6. Jahrgang

MITTWOCH, 18. OKTOBER 1950

Nummer 162

unsere Freiheit zu behaupten, sie zu opfern. Obwohl die Kommunisten, so fuhr er fort, eine bösartige, glänzend organisierte Gruppe bil­deten, seien wir heute in der Gefahr, daß die­jenigen, die eine bestimmte Methode im Kampf gegen den Kommunismus empfehlen, alle übrigen, die 9ich für andere Methoden einsetzten, als Kommunisten denunzierten. Die Gefahr, unsere wesentlichen Freiheiten zu verlieren, indem wir mit falschen Mitteln für sie kämpfen, hat an unseren Universi­täten einen kritischen Grad erreicht. Wir glauben daran, daß man eine schlechte Idee nicht dadurch bekämpft, daß man ihren Ver­breiter ins Gefängnis wirft, sondern indem man ihre Falschheit aufdeckt und die Wahr­heit verbreitet.

Das sind mannhafte Worte, die auch dem, der die Entwicklung in den USA mit banger Sorge beobachtet, eine leise Hoffnung geben. Die Zahl der Männer, die heute noch den Mut haben, zu sagen, was sie denken, ohne sofort als Kommunisten oder alsfellow- travellers verschrieen zu werden, wird von Tag zu Tag kleiner. Es mehren sich die Fälle der Paßentziehung, der Brotlosmachung nicht etwa von Kommunisten, sondern von Persönlichkeiten, die vor 14 Jahren einmal in Gesellschaft eines Kommunisten gesehen wurden. Es war ein tragischer Anblick, den verzweifelten, doch vergeblichen Kampf des Präsidenten Truman gegen das berüchtigte Gesetz HR 9490 zu beobachten, und es ist ebenso tragisch, sich der Tatsache bewußt zu werden, daß der Leidtragende dieser Hysterie nicht nur das freiheitliebende demokratische Volk, sondern alle echten Demokratien dies­seits des eisernen Vorhangs sind.

Rote-Kreuz M -Jahreskonferenz

Einheit gefährdet

MONTE CARLO. Bereits am ersten Tag der 21. Jahreskonferenz des internationalen Roten Kreuzes, an der Delegierte von 57 Nationen teilnehmen, traten scharfe Gegensätze zwi­schen Ost und West zutage. Zahlreiche Ver­treter der Ostblockstaaten überschwemmten am Montag die Konferenz mit Resolutionen und Vorschlägen zur Aechtung der Atom­bombe und Anklage der USA als Angreifer und Kriegshetzer, so daß bereits die Befürch­tungeiner Spaltung der Organisation laut wurde.

Punkte der Tagesordnung sind: Hilfsmaß­nahmen in Nord- und Südkorea, Repatriie­rung griechischer Kinder, das Flüchtlingspro­blem in Palästina, sowjetische Klagen über die angebliche Internierung russischer Kinder in Westdeutschland, sowie Hilfsmaßnahmen nach Atombombenangriffen.

Regierungskrise in Israel

Ben Gurion schlägt Minderheitsregierung vor

TEL AVIV. .Der Ministerpräsident von Is­rael, David Ben G u r i o n , gab am Sonntag­abend den Rücktritt seines Kabinetts bekannt. Ben Gurion wurde von Staatspräsident Chaim Weizmann ersucht, nach einer Reihe von Kon­ferenzen mit den Parteiführern eine neue Re­gierung zu bilden. Das Kabinett Ben Gurion war seit März 1949 im Amt.

Die Hoffnung Ben Gurions, sofort eine neue Regierung bilden zu können, hat sich nicht er­füllt. Er mußte am Montag im Parlament, das nach zweimonatiger Pause wieder zusam­mentrat, mitteilen, daß es ihm nicht gelungen sei, eine neue Mehrheitsregierung zu bilden und er deshalb die Einsetzung einer Minder­heitsregierung und die unverzügliche Aus­schreibung von Neuwahlen vorschlage.

Köhler zurückgetreten

BONN. Der bisherige Bundestagspräsident Dr. Köhler, der seit längerer Zeit wegen Krankheit beurlaubt war, ist jetzt zurückge­treten. Auf sein Mandat hat er bisher jedoch noch nicht verzichtet, obwohl man annimmt, daß Dr. Köhler in den auswärtigen Dienst eintreten wird.

