6. Jahrgang

SAMSTAG, 30. SEPTEMBER 1950

Nummer 152

nicht geeignet sind, fernzuhalten. Voraussicht­lich wird diese Frage auch von dem Gesetz zum Schutze der Jugend in der Oeffentlichkeit behandelt werden. Der Entwurf sah weiter­gehende Bestimmungen für den Filmbesuch der Jugendlichen vor, als sie die Grundsätze der Selbstkontrolle enthalten. Es besteht aber die Aussicht, daß das Gesetz sich den Vor-

Wie wird ein Film zensiert?

Von An^on Frey

Anläßlich derWoche des deutschen Films Staaten zu gefährden, insbesondere deren Re- vom 29. September bis 5. Oktober bringen wir gierungen, amtliche Repräsentanten und Ein­einen Aufsatz über die Selbstkontrolle der Film- rirhtungen hPrahvi^Plan­wirtschaft. Die Red. ncntungen herabzusetzen,

D,e IP,n 8 FraB ÄSiÄlS:

Filmzensur oder nicht? ist im Gebiet der seiner Gesamtheit und in seinen Ländern zu Füm hat kürzlich ei ne*oositWe SteHunanahSe Bundesrepublik vor einem Jahr auf eine be- gefährden oder herabzuwürdigen; "geibsSSle betroffen AU das wüd

Ve e r r dnbamn a e en A d t pr V K, S n Cht oder ausge % r ° che * Propagandistische aberd Je Kultusministerien nicht hindern, die

Vertretern a g üer "f k « Ta?L f vf n nZ10S ^, t U ^ Ung S.? 8 * 1 * 1 *!« 416 Weiterentwicklung der Selbstkontrolle auf-

Vertretern aller Sparten der Filmwirtschaft Tatsachen zu verfälschen. (Die veränderte Dar- merksam 7n verfolgen und auf die Abstellung

ist die freiwillige Selbstkontrolle der Film- Stellung geschichtlicher Vorgänge im Sinne ®

Wirtschaft mit dem Sitz in Wiesbaden-Bieb- der notwendigen Freiheit künstlerischen Ge- rich geschaffen worden. Den von ihr gebilde- staltens wird hiervon nicht berührt.)

juislnmRsohpn ^ inländisch ® n und Bei der Prüfung der Frage, ob ein Film auch müssen'' als" hemmeihre Existenz und Ar-

Prufung für Jugendliche freigegeben werden kann, soll beitsweise die Fortentwicklung des Films und vorgelegt. Es wird dabei entschieden: nach diesen Gesichtspunkten, besonders dem verstärke sie die Tendenz zum braven Mittel-

1. ob der Film überhaupt in Deutschland Punkt a), ein besonders scharfer Maßstab an

zugelassen wird, gelegt werden.

2. ob er vor Jugendlichen unter 16 Jahren

von etwaigen Mängeln zu drängen.

Auf der anderen Seite hat sich die Selbst­kontrolle mit dem Vorwurf auseinandersetzen

maß. Vor allem ist der Beschluß der Ver­bandsleitung des Filmklubs, in diesen keine

gezeigt werden darf und 3. ob er sich auch zur Vorführung an den

Die Frage: Hat die Selbstkontrolle sich be- Filme vorzuführen, die nicht die Selbstkon- währt? kann weder mit einem klaren Ja noch trolle passiert haben, scharf angefochten wor-

kirchlichen Feiertagen Karfreitag, Buß- und einem eindeutigen Nein beantwortet werden.

npfta* nnH Es sin( * schon Entscheidungen erfolgt und wer- &enr wum kuhii uuu waseuiuu* munsuws

, und Totensonntag eignet. den wohl weiter nQch möglich Sin> die etwa Ne uland betreten, ohne deshalb Themen be-

, g ^Kn e S-i Tei1 v.v er u lm Ü r ~ dem Gedanken der Bewahrung der Jugend handeln zu müssen, deren Wahl und Durch-

. . f. J 3 14v FUme blieb es bei vor sittlich verderblichen Darstellungen nicht führung die Selbstkontrolle nicht dulden kann.

