6. Jahrgang

FREITAG, 13. OKTOBER 1950

Nummer 159

Von Elbing bis Stettin

Eine Reise entlang der Ostseeküste In Danzig leben 200 000 Polen

Ratternd fährt der polnische Personenzug in die Hafenstadt Elbing ein. Das mittelalter­liche Stadtbild dieser zur Wojewodschaft Dan­zig gehörenden Seestadt hat sich stark verän­dert. Die schmalen hohen Bürgerhäuser stehen zum größten Teil zwar noch, aber ihre mit lustigen und symbolisierenden Zeichen verse­henen Fassaden und Treppengiebel wurden nach polnischen Gesichtspunkten restauriert. Balkanisches Treiben herrscht heute auf dem alten Fischmarkt. Das Mälzenbräuer Zunft­haus wurde Sitz eines russichen Militärstabes, und auf der Speicherinsel, die abgesperrt ist, sind russische Panzereinheiten stationiert. Auf der Schichau-Werft arbeiten 5000 polnische Arbeiter. Russische Schnellboote und Küsten­fahrzeuge liegen im Hafen vonElblag (Elbing), da dieser Seehafen als Stützpunkt in das russische Befestigungssystem jenseits der Oder eingegliedert wurde.

Fahrt nach Marienburg und besucht die historische Stätte fordert das polnische ReisebüroOrbis die reiselustige Prominenz in zahllosen Prospekten auf. So ist das histo­rische Wahrzeichen der Stadt, die berühmte Burg, ein beliebtes Ausflugsziel für polnische Touristen geworden. Heute hat man hier ein slawisches Museum eingerichtet, in dem durch eine Geschichtsausstellung derurslawische Charakter dieses Bauwerks dokumentiert werden soll. Russische und polnische Unifor­men beherrschen. das Straßenbild der Stadt. Deutsche Bewohner sind nicht anzutreffen.

Nach zweistündiger Fahrt erreichen wir Danzig. Das stark pulsierende Leben früh- berer Jahre ist noch nicht wieder an allen Stellen zu spüren. Auf der langen Brücke, auf der Speicherinsel, an der Kuhbrücke bis zur Aschenbrücke hinunter, wo einst starker Schiffsverkehr herrschte, ist es jetzt sehr ruhig. Ein buntes Völkergemisch trifft man im Hafen­viertel und in den wenig zerstörten Vororten Johannistal und Langfuhr an. Die stehenge- bliebenen Häuser der Altstadt, in Neüfahr- wasser, Heubude, Schidlitz, Ohra und Peters­hagen wirken wie winzige Oasen in einer Wüste. Die herrliche Pfarrkirche St. Marien erscheint jetzt als ein gewaltiger imposanter Bau, da alle kleinen ausgebrannten Häuser in der Nachbarschaft weggeräumt wurden. Das Innere des Gotteshauses ist immer noch voll­kommen zerstört. Der Rathausturm von Danzig hat zwar wieder seine stolze Höhe von 82 m erreicht, ist aber mit seinem im Kriege unter­gegangenem Vorbild nicht zu vergleichen. Unter den 200 000 in Danzig lebenden Polen befinden sich noch etwa 1800 Deutsche. Die meisten von ihnen arbeiten als Spezialisten auf den Werften, während ein Teil Handlan­

gerdienste im Hafengebiet und bei Aufräu­mungsarbeiten verrichtet. Nur wenige verdie­nen so viel, daß sie sich gut ernähren können.

Oliva hat' wenig gelitten. Nur einige Häu­ser und das Schloß sind ausgebrannt. Z o p p o t ist wieder ein elegantes Modebad geworden. In dem neuerrichteten luxuriösen Spielkasino, in dem sich prominente Persönlichkeiten öst­licher Länder treffen, rollt die Kugel und auch Rubel, Zlotys und Dollars. Auf der Fahrt ent­lang der pommerschen Ostseeküste konnten wir lebhaften Betrieb feststellen. Polen wid­met neuerdings dem Küstengebiet größtes In­teresse. Die erst kürzlich vollzogene Neuglie­derung des pommerschen Küstenlandes läßt darauf schließen, daß Polen außer Danzig und Gdingen auch noch die Häfen Stolpmünde, Kolberg und Rügenwalde wirtschaftlich nützen will.