Die CDU/CSU-Fraktion hat bereits in der vergangenen Woche Dr. Ehlers als Nachfol­ger Köhlers im Bundestagspräsidium vorge­schlagen.

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Roman ainai Dämons von Norbsrt Jecqua»

Copyright by Hoffmonn und Campe Vorlag, Hamburg

Die Ermittlungen der Kriminalpolizei hatten bisher zu keinem greifbaren Ergebnis geführt. Und doch glaubte Lohmann, in dessen Kom­missariat der Fall gehörte, aus einigen, wie es zunächst schien, nebensächlichen Beobach­tungen Schlüsse ziehen zu können, die seiner weiteren Arbeit wenigstens so etwas wie eine Richtung gaben.

Anfangs hatte er das Attentat auf die Wahl­urnen nicht allzu ernst genommen. Eine ent­scheidende Fälschung des Wahlergebnisses war dadurch nicht erzielt worden. Das wäre in jedem Falle auch nur für das Stadtgebiet wahrscheinlich gewesen. Aber auch hier lagen die Einzelergebnisse der verschiedenen Par­teien so weit auseinander, daß die rund fünf­zehntausend Stimmen, die durch das Attentat ungültig gemacht worden waren, selbst wenn sie alle nur einer Partei zukämen, nicht ernst­lich ins Gewicht gefallen wären.

Die Suche nach den Tätern war ohne Erfolg geblieben. Auf die Aufforderung der Polizei hin meldeten sich eine Anzahl Augenzeugen, die aber fast in allen Punkten widersprechende Angaben machten. Einzig die Personenbeschrei­bungen stimmten für einige Gestalten über­ein. Doch damit allein kam man auch nicht weiter.

Lohmann war auch mit anderen Fällen in den letzten Tagen nicht weitergekommen. Es war wie verhext. Hoffmeister sollte noch immer nicht vernehmungsfähig sein. Dadurch verzögerte sich die Falschgeldaffäre, zu der er sicher einiges auszusagen hatte, ebenfalls emp­findlich.

Kent, an den man sich in dieser Sache hätte

Kriegsschauplatz oder Brücke?

Niemöllers Nein zur Remilitarisierung

Im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Bundesinnenminister Heinemann ist auch der Name Martin Niemöllers wieder einmal durch die Presse gegangen. Da Heinemann und Niemöller in der Frage der deutschen Remili­tarisierung übereinstimmen, ist es für unsere Leser sicher von Interesse, einmal die Argu­mente genau kennenzulernen, mit denen Nie­möller sein leidenschaftliches Nein begründet. Wir betonen dabei ausdrücklich, daß die Ver­öffentlichung der Argumente Niemöllers nicht bedeuten soll, die Redaktion identifiziere sich mit ihnen. Wir sehen sie vielmehr als einen Beitrag an, um dem Leser Gelegenheit zu geben, diese Argumente eines Teils der evan­gelischen Christen kennenzulernen und zu ih­nen selbst Stellung zu nehmen. Die folgenden Ausführungen sind von einem Pfarrer ge­schrieben auf Grund eines persönlichen Ge­sprächs, das in diesen Tagen mit dem würt- tembergischen Landesbruderrat der bekennen­den Kirche geführt worden ist.

Niemöller lehnt die Remilitarisierung West­deutschlands im jetzigen Augenblick aus fol­genden Gründen strikt ab:

1. Der Bolschewismus ist eine Macht, die mit militärischen Mitteln überhaupt nicht zu schlagen ist.Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den bösen Gei­stern unter dem Himmel (Epheser ff, 12). Wer meint, man könne den Bolschewismus mit militärischer Gewalt niederringen, unterschätzt seine Kraft, die dämonischen Ursprung und Charakter trägt.

2. Die Behauptung, daß eine stark aufge­rüstete 'Streitmacht die beste Garantie des Friedens sei, ist höchst fragwürdig. Das la­teinische SprichwortSi vis pacem, para bel­lum (Willst du Frieden, so rüste zum Krieg) ist durch die beiden Weltkriege, die hinter uns liegen, geschichtlich widerlegt. Das Ge­genteil ist richtig! Durch die Aufrüstung wird die Angst (die im Osten im Blick auf einen möglichen Angriff des Westens keineswegs geringer ist als bei uns im Westen im Blick auf einen möglichen Angriff des Ostens) und das Mißtrauen zwischen den Völkern gestei­gert. Es hat den Anschein, daß der Rüstungs­wettlauf, einmal ausgelöst, mit innerer Zwangsläufigkeit zum Krieg führt.

