6. Jahrgang

SAMSTAG, 7. OKTOBER 1950

Nufhmer 156

Neuer Jugendsdiutz

Gesetzentwurf bringt zahlreiche Aenderungen

BONN. In zehnmonatiger Beratung ist vom Bundestagsausschuß für Jugendfürsorge jetzt der Entwurf für ein Jugendschutzgesetz fertig­gestellt worden. Er wird dem Bundestag näch­ste Woche zur zweiten und dritten Lesung zu­geleitet werden.

Das Gesetz soll die bisher geltende Polizei­ordnung zum Schutze der Jugend aus dem Jahre 1943 ersetzen, die damals weitgehend den kriegsbedingten Verhältnissen Rechnung tragen mußte.

Alle Jugendlichen unter 16 Jahren dürfen sich während der Dunkelheit nicht herum­treiben. Ihnen ist die Teilnahme an öffent­lichen Tanzlustbarkeiten und der Zutritt zu Variete-, Kabarett- und Revueveranstaltungen und jugendgefährdenden Schaustellungen nicht gestattet. Bei öffentlichen Tanzlustbarkeiten dürfen Jugendliche nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten und nur bis 22 Uhr anwesend sein. Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren dürfen die genannten Ver­anstaltungen in Begleitung eines Erziehungs­berechtigten besuchen.

Der Aufenthalt in Gaststätten ist Jugend­lichen unter 16 Jahren nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten, Jugendlichen von 16 bis 18 Jahren ohne Begleitung eines Erzie­hungsberechtigten nur bis 22 Uhr gestattet. Branntwein darf an Jugendliche unter 18 Jah­ren in Gaststätten nicht verabreicht werden, andere alkoholische Getränke dürfen an Ju­gendliche unter 16 Jahren nur verkauft wer­den, wenn sie von Erziehungsberechtigten begleitet werden.

Nach dem Gesetzentwurf gibt es für Ju­gendliche über 16 Jahren keine Beschränkun-

Eine zweifelhafte Leistung

Doris Benzinverbrauch wird nachgeprüft

BONN. Der Bundestagsabgeordnete Dr. Doris (Sozialistische Reichspartei) ist vom Bundestagspräsidium aufgefordert worden, den Verbrauch von 10 000 Litern Benzin und einer großen Menge Dieselkraftstoff zu be­legen. Dr. Doris erklärte dem Präsidium dar­aufhin, daß er seit Dezember vergangenen Jahres mit seinem neuen Wagen 97 650 Kilo­meter zurückgelegt habe, um Versammlungen abzuhalten. Dabei sei das Benzin verbraucht worden. Das Dieselöl habe er benötigt, weil seine Versammlungen nur mit einem Ord­nungsschutz abgehalten werden konnten. Die Angehörigen dieses Ordnungsdienstes seien mit Dieselkraftwagen befördert worden. Der Aeltestenrat des Bundestages hat am Don­nerstag das Präsidium beauftragt, beim Bun­desjustizministerium ein Rechtsgutachten dar­über anzufordern, ob Doris sich strafbar ge­macht hat. Wenn ja, soll Strafanzeige gegen ihn erstattet werden.

*

* Wenn Doris in neun Monaten rund 100 000 Kilometer zurückgelegt haben will, dann hät­te er Tag für Tag mindestens 360 Kilometer gefahren. Immerhin eine respektable Leistung. Dazu hat der kleine Steuerzahler eine be­scheidene Frage: Hat der Abgeordnete Doris die 10 000 Liter Benzin und die große Menge Dieselkraftstoff als Bundestagsabgeordneter etwa vom Bund bezahlt bekommen? Und ge­schieht die Bezahlung in so großzügiger Wei­se, daß man erst bei 10 000 Liter nach Belegen und Unterlagen fragt? Gegenüber dem Steuer­zahler pflegt das Finanzamt, doch auch eine Institution des Bundes, nicht so großzügig zu sein.