Das hinterpommersche Tiefland, das vom Meer nur durch eine schmale Dünenzone ge­trennt wird, ist dagegen öd und leer. Ver­waist liegen auch einzelne Fischerdörfer da. In Stolp wurde eine Arbeiter-Hochschule ein­gerichtet, die es zahlreichen polnischen Arbei­tern in Pommern ermöglicht, ein Diplom zu erwerben. Etwa 400 Deutsche, vorwiegend alte Frauen und Männer, die in Kolberg leben, fristen ein kümmerliches Dasein. In der südlich von Stolp gelegenen pommerschen Kleinstadt Bütow herrscht ein lebhafter Marktbetrieb. Bauern aus allen Richtungen kommen hier an, um ihre Erzeugnisse abzusetzen. Auf der Wei­terfahrt besuchen wir die heutige Hauptstadt der Wojewodschaft, Köslin (Koszalin). Der beschädigte Bahnhof wurde ausgebessert, wäh­rend die Kleinbahn immer noch nicht in Be­trieb ist. Ansonsten sind noch viele Trümmer

in der Stadt zu sehen. Auch im Villenviertel in der Graudenzerstraße stehen noch Ruinen. Man wundert sich, daß gerade diese stark zerstörte und keineswegs repräsentative Stadt zur Hauptstadt auserwählt wurde.

An der ostpommerschen Küste zieht sich ein Gürtel von Befestigungen, weitgedehnten Ma­növergebieten und Sperrzonen. Kolberg bildet den östlichen Brückenkopf des sowjeti­schen Befestigungssystems an der Ostsee. Einstmals kultureller Mittelpunkt im weiten Flachland, verkörperte diese Hansestadt den Typ der urwüchsigen ostpommerschen Küsten­stadtKolobrzeg ist zu 80 Prozent zerstört. Die ehemals herrlichen Alleen und die lange Kurpromenade machen einen trostlosen Ein­druck. Kolberg hat seine Bedeutung als Bade­kurort vollkommen verloren. Unter den fast 10 000 Polen leben hier 600800 russische Wis­senschaftler, dieGeheimwaffen ausprobie­ren. In Belgard ist eine große russiche Gar­nison eingerichtet worden.

Lebhafter Betrieb herrscht wieder auf der Ostsee, und der skandinavische Verkehr, der vorwiegend über Stettin geht, ist in ständigem Anwachsen begriffen. Der Stettiner Hafen steht nach wie vor im Mittelpunkt des polni­schen Interesses. Unter den Hafenarbeitern kann man noch zahlreiche Deutsche antreffen.

Während sich der polnische Wiederaufbau auf die ehemalige pommersche Metropole Stettin konzentriert, werden die ländlichen Gebietsteile Ostpommerns vernachlässigt. Auf dem flachen Lande mangelt es an Menschen und Maschinen. Um dem großen Menschen­mangel abzuhelfen, sind weitere Umsiedlungs­aktionen vorgesehen. Im Laufe dieses Jahres sollen Bauern aus den Bezirken Warschau, Lodz, Kielce und Lublin in das ostpommer- Sche Gebiet eingewiesen werden. Die Polen haben noch viele Pläne, doch was davon wird, wird die Zukunft zeigen. EDMO.

Pechvogel kehrt heim

Aus Zufall neunzehn Jahre im Irrenhaus

Das Leben des Dänen Peter Krabbe klingt wie eine der Schreckensgeschichten Jack Londons und doch ist es grimmiger Emst. Der 20jährige Krabbe wanderte 1911 mit dem UnglücksschiifLusitania nach Amerika aus, um dort sein Glück zu machen. Doch es kam anders. Der Inhalt seiner beiden Koffer wan­derte zum Pfandleiher und statt der erhoff­ten Dollars zählte Peter Kilometer: er trampte von einem Saat in den andern. Sein Pech, daß er bei einem Sprung auf einen fahren­den Güterzug stürzte und ein Bein verlor. Sein Pech, daß er, zwar kuriert, nirgendwo feste Arbeit fand, und siebenfaches Pech, daß er 1931 durch einen reinen Zufall in die Ir-

Vor einer neuen Erdbeben-Periode?

