6. Jahrgang
MITTWOCH, 18. OKTOBER 1950
Nummer 162
unsere Freiheit zu behaupten, sie zu opfern.“ Obwohl die Kommunisten, so fuhr er fort, eine bösartige, glänzend organisierte Gruppe bildeten, seien wir heute in der Gefahr, daß diejenigen, die eine bestimmte Methode im Kampf gegen den Kommunismus empfehlen, alle übrigen, die 9ich für andere Methoden einsetzten, als Kommunisten denunzierten. „Die Gefahr, unsere wesentlichen Freiheiten zu verlieren, indem wir mit falschen Mitteln für sie kämpfen, hat an unseren Universitäten einen kritischen Grad erreicht. Wir glauben daran, daß man eine schlechte Idee nicht dadurch bekämpft, daß man ihren Verbreiter ins Gefängnis wirft, sondern indem man ihre Falschheit aufdeckt und die Wahrheit verbreitet.“
Das sind mannhafte Worte, die auch dem, der die Entwicklung in den USA mit banger Sorge beobachtet, eine leise Hoffnung geben. Die Zahl der Männer, die heute noch den Mut haben, zu sagen, was sie denken, ohne sofort als Kommunisten oder als „fellow- travellers“ verschrieen zu werden, wird von Tag zu Tag kleiner. Es mehren sich die Fälle der Paßentziehung, der Brotlosmachung — nicht etwa von Kommunisten, sondern von Persönlichkeiten, die vor 14 Jahren einmal in Gesellschaft eines Kommunisten gesehen wurden. Es war ein tragischer Anblick, den verzweifelten, doch vergeblichen Kampf des Präsidenten Truman gegen das berüchtigte Gesetz HR 9490 zu beobachten, und es ist ebenso tragisch, sich der Tatsache bewußt zu werden, daß der Leidtragende dieser Hysterie nicht nur das freiheitliebende demokratische Volk, sondern alle echten Demokratien diesseits des eisernen Vorhangs sind.
„Rote-Kreuz M -Jahreskonferenz
Einheit gefährdet
MONTE CARLO. Bereits am ersten Tag der 21. Jahreskonferenz des internationalen Roten Kreuzes, an der Delegierte von 57 Nationen teilnehmen, traten scharfe Gegensätze zwischen Ost und West zutage. Zahlreiche Vertreter der Ostblockstaaten überschwemmten am Montag die Konferenz mit Resolutionen und Vorschlägen zur Aechtung der Atombombe und Anklage der USA als Angreifer und Kriegshetzer, so daß bereits die Befürchtungeiner Spaltung der Organisation laut wurde.
Punkte der Tagesordnung sind: Hilfsmaßnahmen in Nord- und Südkorea, Repatriierung griechischer Kinder, das Flüchtlingsproblem in Palästina, sowjetische Klagen über die angebliche Internierung russischer Kinder in Westdeutschland, sowie Hilfsmaßnahmen nach Atombombenangriffen.
Regierungskrise in Israel
Ben Gurion schlägt Minderheitsregierung vor
TEL AVIV. .Der Ministerpräsident von Israel, David Ben G u r i o n , gab am Sonntagabend den Rücktritt seines Kabinetts bekannt. Ben Gurion wurde von Staatspräsident Chaim Weizmann ersucht, nach einer Reihe von Konferenzen mit den Parteiführern eine neue Regierung zu bilden. Das Kabinett Ben Gurion war seit März 1949 im Amt.
Die Hoffnung Ben Gurions, sofort eine neue Regierung bilden zu können, hat sich nicht erfüllt. Er mußte am Montag im Parlament, das nach zweimonatiger Pause wieder zusammentrat, mitteilen, daß es ihm nicht gelungen sei, eine neue Mehrheitsregierung zu bilden und er deshalb die Einsetzung einer Minderheitsregierung und die unverzügliche Ausschreibung von Neuwahlen vorschlage.
Köhler zurückgetreten
BONN. Der bisherige Bundestagspräsident Dr. Köhler, der seit längerer Zeit wegen Krankheit beurlaubt war, ist jetzt zurückgetreten. Auf sein Mandat hat er bisher jedoch noch nicht verzichtet, obwohl man annimmt, daß Dr. Köhler in den auswärtigen Dienst eintreten wird.