Bmnensdiiffart lahmgelegt

HAMBURG. Durch den Streik der Arbeiter und Angestellten der Wasserstraßen- und Schiffahrtsverwaltung ist am Freitag fast die gesamte Binnenschiffahrt lahmgelegt worden. Vor den Schleusen stauen sich die Schiffe. In den Wasserstraßendirektionen wird nur ein Notbetrieb aufrechterhalten.

gen mehr beim Filmbesuch. Jugendliche im Alter von mindestens 6 bis 9 Jahren dürfen zu Filmveranstaltungen nur zugelassen wer­den, wenn die Filme als jugendfördernd an­erkannt sind und die Veranstaltung bis spä­testens 20 Uhr beendet ist. Jugendliche unter 16 Jahren dürfen nicht zu Filmen zugelassen werden, die als nicht geeignet für Jugendliche bezeichnet werden. Ohne Begleitung der Er­ziehungsberechtigten dürfen Jugendliche im

Alter von 9 bis 14 Jahren nur Filmveranstal­tungen besuchen, die spätestens um 20 Uhr, Jugendliche von 14 bis 16 Jahren nur Film­veranstaltungen, die bis spätestens 22 Uhr be­endigt sind.

Ueber Jugendliche, die diesSm Gesetz zu­widerhandeln, sollen keine Strafen verhängt werden, um sie nicht sofort in die Straf­maschinerie der Polizei und der Staatsanwalt­schaft zu bringen. Strafen sind nach dem Ge­setz für Veranstalter, Gewerbetreibende, Lei­ter und Aufsichtspersonen in Betrieben vor­gesehen und für alle Personen über 18 Jahren, die einen Jugendlichen einer Gefährdung aus­setzen.

Noch eine Abstimmung ..

Südweststaatthema im südbadischen Landtag

FREIBURG. Bei der Einzelberatung des süd­badischen Haushalts warf am Donnerstagnach­mittag der Abg. Haas (FDP) erneut die Süd­weststaatfrage auf. Er erklärte, Baden habe 1934 staatsrechtlich geendet. Dies sei zwar im Dritten Reich geschehen, aber 1945 sei bei der Neubildung der Länder kein einziges deutsches Land in seiner alten Form wieder erstanden.

Das Ergebnis der Volksbefragung lasse un­ter keinen Umständen den Anspruch auf die Wiederherstellung Altbadens zu. Es führe, wenn es auch juristisch nicht bindend sei, zum Südweststaat. Haas fragte, ob die badische Regierung wirklich glaube, daß es möglich wäre, Nordbaden mit seiner 57prozentigen Mehrheit für den Südweststaat von Nordwürt­temberg zu trennen. Kein vernünftiger Poli­tiker werde sich zu einer Majorisierung der Nordbadener hergeben. Falls es noch so weit kommen sollte, daß sich der Bund mit dieser Angelegenheit befassen müßte, würden die Altbadener bestimmt eine große Ueberraschung erleben. Wohieb solle die gemäß dem nicht er­loschenen Auftrag des Landtags vom vergan­genen Jahr zu führenden Verhandlungen fort­setzen, um dabei wenigstens die für Baden wünschenswerten Garantien zu erhalten.

Haas rief Wo hieb zu:Noch eine Ab­stimmung und Sie sind verloren, Herr Staats­präsident.

Abg. Dr. W ä 1 d i n (FDP) betonte, daß die

Abstimmung kein Vertrauensvotum für Alt­baden erbracht habe und bedauerte, daß Woh­ieb dem Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Zürcher in der Südweststaatfrage eine po­litische Mission übertragen habe, obwohl das Amt eines Richters absolute Neutralität er­fordere.

Räumung der Kasernen von DPs

Belegung mit Truppenverstärkungen

STUTTGART., Der amerikanische Landes- kommissar für 'Württemberg-Baden, Charles P. Gross, gab am Donnerstag auf einer Pressekonferenz bekannt, der ursprünglich für den 1. Januar 1951 vorgesehene Termin für die Räumung von sechs zurzeit noch mit DPs belegten Kasernen in Württemberg- Baden sei auf 1. Dezember dieses Jahres vor­verlegt worden. In den zur Räumung vor­gesehenen Kasernen würden Besatzungstrup­pen untergebracht.

Gross betonte, er habe keine genauen An­gaben darüber, wann die ersten Truppenver­stärkungen in Württemberg-Baden eintreffen würden. Die Vorverlegung des Räumungster­mins für die zurzeit mit rund 8000 DPs be­legten Kasernen lasse jedoch gewisse Schlüsse zu. Die evtl, notwendig werdenden Beschlag­nahmungen ziviler Gebäude würden auf das äußerste beschränkt.

