S 1 Erntedankf.
M 2 Schutzengel}. D 3 Jairus, Kand. M 4 Fr. V. Ass.
D 5 Placidus F 6 Angela, Br.
S 7 Rosenkranz}.
wtittiags^eUung^
ILLUSTRIERTES WOCHENBLATT
Nr. 40/2. JAHR/1. OKTOBER 1950
ErntMank
D’Fvuucht leit onter Dach ond Fadb, Oiul dr Moost ein Kear,
Ond em ganze Haus isch. koi Gotzigs Gsälzglas leer.
Daffetäpfel, Jakob Löbel, Goldpermener, Böige,
Bosskopp, Luige ond Renette,
Alles hent mr oige;
Gruehet samt de Wadelbiare En de Hiirde schao,
Ond e Ständle Sauerkraut Tuet’s fürs airste au.
Geale Rüebe ond Gugommre,
Erbse, Lense, Köhl;
Nüsse ond e Stömple Schnitz Ond e Kiinndle Oel.
De’st e Seaga, Leut Bedenkens,
Yo dr B^ahne bis en Krar! —
Dormn genl au, wia sich s ghairt, Aoserm Herrgott d’Ehr!
HEINZ-EUGEN SCHRAMM
.....
Das Bauernjahr
Die Blätter des wilden Weins sind rot gefärbt. Wie große Bluttropfen hängen sie manchmal in dem dunklen Grün der Nadelbäume, überzi»* hen gleich einem Adernnetz das kalte Gestein junger Häuser und die brök- kelnden Quadern alter Gemäuer..
Der Bauer, Herr der Erde, hat nun bald das Werk seines Jahres getan. Und wenn er auf die Frucht seiner Kraft und seines Schweißes, die Mühe seiner langen Tage und kurzen Nächte zurücksieht, dann kann er nun wohl auch seinen Händen die kurze Zeit der Rast lassen und niemand braucht ihm die einzig gemächliche Zeit seines Jahres, die Zeit, . Nch der Ernte und der neuen Feldbestellung, zu neiden. Er hat keinen Achtstundentag und keine zwei Stunden Mittagspause, sein Tag endet nicht abends um sechs und beginnt nicht früh um sieben. Wacht die Stadt auf, vespert er schon, und sitzen alle anderen beim Nachtmahl, werkt er noch im Stall.
Vielerorts wird der Erntetag mit Erntekrone und Kranz, mit Gasterei und kräftigem Trunk, mit Spiel und Tanz gefeiert. Man findet sich an diesem Tage in dem stolzen Bewußt-
Der Hei bst hat uns sein Füllhorn ausgeschüttet
Aufnahme Näher
GABEN DES HERBSTES
ln der Schüssel aus gebrannter Erde Auf dem Tisch von Hartholz liegen Früchte, Saftreich, fleischig, unter bunter Schale.
Menschenhand und Wind brach sie vom Aste, Wo sie aus dem Tod der zarten Blüte Kraft gewannen und ins Leben schwollen.
Nicht für dich hat sie der Baum gezeitigt: Samenbettlein sind sie künftiger Bäume —
Aber nimm sie immerhin zur Speise.
Nähre dich mit Erdgrund, Quell und Sonnlicht, Stärke dich mit Baumes Kraft und Wachstum, Doch verachte nicht das bittre Kernlein!
JOHANNES LINKE
Unser täglich Brot
Von Georg Büsing
Niemals werde ich die Stunde vergessen, in der mein Großvater midi an der Hand nahm und mit mir aus der Stadt herausschritt, dorthin, wo die wogenden Kornfelder begannen. Ich verschwand mit meinen acht Jahren ganz in der gelben Flut; die Dämmerung sank, und der Himmel war wie eine Flamme, feuerrot. Ich wollte es Großvater sagen, aber ich konnte es nicht - .. Wenn der Großvater so ausschaute wie heute, dann mochte er kein Geschwätz. Manchmal blieb er stehen, strich mit seiner schmalen Rechten über die Aehren hin und mit der anderen Hand über mein Haar. Und immer, wenn er es tat, wußte ich nicht, was mir geschah.
Niemals werde ich die Stunde vergessen, in. der ich mit meiner Mutter über ein abgeerntetes Roggenfeld schritt und Aehren las. 1918 war’s und der Acker gab nur gering von seinem sommerlichen Reichtum ab. Nachher saßen wir in der notbeleuchteten Küche und suchten das Korn aus den Aehren. Mutter zerstampfte es in einem Mörser, setzte den Brei in der Magermilch auf das Feuer des Herdes, und ich glaube, wir Kinder waren sehr leise miteinander, bis der Topf kochte, und das Gericht auf den Tisch kam. Mutter füllte die Teller und ein herber Duft durchzog die Küche. Aber ehe das Geklapper der Löffel begann, sahen wir zu ihr hin. Sie stand mit gesenktem Kopf und hatte die Hände gefaltet.
