6. Jahrgang

WIRTSCHAFT

Nummer 15*

Kreditpolitisches Dilemma

Zweifelhafte Ausfuhrsteigerung / Keine Beseitigung der strukturellen Arbeitslosigkeit

Dr. H. E» ist noch kaum ein halbes Jahr ver­gangen, seit in der Oeffentlichkeit angesichts ei­ner Arbeitslosenzahl von über 2 Millionen gegen die bürokratische Schwerfälligkeit des ersten Arbeitsbeschaffungsprogramms Sturm gelaufen wurde, und nur das rechtzeitige Anlaufen eines ebenso umfangreichen zweiten Wirtschaftsförde­rungsprogramms im Herbst schien einen durch­greifenden inländischen Wirtschaftsaufschwung zu ermöglichen. Nun, dieser ist inzwischen von selbst eingetreten, allerdings anders, als wir es uns vorgestellt hatten. Denn der Ausbruch des Koreakonflikts hat fast über Nacht die Nach­frage auf den inländischen Märkten um ein mehrfaches steigen lassen und zu einer allge­meinen Produktionsbelebung und Hebung der Beschäftigung beigetragen, so daß die Zahl der Arbeitslosen bereits jetzt auf 1,3 Millionen zu­rückgegangen ist. Dabei beruht diese Entwick­lung nicht etwa nur auf den bekannten Angst­käufen und Hortungstendenzen bei Produzenten und Verbrauchern aller Kreise, sondern wird verstärkt durch die steigende Nachfrage des Auslands auf den deutschen Ausfuhrmärkten.

Nachteile der Exportkonjunktur

Während aber der Junibericht der Bank deutscher Länder diese Tendenz noch mit Zu­friedenheit vermerkt und vorschlägt, West­deutschland solle mit allen Mitteln bestrebt sein, Arbeitsbeschaffung in möglichst großem Um­fange über eine Steigerung des Exports zu be­treiben, ist neuerdings gerade aus Kreisen der Zentralbank auch auf die gleichzeitigen Nach­teile dieser Entwicklung hingewiesen worden.

Dabei handelt es sich nicht nur um die Ge­fahr eines westdeutschenAusverkaufs, wie sie bereits im Handel mit den mittel- und südame­rikanischen Ländern in Erscheinung tritt, die die in den Handelsabkommen vereinbarten Ge­genlieferungen hinauszögern. Viel ernster ist die Frage, wie weit eine solche Exportausweitung, auf deren unbedingte Notwendigkeit bereits an anderer Stelle *) hingewiesen wurde, die bis­herige Kredit- und Investitionspolitik über den Haufen wirft. Denn die bisherigen Investitions­programme waren ja im wesentlichen langfristig auf den Wiederaufbau eines lebensfähigen west­deutschen Wirtschaftsorganismus und auf eine natürliche Wiedereingliederung der arbeitslosen Flüchtlinge gerichtet, sollten aber nicht in er­ster Linie einer Exportkonjunktur dienen, de­ren politischer Charakter und schwankende Grundlage nur allzu deutlich ist.

Eine gleichzeitige Rationalisierung der Aus- fuhrindustrien und die Beseitigung der soge­nannten strukturellen Arbeitslosigkeit durch eine Verbesserung der Inlandsversorgung, z. B. im Wohnungsbau, Verkehrswesen, usw. ist aber, je­denfalls im ursprünglich geplanten Ausmaß, an­gesichts unserer knappen Kapitaldecke unmög­lich. Denn eine zusätzliche inländische Kredit­gewährung in Höhe von etwa 1 Milliarde DM wenn das zweite Arbeitsbeschaffungsprogramm den Umfang des ersten erreichen soll würde weitere Preissteigerungen und damit auch stän­dig neue Lohnkämpfe aulösen.

Einmischung der USA

In diesem Zusammenhang wirkt die Haltung der USA zurzeit recht erschwerend. Denn die aus den Gegenwertfonds der Marshallplanhilfe für die diesjährigen westdeutschen Investitionen

*) Vgl. unser« Ausgabe Nr. 144 vom 16. 9.1950 Wachsender Einfuhrbedarf zwingt zur Export­steigerung.