Nachrichten aus aller Welt

FRANKFURT. Am Donnerstagmittag ist der dpa-Redakteur Oskar Reschke als Sonderbericht­erstatter der Deutschen Presseagentur nach Korea abgeflogen.

ULZEN. Im September meldeten sich im'Flücht­lingsdurchgangslager Uelzen-Bohldamm 7433 So­wjetzonenflüchtlinge gegenüber 8204 im August. Als Ursache für den Rückgang wird die schär­fere Ueberwachung an der Zonengrenze ange­sehen.

WESTERLAND. In diesem Jahr war jeder fünfte Badegast des Nordseebades Westerland auf Sylt einAbessinier. Von den 20 000 Kur­gästen haben, nach Angaben der Kurverwaltung, rund 4000 im Strandabschnitt für Freikörperkul­tur, in dem sogenanntenAbessinien gebadet.

STADE. Eine explodierende Kastenmine zerriß am Donnerstag bei Theißbrügge im Kreis Stade (Niedersachsen) zwei Kinder im Alter von 14 und 11 Jahren.

BERLIN. Das Ostberliner Schöffengericht Ber­lin-Mitte verurteilte am Donnerstag zwei Ost­berliner wegen abfälligen Aeußerungen über das Sowjetregime zu 3 1 * Jahren bzw. 2 1 /* Jahren Ge­fängnis. In Merseburg wurden zwei Personen, weil sie sich angeblich im gleichen Sinne über die Volkspolizei geäußert hatten und einen Volkspolizisten tätlich angriffen, zu 6 Jahren Zuchthaus bzw. 4 Jahren Gefängnis verurteilt.

LONDON. Ein Sonderbeauftragter des briti­schen Ernährungsministeriums hat sich dieser Tage nach Moskau begeben, um über den Ankauf von mindestens 1 Million t Getreide zu verhandeln.

LONDON. Die amerikanische Flugzeugfabrik Curtiss-Wright hat für mehrere Millionen Dollar von der englischen Armstrong-Siddeley-Gesell- schaft das Recht erworben, Großbritanniens mo­dernsten und stärksten Düsenjäger, denSa­phire, unbeschränkt hersteilen zu können.

LONDON. Unter der BezeichnungEmperor haben heute die größten Luftmanöver, die je­mals über Großbritannien stattgefunden haben, begonnen. Beteiligt sind die Luftstreitkräfte von sieben Atlantikpaktnationen.

WIEN. Neun ehemalige italienische Diploma­ten, davon einer in Begleitung seiner Frau, sind am Donnerstagmorgen nach sechsjähriger Ge­fangenschaft in der Sowjetunion in Wien einge­troffen. Sie waren 1944 von der einrückenden Roten Armee in Bukarest verhaftet worden.

KAIRO. Nach einer Mitteilung des ägyptischen Rauschgiftdezernats hat die Rauschgiftproduktion in letzter Zeit eine wesentliche Ausweitung er­fahren. In Syrien und im Libanon sei die Anbau­fläche von Haschisch von 13 000 ha im Vorjahr auf 30 000 ha angestiegen. Von dieser Fläche können 720 t Haschisch gewonnen werden. An jedem kg Opium verdienen die Schmuggler etwa 6000 Pfund Sterling (rund 70 000 DM).

HELSINKI. Bei den finnischen Gemeindewah­len haben die bürgerlichen Parteien gegenüber der Linken mit 742 832 gegen 706 556 Stimmen die Mehrheit, wie aus den nunmehr vorliegenden Endergebnissen hervorgeht. Auf . die Sozial­demokraten entfielen 370 995, auf die Volksdemo­kraten (Kommunisten) 335 561 Stimmen. Die KP hatte als einzige Partei einen Stimmenzuwachs zu verzeichnen.

TOKIO Seit Ausbruch des Koreakrieges haben die alliierten Truppen 40 000 Kriegsgefangene ge­macht.

SAN JOSE. Teile des mittelamerikanischen Staates Costarica wurden am Donnerstag von einem schweren Erdbeben heimgesucht.

SANTIAGO DE CHILE. Bei einer Explosion schlagender Wetter in einem Kohlenbergwerk bei Lota, etwa 640 km südlich von Santiago, kamen am Donnerstag 36 Bergleute ums Leben, fünf wurden schwer, eine Anzahl leicht verletzt.