deS - Arbeitsausschusses der genügend Rechnung tragen. Von allem fehlt Alles in allem: Die freiwillige Selbstkon- S1 j C ? 1 aus se ^ s Mitgliedern es noch sehr an der praktischen Einhaltung trolle der deutschen Fimwirtschaft ist ein sehr j 11 diesen gehören vier der des jugendverbois. Wenn die Filmwirtschaft beachtenswerter Versuch, den zu unternehmen Filmwirtschaft und zwei der öffentlichen Hand

an. Die letzteren werden von den Kultmini­stern der Länder, den Kirchen und den Ju­gendorganisationen gestellt und nehmen im Turnus an den Sitzungen teil. An den Haupt­ausschuß, der sich aus 15 Mitgliedern zusam­mensetzt <3 Filmwirtschaft und 7 öffentliche Hand) können die Antragsteller oder die Mit­glieder des Arbeitsausschusses unter bestimm­ten Voraussetzungen appellieren. Der Haupt­ausschuß hat bisher nur in wenigen Fällen, der Juristenausschuß, der als dritte Instanz endgültig entscheidet, überhaupt noch nicht getagt. Gegen die Tatsache, daß im Arbeits­und im Hauptausschuß die Filmwirtschaft je die Mehrzahl der Vertreter hat, sind von An­fang an Beedenken laut geworden. Dieses Stimmenverhältnis muß aber wohl hingenom­men werden, da es nur so möglich erschien, auch die ausländischen Produktionsgesell­schaften dazu zu bewegen, ihre Filme dem Spruch der Ausschüsse zu unterwerfen. Im Kreis der erfahrenen Mitglieder der Film­wirtschaft, die natürlich das Beste für die Antragsteller herauszuholen bestrebt sind, haben die Vertreter der öffentlichen Hand keinen leichten Stand; was ihnen an Stimmen fehlt, müssen sie durch das Gewicht ihres Ur­teils zu ersetzen suchen. (Die Vertreter un­seres Landes im Arbeitsausschuß sind Präsi­dent i. R, Dr. Binder und Oberstudiendirektor de n Vorzug genießt, von einer staatlichen die Verhältnisse fast zwingend nahelegten und Schoell). Filmzensur befreit zu sein, so sollte sie auch der sich lohnte. Ob die Einrichtung sich be-

Die Ausschüsse der Selbstkontrolle haben bei ihren Verbänden und deren Mitgliedern währt, wird die Zukunft lehren. Sie wird bisher nur wenige Filme abgelehnt. Die mei- d j e wirkliche Erfüllung der von den Grund- auch darüber entscheiden, ob die in den sten von diesen verfielen der Ablehnung, weil sa tzen verlangten Forderungen durchsetzen. Grundsätzen den Produzenten eröffnete Mög- sie zu krasse militaristisch-imperialistische wie unbefriedigend die Situation noch ist, lichkeit, vor Beginn der Dreharbeit ein Ma- Tendenzen aufwiesen. Einige von diesen,, fer- zeigt ein im württembergisch-hohenzolleri- nuskript der Filmkontrolle zur Beratung vor- ner solche, die wegen sittlich bedenklicher sehen Landtag angenommener Antrag, die zulegen, der Filmkontrolle Handhaben zur p o- Partien abgelehnt wurden, konnten später Regierung möge Maßnahmen treffen, um die s i t i v e n Förderung des deutschen Fimschaf- freigegeben werden, weil die Hersteller sich Jugend vom Besuch von Filmen, die für sie fens gibt, dem Verlangen der Ausschüsse, bestimmte

Schnitte vorzunehmen, gebeugt hatten. #

Wie steht es nun mit den Ju ge n dv e r b o- TrÜbe GeSOiafte

ten? Ungefahr ein Viertel aller bisher ge­prüften Spielfilme ist für die Jugend nicht Rüstungsindustrielle machen Geschäfte mit dem Tode