Die CDU/CSU-Fraktion hat bereits in der vergangenen Woche Dr. Ehlers als Nachfolger Köhlers im Bundestagspräsidium vorgeschlagen.
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Roman ainai Dämons von Norbsrt Jecqua»
Copyright by Hoffmonn und Campe Vorlag, Hamburg
Die Ermittlungen der Kriminalpolizei hatten bisher zu keinem greifbaren Ergebnis geführt. Und doch glaubte Lohmann, in dessen Kommissariat der Fall gehörte, aus einigen, wie es zunächst schien, nebensächlichen Beobachtungen Schlüsse ziehen zu können, die seiner weiteren Arbeit wenigstens so etwas wie eine Richtung gaben.
Anfangs hatte er das Attentat auf die Wahlurnen nicht allzu ernst genommen. Eine entscheidende Fälschung des Wahlergebnisses war dadurch nicht erzielt worden. Das wäre in jedem Falle auch nur für das Stadtgebiet wahrscheinlich gewesen. Aber auch hier lagen die Einzelergebnisse der verschiedenen Parteien so weit auseinander, daß die rund fünfzehntausend Stimmen, die durch das Attentat ungültig gemacht worden waren, selbst wenn sie alle nur einer Partei zukämen, nicht ernstlich ins Gewicht gefallen wären.
Die Suche nach den Tätern war ohne Erfolg geblieben. Auf die Aufforderung der Polizei hin meldeten sich eine Anzahl Augenzeugen, die aber fast in allen Punkten widersprechende Angaben machten. Einzig die Personenbeschreibungen stimmten für einige Gestalten überein. Doch damit allein kam man auch nicht weiter.
Lohmann war auch mit anderen Fällen in den letzten Tagen nicht weitergekommen. Es war wie verhext. Hoffmeister sollte noch immer nicht vernehmungsfähig sein. Dadurch verzögerte sich die Falschgeldaffäre, zu der er sicher einiges auszusagen hatte, ebenfalls empfindlich.
Kent, an den man sich in dieser Sache hätte
Kriegsschauplatz oder Brücke?
Niemöllers Nein zur Remilitarisierung
Im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Bundesinnenminister Heinemann ist auch der Name Martin Niemöllers wieder einmal durch die Presse gegangen. Da Heinemann und Niemöller in der Frage der deutschen Remilitarisierung übereinstimmen, ist es für unsere Leser sicher von Interesse, einmal die Argumente genau kennenzulernen, mit denen Niemöller sein leidenschaftliches Nein begründet. Wir betonen dabei ausdrücklich, daß die Veröffentlichung der Argumente Niemöllers nicht bedeuten soll, die Redaktion identifiziere sich mit ihnen. Wir sehen sie vielmehr als einen Beitrag an, um dem Leser Gelegenheit zu geben, diese Argumente eines Teils der evangelischen Christen kennenzulernen und zu ihnen selbst Stellung zu nehmen. Die folgenden Ausführungen sind von einem Pfarrer geschrieben auf Grund eines persönlichen Gesprächs, das in diesen Tagen mit dem würt- tembergischen Landesbruderrat der bekennenden Kirche geführt worden ist.
„Niemöller lehnt die Remilitarisierung Westdeutschlands im jetzigen Augenblick aus folgenden Gründen strikt ab:
1. Der Bolschewismus ist eine Macht, die mit militärischen Mitteln überhaupt nicht zu schlagen ist. „Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den bösen Geistern unter dem Himmel“ (Epheser ff, 12). Wer meint, man könne den Bolschewismus mit militärischer Gewalt niederringen, unterschätzt seine Kraft, die dämonischen Ursprung und Charakter trägt.
2. Die Behauptung, daß eine stark aufgerüstete 'Streitmacht die beste Garantie des Friedens sei, ist höchst fragwürdig. Das lateinische Sprichwort „Si vis pacem, para bellum“ (Willst du Frieden, so rüste zum Krieg) ist durch die beiden Weltkriege, die hinter uns liegen, geschichtlich widerlegt. Das Gegenteil ist richtig! Durch die Aufrüstung wird die Angst (die im Osten im Blick auf einen möglichen Angriff des Westens keineswegs geringer ist als bei uns im Westen im Blick auf einen möglichen Angriff des Ostens) und das Mißtrauen zwischen den Völkern gesteigert. Es hat den Anschein, daß der Rüstungswettlauf, einmal ausgelöst, mit innerer Zwangsläufigkeit zum Krieg führt.
