6. Jahrgang
FREITAG, 13. OKTOBER 1950
Nummer 159
Von Elbing bis Stettin
Eine Reise entlang der Ostseeküste — In Danzig leben 200 000 Polen
Ratternd fährt der polnische Personenzug in die Hafenstadt Elbing ein. Das mittelalterliche Stadtbild dieser zur Wojewodschaft Danzig gehörenden Seestadt hat sich stark verändert. Die schmalen hohen Bürgerhäuser stehen zum größten Teil zwar noch, aber ihre mit lustigen und symbolisierenden Zeichen versehenen Fassaden und Treppengiebel wurden nach polnischen Gesichtspunkten restauriert. Balkanisches Treiben herrscht heute auf dem alten Fischmarkt. Das Mälzenbräuer Zunfthaus wurde Sitz eines russichen Militärstabes, und auf der Speicherinsel, die abgesperrt ist, sind russische Panzereinheiten stationiert. Auf der Schichau-Werft arbeiten 5000 polnische Arbeiter. Russische Schnellboote und Küstenfahrzeuge liegen im Hafen von „Elblag“ (Elbing), da dieser Seehafen als Stützpunkt in das russische Befestigungssystem jenseits der Oder eingegliedert wurde.
„Fahrt nach Marienburg und besucht die historische Stätte“ fordert das polnische Reisebüro „Orbis“ die reiselustige Prominenz in zahllosen Prospekten auf. So ist das historische Wahrzeichen der Stadt, die berühmte Burg, ein beliebtes Ausflugsziel für polnische Touristen geworden. Heute hat man hier ein slawisches Museum eingerichtet, in dem durch eine Geschichtsausstellung der „urslawische Charakter“ dieses Bauwerks dokumentiert werden soll. Russische und polnische Uniformen beherrschen. das Straßenbild der Stadt. Deutsche Bewohner sind nicht anzutreffen.
Nach zweistündiger Fahrt erreichen wir Danzig. Das stark pulsierende Leben früh- berer Jahre ist noch nicht wieder an allen Stellen zu spüren. Auf der langen Brücke, auf der Speicherinsel, an der Kuhbrücke bis zur Aschenbrücke hinunter, wo einst starker Schiffsverkehr herrschte, ist es jetzt sehr ruhig. Ein buntes Völkergemisch trifft man im Hafenviertel und in den wenig zerstörten Vororten Johannistal und Langfuhr an. Die stehenge- bliebenen Häuser der Altstadt, in Neüfahr- wasser, Heubude, Schidlitz, Ohra und Petershagen wirken wie winzige Oasen in einer Wüste. Die herrliche Pfarrkirche St. Marien erscheint jetzt als ein gewaltiger imposanter Bau, da alle kleinen ausgebrannten Häuser in der Nachbarschaft weggeräumt wurden. Das Innere des Gotteshauses ist immer noch vollkommen zerstört. Der Rathausturm von Danzig hat zwar wieder seine stolze Höhe von 82 m erreicht, ist aber mit seinem im Kriege untergegangenem Vorbild nicht zu vergleichen. Unter den 200 000 in Danzig lebenden Polen befinden sich noch etwa 1800 Deutsche. Die meisten von ihnen arbeiten als Spezialisten auf den Werften, während ein Teil Handlan
gerdienste im Hafengebiet und bei Aufräumungsarbeiten verrichtet. Nur wenige verdienen so viel, daß sie sich gut ernähren können.
Oliva hat' wenig gelitten. Nur einige Häuser und das Schloß sind ausgebrannt. Z o p p o t ist wieder ein elegantes Modebad geworden. In dem neuerrichteten luxuriösen Spielkasino, in dem sich prominente Persönlichkeiten östlicher Länder treffen, rollt die Kugel und auch Rubel, Zlotys und Dollars. Auf der Fahrt entlang der pommerschen Ostseeküste konnten wir lebhaften Betrieb feststellen. Polen widmet neuerdings dem Küstengebiet größtes Interesse. Die erst kürzlich vollzogene Neugliederung des pommerschen Küstenlandes läßt darauf schließen, daß Polen außer Danzig und Gdingen auch noch die Häfen Stolpmünde, Kolberg und Rügenwalde wirtschaftlich nützen will.
