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6. JAHRGANG / NR. 198

MITTWOCH, 20. DEZEMBER 1950

HEIMATZEITUNG FÜR DAS OBERE NAGOLDGEBIET

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Eisenhower Oberkommandierender

Brüsseler Konferenz sieht deutsche Beteiligung an der europäischen Verteidigung vor

BRÜSSEL. Präsident Truman hat General Eisenhower am Dienstag zum Oberkom­mandierenden der geplanten vereinigten Streitkräfte in Europa ernannt. Die Ernennung Eisenhowers wurde durch einen Telegrammwechsel mit Außenminister A c h e s o n be­kannt. Acheson hatte von Brüssel telegrafiert, der Atlantikrat ersuche um die Ernennung eines amerikanischen Offiziers zum Oberkommandierenden der Europaarmee. Die Ernen­nung Eisenhowers werde lebhaft begrüßt.

Der Atlantikpaktrat hat die Erennnung Ei­senhowers am Dienstagvormittag gebilligt.

Das Hauptquartier der westlichen Streit­kräfte wird wahrscheinlich das Schloß von Versailles als Sitz wählen, wo auch im letz­ten Weltkrieg der Stab General Eisenhowers untergebracht war.

General Eisenhower wird in Kürze nach Eu­ropa kommen, um eine Besuchs- und Inspek­tionsreise durch europäische Hauptstädte und Verteidigungsanlagen zu unternehmen.

Die Außenminister und die Verteidigungs­minister der Atlantikpaktstaaten traten am Dienstagnachmittag zu ihrer dritten und letz­ten gemeinsamen Sitzung in Brüssel zusam­men. Bereits am Montag haben sich die Ver­teidigungminister der zwölf Paktstaaten über die Beteiligung deutscher Kampfgruppen an einer europäischen Armee und über die Er­nennung eines Amerikaners zum Oberbefehls­haber der atlantischen Streitkräfte geeinigt (bei Redaktionsschluß lag das Abschlußkom­munique noch nicht vor. Die Red.).

Aus Konferenzkreisen verlautete, bei den Beratungen habe rqan sich bisher bemüht, den Eindruck zu vermeiden, daß die deutsche Bundesregierung vor vollendete Tatsachen ge­stellt werden solle, und weitere Verhandlun­gen mit der Sowjetunion sowie die Entwick­lung der atlantischen Verteidigungsplanung sinnlos geworden seien.

Zur Frage der Größe der europäischen Ar­mee, worüber Einzelheiten noch nicht vorlie­gen, wurde mitgeteilt, daß noch 1951 eine Stärke von 30 Divisionen erreicht werden soll, die allmählich bis auf 50 oder 60 Divisionen zu erhöhen wäre. Die Verteidigungsminister sol­len zudem übereingekommen sein, der in Europa stationierten Westarmee 25 deutsche

Kampfgruppen in Stärke von je 6000 Mann anzugliedern, der Bundesrepublik eine takti­sche Luftwaffe zuzugestehen und die drei Großmächte Amerika, Großbritannien und Frankreich zu ermächtigen, möglichst bald Verhandlungen mit der Bundesregierung in Bonn über die Durchführung dieser Pläne aufzunehmen. Gleichzeitig soll beschlossen worden sein, Westdeutschland größere poli­tische und wirtschaftliche Konzessionen einzu­räumen, ohne jedoch die volle Unabhängigkeit der Bundesrepublik wieder herzustellen.

Der Plan der militärischen Sachverständi­gen, eine angemessene Verteidigung Europas an einer möglichst weit östlich gelegenen Li­

nie aufzubauen, scheint gleichfalls die Zustim­mung der Minister gefunden zu haben.

Die Außenminister der drei Westmächte Acheson, Bevin und Schuman trafen am Dienstagnachmittag und am Dienstagabend zusammen, um darüber zu beraten, welches Verfahren bei der Uebermittlung der Empfeh­lungen des Atlantischen Rats zur Frage des deutschen Verteidigungsbeitrags an die Bun­desregierung einzuschlagen ist. Außerdem dürften sie sich mit den sowjetischen Protest­noten gegen die Wiederbewaffnung West­deutschlands befaßt haben.

Die USA sollen sich bereits inoffiziell damit einverstanden erklärt haben, die Wiederbe­waffnung Westdeutschlands nicht übereilt zu betreiben. Zumindest müßten noch die Ergeb­nisse der geplanten Viermächte-Konferenz ab­gewartet werden. Die endgültige Zustimmung des Atlantischen Rats bedeute also noch kei­neswegs die sofortige Wiederaufnahme der deutschen Aufrüstung.

