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Nr. 25.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

91. Jahrgang.

VrscheinunaSrveise: Kmal wöchentlich. Anzeigenpreis : Im OberamtS- Hezirk Lalw für di» einspaltige BorgiSzeile 10 Pfg.. außerhalb desselben 12 Pfg., «etlamen Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon S.

Dienstag, den 1. Februar 1918

Bezugspreis: In der Stadt mit LrSgerlohn Mk 1LS vierteljährlich. Post.

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M k. 1.30.

r den Ort«- und Nachbarorttwerkrhr Mk. 1.20, im Fernverkeb. estcllgcld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 4L Pfg.

Die Stimmungsmache der Alliierten.

Nachdem auf die Ankündigung einer vollständi­gen Blockade Deutschlands der englische Minister des Aeutzern, Sir Grey. infolge des recht energischen Protestes der mitbetroffenen neutralen Länder sich zu dem Zugeständnis bequemen mutzte, datz man die Neutralen nicht auch mit blockieren wolle, mit an­dern Worten, datz also die geplante Blockade nicht jenen Grad vonEffektivität" annehmen werde, wie er von England angeküindigt worden ist, schien es notwendig, datz man nun anderweitig den durch die furchtbaren Valkanniederlagen arg in Misskredit geratenen Glauben an den Endsieg der Entente wieder etwas aufrichtete. Also stieg der russische Mi­nister des Aeutzern, Ssassanow. auf dasDichten- Rotz der Entente, und galoppierte darauf herum wie ein Besessener, so datz es wohl möglich wäre, datz er von seinem Kollegen d'Annunzio von der andern Fakultät wegen unlauteren Wettbewerbs angeklagt wird. Herr Ssassanow gab zwar zu, datz die Balkan­lage für die Alliierten trostlos sei angesichts der Ka­tastrophe des serbischen Heeres, die harte Folgen für Montenegro nach sich gezogen habe. Aber er gab der besonders für die beiden niedergeschmetterten Balkanstaaten sehr tröstlichen Hoffnung Ausdruck, datz sich wenigstens ein Teil des montenegrini­schen Heeres habe retten können, um sich mit den ser­bischen Heeresresten zu reorganisieren und dann wie­der dergemeinschaftlichen" Sache der Alliierten zu dienen. Die schlimme Lage auf dem Balkan sei näm­lich keine endgültige, weil das Los der Balkan- staaten mit dem der Alliierten eng verknüpft sei. Serbien und Montenegro werden nach der Ueber- zeugung des Herrn Ssassanow bessere Tage sehen. Bezüglich Griechenlands drückte sich der russische Mi­nister sehr vorsichtig aus; er meinte, es sei fraglich, ob die von diesem Land beobachtete Neutralität freiwillig oder nicht sei. Er hoffe aber, datz die wohl­verstandenen Interessen Griechenlands es hindern würden, eine der Entente feindliche Politik einzu­schlagen. Diese Auffassung ist köstlich im Hinblick auf die Vergewaltigung Griechenlands durch die Alliierten. Honigsütz waren die Ausführungen, die Ssassanow über die Beziehungen zu Rumänien machte, die als durchaus befriedigend und freund­schaftlich zu bezeichnen seien. Rumänien sei zwar in der letzten Zeit durch die Drohungen (!) der Zen­tralmächte sehr beunruhigt worden, aber die Ru­mänen werden wohl wissen, datz sie ihre nationalen Wünsche nicht in Gemeinschaft mit diesen Mächten verwirklichen könnten. Sicherlich aber in Ver­bindung mit Russland, das haben die Rumänen ja durch Len Raub von Bessarabien fühlbar empfun­den. wenn sie auch jetzt in ihrer Angst vor diesem tönernen Kolotz und infolge Uebertünchung der Wunden mit Gold nicht mehr an dieses rein rumäni­sche Sprachgebiet denken. Natürlich versäumte dieser ebenbürtige Genosse von Sir Edward Greg nicht, das rumänische Volk vor den feindseligen Absichten der Zentralmächte zu warnen. Dieselbe unüber­treffliche Heuchelei entwickelte Herr Ssassanow über dieguten" Beziehungen zu Schweden. Man weitz ja, datz Russland von Schweden, nachdem es Finn­land unterjocht hat, vorerst nicht viel mehr wollte, als es für den freien Weg nach der Ostsee brauchte. Da es zur Zeit aber, da die Heere der Zentralmächte einen grossen Teil von russischem Gebiet besetzt hal­ten, doch zum mindesten unklug wäre, von dem alten rusischen Ehrgeiz nach einer Ausdehnung gegen Ukordweften zu sprechen, so hat Herr Ssassanow sich beeilt, mit aller Bestimmtheit zu erklären, datz Schweden seine Grenzen gewiss nicht gegen Russland zu verteidigen haben werde, denn von dieser Seite her seien sie vollständig ungefährdet. Die Erklärung »atzt so recht auf die Kabel von dem ertrinkenden

