HEIMATBOTE FÜR DEN BEZIRK NAGOLD

MITTWOCH, 18. OKTOBER 1950

G. JAHRGANG / NR. 162

ÜBERPARTEILICHE HEIMATZEITUNG

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Kritische Lage in Indochina

Grenzgarnison Langson letzter Stützpunkt im Norden / Besorgnis in Washington

Staaten ausgeliefert werde, damit die drei Länder zu Vollverbündeten im Kampf gegen die Vietminh würden und die kommunistische Propagandaparole entkräftet werde, daß die Franzosen in Indochina eine neue Kolonial­herrschaft errichten wollten.

B ® ^ ® ® Dienstag trafen auf dem Luftwege der Befehlshaber der französischen

rei krafte in Nordafrika, General J u i n, und der Minister für die überseeischen Gebiete, L e t o u r n e a u in Saigon ein, um sich auf einer lOtägigen Besichtigungsreise über die t 6 » , I ?" och,na zu unterrichten und dem französischen Kabinett nach ihrer Rück- Kenr Bericht erstatten zu können. Die von den französischen Behörden Indochinas am Mon­tag bekanntgegebene Evakuierung der Zivilisten aus der in der Nähe der chinesischen Grenze gelegenen Stadt Langson wird, wie das Oberkommando am Dienstag mitteilte, durch einen hat WCren ^ ai * un behindert, der die Grenzstraße an mehreren Stellen unpassierbar gemacht

Trotz der Zusicherung französischer Stellen, daß die Verteidigung Hanois, der Hauptstadt von Tongking gesichert sei, ist ein Teil der Bewohner bereits nach Saigon geflohen.

Die französische Verteidigung im Norden Stützt sich jetzt nur noch auf die Grenzgarni­son Langson und das etwa 20 km nordwest­lich gelegene Dongdang, da in den letzten Ta­gen noch weitere Grenzposten geräumt wer­den mußten. Langson liegt an der Hauptein­fallstraße von China und ist der einzige fran­zösische Luftstützpunkt an der nordindochi­nesischen Grenze.

Ein Teil der Besatzungen der aufgegebenen Grenzposten konnte sich durchschlagen, wäh­rend die Nachhuten dieser Truppen als ver­loren gelten dürfen.

Nach Meldungen aus Washington beginnt man dort die immer ernster werdende Lage in Indochina mit der gleichen Besorgnis zu betrachten, wie seinerzeit die Vorgänge in Ko­rea. Außenminister Acheson hat

Zahlreiche Frontberichte zeigen, daß die kommunistisch geführten 'Vietminh, deren Ausbildung und Bewaffnung durch chinesische Kommunisten und möglicherweise auch durch sowjetische Spezialisten erfolgte, inzwischen zu einer regulären Armee geworden sind.

Heikle Probleme

PARIS. Das französische Parlament, das am Dienstag nach Abschluß seiner Sommer- ferien erstmals wieder zusammentrat, muß- sich sofort mit mehreren Problemen befas­sen, von denen eines immer heikler »und drin­gender als das andere ist: Indochina, die

Bis jetzt sind zwölf indochinesische Batail- Wahlreform, die Beteiligung der Bundesrepu-

lone mit amerikanischen Waffen ausgerüstet worden. Nach französischen Plänen sollen bis zum Frühjahr weitere 18 Bataillone und 40 000 Mann Reservetruppen aufgestellt werden.

Von französischer Seite wird behauptet, die 150 000 Mann starke französische Armee in Indochina, der auch viele Deutsche angehören, würde durchaus in der Lage sein, die Viet- minh-Truppen abzuwehren, wenn sie mehr Artillerie, Flugzeuge, Fahrzeuge und anderes Kriegsgerät erhalten würde.

blik an der westeuropäischen Verteidigung, Preissteigerungen, die Dienstzeitverlängerung und das Loch im Staatshaushalt.

Für die Regierung wird die Debatte über die Wiederaufrüstung Deutschlands beson­ders gefährlich werden. Man hält es durch­aus für möglich, daß sie zu einem Sturz der erst drei Monate alten Regierung Pleven füh­ren könnte. Schärfster Gegner einer Wieder­aufrüstung sind neben den Kommunisten die Sozialisten.

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Grenzposten

zwar

erklärt, daß die Re­gierung der USA nicht daran denke, Truppen nach Indo­china zu schicken, doch entnimmt man dieser diplomati­schen Formulierung, daß sie nur besage, es sei bisher ein derartiger Beschluß noch nicht für notwendig gehalten worden.