Bundesjugendplan verkündet

Bundespräsident und Bundeskanzler gegen Staatsjugend

BONN. Bundeskanzler Dr. Adenauer ver­kündete am Montag in einer Feierstunde im Plenarsaal des Bundestags, an der Bundes­präsident Prof. H e u ß , Mitglieder der Bun­desregierung, Ministerpräsidenten der Län­der, Vertreter der alliierten Hohen Kommis­sion und Abordnungen der Jugendorganisation der Bundesrepublik teilnahmen, denBundes­jugendplan zur Förderung der deutschen Ju­gend, für den die Regierung 3 Millionen DM zur Verfügung gestellt hat.

Der Bundeskanzler erklärte, der Bundes­jugendplan solle der Jugend wirtschaftlich weiterhelfen und zur internationalen Verstän­digung beitragen:Unsere Jugend hat er­kannt, daß die Zeit des Nationalismus der ver­gangenen Zeit angehören muß, zumindest in Europa.'

Die deutsche Jugend seilange nicht so ver­wildert und verwahrlost aus der Kriegs- und

Nachkriegszeit hervorgegangen, wie man eigentlich hätte annehmen müssen. Es bestün­denstarkeKräfte der Selbstbehauptung, die es der deutschen Jugend gestatteten, sich trotz Trümmern hinter uns und Dunkel vor uns durchzusetzen.

Dem Plan liege nichts ferner als der Ge­danke einer Staatsjugend. Die kommunalen Behörden und die Regierung würden alles in ihren Kräften Stehende tun, um der Ju­gend zu helfen. Die Hauptarbeit müsse aber von der Jugend selbst geleistet werden.

Bundespräsident Heuß betonte gleichfalls: Die Jugend will keine .Staatsjugend mehr sein und wir wollen keine Staatsjugend mehr haben. Wir wollen nicht, daß deutsche Men­schen zu einerfreien deutschen Jugend ge­worben werden, sondern daß die deutsche Ju­gend zu freien deutschen Menschen heran­wächst.

Das Land tut sein Möglichstes

Lebhafte Debatte des Landtags über dieVerhältnisse in den Flüchtlingslagern

BEBENHAUSEN (Eig. Bericht). Zu Beginn der Dienstagsitzung des Landtags gab Prä­sident G e n g 1 e r bekannt, daß die beiden Vertreter des Kreises Lindau, die Abgeordne­ten G ö c k 1 e r und Schmidt (beide CDU) laut Anordnung der französischen Hohen Kommission aus dem württemberg-hohenzol- lerischen Landtag ausscheiden und die Inter­essen Lindaus im bayerischen Landtag wahr­genommen werden. Die beiden Abgeordneten dankten dem Hause für die Gastfreundschaft und versicherten, daß Lindau weiterhin Süd­württemberg die Treue halten würde.

beachten, daß Südwürttemberg im Rahmen des Umsiedlungsprogramms nach den franzö­sisch besetzten Ländern mit Abstand weit mehr die auferlegten Verpflichtungen erfüllt habe als die anderen Ländern der Zone. Von insgesamt 49 000 Umsiedlern seien im Zeit­raum vom 1. April bis 1. Oktober dieses Jah­res 46 750 umgesiedelt worden. Alle, außer 2000, seien in Wohnungen untergebracht wor­den. Das Land Württemberg habe das Ziel verfolgt, den Umsiedlern eine wirkliche Hei- (Fortsetzung auf Seite 2)

Die Jugendverbände bezeichnete Heuß als dasÜbungsfeld des Gemeinsinnes. Sie hät­ten eine volkspolitische Aufgabe von größter Verantwortung: die Eingliederung der hei­matlosen Jugend.

Bundesinnenminister Dr. Lehr wies darauf hin, daß 1,4 Millionen Jugendliche durch den Krieg die Väter verloren hätten.

Der Vorsitzende des .Jugendfürsorgeaus­schusses des Bundestags, Josef Strauß(CDU), führte aus, jede Mark, die für das deutsche Jugendwerk ausgegeben werde, sei eine bes­sere Kapitalanlage, als der Bau von Straf­anstalten und Fürsorgeheimen.

