür angesehen werden. daß nicht alles stimmt im großen heiligen Reich der russischen Nation, denn so ohne Weiteres läßt man.den höchsten Beamten einer Regierung nicht gehen, umsoweniger aber in einer Zeit höchster politischer Spannung. Auch durch dieses Ereignis erhält also die Rede Ssassanows eine eigentümliche Beleuchtung.
Ein Meisterstück, das uns an die Taten der „Emden"-Besatzung auf der „Ayesha" erinnert, hat den Namen der deutschen Seeleute wieder einmal in alle Welt getragen, und gerade dorthin, wo man seit Beginn des Krieges am wenigsten geneigt war. deutsches Wesen und deutschen Geist anznerkennen. Wir sind von deutscher Seite noch nicht über den Fall aufgeklärt worden, aber es scheint, daß die aus Amerika kommenden englischen Nachrichten zutreffen, wonach ein von einem deutschen Kriegsschiff gekapertes englisches Schiff, das schon als vermißt angesehen worden war, an der Ostküste Nordamerikas. in den Hafen von Norfolk des Staates Virginia eingelqufen ist, und zwar mit einer deutschen Prisenbesatzung. und außerdem noch einer großen Anzahl von Passagieren, die von versenkten Dampfern ausgenommen worden waren. Bis authentische Nachrichten eintreffen. müssen wir annehmen, daß die Meldungen richtig sind, wonach das bewaffnete deutsche Wachschiff „Möve "ans der Nordsee in den atlantischen Ozean gelangt ist. dann wahrscheinlich entlang der Westküste Europas und der Nordwestküste Afrikas Streifs ährten ausgeführt hat. die gegen den Handel unserer Feinde gerichtet, urch auch nach dieser Richtung von bemerkenswertem Erfolg begleitet waren. Der betreffende deutsche Hilfskreuzer hat nun, so scheint es, zuletzt das englische Dampfschiff „Appam"
der englischen Westasrikalinie gekaperl und die Passagiere und Besatzungen der schon vorher versenkten feindlichen Handelsschiffe mit diesem Schiff nach Norfolk geschickt. De Verblüfung der Amerikaner, aber noch mehr der Engländer kann man sich vorstellen. Während die Engländer glaubten, ihr Handel mit den Vereinigten Staaten sei nach Vernichtung der so ruhmvoll untergegangenen deutschen Äuslands- kreuzer nun keiner Störung mehr ausgesetzt, hat ein einfacher deutscher Hilfskreuzer wieder Monatelang auf dem atlantischen Ozean dem feindlichen Handel Abbruch getan, man kann annehmen, in größerem Umfang,' als dies von der englischen Presse zugegeben wird. Bezeichnend ist die Erklärung des deutschen Seeoffiziers, daß man auf den Streiffahrtcn von Europas und Nordafrikas Westküste bis zur nordamcrikanischen Ostküste kein englisches Kriegsschiff gesehen habe, und baß deshalb die meisten feindlichen Handelsdampser nur deshalb der Kaperung entgingen, weil man auf eigene Sicherheit bedacht sein mußte. Vielleicht erleben wir jetzt wieder eine Jagd auf das kleine deutsche Schiff mit einer großen Meute feindlicher Kriegsschiffe, vielleicht wird auch dieses Schiff dann der Uebermacht zum Opfer fallen, was aber nicht verhindert, daß wieder einmal der Wagemut unserer Seeleute in hellstem Lichte vor aller Welt erstrahlt ist, als günstiges Omen für die Zukunft.
Die feindliche Presse beschäftigt sich eingehend mit der völkerrechtlichen Seite des Falles. Es scheint sestzustehen, daß das englische Schiff unter deutscher Krieasflagge in den neutralen Hafen eingelaufen ist, also als deutsches Kriegsschiff von den Vereinigten Staaten behandelt werden müßte, ähnlich der Behandlung des deutschen Hilfskriegsschiffes „Farm", das am 25. Januar 1915 in dem amerikanischen Hafen San Juan de Portorico interniert morden ist. Wird der Fall in Washington so angesehen, so würden Besatzung und Schiff auf ihren Wunsch interniert--werden. und das Schiff nach Kriegsschluß an Deutschland ausgeliefert werden. Wird das Schiff aber als „Prise", d. h. erbeutetes feindliches Schiff angesehen, so darf es nach einem alten Vertrag zwischen Deutschland und Amerika im Hafen bleiben, oder ihn nach eigenem Ermessen verlassen. In England teilt man diese Auffassung natürlich nicht, aus begreiflichen Gründen. Man möchte gern das in Bezug auf Tonnengehalt und Ladung wertvolle Schiff wieder in eigenen Besitz bekommen und bemüht sich deshalb, eine eigene Auslegung der Regierung und öffentlichen Meinung in Amerika auf- zuoktroieren. Man vertritt die Ansicht, daß das Schiff als deutsche Prise behandelt werden müßte, wonach es nach dem Haager Abkommen wieder ab- reisen müsse, wenn es mit dem Nötigen zur Weiterführung der Reise versehen sei. Andernfalls werde die Prissnbesatzunq interniert, und die Passagiere und Besatzung freigclasssn. Wenn aber das Schiff nicht etwa wegen Seeuntüchtigkeit, Seenot oder Mangel an Reizstoff in den Hasen eingelaufen sei, so müsse die Prise automatisch den früheren Reedern anheimfasle,r. Das würde natürlich den Engländern aefallen. Es wird aber interessant sein, zu hören, welche Anschauung die Regierung in Washinaton vertritt. O. b.