DM-Wechselkurse

Die zu Jedem Wochenende erscheinende Tabelle weist das Umrechnungsverhältnis von 100 DM zu den wichtigsten fremden Währungen aus, und zwar nach den Kursen im Züricher Freihandel.

Schweiz. Franken

28. 9. 81.25

27. 9. 81.50

USA-Dollar . . .

t

18.67

18.73

Engl. Pfund . . .

7.48

7.51

Franz. Franken

7 127.

7 149.

Belg. Franken . .

941.48

944.38

Holl. Gulden . .

*

80.44

80.69

span. Peseten .

1 009.

1 012.

Port. Eskudos .

h

548.98

550.67

Bchwed. Kronen .

*

120.

120.29

Argent. Peso«

365.12

362.22

Bräs. Mürel» . .

597.42

608.20

Oesterr. Schilling

e

585.64

590.58

Ital Lire ....

12 500.

12 734.

Tscliech. Kronen .

7 968.

7 990.

freigegebenen Gelder in Höhe von 1,8 Mrd. DM sind bekanntlich im Juli vom amerikanischen Kongreß nachträglich auf 1,5 Mrd. DM gekürzt worden. Weitere 300 Millionen DM sollen vor­läufig als Reserve zurückgehalten werden. Die Freigabe der restlichen 1,2 Mrd. DM wurde da­von abhängig gemacht, daß die Bundesregierung gleichzeitig ein auf zusätzlicher inländischer Kreditgewährung beruhendes Investitionspro­gramm von 1 Mrd. DM zur Durchführung bringt. Die deutschen Hoffnungen, daß es sich bei diesen Anordnungen um einen für die Frühjahrskrise bestimmt gewesenenSpätzünder handele, sind fehlgeschlagen, wie di« Beratungen der .Bundes­regierung mit der ECA jetzt ergeben haben. Ein Telegramm aus Washington Ende August bestand vielmehr ausdrücklich auf einer Kreditschöpfung von 500 Millionen DM.

Diese Haltung kann wohl mit Recht so aus­gelegt werden, daß man ln Washington keine Neigung verspürt, den deutschen Wiederaufbau lediglich aus den eigenen Gegenwertfonds zu finanzieren. Aber das darf nicht darüber hinweg­täuschen, daß eine zusätzliche inländische Kredit­gewährung zur Zeit außerordentlich gefährlich wäre. Sicherlich darf und muß die durch die Kürzung der Gegenwertgelder entstandene Kre­ditlücke durch eigene inländische Kreditschöp­fung ausgeglichen werden, um die begonnenen Investitionsvorhaben nicht unfertig liegen zu lassen und etwa die Kreditnehmer unverdient in Schwierigkeiten zu bringen. Aber darüberhinaus erscheint es doch zur Zeit ratsam, auf eine wei­tere zusätzliche Kreditgewährung zur Durch­

führung des geplanten zweiten Wirtschaftaförde- rungsprogrammi zu verzichten, «o schwer das angesichts der noch keineswegs behobenen Arbeitslosigkeit und der Fülle langfristig vor­dringlicher Investitionsvorhaben sein mag. Jeden­falls ist dies auch die Meinung des Wirtschafts­ministeriums, das die Arbeiten an diesem Pro­gramm zunächst zurückgestellt hat.

Ausglelchsmöglichkelten

Je elastischer und einheitlicher die Wlrtschafts- 'politik gestaltet wird, desto leichter wird es sein, jetzt mit Hilfe von Umdispositionen des ur­sprünglichen Investitionsplans zu einem trag­baren Kompromiß zu kommen. So ist z. B. an maßgebender Stelle mit Recht vorgeschlagen worden, die vorgesehenen 75 Millionen DM Fremdenverkehrskredite, die sich nachträglich ohnehin teilweise als recht problematisch erwie­sen haben, um 50 Millionen zugunsten des Berg­baus, der Seeschiffahrt und anderer wichtiger Industrien zu kürzen.

Sicherlich werden auch manche der geplanten Investitionsvorhaben durch den neuen Impuls der Ausfuhrsteigerung eher gefördert als ge­hemmt werden. Dies gilt z. B. für die mittel- und langfristige Finanzierung der Maschinen- und sonstigen Investitionsgüterausfuhr, sowie für den Ausbau der Schiffahrtsindustrien. Vor allem aber sollte es allen Beteiligten, Gewerkschaften und insbesondere den Unternehmern klar sein, daß verantwortungslose Preistreibereien und über­spitzte Lohnforderungen unter den derzeitigen Umständen die Produktionskosten nur steigern und damit die unvermeidliche Konkurrenz zwi­schen Außenhandelsförderung und inländischen Kredit- und Investitionsbedürfnissen nur noch verschärfen würden.