3. Ein Krieg zwischen West und Ost bedeutet, daß der Untergang Deutschlands besiegelt ist. Die Meinung, daß die Aufstellung etlicher Divisionen deutscher Truppen unser Leben als Volk und unsere Zukunft irgendwie garantieren könne, ist lächerlich. Entweder der Amerikaner rollt und wir haben die russische Atombombe oder der Russe rollt und wir haben die amerikanische Atombombe oder die Elbe bzw. der Raum zwischen Rhein und Elbe wird zum Schlachtfeld zwischen Ost und West. In jedem Fall werden wir die Zeche bezahlen. Wie das aussehen wird, mag sich jeder in einer schlaflosen Nacht vorstellen. Es ist das physische Ende der Nation.
4. Dazu kommt, daß ein Krieg zwischen West und Ost für uns Deutsche den Bruderkrieg bedeutet. Mit Recht hat der Kirchentag in Essen dagegen seine leidenschaftliche Warnung aufgerichtet: „Es darf niemals dahin kommen, daß Deutsche auf Deutsche schießen.“
5. Um die Bestrebungen der östlichen „Volksdemokratie“ (Pieck und Genossen), Gesamtdeutschland in ihre Gewalt zu bringen, in Schach zu halten, sind die in Westdeutschland stationierten alliierten Einheiten zusammen mit einem deutschen Polizeiaufgebot völlig ausreichend. Die Stärke der Volkspolizei beläuft sich auf rund 60 000 Mann, deren Bewaffnung ungenügend ist. Ein militärischer Angriff Rußlands auf Europa ist unwahrscheinlich, solange nicht der westdeutsche Raum vom Kommunismus innerlich durchsetzt und für einen solchen Angriff reif ist.
6.. Die beste Abwehr gegen die geistige „Infiltration“ des Kommunismus ist die Bemühung um ein Höchstmaß sozialer Gerechtigkeit. Wir haben in Westdeutschland 1,3 Millionen Arbeitslose, 700 000 schulentlassene junge Leute ohne Ausbildungsmöglichkeit, 200 000 bis 300 000 streunende Jugendliche, 8 Millionen Flüchtlinge — Verhältnisse also, die unsere ganze Kraft erfordern, um der inneren Anfälligkeit dieser Menschen für die kommunistische Idee wirksam zu begegnen. Wird die Aufrüstung betrieben, so bedeutet das notwendigerweise die Vernachlässigung der vordringlichsten sozialen Aufgaben. Man denke nur an den Wohnungsbau! „Die einzige große Chance, einen militärischen Angriff von Osten her abzuwehren, ist die Verbesserung und
Nachrichten aus aller Welt
FRANKFURT. Nach den in Frankfurt vorliegenden Informationen sollen die amerikanischen Truppen in Europa vorläufig monatlich um 4000 bis 5000 Mann verstärkt werden. Beabsichtigt ist auch, die 82. amerikanische Fallschirmjägerdivision, die etwa 18 000 Mann umfaßt, von North-Caro- lina (USA) nach dem Bundesgebiet zu verlegen.
BONN. Bundeskanzler Adenauer wird sich voraussichtlich Anfang nächster Woche nach Berlin begeben, um der Einweihung der „Freiheitsglocke“ beizuwohnen und mit dem früheren amerikanischen Militärgouverneur in Deutschland, General Lucius D. Clay, zusammenzutreffen.
KIEL. Der ehemalige Leiter des Wiedergutmachungsreferates im Innenministerium von Schleswig-Holstein, Willi Neurath, und der frühere Geschäftsführer des Sonderhilfsausschusses im Kreis Oldenburg, Ewald Witkowski, wurden zu fünf bzw. sechs Monaten Gefängnis verurteilt, weil sie gegen Geld und Wertgegenstände Haft- entschädigungs- und Rentenanträge schneller als sonst erledigt hatten.
BERLIN. Die Zuzugsbedingungen nach Westberlin, besonders aus dem sowjetisch besetzten Gebiet, sollen künftig verschärft werden. Nach dem neuen Zuzugsgesetz des Berliner Magistrates ist jeder Zuzug künftig genehmigungspflichtig.