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1 Roman aines Dämons von Norbert Jacques I

24] Copyright by Hoffmann ornt Camp* Varlag, Hamburg

Da strahlten ihre Augen auf wie ein ge­schliffener Stein, den unvermutet ein Licht­strahl trifft. Sie waren hellgrau jetzt, mit einer fernen durchsichtigen Kühle.

Bom empfing einen neuen Reiz. Das Haan dieser schönen Frau verlockte nur die Phanta­sie. Aber ihre Augen brachten das Blut in Wallung.

Seit Jahren hatte Bom keine Frau mehr gekannt. Aber heute, da sein Gemüt erregt, seine Nerven gespannt waren, spürte er die Wirkung der Fremden gewaltig. Er fühlte sein Wesen förmlich beflügelt, gesteigert, von einem heißen Hauch getroffen wie vom Glutwind einer Wüste, die sich märchenhaft mit lochen­den Luftspiegelungen belebt.

Von diesem heißen Sturm erfaßt, sah er im steinernen Schimmer jener Augensterne neues Leben, neue Möglichkeiten der Erfüllung, wie sie sich ihm nie geboten hatten. Valerie Laras Körper war von weiblicher Süße, voller Ge­fahr und erfüllt von der stummen Verheißung eines großen Glückes.

Was Professor Born nicht bemerkte in sei­nem jähen verliebten Rausch, war, daß Helli ihm den ganzen Sturm der Gefühle vom Ge­sicht ablas und daß sie dann nur noch die Tänzerin anzuschauen brauchte, um ganz genau zu wissen, was ihrem Vater widerfahren war. Im ersten Augenblick erschrak sie ein bißchen über die Veränderung, die so schnell sein ganzes Wesen erfaßt hatte, aber dann wurde ihr doch klar, daß es ein Gewinn, eine Aenderung zum Guten war. und da die Lara ihr besser als irgendeine andere Frau

gefiel, war sie im Grunde froh über das Ge­schehene.

Hellis Liebe und Verehrung für den Vater war in der letzten Zeit oft auf hart» Proben gestellt worden; mitunter hatten ihn Einsam­keit und Verbitterung fremd, unzart und un­verständlich gemacht, und sie hatte zeitweise bis zu Tränen und Fluchtwünschen um ihn ge­litten. Solche Aengste schienen nun für alle Zeit gegenstandslos; es war zu hoffen, daß der Vater wieder der liebende und verstehende Freund wurde, als den sie ihn seit ihren Kindertagen gekannt hatte.

Es war nun beinahe so, als sei ihr, Helli, ein großes Glück widerfahren. Denn wenn ihr Wesen auch scheu und in sich gerichtet war, vor Tatsachen gestellt, begriff sie schnell und handelte entsprechend. Auch jetzt wieder. Der Vater und Valerie Lara sahen sie er­staunt an, als sie plötzlich aufstand.

Ich muß wieder ins Amt, sagte sie ruhig, oder wenigstens an die Arbeit. Gerade in den Abendstunden werden wir am nötigsten ge­braucht, gnädige Frau. Mein Vater weiß es, und Sie werden es gewiß verstehen, nicht wahr? Seien Sie also bitte nicht böse, wenn ich mich für heute verabschiede.. f

Gewiß nicht, Fräulein Helli, sagte die Lara ein wenig verwundert und reichte ihr die Hand.

Und lassen Sie sich bitte nicht durch mei­nen Aufbruch stören, gnädige Frau. Es wäre nett von Ihnen, wenn Sie meinem Vater noch ein bißchen Gesellschaft leisteten.

Professor Born und die Lara verständigten sich mit einem kurzen stummen Blick, dann nickten sie ihr zu und schauten ihr nach, bis sie das Zimmer verlassen hatte.

*

Es fand sich auf natürlichem Wege, daß nun in der Unterhaltung der beiden Alleingeblie­benen die Rede auf die Vorlesung des Profes­sors und auf seine Beschäftigung mit Geistes­kranken kam. Als die Lara bemerkte, ob nicht ein Arzt, der so ausschließlich mit Gei­

steskranken zu leben habe, selber großen Gefahren des Geistes ausgesetzt sei, antwor­tete Born lächelnd, aber doch mit eingehender Gründlichkeit:

Krankheiten des Hirns haben keine an­steckenden Keime. Nicht vom Mitleben und vom Anschauen kommen die Gefahren, son­dern aus dem Hineinschauen in eine Neben­welt der Wirklichkeit, die dieselben "Rechte für sich beansprucht, wie die richtige Welt. Von dem Hineinschauen in eine Welt, die ihren Ablauf oft ganz gesetzmäßig hat, aber an irgendeiner winzigen, falschgestellten Wei­che unbemerkt auf das Nebengleis gerät, weiterläuft und den Weg nun für die Haupt­richtung hält.