Wichtigesn Kthze Strukturelle Probleme im Vordergrund

BONN. Nach dem August - Lagebericht des Bundeswirtschaftsministeriums haben sich in den letzten Wochen die strukturellen Probleme stär­ker als zuvor ln den Vordergrund der Wirt­schaftsentwicklung ln der Bundesrepublik ge­schoben. Spannungen in der Rohstoffversorgung, Facharbeitermangel und unzureichende Kapazi­täten in bestimmten Wirtschaftszweigen sind die Symptome dieser Entwicklung.

Ueber die Rohstoffversorgung heißt es, daß sich hier stärker als bisher Spannungen abge­zeichnet hätten; als deren Ursache werden die Ausweitung der innerdeutschen Produktion und die Verknappungserscheinungen auf den Welt­märkten angeführt. Es seien diese Spannungen durch verstärkte Bemühungen um die Sicherung der zukünftigen Rohstoffversorgung gemildert und die tatsächlichen Produktionsmöglichkeiten noch nicht beeinträchtigt worden.

Die Arbeitslosigkeit ist um rund 110 000 zurück­gegangen; es mache sich aber Facharbeiterman­gelin größerer Breite" bemerkbar. Auf der Produktionsseite wird die Ausweitung der Er­zeugung auf den Nachkriegshöchststand gemel­det, die 4,9 Prozent über dem Stand des Vor­monats liege. Die im Julibericht zum Ausdruck gebrachten Besorgnisse verschiedener Sparten über unzureichende Kapazitäten haben nach der neuesten Entwicklung eine gewisse Bestätigung gefunden. Außer im Spinnerei- und Weberei­sektor hätten jetzt auch im Maschinenbau, in der Elektroindustrie, in der Feinmechanik und in der optischen Industrie, in der papieruerarbeltenden Industrie, der Geschirrporzellanindustrie und in der Nahrungsmittelindustrie zahlreiche Betriebe bereits ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Trotz wei­terer Steigerung der deutschen Ausfuhr ständen dieser nach wie vor noch zahlreiche Hemmnisse entgegen, der Exportwettbewerb habe an Schärfe noch nichts verloren. Preisunterbietungen euro­päischer Mitbewerber unterbänden noch manches Geschäft. Hohe Auslandszölle und die noch sehr zeitraubende Behandlung der Anträge auf Aus­landsreisepässe seien weitere Hmdernisse. Der Passivsaldo der Handelsbilanz habe sich im Au­gust durch die gegenläufige Entwicklung im Ein- und Ausfuhrsektor auf 27,7 Mill. Dollar ge­genüber 53,2 Mill. Dollar im Juli ermäßigt.

Fester Ladenpreis für Buchhandel unentbehrlich FRANKFURT. Der Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände hat Bundes­wirtschaftsminister Prof. Erhard in einer Ein­gabe gebeten, die wirtschaftliche Struktur des Buchhandels bei der bevorstehenden deutschen Kartellgesetzgebung zu berücksichtigen. Im we­sentlichen wünscht der Buchhandel, Erzeugnisse des Verlagsgewerbes vom allgemeinen Verbot

gegen die Preisbindung ausgenommen zu sehen. Der feste Ladenpreis im Buchhandel", so heißt es in der Eingabe,beruht nicht auf einem wirt­schaftlichen Monopol, da er den freien Wettbe­werb nicht verhindert." Die Verleger könnten in echtem Wettbewerb beispielsweise von wissen­schaftlichen Werken jederzeit Konkurrenzausga­ben hera uspeben. Die Möglichkeit, daß der Ver­leger den Buchhändlervertikal" binden könne, den Ladenpreis einzuhalten, wirke der Mono­polbildung entgegen, da der Verleger anderen­falls auch den Vertrieb selbst übernehmen könne. Wenn die Wiederverkaufspreise nicht gebunden werden und insbesondere gängige Werke im Preis geschleudert werden könnten, würde der Sortimentenstand auf eine kulturell niedrige Stufe zurückgedrängt.