Das hinterpommersche Tiefland, das vom Meer nur durch eine schmale Dünenzone getrennt wird, ist dagegen öd und leer. Verwaist liegen auch einzelne Fischerdörfer da. In Stolp wurde eine Arbeiter-Hochschule eingerichtet, die es zahlreichen polnischen Arbeitern in Pommern ermöglicht, ein Diplom zu erwerben. Etwa 400 Deutsche, vorwiegend alte Frauen und Männer, die in Kolberg leben, fristen ein kümmerliches Dasein. In der südlich von Stolp gelegenen pommerschen Kleinstadt Bütow herrscht ein lebhafter Marktbetrieb. Bauern aus allen Richtungen kommen hier an, um ihre Erzeugnisse abzusetzen. Auf der Weiterfahrt besuchen wir die heutige Hauptstadt der Wojewodschaft, Köslin (Koszalin). Der beschädigte Bahnhof wurde ausgebessert, während die Kleinbahn immer noch nicht in Betrieb ist. Ansonsten sind noch viele Trümmer
in der Stadt zu sehen. Auch im Villenviertel in der Graudenzerstraße stehen noch Ruinen. Man wundert sich, daß gerade diese stark zerstörte und keineswegs repräsentative Stadt zur Hauptstadt auserwählt wurde.
An der ostpommerschen Küste zieht sich ein Gürtel von Befestigungen, weitgedehnten Manövergebieten und Sperrzonen. Kolberg bildet den östlichen Brückenkopf des sowjetischen Befestigungssystems an der Ostsee. Einstmals kultureller Mittelpunkt im weiten Flachland, verkörperte diese Hansestadt den Typ der urwüchsigen ostpommerschen Küstenstadt „Kolobrzeg“ ist zu 80 Prozent zerstört. Die ehemals herrlichen Alleen und die lange Kurpromenade machen einen trostlosen Eindruck. Kolberg hat seine Bedeutung als Badekurort vollkommen verloren. Unter den fast 10 000 Polen leben hier 600—800 russische Wissenschaftler, die „Geheimwaffen“ ausprobieren. In Belgard ist eine große russiche Garnison eingerichtet worden.
Lebhafter Betrieb herrscht wieder auf der Ostsee, und der skandinavische Verkehr, der vorwiegend über Stettin geht, ist in ständigem Anwachsen begriffen. Der Stettiner Hafen steht nach wie vor im Mittelpunkt des polnischen Interesses. Unter den Hafenarbeitern kann man noch zahlreiche Deutsche antreffen.
Während sich der polnische Wiederaufbau auf die ehemalige pommersche Metropole Stettin konzentriert, werden die ländlichen Gebietsteile Ostpommerns vernachlässigt. Auf dem flachen Lande mangelt es an Menschen und Maschinen. Um dem großen Menschenmangel abzuhelfen, sind weitere Umsiedlungsaktionen vorgesehen. Im Laufe dieses Jahres sollen Bauern aus den Bezirken Warschau, Lodz, Kielce und Lublin in das ostpommer- Sche Gebiet eingewiesen werden. Die Polen haben noch viele Pläne, doch was davon wird, wird die Zukunft zeigen. EDMO.
Pechvogel kehrt heim
Aus Zufall neunzehn Jahre im Irrenhaus
Das Leben des Dänen Peter Krabbe klingt wie eine der Schreckensgeschichten Jack Londons — und doch ist es grimmiger Emst. Der 20jährige Krabbe wanderte 1911 mit dem Unglücksschiif „Lusitania“ nach Amerika aus, um dort sein Glück zu machen. Doch es kam anders. Der Inhalt seiner beiden Koffer wanderte zum Pfandleiher und statt der erhofften Dollars zählte Peter Kilometer: er trampte von einem Saat in den andern. Sein Pech, daß er bei einem Sprung auf einen fahrenden Güterzug stürzte und ein Bein verlor. Sein Pech, daß er, zwar kuriert, nirgendwo feste Arbeit fand, und siebenfaches Pech, daß er 1931 durch einen reinen Zufall in die Ir-
Vor einer neuen Erdbeben-Periode?