3. Ein Krieg zwischen West und Ost be­deutet, daß der Untergang Deutschlands besie­gelt ist. Die Meinung, daß die Aufstellung etlicher Divisionen deutscher Truppen unser Leben als Volk und unsere Zukunft irgend­wie garantieren könne, ist lächerlich. Entwe­der der Amerikaner rollt und wir haben die russische Atombombe oder der Russe rollt und wir haben die amerikanische Atombombe oder die Elbe bzw. der Raum zwischen Rhein und Elbe wird zum Schlachtfeld zwischen Ost und West. In jedem Fall werden wir die Zeche bezahlen. Wie das aussehen wird, mag sich jeder in einer schlaflosen Nacht vorstel­len. Es ist das physische Ende der Nation.

4. Dazu kommt, daß ein Krieg zwischen West und Ost für uns Deutsche den Bruder­krieg bedeutet. Mit Recht hat der Kirchen­tag in Essen dagegen seine leidenschaftliche Warnung aufgerichtet:Es darf niemals dahin kommen, daß Deutsche auf Deutsche schießen.

5. Um die Bestrebungen der östlichen Volksdemokratie (Pieck und Genossen), Ge­samtdeutschland in ihre Gewalt zu bringen, in Schach zu halten, sind die in Westdeutsch­land stationierten alliierten Einheiten zusam­men mit einem deutschen Polizeiaufgebot völlig ausreichend. Die Stärke der Volkspoli­zei beläuft sich auf rund 60 000 Mann, deren Bewaffnung ungenügend ist. Ein militärischer Angriff Rußlands auf Europa ist unwahr­scheinlich, solange nicht der westdeutsche Raum vom Kommunismus innerlich durch­setzt und für einen solchen Angriff reif ist.

6.. Die beste Abwehr gegen die geistige Infiltration des Kommunismus ist die Be­mühung um ein Höchstmaß sozialer Gerech­tigkeit. Wir haben in Westdeutschland 1,3 Mil­lionen Arbeitslose, 700 000 schulentlassene junge Leute ohne Ausbildungsmöglichkeit, 200 000 bis 300 000 streunende Jugendliche, 8 Millionen Flüchtlinge Verhältnisse also, die unsere ganze Kraft erfordern, um der inne­ren Anfälligkeit dieser Menschen für die kom­munistische Idee wirksam zu begegnen. Wird die Aufrüstung betrieben, so bedeutet das not­wendigerweise die Vernachlässigung der vor­dringlichsten sozialen Aufgaben. Man denke nur an den Wohnungsbau!Die einzige große Chance, einen militärischen Angriff von Osten her abzuwehren, ist die Verbesserung und

Nachrichten aus aller Welt

FRANKFURT. Nach den in Frankfurt vorlie­genden Informationen sollen die amerikanischen Truppen in Europa vorläufig monatlich um 4000 bis 5000 Mann verstärkt werden. Beabsichtigt ist auch, die 82. amerikanische Fallschirmjägerdivision, die etwa 18 000 Mann umfaßt, von North-Caro- lina (USA) nach dem Bundesgebiet zu verlegen.

BONN. Bundeskanzler Adenauer wird sich vor­aussichtlich Anfang nächster Woche nach Berlin begeben, um der Einweihung derFreiheits­glocke beizuwohnen und mit dem früheren amerikanischen Militärgouverneur in Deutsch­land, General Lucius D. Clay, zusammenzutreffen.

KIEL. Der ehemalige Leiter des Wiedergut­machungsreferates im Innenministerium von Schleswig-Holstein, Willi Neurath, und der frü­here Geschäftsführer des Sonderhilfsausschusses im Kreis Oldenburg, Ewald Witkowski, wurden zu fünf bzw. sechs Monaten Gefängnis verurteilt, weil sie gegen Geld und Wertgegenstände Haft- entschädigungs- und Rentenanträge schneller als sonst erledigt hatten.

BERLIN. Die Zuzugsbedingungen nach West­berlin, besonders aus dem sowjetisch besetzten Gebiet, sollen künftig verschärft werden. Nach dem neuen Zuzugsgesetz des Berliner Magistra­tes ist jeder Zuzug künftig genehmigungspflichtig.