Unbeschränkte Ledereinfuhr

BONN. Leder darf in Zukunft unbeschränkt in das Bundesgebiet eingeführt werden. Man er­wartet, daß diese Maßnahme die Gewähr dafür- bietet, daß die angezogenen deutschen Leder- und Schuhpreise in Zukunft das europäische Preisniveau nicht übersteigen. Die deutsche le­derverarbeitende Industrie ist nunmehr in der Lage, alle Möglichkeiten des Bezugs von Leder in den Marshallplanländern auszuschöpfen.

Hir den Autoiuhnst

Neue BP-Raffinerie erweitert deutsche Treibstof fkapazität

HAMBURG. Am vergangenen Dienstag hat di« neu aufgebaute Raffinerie der BP voll ihren Be­trieb aufgenommen. Nach der Wiederherstellung der stark kriegszerstörten Anlagen verfügt die Raffinerie nunmehr über eine Kapazität zur Ver­arbeitung von jährlich 600 000 t Rohöl. Hieraus werden 210 000 t Benzin, 170 000 t Dieselöl, 30 000 t Gas und 180 000 t Heizöl-Rückstände ge­wonnen. Verarbeitet werden Rohöle aus den För­dergebieten der Anglo-Iranian Oil Company in Persien, Kuweit und dem Irak. Der Anteil der Raffinerie der westdeutschen Rohölverarbeitung beträgt rund 14 Prozent. Dagegen besitzt sie nahezu 64 Prozent der deutschen Crack-Kapazi­tät (das Crack-Verfahren gestattet die weitere Benzinerzeugung aus Rohöl, dem durch das De­stillationsverfahren bereits Benzin entzogen ist).

Die BP-Raffinerie erzeugt einen Treibstoff von etwa 7075 Oktan. Sie muß jedoch, wie alle Oelrafflnerien, ihre Produkte entsprechend den Vorschriften der Preisbewirtschaftung an das Zentralbüro für Mineralöl abliefern, wo an­geblich zur Erzielung einer gleichen Treibstoff­qualität bei allen Zapfstellen sämtliche Pro­dukte gemischt werden. Ein echter Leistungs­wettbewerb der einzelnen Produzenten ist da­her gar nicht möglich u. a. wahrscheinlich der Grund dafür, daß dem deutschen Kraftfahrzeug­verkehr mitunter Treibstoffe von so mangelhaf­ter Qualität zur Verfügung gestellt werden. Erst eine Freigabe des Treibstoffes dürfte hier Wan­del schaffen.

Luftgekühlte Dieselmotoren bewährt

w. Die luftgekühlten Dieselmotoren von Klöck- ner-Deutz mit Leistungen zwischen 13 und 75 PS haben sich bisher Im Betrieb außerordentlich gut bewährt. Die Motoren sind gebläsegekühlt und haben daher eine Reihe von technischen Vortei­len. Das Gewicht der Motoren wird geringer, die Leistung ist höher bei niedrigem Brennstoffver­brauch und Ersparnissen an Wartung, Kühlwas­ser- und Gefrierschutzmitteln. Der Verwendungs­bereich der Maschinen liegt bei einer Tempera­turskala von 50 bis + 45 Grad Celsius in ark­tischen und tropischen Gegenden.

Der luftgekühlte Dieselmotor von Klöckner- Deutz wurde vor etwa 7 Jahren entwickelt, konnte aber erst nach 1945 erprobt werden.

Stadtomnibus Mercedes-Benz8500"

UNTERTÜRKHEIM. Die Daimler-Benz AG. fertigt auf Anregung verschiedener Stadt­verwaltungen und Verkehrsverbände, bei denen der Wunsch nach einem leichteren und schnelle­ren Stadtomnibus besteht, im Werk Mannheim denO 3500 auch in der Variante als Stadt­omnibus.. Der Aufbau enthält 122 Sitzplätze und 23 Stehplätze. Mit Rücksicht auf die Betä­tigung der Türen beim Stadtomnibus wird das Fahrzeug mit einer Druckluftbremsanlage ausge­stattet. Mit der Fertigung wird im Oktober 19^9 begonnen.