Acheson soll, wie am Dienstag gemeldet wurde, Frankreich aufgefordert haben, den drei indochinesischen Staaten Vietnam, Laos und Cambodscha größere Selbständigkeit zu geben. Er habe darauf bestanden, daß die amerika

Ein mißverstandener Brief?

Niemöllers Erklärungen über die Aufstellung deutscher Truppenkontingente

BONN. Die Mitteilung des Kirchenpräsiden­ten Martin Niemöller, man habe einen ehemaligen deutschen General mit der Auf­stellung von deutschen Einheiten beauftragt, hat überall das größte Aufsehen erregt. In den westlichen Hauptstädten hat man die Be­hauptung Niemöllers sehr skeptisch aufge­nommen, in Washington erklärte ein Spre-

ralleutnant Paul Mahlmann, der die Be­hauptung Niemöllers ausdrücklich dementiert. Er habe zwar einen Brief an seinen ehemali­gen Kriegskameraden, den jetzigen General­sekretär Niemöllers und früheren General Dr. Franz Beyer, geschrieben, die zitierten Sät­ze, er führe einen Organisationsstab, der deut­sche Einheiten für eine europäische Armee

eher des Auswärtigen Amts, es sei dort nichts aufstelle, seien jedoch mißverstanden wor- davon bekannt, daß ein deutscher General den.

mit der Aufstellung von Truppenkontingen­ten für die geplante Westarmee beauftragt worden sei.

Inzwischen hat sich auch der Schreiber des nische Waffenhilfe unmittelbar ah die drei Briefes gemeldet. Es ist der ehemalige Gene-

99,7 Prozent stimmten für Einheitsliste

Das Endergebnis der Sowjeizonenwahlen / Scharfe Kritik

Er habe sich, so erklärte Mahlmann, in sei­nem Brief auf seine Einstellung bei den Würz­burger Arbeitskompanien der amerikanischen Armee bezogen, doch habe er die Bezeich­nungArbeitskompanie nicht gewählt weil er befürchtete, dieser Ausdruck würde nicht verstanden werden. Er sei am 1. Oktober im Range eines Majors verpflichtet worden, die ihm unterstehenden vier Arbeitskompanien seien im Wachdienst bei Vorratslagern und anderen militärischen Einrichtungen der US-

BERLIN. Nach dem vorläufigen Endergebnis beteiligung das Land Sachsen mit 98 08 »A In h^LiSriei ^Sfsungl? odlr XndeXn- haben sich in den fünf Ländern der Sowjet- Brandenburg stimmten 99,9 »/o für die Ein- gen> weder offlzieU noch inoffiziell zu haben Zonenrepublik 98,44/« der Wahlberechtigten an heitsliste, wahrend Thüringen mit 99°/o den wonach beabsichtigt sei aus diesen Arbeits- den Wahlen beteiligt. 99,7 °/o haben für die geringsten Anteil an Ja-Stimmen aufzuweisen kompanien (Labour Service Centers) ein deut- Einheitslisten gestimmt. hatte. sches Truppenkontingent zu erstellen.

Im einzelnen geben die Wahlergebnisse fol- Bundeskanzler Adenauer bezeichnete die Die Mitglieder der Arbeitskompanien sind gendes Bild: Wahlberechtigte 12 331 905, Zahl Wahlen alsBluff und Betrug und stellte Angestellte, die schwarz gefärbte amerikani- der abgegebenen Stimmen 12139 932 = 98,44%; fest, daß die SED den Wahlbetrugnoch sehe Uniformen tragen mit roten Dienstgrad-

davon 12124 289 gültige und 15 643 ungültige besser als die Nazis verstehe. abzeichen auf den Schulterklappen. Die ein-

Stimmen. Auf die Kandidaten der Einheits- pjj e Sowjetzonen wählen sind ungültig, er- zi ? e , Waffenausbildung die vorgenommen liste entfielen 12 088 745. Gegen die Kandida- kiä r te ein maßgeblicher Diplomat des Quai ' vlrc L er f°gt, wie bereits kürzlich berichtet, ten entschieden sich 35 544. dOrsay. Die alliierte Hohe Kommission habe SX \ n6 u Die j 6r kaserniert,

Die höchste Wahlbeteiligung hatte das Land bereits vor der Wahl den russischen General °? nen a ^P erhalb de ® Dienstes jeder-