Schlußfolgerung aus der Katastrophe von Assam

Das schwere Erdbeben, das vor kurzem ein ausgedehntes Gebiet zwischen Tibet, Burma und Indien verwüstet hat, scheint nur ein Vorspiel ähnlicher Ereignisse gewesen zu sein, da verschiedene Sachverständige in ab­sehbarer Zeit eine fast ununterbrochene Folge schwerer Erdstöße und Erschütterun­gen Voraussagen zu können glauben. Man schätzt übrigens, daß die Energie, die bei dieser Gelegenheit aus der Erde hervorgetre­ten ist, jener gleichkommt, die durch eine Ex­plosion von 1 100 000 Atombomben oder 1100 Wasserstoffbomben entfesselt würde. Die Ex­perten des technologischen Laboratoriums in Pasadena in Kalifornien geben pessimistische Prognosen: wenn in den letzten 200 Jahren mehr als 10 Millionen Menschen durch Erd- ben getötet worden sind, so werden in Zu­kunft, wenn der zyklische Ablauf der Katastro­phen eingestzt haben wird, noch höhere Ver- lustziffem zu erwarten sein.

Die amerikanischen Erdbebenforscher sind mit ihren Kollegen vom Observatorium in Poona (Indien) durchaus darin einig, daß die Erde mehrere schwache Punkte aufweist, wo die Erdrinde beunruhigende Bruchstellen und Spaltungen aufweist. Gerade zur Zeit der Katastrophe von Assam veröffentlichte der Erdbebenforscher Dr. Urey von der Uni­versität Chicago eine neue Theorie über die Ursachen dieser Erscheinungen. Danach sind Erdbeben nicht die Auswirkungen eines Er- kaltens und einer Zusammenziehung der Erd­rinde, sondern vielmehr durch eine Ausdeh­nung bewirkt, die selbst eine Folge der im Erdinnem freiwerdenden radioaktiven Ener­gie darstellt. Diese These ist übrigens noch stark umstriten. Dr. Urey hat auch vorausge­sagt, daß die Ruheperiode, die 1904 begonnen habe, zu Ende gehe und mit einem neuen Bebenzyklus gerechnet werden müsse, wie er alle 46 Jahre eintrete.

renanstalt von Topeka gesteckt wurde, wo er 19 Jahre lang als Normaler unter Geisteskran­ken, sadistischen Pflegern und rabiaten Roß- Doktoren zu leiden hatte.

Vor etwa zwei Jahren bekam die staatliche Nervenheilanstalt von Topeka einen neuen Leiter, Dr. L. P. Ristine, der sofort merkte, was mit Peter Krabbe los war. Dr. Ristine plädierte energisch für Peter Krabbes sofor­tige Entlassung, aber es dauerte U/s Jahre und bedurfte der Nachhilfe von Freunden, Verwandten und dänischer Behörden, ehe Peter Krabbe endgültig die Anstalt verlas­sen konnte. Ein Flugzeug brachte ihn von To­peka nach New York, wo ihn der däriische Generalkonsul auf dem Flugplatz empfing. Zum ersten Male seit 19 Jahren schlief Peter Krabbe in einem frisch bezogenen Federbett. Als er am nächsten Morgen geweckt wurde, verwünschte er das MotorschiffStockholm mit dem er die Heimreise antreten sollte. Des Bettes wegen wäre Peter Krabbe gern noch etwas länger in New York geblieben. Der dänische Vizekonsul begleitete ihn zum Hafen. Der ahnungslose Mann erkundigte sich, wie Peter New Yorks Nachtleben ge­fallen habe. Krabbe lächelte milde. Er sagte: Das interessiert mich doch nicht. Vorsichts­halber fügte er hinzu:Ich bin so glücklich darüber, ein freier Mann zu sein, und nach 19 Jahren Irrenhaus fühle ich mich Menschen gegenüber auch noch befangen und halte lie­ber ein wenig Abstand.

Wenn es nach Topekas Irrenanstalt gegangen wäre, hätte Peter Krabbe in einem alten Hemd, einem Overall und zerschlissenen Schuhen die Heimreise antreten können. Zum Glück gibt es in Topeka einen dänischen Meiereibesitzer, Chris Henriksen, der zugun­sten Unglückspeters eine Geldsammlung ver­anstaltete, die so viel einbrachte, daß Krabbe

Reise zum Wunderdoktor

Von Thaddäus Troll

Viele Schafe grasten zur Linken. Das bringt Glück.Die Schäfer stehen immer noch da, wie zu der Zeit, als ihnen der Engel erschien, stellte Barbara altklug fest. Sie könnten auch von Barlach sein: breitbeinig mit langem, weitem Mantel, auf den Stock gestützt und wie mit der Erde verwurzelt.

