6. Jahrgang
MITTWOCH, 23. AUGUST 1950
Nummer 130
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nen Länder im Zeichen einer Nehru-Doktrin, die Asien den Asiaten überläßt.
Alles drei würde die USA für ihre eigentliche Aufgabe als Gegenspieler Moskaus entlasten. Moskau dagegen bietet es die Chance, von der Methode des militärischen wieder zu der des harmloseren politischen Drucks zurückzukehren. Die Weltatmosphäre überhaupt entlasten dagegen kann es nicht. Und auf ein Leben in dieser Spannung als Normalzustand werden wir uns auch weiter einrichten müssen, bis die wirtschaftliche und soziale Sanierung ihr allmählich den Boden entzieht. Schon diese Lokalisierung des Konflikts auf die Politik aber wäre viel gegenüber der heutigen Lage.
Tibet verhandelt
Nehru nicht von Mao-Tse-tung eingeladen
KALIMPONG (Westbengalen). Der Führer einer offiziellen tibetanischen Delegation, die unterwegs ist nach Neudelhi, um dort mit dem Botschafter der chinesischen Volksrepublik in Indien über die Frage der Zukunft Tibets zu verhandeln, erklärte am Montag, Tibet wolle den Status einer „de facto-Un- abhängigkeit“ beibehalten. Ein Uebereinkom- men mit der chinesischen Volksrepublik hänge von der Anerkennung dieses Grundsatzes ab. Der Delegationsführer dementierte Berichte, wonach kommunistische chinesische Truppen an der tibetanischen Grenze zusammengezogen sein sollen.
Die Meldung des indischen Rundfunks, daß der indische Ministerpräsident Pandit Nehru vom Staatschef der chinesischen Volksrepublik China, Mao Tse-tung, eine Einladung nach Peking erhalten habe, wurde am Montag amtlich dementiert. Nehru habe lediglich eine Einladung von Frau Sun Yat-sen, der Witwe des Gründers der chinesischen Republik, erhalten. Infolge der Last seiner Amtsgeschäfte werde er der Einladung in absehbarer Zeit jedoch nicht Folge leisten können.
Britischer Protest
Neutrale Haltung der Arabischen Liga
ALEXANDRIA. Großbritannien hat am Montag bei der ägyptischen Regierung gegen die Einführung weiterer einschränkender Maßnahmen für die Benutzung des Suez- Kanals protestiert. Es beschwerte sich über die Bestimmungen, daß Schiffe, die auf einer schwarzen Liste der ägyptischen Regierung aufgeführt sind, die Hafeneinfahrt nicht benutzen dürfen, und daß die Kapitäne eine schriftliche Garantie dafür geben müssen, daß die Ladung ausschließlich für das Land bestimmt ist, in dem sie an Land gebracht werden.
Der politische Ausschuß der arabischen Liga einigte sich am Sonntagabend auf eine völlig neutrale Haltung in der Auseinandersetzung zwischen Ost und West. Begründet wurde dieser Entschluß mit der „unfairen Behandlung“ der arabischen Staaten durch die Westmächte.
Arnold muß mit FDP verhandeln
CDU-Vorstand für Kleine Koalition
BONN. Der Vorstand der rheinischen CDU hat den Ministerpräsidenten von Nordrhein- Westfalen, Arnold, ersucht, erneut mit der FDP über eine kleine Regierungskoalition zu verhandeln. Der Vorstand tagte unter Vorsitz von Bundeskanzler Dr. Adenauer.
Nach den Landtagswahlen war es Ministerpräsident Arnold nur gelungen, unter Duldung der SPD ein Uebergangskabinett aus fünf CDU-Ministern zu bilden. Ergänzend teilte Arnold mit, in der Vorstandssitzung sei festgestellt worden, daß die früheren Verhandlungen mit der FDP über eine Regierungsbildung der drei Parteien CDU, FDP und Zentrum zu keinem endgültigen Abschluß gekommen seien. Deshalb solle die CDU erneut mit dem Zentrum und der FDP verhandeln. Das Zentrum hatte es seinerzeit abgelehnt, die beiden wirtschaftlich entscheidenden Ministerien, Finanz und Wirtschaft, der FDP zu überlassen.