BERN. Bei den großen Schweizer Herbstmanövern, die zurzeit durchgeführt werden, wird angenommen, daß „rote“ Feinddivisionen westlich des Bodensees die Grenze überschritten haben und in das Landesinnere vorge3toßen sind. „Rot“ gelang es, die gegnerische Abriegelungsfront zu durchbrechen und bis nach Wattwil vorzustoßen.
AMSTERDAM. Vier Einbrecher wurden im Haager Friedenspalast auf frischer Tat ertappt,
als sie damit beschäftigt waren, den Geldschrank des internationalen Gerichtshofes aufzubrechen. Der sofort herbeigerufenen Kriminalpolizei gelang die Festnahme der vier nächtlichen Eindringlinge.
KOPENHAGEN. Die dänische Regierung hat am Dienstag 15 Deutsche, die wegen Kriegsverbrechen zu Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren verurteilt worden waren, begnadigt. Sie sollen in diesen Tagen an die dänisch-deutsche Grenze gebracht und den britischen Behörden in Deutschland übergeben werden.
LOCARNO. Die 25-Jahrfeier zur Unterzeichnung des Locarnopaktes durch Vertreter Deutschlands, Italiens, Belgiens, Frankreichs, der Tschechoslowakei, Polens und Großbritanniens im Jahre 1925 wurde in Locarno abgehalten. Der einzige Teilnehmer, der damals den Pakt mitunterzeichnete, war der jetzt 71jährige Dr. Hans Luther, der einstmalige Reichskanzler der Weimarer Republik.
LONDON. Acht Besatzungsmitglieder kamen beim dritten Flugzeugzusammenstoß während der Herbstluftmanöver in Großbritannien ums Leben. Damit hat sich die Zahl der Todesopfer dieser Manöver, die unter dem Namen „Operation Emperor“ liefen, auf insgesamt 17 erhöht.
ISTANBUL. Die Massierung sowjetischer Truppen am Grenzdreieck UdSSR-Persien-Türkel melden zuverlässige Quellen in Istanbul.
MOSKAU. Die zweite Jahreskonferenz der „Friedenskämpfer“ in der Sowjetunion, an der 1000 Delegierte — darunter Vertreter aller religiösen Gruppen der UdSSR — teilnehmen, ist eröffnet worden.
Noch 150 interniert
Vorläufig wenig Hoffnung für sie
WASHINGTON. Zurzeit werden noch rund 150 deutsche Einwanderer von den amerikanischen Behörden auf Grund des neuen Staatssicherheitsgesetzes auf der Einwandererinsel Ellis Island vor New York festgehalten. Es besteht wenig Hoffnung, daß über ihr Schicksal entschieden wird, bevor der neue Kongreß der USA Ende November wieder Zusammentritt.
Am Montag wurde der letzte der vorübergehend auf Ellis Island festgehaltenen deutschen Geschäftsleute mit kurzfristigem Visum auf freien Fuß gesetzt.
Der republikanische Senator Ferguson, der an dem Entwurf des Sicherheitsgesetzes maßgeblich beteiligt war, beschuldigte am Sonntag hohe Regierungsbeamte der extremen und übertriebenen Auslegung des Gesetzes aus politischen Gründen. Generalanwalt Mc- G r a t h wies diese Erklärung entschieden zurück, wobei er ausführte, die aufgetretenen Schwierigkeiten seien nicht größer, als nach einem solchen Gesetz zu erwarten gewesen sei.
Stärkung des sozialen Fundaments der westlichen Demokratie“.
7. Die Zahl der Kommunisten in Deutschland ist heute noch erstaunlich gering, sie beträgt im Westen rund 5 Prozent, im Osten — nach dem Urteil von Kennern der Verhältnisse — was die innerlich Ueberzeugten anbelangt, wahrscheinlich noch weniger (3 Froz.). Unser politisches Bemühen muß dahin gehen, den Rückzug aller Besatzungsmächte im Westen und im Osten, die Wiederherstellung eines geeinten Deutschlands zu erzielen, welches die „Brücke“ zwischen Ost und West bilden kann. Die Aufspaltung Deutschlands bedeutet die permanente Kriegsgefahr. Sie wird durch die Remilitarisierung des Westens hoffnungslos verfestigt..