Streiffahtten eines deutschen Hilfskreuzers ans dem atlantischen Ozean.
Newport, 1. Febr. Nach einer RrutermelLung ans Newport News ist der vermißte englische Dampfer „Appam" unter Führung einer deutschen Prifenmannschaft and unter
deutscher Flagge bei Old Point an der Küste von Virginia angekommeü. Der Dampfer ist auf der Höhe der Kanarischen Inseln aufgebracht worden. Die „Appam" hatte bei ihrer Ankunft 425 Personen an Bord, darunter 138 von etwa S vor der Aufbringung der „Appam" versenkten britischen Schissen.
Newport, l. Febr. Reuter meldet: Nach einem Telegramm aus Norfolk (Virginien) ist der britische Westafrika- Dampfcr „Appam" der bisher vermißt wurde, gestern morgen an der Quarantänestation auf der Höhe von Old-Point an- gctommen. Eine Prisenmannschaft von einem deutschen Unterseeboot soll den Befehl haben. Wie aus Newport News weiter gemeldet wird, ist der Dampfer „Appam" auf der Höhe der Kanarischen Inseln durch ein deutsches Kriegsschiff, angeblich ein Unterseeboot, aufgebracht worden, das kurz vorher einen anderen britischen Dampfer versenkt hatte. Außer den eigenen Passagieren hat die „Appam" noch 138 Personen.
. man von anderen Dampfern übernommen hatte, also zusammen 425 Personen, an Bord. Die „Associated Preß" meldet aus Norfolk: Der Dampfer „Appam" wurde von einem deutschen Kriegsfahrzeug beschlagnahmt, wobei es noch unbestimmt ist, ob es ein Unterseeboot oder rin Hilfskreuzer war. Die Newporker Agentur der Reederei des „Appam" erfährt, daß es ein kleiner, schwerbewaffneter Frachtdampfer war.
Newport-News, 1. Febr. Reuter meldet: Auf der „Appam" wehte die deutsche Kriegsflagge. Man glaubt, daß die deutsche Mannschaft sich lieber internieren lassen wird, als Gefahr zu laufen, bei der Wiederabfahrt aufgebracht und ge fangen zu werden. Der rechtliche Charakter der „Appam" wird von den Behörden in Washington geprüft.
Newport-News, 1. Febr. Reuter meldet. Das deutsche Kriegsschiff, das den Dampfer „Appam" aufgebracht und mit einer Prifenmannschaft versehen hat, soll den Namen „Möwe" geführt haben. Es habe vor der Aufbringung der „Appam" bereits folgende britische Dampfer versenkt: „Cobridge", „Arthur", „Ariadne", „Dromoby", „Farringtonford" und „Clan Mactavish".
(WTB.) London, 2. Febr. (Reuter.) Die „Times" erfährt aus Newyork: Auf der Reise über den Atlantischen Ozean soll der Dampfer „Appam" zwei britische Schiffe gekapert haben. Die Newyorker Blätter melden, daß die „Appam" von der bewaffneten deutschen Aoisoyacht „Möwe" erbeutet wurde. Amtliche Personen in Washington verneinen, daß der Befehl erteilt wurde, das Schiff zu internieren. Sie sind sehr unsicher, was mit dem Schiff geschehen soll. Der britische Botschafter hat um eine Unterredung mit dem Staatssekretär Lansing ersucht. Die „Möwe" soll die britische Flagge geführt, aber als sie sich der „Appam" näherte, die deutsche Kriegsflagge gehißt und ihre bewegliche Verschan- zung umgeklappt haben, worauf ihre Bewaffnung sichtbar wurde. Sie soll in der Nordsee unter schwedischer Flagge gekreuzt haben. — Als die „Appam" die Küste von Virginien entlang fahren mußte, nahm sie einen Lotsen an Bord und antwortete auf eine drahtlose Anfrage vom Fort Monroe, sie sei ein deutscher Kreuzer, nach Buffalo unterwegs. Das Schiff führte nur eine einzige 3 Zollkanone im Vorderteil.
London, 2. Febr. Aus Newport News wird gemeldet, daß sich 451 Personen an Bord des „Appam" befanden, darunter 138 Ucberlcbende der sieben Schiffe, die von den Deutschen zum Sinken gebracht wurden. Ferner 20 deutsche Bürger und Kriegsgefangene aus Kamerun und eine Prisenbesatzung von 22 Mann. Offenbar wurde der „Appam" vier Tage nach seiner Abreise, ohne Widerstand geleistet zu haben, erbeutet, nachdem ein Schuß über die Brücke des Dampfers abgefeuert worden war. Nachdem eine Prisenbesatzung an Bord gebracht worden war, begann das deutsche Schiff ein britisches mit Fleisch aus Australien beladenes Schiff zu verfolgen. Dieses bot Widerstand und wurde in den Grund gebohrt.