Niemals werde ich die Stunde vergessen, in der wir nach einer Nacht, da die Erde bebte und der Himmel über der Stadt brannte, die Kerkerwände des Bunkers verließen und nach Brot suchten, weil die Kinder danach riefen. Und da fanden
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sein an einem Tisch zusammen, mit Gottes Hilfe und Segen sein Teil zum Gelingen des Jahres beigetragen zu haben. Auch in diesem Jahr lag Gottes Segen über unseren Feldern. Dafür wollen wir heute, da der Herbst sein Füllhorn vor uns ausgebreitet hat, inständig danken.
Einmadien / von watter Fottzm
Das Einmachen beginnt im Frühjahr mit dem Beerenobst, dann setzt das Familienglück aus. Eingemacht wird alles, was der Hausherr gerne frisch ißt.
Ich besuchte vor einigen Tagen meinen Freund, den Philosophiedoktor, der seit diesem Frühjahr in junger aber glücklicher Ehe lebt. Der Mann ist vollkommen gebrochen. Seine Frau war früher eine ungefährliche und gescheite junge Dame, die berechtigte Hoffnungen erweckte, das bisher unaufgeklärte Problem der Freundschaft Klopstocks und Johann Peter Uzens mit Hilfe einer Doktorarbeit seiner späten Lösung entgegenzuführen. Nichts lag ihr ferner, als frisches Obst und junges Gemüse auf dem Weg eines komplizierten Verfahrens in ungenießbare Masse um zu wandeln. Aber kaum hatte sie geheiratet, da erwachte dieser merkwürdigste aller weiblichen Triebe in ihr. Keine Birne, kein Apfel, keine Gurke war mehr vor ihr sicher, alles, was für Menschenmund bestimmt war, warf sie den Miasmen in den gierigen Rachen. Das Haushaltungsgeld wurde zur Anschaffung unzähliger Apparate verbraucht, von denen die „verbesserten Systeme“ einander in wildem Taumel folgten.
-Als ich in das Zimmer meines Freundes trat, glaubte ich mich auf einer Wiese. Es war vollkommen mit einer dichten Streu bedeckt. Meinen erstaunten Blick beantwortete der
Philosoph mit den Worten: „Bohnen, mein Lieber, trockene Bohnen.“
„Komm hierher, hier sitzen wir ziemlich geschützt.“ Er zog einen Stuhl neben seinen Schreibtischsessel und schob einen großen blechernen Ofenschirm davor. „Das ist wegen der Spargel; es kann jeden Moment losgehen. An warmen Augusttagen um Mittag ist es besonders gefährlich. — Meine Frau hat nämlich eingemacht“, sagte er leichthin, als ob es das Selbstverständlichste von der Welt wäre, und deutete auf seine Bücherregale. Dort standen an Stelle der Bücher Hunderte von Einmach-' gläsern, nur der Platz von Hegel und Hamann war noch frei. Hier Sollten bald die Birnen hinkommen.
Wir hatten uns kaum gesetzt, da erfolgte eine schreckliche Detonation,
und ein Hagel Spargelstangen prasselte gegen den Ofenschirm.
„Du siehst, wie notwendig solche Schutzmaßnahmen sind, wenn man in Ruhe arbeiten will. Ungefährlicher sind die Marmeladen und Obstsäfte, aber sie bringen auch manche Unbequemlichkeit für mich.“ Damit öffnete er die Tür zum Speisezimmer, und ich sah, daß sämtliche Stühle umgekehrt mit den vier Beinen nach oben auf den Tischen standen. Darüber waren weiße Frackhemden gespannt und aus dieser Hängematte tropften farbige Flüssigkeiten in darunterstehende Schalen.
„Meine Frau sagt, das schade den Hemden nichts; ich muß aber feststellen, daß sich batikartige Ringe auf der Hemdbrust abzeichnen. Ich liebe trotzdem die Marmeladen, denn sie sind still und friedlich.“
Hier erfolgte die zweite Spargelexplosion und nur mit Mühe entgingen wir der mörderischen Konserve. „Das ist noch gar nichts“, sagte der Doktor, „da sollst du erst die Heidelbeeren - erleben.“
Ich schüttelte meinem Freund die Hand und floh. Noch weit auf der Straiße hörte ich die Gemüse detonieren.
rei, der, durch seine feuerfesten Wände geschützt, allein übrig geblieben war. Noch schwelte um ihm die Glut, aber dennoch füllte ein Duft frischen Brotes die brandige Luft. Ungläubig, das Feuer nicht achtend, öffneten wir die heißen Türen des Ofens, und vor uns lagen, herrlich gebräunt, Hunderte von Laiben. Und wie wir sie nahmen und brachen, da wurde es uns bewußt, daß das Feuer des Unterganges diese Brote gebacken haben mußte, denn einer der Bäcker sagte aus, daß sie wohl den rohen Teig noch in den Ofen geschoben hätten, aber zum Backen sei es wegen des Alarms nicht mehr gekommen.