Mecklenburg mit 99,14 »/o, .die niederste Wahl- JUikow von dieser Auffassung der West-

machte unterrichtet. quartiers in Heidelberg erklärten, es sei nicht

Bundesminister Jakob Kaiser sagte, der beabsichtigt, die Arbeitskompanien, weder als Ablauf des Wahlmanövers in der Sowjetzone deutsche noch als andere Kontingente, in eine habe noch einmal gezeigt, wie die Bevölke- europäische Armee einzugliedern, rung der vergewaltigten Zone in Wahrheit Amtliche Stellen in Bonn erklären, daß zwi- denke. Dem terroristischen Druck äußerlich sehen der Bundesregierung und dem Organi- weichend, hätten die Männer und Frauen ihre sationsstab für Arbeitseinheiten in Würzburg sogenannten Wahlscheine in der Gewißheit keinerlei Verbindungen bestehen. Sie wiesen abgegeben, daß weder die freie Welt noch auch die Behauptung Niemöllers zurück, daß ihre Bedrücker dieses ganze Manöver anders in der Bundesrepublik bereits eine Waffen­ais einen großen Wahlbetrug deuten können. industrie vorhanden sei.

Der ehemalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Frhr. Emst von Weizsäcker, ist am Montag nach 3'hfähriger Haft aus dem Kriegsverbrecher­gefängnis Landsberg entlassen worden. Das Bild zeigt ihn zusammen mit seiner Frau beim Ver­lassen des Gefängnisses. Weizsäcker hat sich be­reits nach Lindau, wo seine Familie wohnt, begeben.

Teuer und unergiebig

Rundfunkrede Trumans

' WASHINGTON. Während die Welt sich noch in Spekulationen über die Beschlüsse der Konferenz zwischen Truman und McAr- thur ergeht, haben die amerikanischen Zei­tungsverleger festgestellt, daß die Konferenz für sie wenig ergiebig gewesen ist. Die Aus­gaben hätten sich in keiner Weise gelohnt.

In den Vereinigten Staaten nimmt man an, daß die wesentlichsten Abmachungen überhaupt nicht veröffentlicht werden. Nach Ansicht der amerikanischen Leitartikler liegt die einzige Möglichkeit, über das Wesen die­ser Entscheidungen etwas zu erfahren in einer genauen Beobachtung der amerikani­schen Fernostpolitik in der nächsten Zeit. In diesem Zusammenhang interessiert man sich in Washington besonders dafür, an welchem Punkt die UN-Streitkräfte in Korea Halt machen werden, um keine Zwischenfälle mit der Sowjetunion heraufzubeschwören.

Präsident Truman ist am Montagabend in San Franzisko eingetroffen. Am Dienstag­abend hielt er eine Rundfunkrede an das amerikanische Volk, wobei er über seine Be­sprechung, die er mit General McArthur hatte, berichtete.

Noch 14 Tage

Britisches Parlament tagt wieder

LONDON. Das britische Parlament ist am Dienstag nach vierwöchiger Pause, in der die drei großen Parteien des Landes ihre Jah­reskongresse abhielten, wieder zusammenge­treten.

In politischen Kreisen rechnet man damit, daß die Konservativen in den letzten vier­zehn Tagen dieser Sitzungsperiode jede Ge­legenheit wahmehmen werden, um die La- bourregierung zu Fall zu bringen.Daily He­rold kündigte an, der erste Versuch dürfte heute stattfinden, wenn das Parlament über den Jahresbericht des britischen Transport­ausschusses debattiere.

30 km vor Pjoengjang

TOKIO. Die Spitzen der unaufhaltsam gegen Pjoengjang vorrückenden amerikanischen und südkoreanischen Streitkräfte standen am Diens­tag nur noch 30 km von der Hauptstadt Nord­koreas entfernt. Eine amerikanische und drei südkoreanische Divisionen rücken unauf­haltsam von Süden, Südosten und Osten vor.

In Tokio nimmt man von gut unterrichteter Seite an. daß der Entscheidungskampf um Pjoengjang unmittelbar bevorsteht.

Mit brennender Sorge ...

Von einem gelegentlichen Mitarbeiter wird uns geschrieben:

Wer die Entwicklung in den Vereinigten Staaten Jahre hindurch an Ort und Stelle und dann wieder von Europa aus zu beob­achten Gelegenheit hatte, dem kommen un­willkürlich die ausdrucksvollen Eingangs­worte der päpstlichen EnzyklikaMit bren­nender Sorge in den Sinn.

Der Durchschnittsleser, der wenig Gelegen­heit hat, sich mit der Struktur und Entwick­lung amerikanischer Politik zu befassen, horchte in diesen Tagen zum erstenmal auf, als er die Wirkung jenes (an dieser Stelle besprochenen) dilettantischsten aller Mach­werke des amerikanischen Kongresses zu ver­spüren bekam, als ihm klar gemacht wurde, daß im Namen der Kommunistenverfolgung deutsche Austauschstudenten, österreichische Künstler und Schauspieler in Elfis Island festgesetzt werden, und daß Toscanini nur mit Mühe einer Verhaftung entging.