Schlußfolgerung aus der Katastrophe von Assam
Das schwere Erdbeben, das vor kurzem ein ausgedehntes Gebiet zwischen Tibet, Burma und Indien verwüstet hat, scheint nur ein Vorspiel ähnlicher Ereignisse gewesen zu sein, da verschiedene Sachverständige in absehbarer Zeit eine fast ununterbrochene Folge schwerer Erdstöße und Erschütterungen Voraussagen zu können glauben. Man schätzt übrigens, daß die Energie, die bei dieser Gelegenheit aus der Erde hervorgetreten ist, jener gleichkommt, die durch eine Explosion von 1 100 000 Atombomben oder 1100 Wasserstoffbomben entfesselt würde. Die Experten des technologischen Laboratoriums in Pasadena in Kalifornien geben pessimistische Prognosen: wenn in den letzten 200 Jahren mehr als 10 Millionen Menschen durch Erd- ben getötet worden sind, so werden in Zukunft, wenn der zyklische Ablauf der Katastrophen eingestzt haben wird, noch höhere Ver- lustziffem zu erwarten sein.
Die amerikanischen Erdbebenforscher sind mit ihren Kollegen vom Observatorium in Poona (Indien) durchaus darin einig, daß die Erde mehrere schwache Punkte aufweist, wo die Erdrinde beunruhigende Bruchstellen und Spaltungen aufweist. Gerade zur Zeit der Katastrophe von Assam veröffentlichte der Erdbebenforscher Dr. Urey von der Universität Chicago eine neue Theorie über die Ursachen dieser Erscheinungen. Danach sind Erdbeben nicht die Auswirkungen eines Er- kaltens und einer Zusammenziehung der Erdrinde, sondern vielmehr durch eine Ausdehnung bewirkt, die selbst eine Folge der im Erdinnem freiwerdenden radioaktiven Energie darstellt. Diese These ist übrigens noch stark umstriten. Dr. Urey hat auch vorausgesagt, daß die Ruheperiode, die 1904 begonnen habe, zu Ende gehe und mit einem neuen Bebenzyklus gerechnet werden müsse, wie er alle 46 Jahre eintrete.
renanstalt von Topeka gesteckt wurde, wo er 19 Jahre lang als Normaler unter Geisteskranken, sadistischen Pflegern und rabiaten Roß- Doktoren zu leiden hatte.
Vor etwa zwei Jahren bekam die staatliche Nervenheilanstalt von Topeka einen neuen Leiter, Dr. L. P. Ristine, der sofort merkte, was mit Peter Krabbe los war. Dr. Ristine plädierte energisch für Peter Krabbes sofortige Entlassung, aber es dauerte U/s Jahre und bedurfte der Nachhilfe von Freunden, Verwandten und dänischer Behörden, ehe Peter Krabbe endgültig die Anstalt verlassen konnte. Ein Flugzeug brachte ihn von Topeka nach New York, wo ihn der däriische Generalkonsul auf dem Flugplatz empfing. Zum ersten Male seit 19 Jahren schlief Peter Krabbe in einem frisch bezogenen Federbett. Als er am nächsten Morgen geweckt wurde, verwünschte er das Motorschiff „Stockholm“ mit dem er die Heimreise antreten sollte. Des Bettes wegen wäre Peter Krabbe gern noch etwas länger in New York geblieben. Der dänische Vizekonsul begleitete ihn zum Hafen. Der ahnungslose Mann erkundigte sich, wie Peter New Yorks Nachtleben gefallen habe. Krabbe lächelte milde. Er sagte: „Das interessiert mich doch nicht.“ Vorsichtshalber fügte er hinzu: „Ich bin so glücklich darüber, ein freier Mann zu sein, und nach 19 Jahren Irrenhaus fühle ich mich Menschen gegenüber auch noch befangen und halte lieber ein wenig Abstand.“
Wenn es nach Topekas Irrenanstalt gegangen wäre, hätte Peter Krabbe in einem alten Hemd, einem Overall und zerschlissenen Schuhen die Heimreise antreten können. Zum Glück gibt es in Topeka einen dänischen Meiereibesitzer, Chris Henriksen, der zugunsten Unglückspeters eine Geldsammlung veranstaltete, die so viel einbrachte, daß Krabbe
Reise zum Wunderdoktor
Von Thaddäus Troll
Viele Schafe grasten zur Linken. Das bringt Glück. „Die Schäfer stehen immer noch da, wie zu der Zeit, als ihnen der Engel erschien“, stellte Barbara altklug fest. Sie könnten auch von Barlach sein: breitbeinig mit langem, weitem Mantel, auf den Stock gestützt und wie mit der Erde verwurzelt.