8. Es ist nicht Schwärmerei, sondern die wahre politische Weisheit, wenn wir Christen in Deutschland unsere Hilfe und Zuflucht nicht bei den alliierten Streitkräften, sondern bei dem lebendigen und allmächtigen Gott suchen. „Weh denen, die hinabziehen gen Aegypten um Hilfe und verlassen sich auf Rosse und hoffen auf Wagen, daß ihrer viel sind und auf Reiter, darum daß sie sehr stark sind und halten sich nicht zum Heiligen in Israel und fragen nichts nach dem Herrn“ (Jes. 31, 1).
Soweit —. in Kürze — die Gründe, mit denen Niemöller sein leidenschaftliches Nein zur westdeutschen Remilitarisierung begründet. Es dürfte sich lohnen, sie zu hören und sehr ernsthaft zu überlegen, ehe wir unbesehen in das Abenteuer eines Krieges stürzen, von dem wir uns nichts als unsere Vernichtung versprechen.
Dr. Helmut Lamparter“
Die Sadiverständigen
Am 27. Oktober Beratungen in Tübingen
TÜBINGEN. Das Staatsministerium in Tübingen hat beschlossen, als Vertreter von Württemberg-Hohenzollern Ministerialdirigent M o s t h a f vom Wirtschaftsministerium, Ministerialrat Vowinkel vom Finanzministerium und Ministerialrat Dr. S t o r z vom Innenministerium in die aus neun Sachverständigen zu bildende Kommission zu entsenden, welche nach den Beschlüssen der Wildbader Konferenz die Vorschläge Badens auf Bildung einer Arbeitsgemeinschaft zwischen den drei südwestdeutschen Ländern ausarbeiten soll.
Vom Stuttgarter Kabinett werden für Württemberg-Baden Staatssekretär Gögler, der Karlruher Oberlandesgerichtspräsident Martens, und Ministerialrat Spreng genannt. Die Vorschläge bezüglich der drei Sachverständigen des Landes Baden sind aus Freiburg noch nicht eingegangen.
Es ist vorgesehen, daß die Kommission am 27. Oktober in Tübingen Zusammentritt.
halten können, war aus der Untersuchungshaft entflohen. Eine Tatsache, die dem Kommissar zunächst nicht hatte in den Schädel gehen wollen. Erst als er erfuhr, daß ein Wärter bewußt oder unbewußt diese Flucht unterstützt hatte, wurde sie ihm verständlicher.
Kent hätte schon am nächsten Tag wieder verhaftet werden können, er hatte sein Auffinden der Polizei nicht schwer gemacht. Aber Lohmann verzichtete darauf, er hatte sich zu einer anderen Behandlungsmethode entschlossen. Er ließ ihn beobachten. Da dies, um ihn in Sicherheit zu wiegen, sehr vorsichtig geschehen mußte, er andererseits aber den ganzen Tage unterwegs war, konnte es allerdings trotzdem geschehen, daß er ohne Wissen der Polizei mit Leuten zusammenkam, für die sie sich interessieren müßte.
Auch der Wärter wurde zunächst nur beobachtet. Eine Verbindung mit Kent war bisher nicht festgestellt worden. Und doch war dann etwas Ueberraschendes geschehen. Der Wärter hatte sich mit einem Menschen getroffen, dessen Aeußeres genau mit der Beschreibung übereinstimmte, die mehrere Augenzeugen des Wahlattentats von einer der beteiligten Personen gegeben hatten.
Es war auch mit Sicherheit festgestellt worden, daß dieser Mensch an dem Attentat beteiligt gewesen war. Dabei war man jedoch stehengeblieben. Er hatte jede Aussage verweigert, als man ihn schließlich verhaftet hatte.
So weit war man gekommen. Nun kombinierte Lohmann: Der Zusammenhang zwischen dem Verhafteten und dem Wärter stand fest. Der zwischen Wärter und Kent konnte als sicher gelten. Der zwischen Kent und der Geldfälscherbande ebenfalls. Lag es nicht auf der Hand, die einzelnen Fälle miteinander zu verbinden? War hier eine große Bande am Werk, auf deren Konto all die Verbrechen kamen, die seit einigen Monaten die öffentliche Ruhe so schwer störten? Der Fall des Falschgeldes und der unaufgeklärt gebliebene An
griff auf Hoffmeister erwiesen sich als ganz sicher zusammenhängend.