Eine Warnung des Papstes ■
Die Dogmen der Kirche müssen ohne Zweifel und Widerspruch anerkannt werden
VATIKANSTADT. Papst Pius XII. hat die katholische Geistlichkeit in der ganzen Welt in einem Rundschreiben darauf aufmerksam gemacht, daß die Dogmen der Kirche ohne Zweifel und Widerspruch anerkannt und respektiert werden müßten. Gleichzeitig warnt er vor einer allzu großzügigen Aufnahme der Ergebnisse der Forschung in die Lehren der wahren Kirche. Die kirchliche Lehre, so heißt es in dem Rundschreiben, müsse unbedingt von Irrtümern freigehalten werden. Die Lehrer in den Priesterseminaren und anderen Kirchenschulen müßten sich darüber im klaren sein, daß sie nur dann mit ruhigem Gewissen ihrem Amt nachkommmen könnten, wenn sie die Entscheidungen der Kirche annehmen und den Schülern die gleiche Achtung vor der Autorität der Kirche einflößen. Falsch verstandene Ergebnisse der modernen Forschung machten es dem menschlichen Verstand oft schwierig, ohne Zweifel zu glauben. Die Kommunisten bedienten sich solcher moderner Lehren, um den Glauben an den göttlichen Ursprung des Menschen zu untergraben. Die kirchlichen Lehrer müßten daher auch die Irrlehren studieren, da man Krankheiten nur heilen könne, wenn man die Diagnose richtig zu stellen verstehe.
Der Papst wendet sich gegen diejenigen, die die Existenz Gottes und der Engel bezweifelten und die unfehlbarer Kenntnis Gottes von den menschlichen Handlungen verneinen. Diese Personen weigerten sich auch, das Dogma von der Einheit Christi und der katholischen Kirche anzuerkennen und sie bezweifelten die Notwendigkeit, der Kirche anzugehören, um in die Ewigkeit einzugehen. Die Philosophie der katholischen Kirche könne niemals umgestoßen und mit falschen Prinzipien durchsetzt werden und ihr philosophischer Ausdruck könne nicht von heute auf morgen geändert werden. Das gelte auch für diejenigen, die die traditionelle Philosophie
der Kirche mit ihren klaren Definitionen und Antworten auf alle Probleme zwar als Vorbereitung für die scholastische Theologie des Mittelalters anerkennten, aber sie trotzdem als altmodisch und für die moderne Kultur unzureichend bezeichneten. Kein Katholik könne über die Unwahrhaftigkeit dieser Argumente im Zweifel sein. Besonders dann nicht, wenn es sich um Theorien wie den Idealismus, den historischen oder dialektischen Materialismus oder gar den Existenzialismus handle.
Wohl könne die Kirche die Ergebnisse der Forschung in ihre Lehre aufnehmen, „wenn diesen bewiesene Tatsachen zugrunde liegen.“ Eine Widerlegung der von Gott gegebenen und in der Tradition verankerten Dogmen durch Theorien, die eine Art wissenschaftlicher Grundlage besäßen, könne in keiner Weise von der Kirche anerkannt werden.
Abschließend wandte sich der Papst gegen eine zu freizügige Auslegung der historischen Bücher des Alten Testaments.