Wir bogen ab. Der Boden war grau, karstig und mit Steinen übersät. Der Motor verschluckte die Hälfte von dem, was ich zu Barbara baedekerte. „Truppenübungsplatz. Reichlich prosaische und verrufene Gegend. 1085 siedelten hier die Pfalzgrafen von Tübingen die Benediktiner an. Aber die packten ihr Bündel bald wieder. Die Gegend sah schon damals so militärisch und schweißgedüngt aus. Paß auf, was sie machten!“
Die Straße setzte zu einem Kopfsprung an. Sie verlangte doppelte Bremsen. Felsen, Kurven, Wald, Kurven. Dann Häuser. Da standen wir. Hier hielten auch vor 900 Jahren die Benediktiner und bauten sich ein Kloster.
Barbara guckte ungläubig. Da war ein über 20 Meter tiefes Loch im Boden. Silberweiß glänzte von unten ein Kalkfels. Ein See füllte das Loch. Eine Mühle lehnte sich daran. Das Wasser war so klar, daß man fast bi& auf den Grund sah. Seine Farben wechselten zwischen Himmelblau und Türkis. Dunkelgrüne Algen gaben der Tiefe Geheimnis. „Hier könnte ein preußischer Landrat auf den berufsfremden Gedanken kommen, Gedichte zu schreiben“, lobte Barbara den Blautopf. „Aber Mörike machte es besser. Zwar kein Gedicht, aber die Historie von der schönen Laut.“
„Der Hochaltar von Blaubeuren. Ulmer Schule Etwas vom Schönsten, was uns die Spätgotik hinterlassen hat.' Jörg Syrlin. Die Sage kolportiert, man hätte ihm die Augen
ausgestochen, damit er nicht auf die Idee käme, bei der Konkurrenz etwas ähnlich Schönes zu schnitzen. Eine der vielen Enten der Geschichte. Und wenn wir schon bei den Zeitungsenten sind: hier am Blautopf ist eine ihrer ältesten Brutstätten. 1475 wurde hier die erste württembergische Druckerei eingerichtet.“
Die Madonna lächelte voll höflichen Anstands, die Scholastika blickte in schwäbischer Naivität und Johannes in gepflegten Locken trug eine weltoffene Frömmigkeit zur Schau. Am Boden lag ein Ritter aus Stein, an dem Würmer und Schlangen fraßen. Der Hiob im Chorgestühl hatte das verhärmte Gesicht eines Albbauem. dem die vielen Steine und der Wassermangel des porösen Bodens Kummer machen.
„Paß auf, jetzt mache ich dich mit einem Hiob bekannt, der aus seinem Unglück Kapital zu schlagen wußte.“ Wieder brummten wir bergauf. Da lag Wippingen, ein Dorf ohne Gesicht. Am Rand ein neues Haus mit Parkett, Zentralheizung, Teppichen und Ulmer Münsterblick. Davor viele Wagen: aus Württemberg, aus Baden, aus Bayern, aus der Pfalz. Ein Wartezimmer voll Menschen. Im Nebenzimmer knallte von Zeit zu Zeit ein Schlag. Barbara zuckte zusammen.