BERN. Bei den großen Schweizer Herbstmanö­vern, die zurzeit durchgeführt werden, wird an­genommen, daßrote Feinddivisionen westlich des Bodensees die Grenze überschritten haben und in das Landesinnere vorge3toßen sind.Rot gelang es, die gegnerische Abriegelungsfront zu durchbrechen und bis nach Wattwil vorzustoßen.

AMSTERDAM. Vier Einbrecher wurden im Haager Friedenspalast auf frischer Tat ertappt,

als sie damit beschäftigt waren, den Geldschrank des internationalen Gerichtshofes aufzubrechen. Der sofort herbeigerufenen Kriminalpolizei ge­lang die Festnahme der vier nächtlichen Ein­dringlinge.

KOPENHAGEN. Die dänische Regierung hat am Dienstag 15 Deutsche, die wegen Kriegsver­brechen zu Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren ver­urteilt worden waren, begnadigt. Sie sollen in diesen Tagen an die dänisch-deutsche Grenze gebracht und den britischen Behörden in Deutsch­land übergeben werden.

LOCARNO. Die 25-Jahrfeier zur Unterzeich­nung des Locarnopaktes durch Vertreter Deutsch­lands, Italiens, Belgiens, Frankreichs, der Tsche­choslowakei, Polens und Großbritanniens im Jahre 1925 wurde in Locarno abgehalten. Der ein­zige Teilnehmer, der damals den Pakt mitunter­zeichnete, war der jetzt 71jährige Dr. Hans Lu­ther, der einstmalige Reichskanzler der Weima­rer Republik.

LONDON. Acht Besatzungsmitglieder kamen beim dritten Flugzeugzusammenstoß während der Herbstluftmanöver in Großbritannien ums Le­ben. Damit hat sich die Zahl der Todesopfer dieser Manöver, die unter dem NamenOpera­tion Emperor liefen, auf insgesamt 17 erhöht.

ISTANBUL. Die Massierung sowjetischer Trup­pen am Grenzdreieck UdSSR-Persien-Türkel mel­den zuverlässige Quellen in Istanbul.

MOSKAU. Die zweite Jahreskonferenz der Friedenskämpfer in der Sowjetunion, an der 1000 Delegierte darunter Vertreter aller reli­giösen Gruppen der UdSSR teilnehmen, ist eröffnet worden.

Noch 150 interniert

Vorläufig wenig Hoffnung für sie

WASHINGTON. Zurzeit werden noch rund 150 deutsche Einwanderer von den amerikani­schen Behörden auf Grund des neuen Staats­sicherheitsgesetzes auf der Einwandererinsel Ellis Island vor New York festgehalten. Es besteht wenig Hoffnung, daß über ihr Schick­sal entschieden wird, bevor der neue Kon­greß der USA Ende November wieder Zu­sammentritt.

Am Montag wurde der letzte der vorüber­gehend auf Ellis Island festgehaltenen deut­schen Geschäftsleute mit kurzfristigem Visum auf freien Fuß gesetzt.

Der republikanische Senator Ferguson, der an dem Entwurf des Sicherheitsgesetzes maßgeblich beteiligt war, beschuldigte am Sonntag hohe Regierungsbeamte der extremen und übertriebenen Auslegung des Gesetzes aus politischen Gründen. Generalanwalt Mc- G r a t h wies diese Erklärung entschieden zu­rück, wobei er ausführte, die aufgetretenen Schwierigkeiten seien nicht größer, als nach einem solchen Gesetz zu erwarten gewesen sei.

Stärkung des sozialen Fundaments der west­lichen Demokratie.

7. Die Zahl der Kommunisten in Deutsch­land ist heute noch erstaunlich gering, sie be­trägt im Westen rund 5 Prozent, im Osten nach dem Urteil von Kennern der Verhält­nisse was die innerlich Ueberzeugten anbe­langt, wahrscheinlich noch weniger (3 Froz.). Unser politisches Bemühen muß dahin gehen, den Rückzug aller Besatzungsmächte im We­sten und im Osten, die Wiederherstellung eines geeinten Deutschlands zu erzielen, wel­ches dieBrücke zwischen Ost und West bil­den kann. Die Aufspaltung Deutschlands be­deutet die permanente Kriegsgefahr. Sie wird durch die Remilitarisierung des Westens hoff­nungslos verfestigt..