Kriegsgefangenentrage vor UN
LAKE SUCCESS. Großbritannien, die Vereinigten Staaten und Australien haben die Vereinten Nationen ersucht, die Frage der in Rußland zurückgehaltenen deutschen Kriegsgefangenen auf die Tagesordnung der nächsten Vollversammlung der UN zu setzen. Der Punkt der Tagesordnung soll heißen: „Die Weigerung der Sowjetunion, eine große Anzahl der in ihrem Gewahrsam befindlichen Gefangenen zu repatriieren oder über sie Auskunft zu geben.“ Die Generalversammlung der UN wird am 19. September in Lake Success zu ihrer fünften Sitzung zusammentreten. Ein erläuterndes Memorandum zur Kriegsgefangenenfrage ist von den drei Regierungen für später angekündigt worden.
Nachrichten aus aller Welt
MÜNCHEN. Zwei Beisitzer der Nürnberger Hauptspruchkammer, die den nationalsozialistischen Rundfunkkommentator Hanns Fritzsche zu neun Jahren Arbeitslager verurteilt hat, haben ein Gnadengesuch für Fritzsche eingereicht. Es ist damit zu rechnen, daß Fritzsche in Kürze freigelassen wird.
.MÜNCHEN. Als zwölfte der insgesamt 15kommunistischen Zeitungen im Bundesgebiet wurde am Montag die Münchener „Südbayerische Zeitung“ von den amerikanischen Behörden für drei Monate verboten.
KARLSRUHE. Der nordbadische Landesfinanzpräsident Dr. Nikolaus wird seit dem 16. August vermißt. Der Präsident, der sich seit einigen Wochen auf Krankheitsurlaub befindet, leidet an einer Nervenzerrüttung.
NEUSTADT a. d. Haardt. Wegen Erpressung eines politisch Belasteten verurteilte das Schöffengericht den öffentlichen Kläger der Spruchkammer I Neustadt, Fritz Schmidt, zu einem Jaihr Gefängnis.
FRANKFURT. Der ehemalige Tierwärter des Frankfurter Zoos, Karl Schacherl, der angeklagt war, an den seit dem Jahre 1947 im Frankfurter Zoo festgestellten Massenvergiftungen der Tiere beteiligt gewesen zu sein, ist wegen Mangels an Beweisen freigesprochen worden. Im Urteil wird festgestellt, daß der Verdacht, Täter oder Mitwisser zu sein, bestehen bleibe. Die Indizien hätten jedoch zu einer Verurteilung nicht ausgereicht.
FRANKFURT. Vom 1. September an wird der Wertbrief- und Wertpäckchenverkehr zwischen der Bundesrepublik und dem Ausland wieder aufgenommen. Die Wertangabe ist auf 10 000 DM beschränkt.
GÖTTINGEN. Seit Samstag berichten Funkstationen und Rundfunksender in aller Welt über außerordentlich schlechte Empfangsbedingungen, vor allem auf den Kurzwellen. Die Ursache für dieses „schlechte Funkwetter“, das von Zeit zu Zeit auf tritt, liegt in physikalischen Vorgängen auf der Sonne begründet.
KÖLN. Auf dem deutschen Schuhmacher'ag 1950 in Kölm haben am Montag sämtliche Landesverbände eine Entschließung gefaßt, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, Maßnahmen gegen Preissteigerungen auf dem Mate- rialmarkt, insbesondere auf dem Ledermarkt, einzuleiten.
BIELEFELD. Das britische Obergericht verurteilte am Montag die 21jährige Margot Gennig aus Berlin wegen Spionage für den tschechoslowakischen Nachrichtendienst zu 6 Jahren Gefängnis.
LÜNEBURG. Trainingsflüge ihrer Brieftauben haben den Züchtern der Lüneburger Heide wieder starke Verluste gebracht. Allein bei einem Flug von Wolfsburg nach Lüneburg (95 km) gingen von 800 äufgelassenen Tauben rund 400 verloren.
BERLIN. Ein Fuhrunternehmer, seine Frau und ein Offizier der Volkspolizei, die Rädelsführer einer 14köpfigen Verbrecherbande, sind von einer Ostberliner Strafkammer zu 6, 4 ‘A und 2V« Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Der Offizier postierte sich vor erbrochenen Toren und schickte Polizeistreifen mit dem Hinweis „Mein Kommando ist schon hier“ wieder fort.