zugelassen worden. Hier zeigen sich inter- ^

essante Unterschiede in der Herkunft der Seit Jahren rüstet die Sowjetunion in uner- num die Auffassung, daß es sich dabei um Filme. Bei den alten deutschen Filmen, die hörter Weise auf. Ihre gesamte Wirtschaft steht einen friedlichen Zwecken dienenden Export vor 1945 hergestellt worden sind, den sog.' Re- im Dienste der Kriegsproduktion. Außerdem handle. Das ist eine merkwürdige Verkennung prisen erhielt ein Fünftel, bei den ausländi- versorgt sie sich aber mit allen kriegswirt- der tatsächlichen Verhältnisse, sehen etwa ein Viertel und von den Filmen schaftliehen Erzeugnissen aus aller Herren Län- Die sowjetische Rüstungsindustrie erfreut neuer deutscher Produktion über ein Drittel der. Wir erleben das groteske Schauspiel: der sich der großen Hilfe Englands, das d i e Pro- Jugendverbot. Kann man daraus schließen, Kommunismus schreckt nicht davor zurück, dukte ihr darreicht, welche fehlen. So wird daß bei einem Teil der deutschen Filmher- seinem angeblichen Todfeind, dem Kapitalis- das zur Stahlhärtung wichtige Molybdän dem steiler die Neigung besteht, den oft beklagten mus, die größten Profite zu verschaffen die Bolschewismus von Engländern dargeboten. Mangel an künstlerischer Qualität durch kräf- internationale Rüstungsindustrie andererseits Naturgummi kann die Sowjetunion aus dem tige Würzen anderer Art auszugleichen und tut alles, um den von der Sowjetunion ins britisch kontrollierten malayischen Staaten- sie so dem deutschen Publikum schmackhafter Auge gefaßten dritten Weltkrieg zu fördern, bund beziehen. Gewiß stellen die russischen

zu machen? _ Ein solches Verhalten würde Die Vertreter des internationalen Proletariats Fabriken synthetischen Kautschuk her. Aber

auf die Dauer dem deutschen Film bestimmt und der internationale Rüstungskapitalismus er genügt nicht. Daher legt sich Väterchen

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nichts nutzen.

Die Gesichtspunkte, nach denen die Selbst­kontrolle die ihr vorgelegten Filme prüft, werden in denGrundsätzen für die Arbeit

der Filmkontrolle wie folgt umschrieben: _ ,

Kein Film soll Themen, Handlungen oder daß westeuropäische Rüstungsindustrielle un- Die Männer im Kreml lassen sich die Sache Situationen darstellen, die geeignet sind a... * ° J v-'-'i'*

den. Diese Einwände gehen fehl. Man kann sehr wohl kühn und wagemutig filmisches

opB

Wum*

Acheson:Welcome, die Herrschaften und da wäre noch die Rechnung vom letztenmal!

AusMünchener Merkur

sind beide klassenbewußt.'Ihr krasser Egois- Stalin Reserven von Naturgummi an. Alles, mus ist bereit, friedliebende Völker auf die was die Bolschewismus für seine Kriegspro- Schlachtbank für ihre Interessen zu führen. duktion braucht, insbesondere auch Zinn und Wir stehen vor einer entsetzlichen Situation. Wolle, das bekommt er freundlichst von Eng- Sie wird noch verschärft durch die Tatsache, ländern, die dabei hohe Gewinne einheimsen.

a) das sittliche und religiöse Empfinden zu verletzen, insbesondere verrohend oder ent­sittlichend zu wirken;

b) nationalsozialistische, militaristische, im­

perialistische, nationalistische und rassenhet­zerische Tendenzen zu fördern; _ . .

c) die Beziehung Deutschlands zu anderen binden, vertritt das englische Außenministe

können. An der Spitze dieser Aktion zur Auf­rüstung Rußlands stehen Engländer. Gegen­über der Forderunug des weitblickenden Chur-

Unser Kommentar

Wiedervereinigung Württembergs ?

kh. In den verschiedenen Regierungserklä­rungen nach der Abstimmung kamen die wi­dersprechendsten Aeußerungen zutage. Wohieb meinte, Baden sei von Württemberg terrori­siert worden, die Stimmen von Süd- und Nord­baden würden eine kleine Mehrheit für den Zusammenschluß der heute getrennten Lan­desteile geben. Stimmt das? Wenn man, wie Wohieb argumentiert ja, wenn man jedoch die Regierungserklärung von Tübingen und Stutt­gart dagegen hält, so hat der Südweststaat keine Niederlage erlitten, er soll weiter pro­pagandistisch und verwaltungsmäßig ausge­baut werden, denn nach den Freudenstädter Beschlüssen ist die Frage, ob die Stimmen Nordbadens und Südbadens gesondert oder ob man sie zusammen als badische Stimmen auszählen solle, offengelassen worden. Wer­den jedoch die Stimmen Nordbadens gesondert gezählt, dann gibt es die von Wohieb gemeinte geringe Mehrheit für Altbaden nicht.