Der Dank des Königs
/ Von Heinz Steguwelt
Friedrich der Große legte bekanntlich viel Wert auf den Anbau der Kartoffel, zumal bei den Bauern in der Mark. Also setzte er Prämien aus und kargte nicht, zu wichtig schien ihm das Gedeihen der Knolle; denn die Bevölkerung wurde immer größer, man mußte sie ernähren.
Im Frühherbst erschien nun der Landwirt Spickerum aus Brieselow, er drang ins Potsdamer Schloß, ruhte nicht eher, bis man ihn vor den Kö-
Was heißt hier „faul"?
In den Ueberland-Omnibussen, die von den Kreisstädtchen in die Nester hinausfahren, kann man allerhand Volksweisheit auf schnappen! Da reden die Leut’ noch, wie ihnen der Schnabel gewachsen — und er ist ihnen oft sehr deftig gewachsen! Wenn man ihnen „aufs Maul guckt", wird man immer wieder staunen ob der Treffsicherheit und dem gesunden Muterwitz der „gemeinen Leut’“.
Wurde da neulich im Schwäbischen ein Mann, der über eine ungewöhn
liche Leibesfülle verfügte, von einigen Mitfahrern gehänselt: vom vielen Schaffen sei er auch nicht so dick geworden, und er liege wohl den ganzen Tag auf der faulen Haut und mäste und moste sich ein Ränzlein an! Der Gefoppte hörte sich’s eine Weile ruhig an, dann sagte er trok- ken — und nur die in den Fettpolstern liegenden Aeuglein blinzelten verschmitzt-schalkhaft: „Ond Ihr Magere send bloß z’faul zom Fressa!“
wü.
nig führte, und diesem zeigte er eine Kartoffel vor, die fast zehn Pfund wog und so dick war wie ein Kürbis: „Hier, Fritze, ick schenk sie dich!“
Der König bewunderte das Erzeugnis. Zehnmal drehte er das Früchtlein um, zog die Brauen hoch und meinte: „Brav, Spickerum, sehr brav. Sollst auch ’ne Prämie haben.“
Dann ging er ins Nebenzimmer, legte die Riesenknolle in eine Vitrine und schrieb dem tüchtigen Bauern aus Brieselow einen Schein aus. Einen richtigen Bezugschein, wie man heute sagen würde: „Nimm, Spickerum. Und werd’ man jlücklich damit!“
Als der Landwirt das Stück Papier beim Marstall vorzeigte, erhielt er zu seiner Freude ein Pferd ausgehändigt, einen rechten Ackergaul, so hoch und so kräftig, wie er noch keinen besessen.
Daheim, in Brieselow also, lief das ganze Dorf zusammen, als der Spik- kerum anlangte mit dem mächtigen Roß. Das hatte der König ihm geschenkt? So fürstlich belohnte er seine Bauern —?
Nun hatte der Spickerum einen
Nachbarn, dem die Prämie arg in der Nase stak. Der Kerl hieß Detmar, und er gedachte, neidisch geworden, das gute Geschäft des Pferdgewinners zu übertreffen. Detmar rechnete: Wenn der König für eine Kartoffel einen ganzen Gau! stiftet, was mag er mir erst geben, wenn ich ihm ein Schaf bringe, das faustdick in der Wolle steht —?
Am Tage darauf pilgerte Detmar ebenfalls nach Potsdam, und das Schaf trollte blökend an der Kette hinterdrein. Auch Detmar drapg ins Schloß, auch ihn empfing der staunende Landesvater. Und der Schafhalter aus Briselow sprach: „Hier. Majestät, den Hammel schenk ich Euch!“
Der König durchschaute mehr, als er sagte. Dennoch strich er dem Tier anerkennend über die Wolle: „Brav, Detmar, sehr brav, sollst auch ’ne Prämie haben.“
Damit ging er ins Nebenzimmer, öffnete die Vitrine, holte die kürbisdicke Kartoffel und überreichte sie dem blassen Spekulanten: „Nimm Detmar. Und werd’ mir jlücklich damit ...“