Wir bogen ab. Der Boden war grau, kar­stig und mit Steinen übersät. Der Motor ver­schluckte die Hälfte von dem, was ich zu Barbara baedekerte.Truppenübungsplatz. Reichlich prosaische und verrufene Gegend. 1085 siedelten hier die Pfalzgrafen von Tü­bingen die Benediktiner an. Aber die pack­ten ihr Bündel bald wieder. Die Gegend sah schon damals so militärisch und schweißge­düngt aus. Paß auf, was sie machten!

Die Straße setzte zu einem Kopfsprung an. Sie verlangte doppelte Bremsen. Felsen, Kurven, Wald, Kurven. Dann Häuser. Da standen wir. Hier hielten auch vor 900 Jah­ren die Benediktiner und bauten sich ein Kloster.

Barbara guckte ungläubig. Da war ein über 20 Meter tiefes Loch im Boden. Silberweiß glänzte von unten ein Kalkfels. Ein See füllte das Loch. Eine Mühle lehnte sich daran. Das Wasser war so klar, daß man fast bi& auf den Grund sah. Seine Farben wechselten zwi­schen Himmelblau und Türkis. Dunkelgrüne Algen gaben der Tiefe Geheimnis.Hier könnte ein preußischer Landrat auf den be­rufsfremden Gedanken kommen, Gedichte zu schreiben, lobte Barbara den Blautopf. Aber Mörike machte es besser. Zwar kein Gedicht, aber die Historie von der schönen Laut.

Der Hochaltar von Blaubeuren. Ulmer Schule Etwas vom Schönsten, was uns die Spätgotik hinterlassen hat.' Jörg Syrlin. Die Sage kolportiert, man hätte ihm die Augen

ausgestochen, damit er nicht auf die Idee käme, bei der Konkurrenz etwas ähnlich Schönes zu schnitzen. Eine der vielen Enten der Geschichte. Und wenn wir schon bei den Zeitungsenten sind: hier am Blautopf ist eine ihrer ältesten Brutstätten. 1475 wurde hier die erste württembergische Druckerei eingerichtet.

Die Madonna lächelte voll höflichen An­stands, die Scholastika blickte in schwäbi­scher Naivität und Johannes in gepflegten Locken trug eine weltoffene Frömmigkeit zur Schau. Am Boden lag ein Ritter aus Stein, an dem Würmer und Schlangen fraßen. Der Hiob im Chorgestühl hatte das verhärmte Gesicht eines Albbauem. dem die vielen Steine und der Wassermangel des porösen Bodens Kummer machen.

Paß auf, jetzt mache ich dich mit einem Hiob bekannt, der aus seinem Unglück Ka­pital zu schlagen wußte. Wieder brummten wir bergauf. Da lag Wippingen, ein Dorf ohne Gesicht. Am Rand ein neues Haus mit Parkett, Zentralheizung, Teppichen und Ul­mer Münsterblick. Davor viele Wagen: aus Württemberg, aus Baden, aus Bayern, aus der Pfalz. Ein Wartezimmer voll Menschen. Im Nebenzimmer knallte von Zeit zu Zeit ein Schlag. Barbara zuckte zusammen.

Das ist der Wunderdoktor Georg Ott. Früher war er Bauer. Seine Kühe starben wie die Fliegen. Er griff zur Wünschelrute und stellte fest, daß unter dem Stall eine verderbliche Wasserader lief. Baute um. Sein Vieh gedieh. Er wünschelte auch an den Menschen herum. Mit Erfolg, wie du siehst. Sein neues Haus hat er ein bißchen außer­halb gebaut, damit die Nachbarn nicht mehr die Patienten zählen und die Zahl dem Fi­nanzamt melden können.

Die Wartenden sprachen begeistert von Meister Ott.Vor zehn Jahren zeigte er mir genau die Stelle, wo ich ein Magengeschwür hätte. Ich glaubte es nicht. Als Soldat war

ich immer krank. Im letzten Jahr ließ ich mich durchleuchten. Genau an der Stelle saß das Geschwür, das mir Ott gezeigt hatte. Ich mußte mich operieren lassen. Ott hätte mich damals in vier Tagen geheilt.