STOCKHOLM. Das schwedische Verteidigungsministerium hat dem sowjetischen Marineattache, Kapitän Laritchew, am Montag eine ernste Verwarnung wegen unerlaubter Annäherung an militärische Sperrbezirke bei einer Bootsfahrt in den Stockholmer ■ Schären zugestellt.
MOSKAU. Die sowjetische Regierung hat den Bau eines Großkraftwerkes am Wolgaknie bei Kuibyschew angeordnet. Das neue Wasserkraftwerk, das im Jahre 1955 ferfiggestellt sein soll, wird die Leistung des bisher größten sowjetischen ■ Kraftwerkes Dnjeprostroi um etwa das Fünffache übertreffen.
HALIFAX. (Kanada). Ein kanadisches Ehe- ■paar, das den Atlantik mit einem Amphibien- 'jeep überqueren will und Halifax am 19. Juli verlassen hatte, hat die Azoren erreicht und damit zwei Drittel des Weges zurückgelegt.
Eine erneut aktuelle Mahnung
Am 21. Juli 1934 nahm die internationale Föderation Eugenetischer Organisationen in Zürich auf Vorschlag des deutschen Eugeni- kers Dr. Alfred Ploetz die folgende Resolution an:
„Die in der letzten Zeit in vielen Staaten erfolgte Zunahme des Interesses und die Ausdehnung der Gesetzgebung auf dem Gebiete der Eugenik ermutigt die Versammlung des internationalen Verbandes Eugenischer Organisationen. an der Gelehrte und Forscher sowie Sozialpolitiker aus Dänemark, Deutschland, England, Britisch-Borneo, Frankreich, Holland, Niederländisch-Indien, Österreich, Polen, Schweiz, Tschechoslowakei und den Vereinigten Staaten von Nordamerika zugegen sind, die Aufmerksamkeit der hohen Regierungen der zivilisierten Staaten auf den Umstand zu lenken, daß die Bevölkerung vieler Staaten beunruhigt ist durch die Drohung eines neuen Krieges und daß ein solcher Krieg aufs neue gerade die durchschnittlich tüchtigsten Männer in Massen dahinraffen wird, ja daß angesichts der nur äußerst schwer und langsam erfolgenden Regeneration der weitere Verlust an tüchtigem Menschenmaterial für die abendländische Kultur verhängnisvoll werden kann.“
Die hier wiedergegebene Resolution bedarf heute keines Kommentars. XX.
Schacht hat genug
„Nie wieder politisch tätig“
LÜNEBURG. Der frühere Reichsbankpräsident Dr. Schacht hat vor dem Entnazifizierungshauptausschuß in Lüneburg erklärt, er wolle nie wieder politisch tätig sein und habe nur den Wunsch, in seinem Beruf als Bankfachmann für seine Familie zu sorgen. Zu Beginn der Verhandlung verlas Schacht eine Erklärung, in der er zugibt, sich durch seinen Glauben an die nationalsozialistische Politik und an Hitler gründlich geirrt zu haben. Er habe sich eingebildet, den Nationalsozialismus in eine vernünftige Bahn zwingen zu können. Zu der Verhandlung, dem fünften Entnazifizierungsverfahren Schachts, waren nur wenige Zuhörer erschienen.
„ ... ihre Fehler erkannt“
BERLIN. Während die von der SED, ihren Satellitenparteien und den kommunistischen Massenorganisationen für die ostzonalen Oktoberwahlen aufgestellten Kandidaten vorbehaltlos bestätigt werden, sind die Kandidaten der CDU und der LDP sehr oft auf Ablehnung gestoßen. Verschiedene SED-Zei- tungen berichteten, daß wegen „mangelnder Betätigung“ in der „Nationalen Front“ und „Nichtmitgliedschaft der Gesellschaft für deutsch-russische Freundschaft“, beispielsweise im Landkreis Weimar, von 7 LDP-Kandidaten 5 und von 7 der CDU 2 abgelehnt worden seien. Die bürgerlichen Parteien hätten jedoch „ihre Fehler erkannt“ und beschlossen, neue Kandidaten aüfzustellen.