Der Jugendplan sieht Mittel zum Neubau, Aus­bau und zur Wiederherstellung von Lehrwerk­stätten sowie von Jugendheimen vor und will den internationalen Jugendaustausch fördern.

Abg. Wieland (KPD) begründete die gro­ße Anfrage seiner Partei über die Mißstände in den Flüchtlingslagern Hechingen, Bad Nie- dernau und St. Johann, in denen noch 2000 Flüchtlinge in Massenquartieren auf eng­stem Raum und unter denkbar schlechten Verhältnissen leben müßten.

In Beantwortung dieser großen Anfrage gab Innenminister Renner zu, daß die Verhältnisse in diesen Flüchtlingslagern Anlaß für eine große Anfrage gegeben hätten, aber es sei zu

Vilson Nachfolger Achesons?

Symington soll Marshall ablösen

WASHINGTON. In Washington halten sich hartnäckig die Gerüchte, daß Präsident Tru­man Oberrichter Fred M. V i n s o n als Nach­folger Dean Achesons zum Außenminister ernennen will. Politische Kreise weisen dabei auf geheime Unterhaltungen Trumans mit Vinson während seines Wochenendaufenthaltes auf seiner JachtWilliamsburg hin. Außer­dem war Vinson am Montag im Weißen Haus.

Gleichzeitig wird berichtet, Truman beab­sichtige Acheson zum Oberrichter am Ober­sten Gerichtshof zu ernennen. Acheson wird die Bereitwilligkeit, mit Vinson zu tauschen, zugesehrieben.

Gleichzeitig verlautet, der Präsident beab­sichtige, den früheren Luftfahrtminister und jetzigen Vorsitzenden des Amts für wirtschaft­liche Mobilmachung, Stewart Symington, zum Verteidigungsminister zu ernennen, falls der 70jährige Marshall diesenf Posten auf­geben möchte.

Rotchinesen im Angriff

Amerikaner verhindern Hinrichtungen

SEOUL. Mit starken Kräften griffen die rot­chinesischen Truppen in der Nacht vom Mon­tag auf Dienstag viermal die alliierten Linien im zusammengeschmolzenen Brückenkopf an der Nordostküste Koreas um die Küstenstadt Hungnam an. Nach stundenlangen Kämpfen konnten sämtliche Vorstöße abgewiesen und zwei Einbrüche bereinigt werden. Seit Sonn­tag legt nach einem Kommunique des Haupt­quartiers McArthurs schwere Schiffsartillerie um den Einschiffungshafen der UN-Truppen Hungnahmeinen stählernen Vorhang.

Die amerikanische 8. Armee hat am Montag einen Offizier in das Gebiet von Seoul ent­sandt, um weitere Massenhinrichtungen, die von Angehörigen einer rechtsgerichteten süd­koreanischen Selbstschutzorganisation _ beab­sichtigt waren, zu verhindern. Das Bezirksge­richt in Seoul hat seit der Rückkehr der Süd­koreaner 4200 Personen verurteilt, davon 390 zum Tode.

Der südkoreanische Staatspräsident Syng- man Rhee teilte mit, daß erim Hinblick auf die militärische Lage und dem Mangel an Un­terbringungsmöglichkeiten in den Gefängnis­sen eine Beschleunigung der Verfahren ge­gen kommunistische Kollaborateure und der Hinrichtung angeordnet habe.

Der amerikanische Außenminister Dean Acheson (rechts) vn<1 der amerikanische Armeeminister F-rank Pace auj der Brüsseler Konferenz der Atlantikpaklmächts.

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Aus deutscher Sicht

Von Walter hippmann

Die Meinung des bekannten amerikanischen Journalisten, gebildet nach einer zweimona­tigen Europareise, dürfte zum Zeitpunkt der Brüsseler Konferenz allgemein von Interesse sein. Die Red.

Nach deutscher Auffassung hängt ein we­sentlicher deutscher Sicherheitsbeitrag nicht allein von Zugeständnissen in der Frage der politischen Gleichberechtigung und von Sub- sidien zur Bezahlung der Armee ab.

Gleichberechtigung versteht sich, wie die Deutschen mit Recht meinen, von selber, wenn sie die Verbündeten des Westens werden sol­len, und die amerikanischen Subsidien be­trachten sie ebenfalls als Selbstverständlich­keit. Ganz gleich, welcher Formel eine deut­sche Regierung schließlich zustimmt der tatsächliche militärische Beitrag der Deut­schen, seine Aufrichtigkeit und sein Wirkungs­grad wird davon bestimmt werden, wie die Deutschen die Aufrichtigkeit und den Wir­kungsgrad des militärischen Beitrags Ameri­kas innerhalb Europas einschätzen.