Gleichwohl ist das Argument von Wohieb nicht unwert, näher geprüft zu werden. Wägt man die Stimmen nach ihrem dahinterstecken­den Gehalt, dann herrscht in Baden, das eine viel stärkere Wahlbeteiligung aufwies als Württemberg, doch gefühlsmäßig die Meinung vor, ein Zusammenschluß Nord- und Südba­dens sei das richtige. Die 50 Prozent Nicht­wähler in Württemberg würden zu einem gro­ßen Teil für die Wiederherstellung Altwürt­tembergs gestimmt haben, wenn sie gewählt hätten. Die Stuttgarter CDU-Parteileitung hat demnach im richtigen Gefühl dafür, daß die Stimmen zu wägen und nicht bloß zu zählen seien, den Regierungen vorgeschlagen, Baden sein Recht zu geben. Was zwangsläufig zur Folge hat, daß sich auch das ganze Württem­berg wieder zusamemnfindet. Und wir mei­nen, vielen Württembergern, der politischen Vernunft- und Rechenkünste überdrüssig, wäre ein sofortiger Zusammenschluß Württemberg- Hohenzollern unter Lösung'der fünfjährigen Ehe Nordbaden-Nordwürttemberg das liebste.

Woche des deutschen Films*

cz. Erstmals nach dem Kriege tritt der deut­sche Film mit der vom 29. September bis 6. Ok­tober durchgeführtenWoche des deutschen Films vor die Oeffentlichkeit, setzt er sich bewußt dem Urteil des Publikums aus. Dieses Publikum ist ihm auch in den letzten Jahren treu geblieben, obwohl für berechtigte Kritik Anlaß genug gegeben war. Seien wir hier doch gerecht. Welche Schwierigkeiten hatte doch die deutsche Filmproduktion in den Jah­ren seit dem politischen Zusammenbruch zu überwinden. Die Dekartellisierungsmaßnah­men, so berechtigt sie vom Politischen her ge­sehen gewesen sein mögen, zerstörten die nun einmal unumgänglichen Arbeitsgrundlagen technischer und kapitalsmäßiger Art. Die Währungsreform tat ein Uebriges. Was für die Produktion gilt, trifft ebenso für den Ver­leih zu, auch für die Filmtheater.

Dazu kam die Konkurrenz des ausländischen Films. Nur eine Zahl: Seit November 1949 wurden in der Bundesrepublik 342 ausländi­sche Filme gezeigt. Gegenüber diesem Rie­senangebot mußten) die deutschen Versuche, wieder zu einem eigenen Stil zu gelangen, oft dürftig wirken.

Wenn heute, zu Beginn derWoche des deutschen Films festzustellen wäre, wir hoff­ten, daß der deutsche Film recht bald wieder auch auf internationaler Ebene konkurrenz­fähig sei, so soll das zugleich besagen, daß wir diese Hoffnung für wohl begründet halten.

In den Jahren 194649 wurden unter schwie­rigsten Umständen insgesamt 90 Spielfilme in der Bundesrepublik hergestellt. Dieses Jahr ist mit rund 50 zu rechnen. Während der kom­menden Wochen werden 35 Filme der Produk­tion 1950 sowie Reprisen aus früheren Jahren zu sehen sein. Ein stattliches Ergebnis und ein Zeugnis zugleich für ein unentwegtes Bemühen, auch auf diesem Gebiet wieder an frühere Leistungen anzuknüpfen.

DieWoche des deutschen Films stellt eine Leistungsschau dar. Ueberzeugen wir uns selbst von dem, was bereits wieder geworden ist.

angefochten ihre Geschäfte mit der Sowjet- etwas kosten und denken in dieser Hinsicht union und deren Satellitenstaaten machen ganz kapitalistisch.

Wenn noch irgend ein Zweifel an dieser Vermengung kommunistischer, kapitalistischer und kriegerischer Gesichtspunkte bestanden

chill, die Lieferung von Werkzeugmaschinen haben sollte, so hat kürzlich die in Rom er- aus England nach der Sowjetunion zu unter- scheinende ZeitungII Tempo auf Grund ei- . ... ,- nes Berichtes der Mailänder Handelskammer

den Schleier gelüftet. Dieses Blatt stellte fest, daß die wichtigsten Chemikalien zur Herstel­lung von Sprengstoffen von einer Reihe ganz neuer Firmen, die nicht einmal registriert sind, über den Hafen Triest nach den sowje­tisch kontrollierten osteuropäischen Staaten ge­hen. Diese Produkte sind deklariert alsver­schiedene Warenarten.

Prof. Dr. Hans Siegfried Weber

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