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SCHNACKENBURG (Elbe). An der Zonengrenze wurde am Montag vom westdeutschen Zollgrenzdienst ein in der Ostzone beheimateter Lastkahn beschlagnahmt. Offiziell waren in den Ladungspapieren 230 Rollen Druckpapier verzeichnet. Unter den Rollen waren jedoch 293 Kisten mit kommunistischem Propagandamaterial, darunter Flugblätter, Zeitungen, Zeitschriften, Klebezettel, sowie etwa 2000 FDJ-Fahnen, versteckt. Außerdem wurden bei der Durchsuchung des Schiffes 45 Ztr. Bohnenkaffee gefunden.
Von Erdspalten zerrissen
KALKUTTA. Allmählich werden Einzelheiten über die Auswirkungen des schweren Erdbebens bekannt, das sich in der vergangenen Poche im nordostindischen Raum ereignet hat, wo die Erde noch immer zittert. Im Brahmaputratal hat sich die Erdoberfläche auf einer Fläche von rund 77 000 qkm gewaltig verändert. Das Land ist von Erdspalten zerrissen.
3 6. Fortsetzung
Am Abend wartete Lauren vor Mauds Pension. Da erschien sie am Fenster und winkte ihm, heraufzukommen.
Als er ihr Zimmer betrat, stand sie im Mantel da.
„Es wäre mir recht, wenn du meine Kleidung begutachten würdest, ehe wir gehen; hoffentlich bist du zufrieden!“
Mit rascher Bewegung legte sie den Mantel ab.
Lauren stieß einen Ruf der Ueberraschung aus. *•
War es wirklich Maud, die er bisher nur in einfachen Kleidern gesehen hatte?
Vor ihm stand eine mit raffinierter Eleganz gekleidete Dame, die ihm im ersten Augenblick wie eine Fremde erschien.
Ein kostbares Gewand aus mattgelber Seide trug sie, das die Schönheit, den Adel ihres Wuchses im hellsten Licht erstrahlen ließ.
Lauren fand nicht gleich Worte.
„Das ist ja ein fabelhaftes Kleid!“ sagte er dann, etwas ratlos geworden.
„Gefällt es dir?... Dann bin ich froh! Ich kaufte es in einem Pariser Warenhaus, der Stoff ist zwar nicht besonders wertvoll, es sieht aber gut auf, nicht wahr?“
„Und ob es gut aussieht!“ Da erst gewahrte er, in neue Ueberraschung gestürzt, die schimmernde Perlenkette, die Maud um den Hals trug. „Welch wunderbare Kette!“
„Kleidet sie mich?“
„Sind die Perlen echt?“ fragte er statt einer Antwort.
Maud sah ihn an, als habe er einen Scherz gemacht.
„Echte Perlen in dieser Menge und Größe?
_Dagegen hätte ich nichts einzuwenden!
Diese Imitation tut aber sicher die gleichen Dienste; du hast dich ja selbst davon täuschen lassen!“ Sie griff nach ihrem Mantel. „Jetzt beenden wir die Besichtigung, sonst kommen wir zu spät ins Kurhaus!“
kr l ^ ROMAN VON HERMANN WEICK.
Die Säle des Kurhauses waren bereits überfüllt, als sie dort ankamen. In einem kleineren Raum fanden sie nach vielem Suchen noch einen freien Tisch.
Sie tanzten mehrmals.
Als sie nachher wieder an ihre Plätze zurückkehren wollten, sah Lauren, nur wenige Schritte entfernt, an einem Tisch Carola Munck, Herrn Thomaschek und seine Tochter mit ihrem Verlobten sitzen.