Ich hatte es mit den Nerven. Er stellte fest, daß ich auf Wasser schlafe und verord­net« Zellophan als Abschirmung unters Bett. Drei Tage konnte ich überhaupt nicht mehr schlafen. Bis ich mich an die Abschirmung ge­wöhnt hatte. Jetzt ist es besser mit den Nerven.

So erzählten sie. Der freundliche Bauern­doktor bat Barbara zur Konsultation. Die Wünschelrute schlug an ihrem Hals aus. Kropf, nach innen gewachsen, konstatierte er freundlich lächelnd. Dann ging er zu sei­nem Schreibtisch. Dort waren in drei Etagen ungefähr hundert Arzneifläschchen aufgebaut. Die Wünschelrute schritt die Front ab. Plötz­lich knallte sie energisch auf den Tisch. Der Wunderdoktor nahm das Fläschchen, das die Rute so heftig angesprochen hatte, aus dem Regal.Strumex O. F. Morgens und abends je eine halbe Tablette. In drei Wochen wie­derkommen, verordnete er und kassierte drei Mark.

Wir fuhren heimwärts, um eine Kropfer­kenntnis reicher.Ein paar Pfund wiegt so ein Ding, erklärte ich Barbara,kein Wun­der, daß unsere Quick an Steilhängen so schlecht zieht. In Schlattstall, berühmt ob seines guten Weines, kehrten wir ein und trösteten uns.Auf den Kropf hat er es mir zugesagt, lächelt Barbara und verordnet sich als Trost und Arznei einen zweiten Ober- türkheimer Trollinger.

Für den Bücherfreund

Gerald von Minden: Europa zwischen USA und UdSSR. Bamberger Veriagshaus Meisenbach. 334 S.

Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg weist eine derartige Fülle an politischen Ereignis-

Aus Wissenschaft und Technik

Vögel als Erdbebenmesser

Vögel zeigen vor Erdbeben, wie häufig be­obachtetwerden konnte, ein auffallend verstörtes Verhalten, DieseVorahnungen beruhen, wie man neuerdings festgestellt hat, auf einem un- gemein hoch entwickelten Vibrationssinn der Tiere, mit dem sie bereits schwache Vorbeben wahrzunehmen vermögen. Von Fasanen ist be­kannt, daß sie bei fernen Detonationen, die dem menschlichen Ohr nicht wahrnehmbar sind, er­schreckt aufzufliegen pflegen. Aehnliches wird von Möwen, berichtet, die auf fernes Flakfeuer aufflogen, noch ehe der Luftschall den Ort er­reicht hatte.

Kugel-Kleber

Nach dem Kugelschreiber wurde jetzt von einer Firma Pickhardt in Westfalen der erste Kugel-Kleber herausgebracht. Es ist ein Patent­kleber mit Kugelverschluß, der nur die jeweils benötigte Menge an Klebstoff auf Druck heraus­fließen läßt.

Sprechende Uhren

Eine erste sprechende Uhr wurde von dem deutschen Funktechniker Otto Grimme in Esslin­gen am Neckar konstruiert. Sie sagt mit Hilfe eines Tonbandes alle Viertelstunden die Zeit selbständig an. Die Sprechende Uhr ähnelt äußerlich einem kleinen Radioapparat und be­sitzt ein beleuchtetes Zifferblatt.

Tauchende Inseln

Einige Inseln bereiten den Kartographen des britischen Kolonialministeriums erhebliche Sor­gen. Erst kürzlich verschwand die Fou-Insel im Indischen Ozean in den Fluten. Wenig vorher erst war die Avocaire-Insel plötzlich wieder aufgetaucht, nachdem sie mehrer Jahre versun­ken war. Die Falco-Insel in der Tomga-Gruppe im Pazifik wurde bereits zweimal von der Karte gestrichen, kam jedoch jedes Mal wieder. Als sie das letzte Mal auftauchte, fuhr der Gouverneur von Tonga schnell mit einem. Boot hinüber und pflanzte den Union Jack auf. Wenige Tage da­nach war sie erneut im Meer verschwunden.

einen neuen Anzug, einen Hut und ein Paar Schuhe bekam. Mit einem armseligen Hand­täschchen und einem Pappkarton stieg der Pechvogel vor einigen Tagen in Kopenhagen an Land.