Dieses Urteil wird von den demobilisierten deutschen Kriegsteilnehmern gesprochen wer­den. Sie wissen genau, wie ein Krieg mit Rußland aussehen würde. Sie glauben, die Erfolgsaussichten mit den Augen eines Fach­mannes abschätzen zu können. Sie machen sich ein klares Bild von der Zahl und der militärischen Qualität der Besatzungsarmeen.

All das war schon zu offensichtlich zu einer Zeit, als die triumphale Landung von Inchon sie noch zu der Vermutung berechtigte, die Staatsmänner wüßten den Korea-Krieg beizu­legen. Nachdem sich Amerikas militärische Lage in Asien inzwischen so beträchtlich ver­schlechtert hatte, sind die Schwierigkeiten der amerikanischen Europapolitik naturgemäß größer. Die amerikanische Politik wird daher tatsächlich einer Ueberprüfung unterzogen werden müssen nachdem sich Amerika den Folgen gegenübersieht, zu denen eine Ueber- spannung seiner Verpflichtungen geführt hat. Soll eine solche Ueberprüfung Erfolg haben, muß sie meiner Meinung nach mit Achesons außenpolitischer Formel beginnen, derzufolge man nur aus einer Position gleicher und mög­lichst überlegener militärischer Stärke heraus handeln könne.

Auf das gegenwärtig entwaffnete Deutsch­land angewendet, beruht Achesons Theorie auf der eigenartigen Vorstellung, die Russen und Polen würden ihre zwischen Elbe und Weich­sel stehenden Streitkräfte nicht verstärken und der Westen könnte deutsche Armeen schneller aus dem Boden stampfen, als die Russen und Polen bereits bestehende Verbände nach Deutschland verlegen können.

Man darf wohl kaum annehmen, daß die Russen so entgegenkommend sind und ruhig ab warten, bis Amerika in Deutschland ein Kraftpotential geschaffen hat, das Acheson die Möglichkeit zu seiner beabsichtigten Di­plomatie gibt. Man ist nicht einmal auf Ver­mutungen angewiesen. Amerika ist von der Sowjetunion ganz formell unterrichtet worden, daß sie nicht warten werde. Diese Warnung war deutlicher und offener als die des chi­nesischen Außenministers über die Folgen ei­nes Ueberschreitens des 38. Breitengrades durch die UN-Truppen.

Am 18. Oktober (und neuerdings am ver­gangenen Wochenende. Die Red.) brachte die Sowjetregierung in einer Note an die West­mächte zum Ausdruck,daß sie Maßnahmen der amerikanischen, britischen und franzö­sischen Regierung, die eine Wiederaufstellung einer regulären deutschen Armee zum Ziel haben, nicht dulden werde. Das ist eine starke Sprache. Man sollte bedenken, daß zwar die Liste der von den Russen getrof­fenen Versprechungen sehr lang ist, daß die Sowjets jedoch selten versäumt haben, eine Drohung wahrzumachen, die von der Sowjet­regierung klar und direkt ausgesprochen wurde.

Die Note vom 18. Oktober ist offenbar eine Antwort auf die alliierte Note vom 23. Mai. Sie ist also nahezu fünf Monate lang sorg­fältig erwogen worden. Die sowjetische War­nung erfolgte zehn Tage nach dem Ueber- schreiten des 38. Breitengrades und zwei Tage, nachdem die ersten chinesischen Einhei­ten über den Yalu-Fluß gegangen waren. Sie wurde also zu einem Zeitpunkt abgegeben, als für Moskau klar war, daß die Hauptmacht des US-Heeres nunmehr auf der anderen Seite der Welt festgenagelt sein würde. Wie die Russen ihre Drohung, eine deutsche Wie­deraufrüstungnicht zu dulden, ausführen wollen, weiß ich nicht. Es wäre jedoch eine unverzeihliche Unterlassung, falls die West­mächte sich nicht mit den Russen weitgehend und mit Geduld und Ausdauer in diplomati­sche Gespräche über die deutsche Wiederauf­rüstung im Westen und im . Osten einließen. (Die neuerliche Warnung ist, da sie denselben Tenor hat, im gleichen Sinne zu interpretieren. Die RfidJ