Erhöhung der Futtermitteleinfuhr gefordert

BONN. Zur Deckung des Futtermittelbedarfs der Bundesrepublik fordert der deutsche Bauern­verband eine Erhöhung der Futtermitteleinfuhr, um die Verfütterung von Roggen zu verhindern,

Durch Fortfall der Subventionen für Mais sei der Roggen gegenwärtig nicht teurer als Fut­tergetreide. Der jährliche Futterbedarf der Bun­desrepublik liege bei 6,5 Mill. t, wovon 4,7 Mill. Tonnen im Inland erzeugt werden. Einfuhren ständen jedoch wahrscheinlich nur in Höhe von 1 Mill. t zur Verfügung. Der erhöhte Futtermit­telbedarf ergibt sich aus der Zunahme der Sehweinebestände um mehr als 32 Prozent im letzten Jahr.

Futtergetreide aus der Bundesreserve

BONN. Das Bundesernährungsminiaterium weist aus Anlaß der Roggentauschaktion noch einmal darauf hin, daß die Abgabe von Futter­getreide aus der Bundesreserve in Zukunft nur gegen Abgabe von Brotgetreide in einem jeweils festzusetzenden Verhältnis möglich ist und daß eine verbindliche Verpflichtung zur Lieferung für die öffentliche Hand erst durch den Abschluß eines Kaufvertrages mit der Vorratastelle für Getreide entsteht. Firmen, die diese Bedingun­

gen erfüllen, sollen bei der Zuteilung von Fut­tergetreide (Mtlocorn) vorzugsweise beliefert werden; sie sind jedoch verpflichtet, die erhal­tenen Mengen zu den festgesetzten Preisen an di« Landwirtschaft auszuliefern. Eine Koppelung der Lieferung von Futtergetredde mit der Gegenlie­ferung von Brotgetreide bis hinunter zum land­wirtschaftlichen Betrieb könne jedoch aus ver­ständlichen Gründen vor allem wegen der Unterschiedlichkeit der Bedarfs- und Lieferver­hältnisse nicht vorgeschrieben werden. Es sei vielmehr Aufgabe der Handelsfirmen und Ge­nossenschaften, den Ausgleich zwischen dem Fu/ttergetreldeibedarf und dem Roggenüberschuß vorzunehmen.

Flugprelsermäßlgung nach Berlin

BONN. Für den Besuch der deutschen Indu­strieausstellung 1950 in Berlin vom 1, bis zum 15, Oktober wird Flugreisenden, die gleichzeitig einen Rückflugschein lösen, eine Preisermäßi­gung durch Rückerstattung des abgerundeten Differenzbetrages zwischen dem Eisenbahnfahr­preis 2. Klasse D-Zug und dem gegenwärtig gel­tenden Flugpreis gewährt.

Aus der christlichen Welt

Erntedank

Der moderne Mensch hat keinen rechten Sinn mehr für das Erntedankfest. Woher kommt das? Ihm fehlt das persönlich« Gottesverhältnls. Gott Ist für ihn nur noch Idee, Natur, Schicksal oder gar nicht* mehr, aber nicht mehr lebendige, ge­bietende und liebende Person, nicht mehr das höchsteDu, nicht mehr sein Herr und Gott und Heiland. Ist nämlich Gott nicht mehr persön­liches Du, dann sehe ich das Danken nicht ein. Nur einer Person soll der Mensch danken, dem Vater, der Mutter, dem Gatten, dem Freund, nicht aber einer Sache oder einemEs. Es ist des Menschen unwürdig, einem Baum für seine Aepfel zu danken oder einer Kuh für ihre Milch. Erntedank wird nur ein Anliegen für den Men­schen, wenn er hinter aller Fruchtbarkeit der Natur den persönlichen Schöpfergott und Spender der Gaben sieht und ehrt.

Aber hiegegen wehrt sich etwas im heutigen Menschen, der etwas von Aufklärung und Natur­gesetzen weiß. Er findet es allzu magisch und primitiv, hinter den Naturvorgängen sofort den persönlich wirkenden Gott anzureden: Gewiß, Gott hat die Welt im Anfang geschaffen mit ihren Gesetzen, aber nun geschieht alles ln Natur und Geschichte bloß nach diesen festen Gesetzen. So ist auch die Ernte abhängig von den Natur­gesetzen der Wärme, Feuchtigkeit, Ackerbeschaf­fenheit usw., abhängig von der Arbeit des Bauern, von der Leistung der Technik, die durch künstliche Düngung, durch Bewässerung und Maschinen die Ernte mitbestimmt. Der moderne Mersch mag alles viel lieber auf innerweltliche Gesetze und Gegebenheiten zurückführen als auf dos Walten eines personalen Gottes.