„Das ist der Wunderdoktor Georg Ott. Früher war er Bauer. Seine Kühe starben wie die Fliegen. Er griff zur Wünschelrute und stellte fest, daß unter dem Stall eine verderbliche Wasserader lief. Baute um. Sein Vieh gedieh. Er wünschelte auch an den Menschen herum. Mit Erfolg, wie du siehst. Sein neues Haus hat er ein bißchen außerhalb gebaut, damit die Nachbarn nicht mehr die Patienten zählen und die Zahl dem Finanzamt melden können.“
Die Wartenden sprachen begeistert von Meister Ott. „Vor zehn Jahren zeigte er mir genau die Stelle, wo ich ein Magengeschwür hätte. Ich glaubte es nicht. Als Soldat war
ich immer krank. Im letzten Jahr ließ ich mich durchleuchten. Genau an der Stelle saß das Geschwür, das mir Ott gezeigt hatte. Ich mußte mich operieren lassen. Ott hätte mich damals in vier Tagen geheilt.“
„Ich hatte es mit den Nerven. Er stellte fest, daß ich auf Wasser schlafe und verordnet« Zellophan als Abschirmung unters Bett. Drei Tage konnte ich überhaupt nicht mehr schlafen. Bis ich mich an die Abschirmung gewöhnt hatte. Jetzt ist es besser mit den Nerven.“
So erzählten sie. Der freundliche Bauerndoktor bat Barbara zur Konsultation. Die Wünschelrute schlug an ihrem Hals aus. „Kropf, nach innen gewachsen“, konstatierte er freundlich lächelnd. Dann ging er zu seinem Schreibtisch. Dort waren in drei Etagen ungefähr hundert Arzneifläschchen aufgebaut. Die Wünschelrute schritt die Front ab. Plötzlich knallte sie energisch auf den Tisch. Der Wunderdoktor nahm das Fläschchen, das die Rute so heftig angesprochen hatte, aus dem Regal. „Strumex O. F. Morgens und abends je eine halbe Tablette. In drei Wochen wiederkommen“, verordnete er und kassierte drei Mark.
Wir fuhren heimwärts, um eine Kropferkenntnis reicher. „Ein paar Pfund wiegt so ein Ding“, erklärte ich Barbara, „kein Wunder, daß unsere Quick an Steilhängen so schlecht zieht“. In Schlattstall, berühmt ob seines guten Weines, kehrten wir ein und trösteten uns. „Auf den Kropf hat er es mir zugesagt“, lächelt Barbara und verordnet sich als Trost und Arznei einen zweiten Ober- türkheimer Trollinger.
Für den Bücherfreund
Gerald von Minden: Europa zwischen USA und UdSSR. Bamberger Veriagshaus Meisenbach. 334 S.
Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg weist eine derartige Fülle an politischen Ereignis-
Aus Wissenschaft und Technik
Vögel als Erdbebenmesser
Vögel zeigen vor Erdbeben, wie häufig beobachtetwerden konnte, ein auffallend verstörtes Verhalten, Diese „Vorahnungen“ beruhen, wie man neuerdings festgestellt hat, auf einem un- gemein hoch entwickelten Vibrationssinn der Tiere, mit dem sie bereits schwache Vorbeben wahrzunehmen vermögen. Von Fasanen ist bekannt, daß sie bei fernen Detonationen, die dem menschlichen Ohr nicht wahrnehmbar sind, erschreckt aufzufliegen pflegen. Aehnliches wird von Möwen, berichtet, die auf fernes Flakfeuer aufflogen, noch ehe der Luftschall den Ort erreicht hatte.
Kugel-Kleber
Nach dem Kugelschreiber wurde jetzt von einer Firma Pickhardt in Westfalen der erste Kugel-Kleber herausgebracht. Es ist ein Patentkleber mit Kugelverschluß, der nur die jeweils benötigte Menge an Klebstoff auf Druck herausfließen läßt.
Sprechende Uhren
Eine erste sprechende Uhr wurde von dem deutschen Funktechniker Otto Grimme in Esslingen am Neckar konstruiert. Sie sagt mit Hilfe eines Tonbandes alle Viertelstunden die Zeit selbständig an. Die Sprechende Uhr ähnelt äußerlich einem kleinen Radioapparat und besitzt ein beleuchtetes Zifferblatt.
Tauchende Inseln
Einige Inseln bereiten den Kartographen des britischen Kolonialministeriums erhebliche Sorgen. Erst kürzlich verschwand die Fou-Insel im Indischen Ozean in den Fluten. Wenig vorher erst war die Avocaire-Insel plötzlich wieder aufgetaucht, nachdem sie mehrer Jahre versunken war. Die Falco-Insel in der Tomga-Gruppe im Pazifik wurde bereits zweimal von der Karte gestrichen, kam jedoch jedes Mal wieder. Als sie das letzte Mal auftauchte, fuhr der Gouverneur von Tonga schnell mit einem. Boot hinüber und pflanzte den Union Jack auf. Wenige Tage danach war sie erneut im Meer verschwunden.
einen neuen Anzug, einen Hut und ein Paar Schuhe bekam. Mit einem armseligen Handtäschchen und einem Pappkarton stieg der Pechvogel vor einigen Tagen in Kopenhagen an Land.