Der Beobachter und Ergründer stellt sich oft die Frage: Ist die Weiche wirklich falsch gestellt gewesen? Hat sie nicht im Gegenteil den Betroffenen in einen weiteren Weg ge­worfen? In einen Weg, der ihn weit aus der Bahn des Alltäglichen führt! Das Gesetz gilt nicht für Moses und die Propheten, sagt die Bibel. Wissen wir denn, ob zum Beispiel Nietz­sche nicht gerade in seinem Wahnzustand reicher war als vorher, da er noch gezwun­gen war, sein Inneres in Einklang mit dem Konzert der Mitwelt zu halten, die kleiner war als er?

Allerdings ist das ein Fall der Krankheit, der sich auf eine bestimmte Kategorie von Er­krankungen beschränkt. Eine große Zahl von Hirnen funktioniert aus rein mechanischen Mängeln nicht, die durch Vererbung oder er­worbene Krankheiten entstanden sind. Den Arzt aber zieht es zu dem Rätsel der anderen. Mabuse gehört zu ihnen, um nur einen be­kannten Fall zu nennen.

Ich kenne weder den Namen noch den Fall, sagte die Lara ruhig.Stellen Sie sich vor, fuhr sie fort,ich habe nie in meinem Leben einen Geisteskranken gesehen.

In dieser genauen Behauptung kann das nicht stimmen,, antwortete Born.Denn, es

Gemischte Gefühle

cz. Die Ankündigung der Freigabe des deut­schen Schiffbaus für den Export hat, wie wir aus amerikanischen Werftbesitzerkreisen ver­nehmen, bei selbigenzumindest gemischte Gefühle ausgelöst. Da wird gesagt, die Mehr­zahl der in den letzten drei Jahren auf ame­rikanischen Werften fertiggestellten Schiffe sei auf ausländische Rechnung gebaut wor­den. Man müsse bis ersten Januar zu Arbei­terentlassungen schreiten, wenn es bis dahin nicht gelinge, neue Auslandsaufträge zu er­halten. Dürften die deutschen Werften jedoch Schiffe jeder Größe auf Kiel legen, dann wür­den die ausländischen Reeder ihre Aufträge nach Deutschland vergeben, da die deutsche Schiffbauindustrie bedeutend billiger arbeite.

Sieh mal einer an! Das sieht ja gar nicht nach Marshallplangeist, falls es einen solchen gibt, aus. Mit dem echten Konkurrenzge­danken und freier Wirtschaft haben diese Befürchtungen, denen sowieso der Geschmack anhaftet, daß man sich noch etwas länger gerne im Schatten des Sieges im zweiten Weltkriege ausruhen möchte, wenig zu tun. Oder doch? Kommt hier das wahre Gesicht zum Vor­schein? Wer oben ist, will um jeden Preis oben bleiben und wäre es auf wirtschafts- politischem Wege. Gehört es denn nicht zu den Grundprinzipien der freien Wirtschaft, daß jeder dort kauft, wo er am besten und billigsten bedient wird? Anscheinend nicht. Die Schiffahrtsunternehmer der USA sehen das anders, wenn sie selbst davon betroffen werden könnten.

Die Engländer argumentieren mitunter auch so. Das war nicht minder unerfreulich. Die Begeisterung für, die freie Marktwirtschaft hört immer dann auf, wenn man ernste Kon­kurrenz zu befürchten hat. Dabei ist freie Marktwirtschaft ohne das Konkurrenzprinzip ein Nonsens.

In einem sind wir mit den US-Werftbesit- zern einig: Ihre Gefühle sind wirklichge­mischt und so gar nicht imponierend.