8. Es ist nicht Schwärmerei, sondern die wahre politische Weisheit, wenn wir Chri­sten in Deutschland unsere Hilfe und Zuflucht nicht bei den alliierten Streitkräften, sondern bei dem lebendigen und allmächtigen Gott suchen.Weh denen, die hinabziehen gen Aegypten um Hilfe und verlassen sich auf Rosse und hoffen auf Wagen, daß ihrer viel sind und auf Reiter, darum daß sie sehr stark sind und halten sich nicht zum Heiligen in Israel und fragen nichts nach dem Herrn (Jes. 31, 1).

Soweit. in Kürze die Gründe, mit de­nen Niemöller sein leidenschaftliches Nein zur westdeutschen Remilitarisierung begründet. Es dürfte sich lohnen, sie zu hören und sehr ernsthaft zu überlegen, ehe wir unbesehen in das Abenteuer eines Krieges stürzen, von dem wir uns nichts als unsere Vernichtung versprechen.

Dr. Helmut Lamparter

Die Sadiverständigen

Am 27. Oktober Beratungen in Tübingen

TÜBINGEN. Das Staatsministerium in Tü­bingen hat beschlossen, als Vertreter von Württemberg-Hohenzollern Ministerialdirigent M o s t h a f vom Wirtschaftsministerium, Mi­nisterialrat Vowinkel vom Finanzministe­rium und Ministerialrat Dr. S t o r z vom In­nenministerium in die aus neun Sachverstän­digen zu bildende Kommission zu entsenden, welche nach den Beschlüssen der Wildbader Konferenz die Vorschläge Badens auf Bildung einer Arbeitsgemeinschaft zwischen den drei südwestdeutschen Ländern ausarbeiten soll.

Vom Stuttgarter Kabinett werden für Würt­temberg-Baden Staatssekretär Gögler, der Karlruher Oberlandesgerichtspräsident Mar­tens, und Ministerialrat Spreng genannt. Die Vorschläge bezüglich der drei Sachverstän­digen des Landes Baden sind aus Freiburg noch nicht eingegangen.

Es ist vorgesehen, daß die Kommission am 27. Oktober in Tübingen Zusammentritt.

halten können, war aus der Untersuchungs­haft entflohen. Eine Tatsache, die dem Kom­missar zunächst nicht hatte in den Schädel gehen wollen. Erst als er erfuhr, daß ein Wär­ter bewußt oder unbewußt diese Flucht unter­stützt hatte, wurde sie ihm verständlicher.

Kent hätte schon am nächsten Tag wieder verhaftet werden können, er hatte sein Auf­finden der Polizei nicht schwer gemacht. Aber Lohmann verzichtete darauf, er hatte sich zu einer anderen Behandlungsmethode entschlos­sen. Er ließ ihn beobachten. Da dies, um ihn in Sicherheit zu wiegen, sehr vorsichtig ge­schehen mußte, er andererseits aber den gan­zen Tage unterwegs war, konnte es allerdings trotzdem geschehen, daß er ohne Wissen der Polizei mit Leuten zusammenkam, für die sie sich interessieren müßte.

Auch der Wärter wurde zunächst nur beobachtet. Eine Verbindung mit Kent war bisher nicht festgestellt worden. Und doch war dann etwas Ueberraschendes geschehen. Der Wärter hatte sich mit einem Menschen getroffen, dessen Aeußeres genau mit der Be­schreibung übereinstimmte, die mehrere Au­genzeugen des Wahlattentats von einer der beteiligten Personen gegeben hatten.

Es war auch mit Sicherheit festgestellt wor­den, daß dieser Mensch an dem Attentat be­teiligt gewesen war. Dabei war man jedoch stehengeblieben. Er hatte jede Aussage ver­weigert, als man ihn schließlich verhaftet hatte.

So weit war man gekommen. Nun kombi­nierte Lohmann: Der Zusammenhang zwischen dem Verhafteten und dem Wärter stand fest. Der zwischen Wärter und Kent konnte als sicher gelten. Der zwischen Kent und der Geldfälscherbande ebenfalls. Lag es nicht auf der Hand, die einzelnen Fälle miteinander zu verbinden? War hier eine große Bande am Werk, auf deren Konto all die Verbrechen kamen, die seit einigen Monaten die öffentliche Ruhe so schwer störten? Der Fall des Falsch­geldes und der unaufgeklärt gebliebene An­

griff auf Hoffmeister erwiesen sich als ganz sicher zusammenhängend.