Der kleine, hagere Mann mit dem grauge­sprenkelten kurzen Haar ist in den 19 Jahren Aufenthalts in der Irrenanstalt zum Weisen geworden. Er klagt niemand an und freut sich seiner endlich errungenen Freiheit.Ich habe unter den Irren gelernt, Schicksals­schläge ohne Murren hinzunehmen. Und das macht das Leben leichter, sagte er.

Zehn Jahre lang hat Peter Krabbe ver­sucht, sein Schicksal selber zu wenden. Es gelang ihm nicht; Einmal ist er aus Topeka geflohen. Er kam bis nach New Mexiko, stellte sich dort aber der Polizei, da er mit seinem Beinstumpen nicht weiter kam. Man gab ihm zu essen und zu trinken, pflegte ihn gesund und ließ ihn dann laufen. Peter war vogelfrei und kehrte notgedrungen wie­der in seinen Käfig nach Topeka zurück, da er sich allein nicht helfen konnte. In Topeka wurde er in eine Einzelzelle gesperrt und von drei Wärtern verprügelt, bis er die Besin­nung-verlor. Da gab es Peter auf, noch um die Freiheit zu kämpfen. Nicht nur die-Wär­ter waren schlecht auf Peter Krabbe zu spre­chen, auch die Irren konnten ihn nicht leiden. Mit feinem Instinkt hatten sie von Anfang an gemerkt, daß er nicht zu ihnen paßte. Nur die Aerzte und Wärter merkten nichts.

Sein Neffe, Schneidermeister Krabbe-Bis- gaard im dänischen Hvidovre, schickte das Geld zur Heimfahrt auf dem Motorschiff Stockholm. Kopenhagens Reporter erschie­nen an Bord, um den Pechvogel zu inter­viewen. Sie fanden einen unterernährten aber humorigen alten Herrn, der ein etwas drol­liges Englisch sprach. Er hatte sich den Slang in der Irrenanstalt wohl oder übel angewöhnt. Das Wort Fernsehen kannte er, hatte aber keine Ahnung, was es eigentlich bedeutete.

H. H.

sen,\ Konferenzen, Pakten, Spannungen usw. auf, daß es nur dem täglich damit Befaßten noch möglich ist, sich annähernd die einzelnen Entwicklungsstationen zurechtzulegen, wenn eine neue Phase es erforderlich macht, sie irgendwie einzuordnen. Minden hat den Ver­such unternommen, die Fülle des Materials zu ordnen und wenn seine Übersicht auch spür­bar nach den USA ausgerichtet ist und deren Thesen in den Vordergrund stellt, so dringt doch hin und wieder das Bemühen, beiden Weltmächten gerecht zu werden, durch. Eu­ropa bleibt dabei ganz bescheiden Schauplatz, einer der Schauplätze, der großen Auseinander­setzung. Wer sich über die Zusammenhänge im - politischen Leben dieser Tage orientieren will, findet hier Material genug. Vielleicht zu­viel Material. cz.

Vom Geist der Dichtung, Gedächtnisschrift

für Robert Petsch, herausgegeben von Fritz

Martini, 409 Seiten.

Dem Gedächtnis eines fachlich hervorragen­den und vielseitig in die Gesellschaft wirken­den Germanisten wurde diese Schrift von sei­nen Freunden und Schülern gemidmet. Sie umfaßt 18 Beiträge und kann den uneinheit­lichen Charakter der üblichen Festschrift nicht ganz verleugnen; dennoch besteht ihr stolzer Titel zu Recht. Die Herder-Aufsätze Sprangers und Blättners, die Werk-Interpretationen von Martini (WielandsOberon) und Trunz (5 Gryphius-Sonette), Wolffs BeitragHegel und Shakespeare, Leippes Untersuchung über Das Problem der Wirklichkeit bei Chr. D. Grabbe, nicht zuletzt Böckmanns Aufsätze über dramatischen Perspektivismus und über die Lehre von Wesen und Formen der Dich­tung gehören im methodischen wie im sach­lichen Sinne zum Interessantesten, was seit dem Kriege auf germanistischem Gebiete ge­schrieben wurde, und sollten auch außerhalb der Fachkreise nicht übersehen werden. F. S.