... tagt und vertagt

Seit Januar befaßt sich unser Landtag in Bebenhausen mit der von den Turnern und Sportlern -veranlaßten Anfrage betreffend die Totomittelverteilung. Parallel dazu lief eine Fühlungnahme mit den Parteien, die zwar überal auf Zustimmung stieß, aber ebenfalls im Plenarsaal keine Wirkung zeigte. Es scheint die Abgeordneten in Bebenhausen immer wie­der zu befriedigen, wenn der Präsident vor­schlägt:Punkt 8 der Tagesordnung (Frage der Totoverteilung) wird dem Finanzausschuß (oder sonst einem Ausschuß) zur Bearbeitüng zugewiesen, wenigstens widerspricht nie­mand. Sicherlich sind Sportler und Turner geduldige Menschen, sie hoffen im Augenblick auf die nächste Sitzung. Dennoch aber wächst das Befremden, daß die Volksvertretung so wenig Interesse an den Tag legt für Fragen, die einen so breiten und sicherlich nicht den schlechtesten Kreis der Bevölkerung bewegen. In solchen und ähnlichen Erscheinungen sind die Gründe dafür zu suchen, daß jeweils nur etwa 50 Prozent zur Wahlurne gehen, und nicht darin, daß unserer Bevölkerungdie demokratische Erziehung fehlt. Ein Haus, das in dreiviertel Jahren nicht imstande ist, eine wichtige Sache sei es so oder so! zu entscheiden, wird sich den Reihen der Ent­täuschten . gegenüber schwerlich mit Bestim­mungen der Geschäftsordnung rechtfertigen können. Wir Turner und Sportler jedenfalls werden uns auf diese Weise für die Parteien nicht erwärmen können. S. B.

Die vorstehende Glosse gibt im Auszug einen Brief wieder, der uns aus Sportlerkreisen über­geben wurde und der die Stimmung der In­teressierten ziemlich genau treffen dürfte.

Die Redaktion

BERLIN. Die ehemalige preußische Militäraka­demie in Berlin-Treptow wurde auf Anordnung der Ostzonenregierung zu einem Regierungs­krankenhaus umgebaut, in das nur Mitglieder der Ostzonenregierung, der Parteiprominenz und hohe Volkspolizeiofflziere aufgenommen werden sollen.

gibt in der Tätigkeit eines jeden Hirns Mil­lionen von Abstufungen des Ablaufs, die für den Zuschauer des Augenblicks nicht als nor­mal oder krank einzuordnen sind.

Halten Sie sich eigentlich für gesund? fragte die Lara auf einmal mit einer fast rohen Schroffheit, und in ihren grauen Augen ging zugleich ein schillernder Wechsel un­kenntlicher Lichter vor.

Es ließ sich nicht erkennen, welcher Art die Wirkung war, die die plötzliche Frage auf Born hervorrief. Nur daß sie eine Wirkung ausübte, verriet sein Benehmen. Er schaute plötzlich auf und ein wenig starr vor sich hin.

Ich? fragte er erst nach einer Weile. Dann schwieg er wieder, und die Lara belagerte mit ihren Augen sein Gesicht. Nach kurzer Zeit sagte Born, ohne besondere Wichtigkeit oder Dringlichkeit, sondern sehr einfach und fast im Ton der alltäglichen Feststellung:

Als meine Tochter mich Ihnen vorstellte, habe ich Sie nicht angeschaut. Ohne persön­lichen Grund. Es war nur eine Folge äußerer Umstände. Als ich im Spiegel meines Wagens dann Ihre Augen in die meinen gerichtet sah, war ich erschrocken. Meine ersten Beziehun­gen zu Ihnen brachten mir also ein Gefühl des Scheuens, der Furcht. Seitdem ich aber mit Ihnen hier im Haus zusammen sitze, hat diese Empfindung einem übermäßig quellen­den Strom von Gefühlen, Wünschen, Vorstel­lungen, Erregungen, die alle um Sie kreisen, Platz gemacht. Erregungszustände heben stets den normalen Ablauf der Gehimtätigkeit auf und bilden kleine geistige Fieber. Fieber je­doch sind die Botschaft einer Erkrankung an das Blut, als Träger des Lebens.

Born schwieg und sah die Frau an. Seine Augen, die zwischen zwei Farben wechselten,, waren jetzt grün, und mit lastender Eindring­lichkeit forschten sie in dem schönen Frauen­gesicht. Die Lara war aufgestanden und ihm mit einer unmerklichen Bewegung näher ge­treten, , (Fortsetzung folgt)