Fuchs, der sich von der Gans ans Land ziehen ließ, um ihr dann ihren schlankenSchwanen"-Hals ein wenig umzudrehen. Bestreiten konnte selbst Herr Ssassanow die Erregung nicht, die sich in Schweden ob der Massnahmen Englands gegen den Handel der Neutralen unter sich und mit den Kriegführen­den ausgebreitet hat. Aber Englad habe diese Mass­nahmen zur Verteidigung seiner Interessen ergrif­fen, und es sei bestrebt, im Widerstreit dieser In­teressen mit den Neutralen diese so viel wie möglich zu schonen. Uebrigens zeige sich Deutschland, das sich großer Sympathien in Schweden erfreue, weniger rücksichtsvoll in seinen Maßnahmen als England. Wir meinen, wir könnten über diese phraseologischen 'Sprünge des Herrn Ssassanow zur Tagesordnung übergehen.

Den Schluß seiner Erklärungen, die eigens der russischen Presse zur Erbauung mitgeteilt wurden, gestaltete Herr Ssassanow zu einer Apotheose auf den Heldenmut, die Einigkeit und die gemeinsamen In­teressen der Alliierten. Um die Einheitlichkeit noch vollständiger zu machen, sei in Paris ein militärisch- politischer Ausschuß eingesetzt worden. Eigentüm­licher Weise hob der Minister die ausserordentlichen Anstrengungen Englands für die gemeinsame Sache hervor. Er trat mit Festigkeit denGerüchten" ent­gegen. als ob England zu wenig am Kriege teil­nehme. Wie falsch diese Annahme sei. beweise, datz die englischen Verluste sich bisher auf 25 000 Offi­ziere und 600 MO Mann belaufen. Auch die unge­heuren Opfer des treuen verbündeten Frankreichs seien bekannt. Ein Sonderfrieden sei für keinen der Alliierten möglich, denn abgesehen von den Lebens­interessen, die einen Kampf zum Aeutzersten er­heischen, würde kein Staatsmann es wagen, Ehre und Pflicht zu verraten und abgegebene Versprechun­gen zu brechen; das wäre auch gleichbedeutend mit der Vernichtung des Ansehens dieser Völker und mit ihrem politischen Bankerott. Ssassanow trieb sein heuchlerisches Pathos zuletzt soweit, zu behaupten, der Kampf müsse auch deshalb bis zum Ende geführt werden, weil es nötig sei, Bedingungen zu schaffen, die allen Staaten gestatten, ihr politisches und nationales Leben unbehelligt von dem Ehrgeiz und der Willkür der Mittelmächte zu entfalten. Deshalb müsse Deutschland unschädlich gemacht werden. Das wagt ein Staatsmann zu sagen, dessen Regierung in Jahrhunderte alten Ueberlieferunqen nur mit blutiger Gewalt das eigene und andere Völker un­terdrückt hat. Der ganze Aufwand an Lungenkraft, den sich Herr Ssassanow hier gestattet hat, ist aber weiter nichts als ein klägliches Ersatzmittel für die andauernde Ergebnislosigkeit, der russischen Anstren­gungen und derjenigen der Alliierten überhaupt, damit die Neutralen angesichts der ganz miserablen militärischen Lage der Entente nicht noch mehr ihre Rechte gegenüber den Vergewaltigungen von dieser Seite behaupten. Und namentlich Amerika will man von derungeschwächten Kraft" der Alliierten über­zeugen, damit sich die Amerikaner nicht etwa ein­fallen lassen, ihre Kriegslieferungen einzustellen, und auch sonst die Alliierten, vorerst wenigstens moralisch, unterstützen.