Das gilt nicht bloß für die Ernte. Z. B.: daß ich krank bin, da ist eben da« Gesetz meiner Erb­anlage dran schuld, nicht etwa will es Gott, daß ich krank bin; daß ich eine glückliche Ehe führe, ist doch nicht Gabe Gottes, sondern das Gesetz der Harmonie oder des dicken Geldbeutels. Was ist dazu zu sagen? Beides gehört zusammen und beides muß man voll und ganz gelten lassen.

Wer alles Irdische immer gleich direkt auf Gott zurückführt, ohne die natürlichen Bedin­gungen mitzusehen, wird leicht zum bigotten

Schwärmer und falschen Mystiker. Wir müssen die Mittelsursachen voll anerkennen und soweit möglich mttbestimmen, denn Gott wirkt in der Regel durch sie, aber wir sollen auch nicht bloß die natürlichen Ursachen sehen und diese gar noch verabsolutieren. These sind eben nicht der letzte Seinsgrund, sondern dahinter steht der weise persönliche Gott, der Schöpfer und Erhal­ter, der durch alles hindurch, auch durch das irdische Unheil, in Christus unser ewiges Heil will. Der Christ läßt beide Blickrichtungen gel­ten in dem Wissen, daß der Blick von Gott her alles andere umgreift und beseelt. Dieses Wissen macht, daß alles in meinem Leben sich zur per­sonalen Begegnung mit meinem Gott gestaltet, so sehr es auch mit den natürlichen Augen be­trachtet kalt und unerbittlich aussieht.

So kann etwa die Antwort Gott gegenüber bei der heurigen Ernte sein: O Herr, ich danke dir für das tägliche Brot, das du uns so reichlich be­schert hast. Vielleicht heißt die Antwort nächstes Jahr: O Gott, du hast uns dieses Jahr eine gute* Ernte versagt. Wir sagen dennoch ja zu dir, denn du willst uns prüfen und vom Irdischen wegzie­hen. Belm Christen ist das Du Gottes bei allem dabei als das herrlichste und liebste Du, ohne daß dabei die natürlichen Bedingungen und Ur­sachen ausgeschlossen werden. E. R.

Das Antlitz der Erde geistig erneuern!

Papst Pius XII. hat sich in der Exhortatio Menti nostrae an alle römisch-katholischen Priester der Welt gewandt.Wenn das Hl. Jahr eine allgemeine Gesundung sittlichen Lebens nach den Lehren des Evangelium« herbeiführen soll, so heißt es darin,muß es als erste Frucht für die Priester als die Führer des christlichen Volkes ein größeres Streben nach Selbstheiligung zeitigen. Sie werden sich immer darum bemühen, jene Formen der Seelsorge anzuwenden, die den heutigen Bedürfnissen der Gläubigen entspre­chen, aber sich doch auch stets hüten vor den Ge­fahren eine« falschen Aktivismus, d. h. einer rein menschlichen Betriebsamkeit, die sich nicht auf die Gnade Gottes gründet und nicht auf ein übernatürliches Ziel ausgerichtet ist.

In seinen praktischen Weisungen berührt der Papst zunächst die Frage des priesterlichen Nachwuchses und betont, daß die geistlichen Bil­

dungsanstalten die weise Erfahrung der Kirche und die gesunden Anregungen der modernen Zeit in gleichem Maße berücksichtigen müssen. Dann würdigt er die große Bedeutung der sozia­len Frage. Der Priester dürfe sich gegenüber dem Kommunismus, der darauf ausgehe, den Menschen den Glauben zu rauben, ebenso wenig furchtsam und unsicher zeigen, wie er sich gegen­über dem Kapitalismus und seinen verderblichen Folgen gleichgültig verhalten könne. Die Irr- tümer beider Wirtschaftssysteme und die Schäd­lichkeit beider müßten alle zumal die Priester von der Wirtschaftslehre der Kirche überzeu­gen, die eine soziale Ordnung fordert, die weder die Menschen unterdrückt noch sie in einem blin­den Egoismus isoliert, sondern alle Menschen in harmonische Beziehungen brüderlicher Solidari­tät zueinandersetzt. Der Papst warnt schließlich vor den Gefahren gewisser moderner Meinungen und ruft alle Priester auf, das Antlitz der Erd« geistig zu erneuern.