Diese Theorie veranlaßte den Leiter der Kriminalpolizei, Lohmann die gesamte Be­handlung dieser und eventuell weiterer noch hinzukommender Fälle zu übertragen.

Der Gerichtschemiker hatte den Pfeil, den Lohmann in dem Hotelzimmer gefunden und der auf Hoffmeister abgeschossen worden war, untersucht und tatsächlich, was schon Born als Vermutung ausgesprochen hatte, Skopolamin an der Spitze festgestellt.

Bei den Nachforschungen über die Herkunft des Pfeils stieß man auf eine sonderbare Tat­sache. Fachleute erklärten, der Pfeil sei aus der Borste eines Stachelschweins hergestellt, und es sei von den Buschmännern in Süd­afrika bekannt, daß sie solche Pfeile verwen­deten. Die Pfeile würden mit einem kleinen Bogen, der ebenfalls aus einer solchen Stachel­schweinborste hergestellt war, abgeschossen. Dieser Bogen war jedoch nicht gefunden wor­den.

Die weiteren Untersuchungen brachten zu­tage, daß sich in Breslau solche Pfeile und Bögen im Völkerkundemuseum befanden. Als man sich an die Leitung des Museums wandte und diese dann ihren Bestand nachprüfte, stellte sie fest, daß von den in den Listen auf­gezeichneten Bögen zwei und dazu zwanzig Pfeile fehlten.

Die leeren Lederköcher, die das Aussehen eines mit Glasperlen verzierten Fingerlings hatten, waren zurückgelegt worden. Aber an dem Glaskasten, aus dem sie gestohlen wor­den waren, konnte von einer gewaltsamen Oeffnung nichts entdeckt werden. Da« bildete ein neues Rätsel.

Der Vorgesetzte Lohmanns bedrängte ihn:

, Sie müssen nochmal zu Professor Born. Sie haben doch ganz deutlich im Fernsprecher Hoffmeister den Namen Mabuse aussprechen hören...

..Nein, das habe ich nicht, Herr Kriminalrat. Sehen Sie, wie diese Sache selbst Ihnen schon

zusetzt. Sie suggeriert Ihnen Dinge, die nicht geschehen sind. Ich habe nur an der Scheibe

Zeichen eingeritzt gefunden, die den Anfang des Namens Mabuse bedeuten und die je­mand mit der Hand auf dem Rücken einge­ritzt hat. Und dieser Jemand war aller Wahr­scheinlichkeit nach Hoffmeister. Aber sicher ist das nicht!

Hoffmeister ist trotzdem der einzige, der Wertvolles zu sagen weiß.

Wenn er nicht mit Atropin oder Skopol­amin vergiftet worden wäre. Als ich ihn sah, war er nicht bei Sinnen, und als Folge der Vergiftung soll eine Gedankenverwirrung ge­blieben sein.

Das sagt Born?

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Wie lange wird sie Vorhalten? Es ist doch anzunehmen, daß sie allmählich verschwindet. Sie müssen sich täglich bei Born nach Hoff­meister erkundigen und den ersten Augen­blick wahrnehmen, wo er vernehmungsfähig ist.

Die Bestimmung dieses Augenblicks steht allein bei Born!

Was wollen Sie damit sagen? fragte der Kriminalrat mißtrauisch.

Wir haben auf dem üblichen Weg, den Ver­stand und Erfahrung uns führten, nichts herausgefunden. Wir müssen nun einmal ver­suchen, vom Unwahrscheinlichen auszugehen."

Von Born, meinen Sie? rief überrascht und zweifelnd der Kriminalrat.

Nicht gerade. Ich will nicht genau das sagen. Nur im allgemeinen möchte ich von einer ganz unerwarteten Seite her zu einem neuen Angriff ansetzen.

Haben vielleicht irgendwelche Kombinatio­nen oder Konstruktionen, wie Sie sie ja lie­ben, Sie auf Born gebracht? fragte hart­näckig der Kriminalrat.

Kombinationen haben uns dahin gebracht, wo wir jetzt stehen. Vor ein Loch, in dem nichts ist. Hier muß etwas anderes helfen. Intuition! (tfiioj Sunz^as^iog)