Der kleine, hagere Mann mit dem graugesprenkelten kurzen Haar ist in den 19 Jahren Aufenthalts in der Irrenanstalt zum Weisen geworden. Er klagt niemand an und freut sich seiner endlich errungenen Freiheit. „Ich habe unter den Irren gelernt, Schicksalsschläge ohne Murren hinzunehmen. Und das macht das Leben leichter“, sagte er.
Zehn Jahre lang hat Peter Krabbe versucht, sein Schicksal selber zu wenden. Es gelang ihm nicht; Einmal ist er aus Topeka geflohen. Er kam bis nach New Mexiko, stellte sich dort aber der Polizei, da er mit seinem Beinstumpen nicht weiter kam. Man gab ihm zu essen und zu trinken, pflegte ihn gesund und ließ ihn dann laufen. Peter war vogelfrei und kehrte notgedrungen wieder in seinen Käfig nach Topeka zurück, da er sich allein nicht helfen konnte. In Topeka wurde er in eine Einzelzelle gesperrt und von drei Wärtern verprügelt, bis er die Besinnung-verlor. Da gab es Peter auf, noch um die Freiheit zu kämpfen. Nicht nur die-Wärter waren schlecht auf Peter Krabbe zu sprechen, auch die Irren konnten ihn nicht leiden. Mit feinem Instinkt hatten sie von Anfang an gemerkt, daß er nicht zu ihnen paßte. Nur die Aerzte und Wärter merkten nichts.
Sein Neffe, Schneidermeister Krabbe-Bis- gaard im dänischen Hvidovre, schickte das Geld zur Heimfahrt auf dem Motorschiff „Stockholm“. Kopenhagens Reporter erschienen an Bord, um den Pechvogel zu interviewen. Sie fanden einen unterernährten aber humorigen alten Herrn, der ein etwas drolliges Englisch sprach. Er hatte sich den Slang in der Irrenanstalt wohl oder übel angewöhnt. Das Wort Fernsehen kannte er, hatte aber keine Ahnung, was es eigentlich bedeutete.
H. H.
sen,\ Konferenzen, Pakten, Spannungen usw. auf, daß es nur dem täglich damit Befaßten noch möglich ist, sich annähernd die einzelnen Entwicklungsstationen zurechtzulegen, wenn eine neue Phase es erforderlich macht, sie irgendwie einzuordnen. Minden hat den Versuch unternommen, die Fülle des Materials zu ordnen und wenn seine Übersicht auch spürbar nach den USA ausgerichtet ist und deren Thesen in den Vordergrund stellt, so dringt doch hin und wieder das Bemühen, beiden Weltmächten gerecht zu werden, durch. Europa bleibt dabei ganz bescheiden Schauplatz, einer der Schauplätze, der großen Auseinandersetzung. Wer sich über die Zusammenhänge im - politischen Leben dieser Tage orientieren will, findet hier Material genug. Vielleicht zuviel Material. cz.
Vom Geist der Dichtung, Gedächtnisschrift
für Robert Petsch, herausgegeben von Fritz
Martini, 409 Seiten.
Dem Gedächtnis eines fachlich hervorragenden und vielseitig in die Gesellschaft wirkenden Germanisten wurde diese Schrift von seinen Freunden und Schülern gemidmet. Sie umfaßt 18 Beiträge und kann den uneinheitlichen Charakter der üblichen Festschrift nicht ganz verleugnen; dennoch besteht ihr stolzer Titel zu Recht. Die Herder-Aufsätze Sprangers und Blättners, die Werk-Interpretationen von Martini (Wielands „Oberon“) und Trunz (5 Gryphius-Sonette), Wolffs Beitrag „Hegel und Shakespeare“, Leippes Untersuchung über „Das Problem der Wirklichkeit bei Chr. D. Grabbe“, nicht zuletzt Böckmanns Aufsätze über dramatischen Perspektivismus und über die Lehre von Wesen und Formen der Dichtung gehören im methodischen wie im sachlichen Sinne zum Interessantesten, was seit dem Kriege auf germanistischem Gebiete geschrieben wurde, und sollten auch außerhalb der Fachkreise nicht übersehen werden. F. S.