Gustav-Adolf-Feier in Heiligenstadt

Nach Verhinderung der Einreise westdeutscher Teilnehmer und Infolge sonstiger Beschränkun­gen blieb von der gesamtdeutschen Hauptver­sammlung des Gustav-Adolf-Werkes der Evan­gelischen Kirche, die in Heiligenstadt in der Ost­zone stattfinden sollte, nur eine örtlich« Kund­gebung mit einem Gottesdienst übrig, den der Magdeburger Bischof D. Müller hielt. Der Nach­mittag brachte nach einem Verkündigungsspiel der Jungen Gemeinde kirchenmuaikalische Ver­anstaltungen und einen Vortrag de* Hallenser Propstes Jaenicke über das Schicksal «einer frü­heren ostpreußischen Gemeinde Palmnicken in den Jahren nach dem Zusammenbruch.

Junger Christ und Wehrdienst

In einem Wort zur Frage der deutschen Wie­deraufrüstung, dem die 8000 Teilnehmer am Evangelischen Jungmännertag Württembergs in Esslingen zustimmten, wird gefordert, daß sich der junge Christ keinesfalls freiwillig ziu einer Formation melden solle, deren militärische Be­deutung noch nicht abzusehen sei. Werde von der Obrigkeit die Wiedereinführung der Wehrpflicht beschlossen, habe jeder die Entscheidung selber zu treffen. Di« aue dem Glauben heraus mit

rurtg müsse als christlich ebenso legitim anei w ? rd * nie die von der Obrigkeit U «i 1 t Landesverteidigung. Die christlich« G< melnschaft dürfe aber an diesen Fragen nid L« übrigen seien die sozialen Au: Wendungen eine* Staates grundsätzlich wichtige als militärische, und jeder Gedanke an eine Kreuzzug stehe im Widerspruch zur christliche Botschaft des Friedens.

HERRENALB. Der Hauptauschuß de« Zentral­ausschusses für die Innere Mission der Evangeli­schen Kirche hält am 4. Oktober in Herrenailb eine Tagung ab, auf der u. a. der Haushaltsplan genehmigt und neue Mitgliederbeiträge festge­setzt werden sollen.

STUTTGART. Das altewürtt. Lutherstift konnte das Richtfest seines am alten Platz ln Stuttgart errichteten Neubaus (Silberburgstraße 27) bege- Das alte HaUa war 1944 durch Bombenan­griff zerstört worden. Damals kamen sein Leiter, Pfarrer Sträb mit seiner Tochter sowie 20 Pflege­rinnen ums Leben. Der Neubau wird 75 kranken und pflegebedürftigen Alten eine dauernde Auf­nahme und eine christliche Heimstatt au bieten vermögen.

HAMBURG. Durch den Vorsitzenden derVer­einigung Evangelischer Freikirchen in Deutsch­land, Direktor Paul Schmidt, wurde der 10 . Deutsche Freikirchentag eröffnet. Beteiligt sind die Bischöfliche Methodistenkirche, die Evange­lische Gemeinschaft, der Bund Evangelisch-Frei- kirchlicher Gemeinden und der Bund freier evangelischer Gemeinden.

FRANKFURT. Die 20th Century-Fox-Fllmge- «ellschaft hat einen Film über das Hl. Jahr fertig­gestellt, der in Kürze auch in Deutschland auf­geführt wird.

ASSISI. Die Stadt des hl. Franz, Assisi, ver­anstaltete einen offiziellen Empfang für den ehe­maligen deutschen Oberst von Müller, der im letzten Kriege die Stadt vor der Zerstörung be­wahrt hatte.

VATIKANSTADT. Papst Pas XII. wird am 26. November im Petersdom der Feier einer Messe nach byzantinischem Ritus beiwohnen, an der 15 Bischöfe der Ostkirche teilnehmen.