Wie weit die Einheit unter den Alliierten geht, das hat ja Herr Ssassanow selbst recht augenfällig demonstriert, als er England gegen die Vorwürfe der geringen Beteiligung am Kriege in Schutz neh­men mutzte, datz geht aber in erhöhtem Matze aus der Nichterwähnung Italiens hervor, das doch wahr­lich den Alliierten durch seine Teilnahme am Kriege nicht den kleinsten Dienst erwiesen hat. Es scheint, datz die Italiener in der Presse der Alliierten mit Erlaubnis der Zensur ganz gehörig mitgenommen worden sind, weil sie sich nicht an dem Balkanaben­teuer beteiligt haben. Und so mutz nun das größte kriegshetzerische italienische Organ, derCorriere"

rn beweglicher Klage über die ungerechtfertigten Anfeindungen den Alliierten die Taten Italiens für die Entente vorführen, die erstens in der Neu­tralität, zweitens in dem Verrat Italiens und drit­tens in den ungeheuren Opfern an Gut und Blut bestanden haben. Italien habe also zweimal die Alliierten vom Verderben gerettet. Wenn Italien hier nicht den verdienten Lohn des Verräters ernten würde, könnte man eigentlich mit ihm ob der offen­baren Undankbarkeit der Alliierten Mitleid haben.

Für Deutschland und seine Verbündeten gibt es aber nach den mancherlei krieqswütenden Stimmen aus allen Lagern der Entente nichts Besseres, als weitere Schläge auszuteilen, bis man im feindlichen Lager doch einmal einsieht, datz wir nicht niederzu­ringen sind, weder militärisch noch auch wirtschaftlich. Allzulange wird es nun wohl nicht mehr gehen, bis die Alliierten unsereErschöpfung" fühlbar zu spüren bekommen. ' 0. 8.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

WTB Große- Hauptquartier, 31. Januar. Amtlich. Westlicher Kriegsschauplatz: Unsere neuen Gräben in -er Gegend Neuville wurden gegen französische WiedererobernngSversnche behauptet. Die Zahl der nordwestlich de- Gehöfts La Folie gemachten Gefangenen erhöhte sich auf 318 Mann, die Beute auf 11 Maschinengewehre. Gegen die am 28. Januar südlich der Somme, von schlesischen Truppen geuom» mene Stellung richteten die Franzosen mehrfach Feuer- Überfälle. Allgemein liegt die GesechtStärigkeit unter dem nebligen Wetter. In Erwiderung des Bomben­abwurfs französischer Luftfahrzeuge auf die offene und außerhalb des Operationsgebiets liegende Stadt Frei­burg haben unsere Luftschiffe in dev beiden letzten Rächten die Festung Paris mit anscheinend befriedig­endem Erfolg angegriffen.

Oestlicher Kriegsschauplatz: Rassische An­griffsversuche gegen den Kirchhof von Wismau (au der Aa) westlich von Riga scheiterten in unserem In­fanterie- und Arttlleriefeuer.

Die Lage auf dem Balkankriegsschauplatz ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(MTB7) Wien, 31. Jan. Amtlich wird verlant- bart vom 31. Januar, mittags:

Auf allen drei Kriegsschauplätzen keine beson­deren Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Eeneralftabs: von HLfer, Feldmarschalleutnant.

Schlechte Lage der Russen in Persien.

(WTB.) Köln, 31. Jan. DieKöln. Zeitg." meldet aus Kopenhagen: Nach einem Telegramm derBirschewija Wje- domosti" aus Teheran entwickelt sich die Lage in Persien für die Russen immer beunruhigender. Es bestätigt sich, daß der sehr einflußreiche Eeneralgouverneur von Luristan, Nafim- es-Saltanch, offen zu den Feinden Rußlands übergegangen ist und bereits ein starkes Heer unter den Luren gebildet hat, das er den Türken zur Verfügung stellen wird. Im Be­zirk Kermanschah sind vor einigen Tagen 3000 Luren ein­getroffen und haben sich mit den dort befindlichen türkischen Truppen vereinigt.

Berlin, 31. Jan. DieNational-Zeitung" mel­det von der russsischen Grenze:Rutzkoje Slovo" mel­det aus Teheran, datz die Kämpfe in Persien in den letzten Tagen eine Wendung genommen habe», die beunruhigend wirkt. Das Komitee der nationalen Verteidigung Persiens hat alle angebotenen Ver­handlungen der Entente-Bevollmächtigten in Te­heran abgelehnt, erkannte die von den Russen ein­gesetzten Minister nicht an und erklärte öffentlich.