Diese Theorie veranlaßte den Leiter der Kriminalpolizei, Lohmann die gesamte Behandlung dieser und eventuell weiterer noch hinzukommender Fälle zu übertragen.
Der Gerichtschemiker hatte den Pfeil, den Lohmann in dem Hotelzimmer gefunden und der auf Hoffmeister abgeschossen worden war, untersucht und tatsächlich, was schon Born als Vermutung ausgesprochen hatte, Skopolamin an der Spitze festgestellt.
Bei den Nachforschungen über die Herkunft des Pfeils stieß man auf eine sonderbare Tatsache. Fachleute erklärten, der Pfeil sei aus der Borste eines Stachelschweins hergestellt, und es sei von den Buschmännern in Südafrika bekannt, daß sie solche Pfeile verwendeten. Die Pfeile würden mit einem kleinen Bogen, der ebenfalls aus einer solchen Stachelschweinborste hergestellt war, abgeschossen. Dieser Bogen war jedoch nicht gefunden worden.
Die weiteren Untersuchungen brachten zutage, daß sich in Breslau solche Pfeile und Bögen im Völkerkundemuseum befanden. Als man sich an die Leitung des Museums wandte und diese dann ihren Bestand nachprüfte, stellte sie fest, daß von den in den Listen aufgezeichneten Bögen zwei — und dazu zwanzig Pfeile — fehlten.
Die leeren Lederköcher, die das Aussehen eines mit Glasperlen verzierten Fingerlings hatten, waren zurückgelegt worden. Aber an dem Glaskasten, aus dem sie gestohlen worden waren, konnte von einer gewaltsamen Oeffnung nichts entdeckt werden. Da« bildete ein neues Rätsel.
Der Vorgesetzte Lohmanns bedrängte ihn:
, Sie müssen nochmal zu Professor Born. Sie haben doch ganz deutlich im Fernsprecher Hoffmeister den Namen Mabuse aussprechen hören...“
..Nein, das habe ich nicht, Herr Kriminalrat. Sehen Sie, wie diese Sache selbst Ihnen schon
zusetzt. Sie suggeriert Ihnen Dinge, die nicht geschehen sind. Ich habe nur an der Scheibe
Zeichen eingeritzt gefunden, die den Anfang des Namens Mabuse bedeuten und die jemand mit der Hand auf dem Rücken eingeritzt hat. Und dieser Jemand war aller Wahrscheinlichkeit nach Hoffmeister. Aber sicher ist das nicht!“
„Hoffmeister ist trotzdem der einzige, der Wertvolles zu sagen weiß.“
„Wenn er nicht mit Atropin oder Skopolamin vergiftet worden wäre. Als ich ihn sah, war er nicht bei Sinnen, und als Folge der Vergiftung soll eine Gedankenverwirrung geblieben sein.“
„Das sagt Born?“
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Wie lange wird sie Vorhalten? Es ist doch anzunehmen, daß sie allmählich verschwindet. Sie müssen sich täglich bei Born nach Hoffmeister erkundigen und den ersten Augenblick wahrnehmen, wo er vernehmungsfähig ist.“
„Die Bestimmung dieses Augenblicks steht allein bei Born!“
„Was wollen Sie damit sagen?“ fragte der Kriminalrat mißtrauisch.
„Wir haben auf dem üblichen Weg, den Verstand und Erfahrung uns führten, nichts herausgefunden. Wir müssen nun einmal versuchen, vom Unwahrscheinlichen auszugehen."
„Von Born, meinen Sie?“ rief überrascht und zweifelnd der Kriminalrat.
„Nicht gerade. Ich will nicht genau das sagen. Nur im allgemeinen möchte ich von einer ganz unerwarteten Seite her zu einem neuen Angriff ansetzen.“
„Haben vielleicht irgendwelche Kombinationen oder Konstruktionen, wie Sie sie ja lieben, Sie auf Born gebracht?“ fragte hartnäckig der Kriminalrat.
„Kombinationen haben uns dahin gebracht, wo wir jetzt stehen. Vor ein Loch, in dem nichts ist. Hier muß etwas anderes helfen. Intuition!“ (tfiioj Sunz^as^iog)