In Wirklichkeit aber liegen die Dinge viel ernster. Es geht nicht um eine Hysterie, die mitunter ein Volk erfaßt, und die wieder vergeht. Es geht um weit Höheres: um die Idee der Freiheit. Wir müssen ohne Ueber- treibung feststellen, daß diese Idee sich heute in den Vereinigten Staaten in einer' unge­heuren gefahrdrohenden Krise befindet, in einer Krise, die deshalb so gefährlich ist, weil sie geeignet ist, jungerwachte Freiheitsgefühle in Europa zu ersticken. Wenn heute eine Te­levisionskünstlerin in New York von einer Stunde zur anderen entlassen wird, weil sie im Jahre 1939 am späten Abend ihr Auto ein paar Menschen zur Verfügung stellte, von denen es sich heute herausstellt, daß sie da­mals Kommunisten waren, wenn man heute nicht mehr wagen darf zu sagen, daß man in Francos Bürgerkrieg, den er mit Hilfe deut­scher Nationalsozialisten und italienischer Faschisten gegen sein eigenes Volk führte, auf Seiten der demokratischen Parteien stand, wenn man sich in einem öffentlichen Lokal in leisem Gespräch nicht mehr alsLiberaler bezeichnen darf, ohne daß alles sich ängstlich umdreht dann stimmt etwas nicht. Dann ist etwas in der amerikanischen Demokratie definitely wrong.

Besonders beängstigend ist es, wenn man in diesem Lande, das sich auf Grund seiner wahrhaft demokratischen Verfassung stets mit einem gewisen Recht als Vorkämpfer der Demokratie bezeichnete, Methoden angewandt sieht, die in erschreckender Weise eine Nach­ahmung totalitärer Maßnahmen bedeuten. Es geschieht fast täglich etwas, was im Namen der Demokratie zur Kritik herausfordert, fast täglich etwas, was mit Schrecken an Vorgänge in den Ländern hinter dem eisernen Vorhang oder in Hitler-Deutschland oder Mussolini- Italien erinnert. Am erschütterndsten von al­lem ist vielleicht die Bestimmung des neuen Gesetzes, das die Einführung von Konzen­trationslagern vorsieht. Es ist schon so, wie ein amerikanischer Kommentator kürzlich schrieb: Würden die Väter der amerikanischen Konstitution sehen, was ihre Erben aus die­ser gemacht haben, sie würden sich in ihren Gräbern drehen.

Als der italienische Faschismus ein Bollwerk gegen die Entwicklung freiheitlicher Gedan­ken auf den Universitäten errichten wollte, als mit anderen Worten, die Wissenschaft in den Dienst der totalitären Politik gestellt wurde, kam Mussolini auf die Idee, einen be­sonderenLoyalitätseid von den Hochschul­lehrern zu fordern. Wer ihn verweigerte, flog. Wer hätte noch vor wenigen Jahren für mög­lich gehalten, daß die Vereinigten Staaten, das Land der Meinungsfreiheit, diesem Bei­spiel eines totalitären Staates folgen und ih­ren Hochschullehrern gleichfalls einen solchen Eid auferlegen und sie gleichfalls mit derselben Folge, nämlich der unehrenhaften Entlassung, bedrohen würden? Und doch ist auch das heute zur traurigen Wahrheit geworden. An der Universität von Illinois zwang Präsident Stod- dard die Mitglieder seiner Fakultät, den Loy­alitätseid abzulegen, wobei die Begründung, die er gab, nicht sehr überzeugend, noch we­niger wissenschaftlich oder politisch fundiert erscheint. Er meinte, was von so vielen Men­schen gefordert werde, könnte den paar Do­zenten gegenüber keinen Verdacht erwecken, und da auf diesem Planeten, auf dem die Re­gierung einen so großen Einfluß ausübe. man ohnehin gelegentlich auf irgend etwas schwö­ren müsse, so komme es auf diesen Eid auch nicht mehr an.

Der einzige Trost in dieser verwirrenden und unheilvollen Situation ist die Tatsache, daß ein paar unabhängige Männer noch heute den Mut haben, öffentlich gegen derartige Verletzungen des Geistes der Verfassung zu protestieren. Leider sind es nur noch wenige. Die meisten sind verstummt, da sie sich vor dem, was die Anhänger eines freien Ame­rika alswitch-hunt verhöhnen, fürchten. Präsident Dubridge vom Technologischen In­stitut in Kalifornien warnte vor wenigen Tagen vor derGefahr, in dem Kampf,