Lauren hatte nicht die Absicht, bei ihnen stehen zu bleiben — aber gerade erhoben sich Margot Thomaschek und Baron von Hasse, die sich anscheinend in den Tanzsaal begeben wollten. Wohl oder übel mußte Lauren nun doch bei den Vieren stehen bleiben.
Es gab ein allgemeines Begrüßen und Vorstellen, man wechselte höfliche Redensarten, Lauren sprach Margot Thomaschek und Baron von Hasse Glückwünsche zur Verlobung aus ...
„Danke!“ antwortete Margot Thomaschek. Und mit kurzem, feindseligem Blick zu Maud Smith hin, die sich gerade mit Herrn Thomaschek unterhielt: „Ihnen darf man, wie ich hörte, ebenfalls gratulieren, Herr Lauren?“
„Besten Dank, gnädiges Fräulein!“
Sehr seltsam benahm Carola. Munck sich.
Sie beteiligte sich kaum am Gespräch, aber unablässig betrachtete sie Maud Smith.
Sie hatte vorhin, als Maud an Laurens Seite
bei ihnen erschienen war, die Amerikanerin nicht gleich wiedererkannt.
War diese unerhört elegante Dame die gleiche, die sonst so einfach und bescheiden auftrat?
Wie kam sie zu dem kostbaren Kleid, das sie mit einer Selbstverständlichkeit trug, als habe sie nie anderes getragen?
Wie vor einer Weile Laurens Augen — so hafteten nun auch jene Carola Muncks an der Perlenkette. Mit kennerischem Blick erfaßte sie sofort, daß die Perlen echt waren.
Woher hatte die Amerikanerin den Schmuck, der sicher ein Vermögen gekostet hatte?
Etwas stand für Carola Munck fest: Entweder stammte diese Amerikanerin aus sehr
reicher Familie-oder sie war eine Hoch-
staplefin! Keinesfalls aber das einfache, bescheidene Fräulein, für das sie sich ausgab!
Wiederum betrachtete Carola Munck in bohrender Neugier Maud Smith.
Plötzlich kam es wie eine Erleuchtung über sie:
Eine illustrierte Zeitschrift_ darin eine
Photographie-eine junge Dame von unge
wöhnlicher Schönheit, sie war in kostbarer Toilette... an ihrer Seite ein älterer, imposanter Herr... unter dem Bild die Namen der beiden.
Wie vom Blitz erhellt, entsann Carola Munck sich der Namen.,.,
Das also war Maud Smith?
Wozu aber die Komödie?
Kurz entschlossen, erhob Carola Munck sich. Unauffällig zog sie die Amerikanerin etwas beiseite. In englischer Sprache flüsterte sie ihr etwas zu.
Betroffenheit zeigte sich in. Mauds Mienen. Sie warf einen scheuen Blick zu Lauren hin, der aber nichts Ungewöhnliches an dem Gespräch der beiden Damen zu finden schien.
Dann redete Maud, gleichfalls in englischer Sprache, auf Frau Munck ein, die Mühe hatte, ihre Ueberraschung vor den anderen zu verbergen.
„Bis morgen bitte ich Sie, darüber Stillschweigen zu wahren, Frau Munck!“ schloß Maud. „Ich kann doch auf Ihre Verschwiegenheit rechnen?“
„Selbstverständlich! Sie sind ein fabelhaftes Mädel, Maud! Peter wird morgen Augen machen!“
„Du bist sehr nervös, Maud [“sagte Lauren, als sie sich auf dem Weg zum Flugplatz befanden.
^Nervös? .... Keine Spur! Ich freue mich nur unbändig!“
Die“Erregtheit, in der Maud sich zweifellos befand, wenn sie sich auch sichtlich Mühe gab, sie vor Lauren zu verbergen, teilte sich auch ihm mit.
In wenigen Minuten würde sein künftiger Schwiegervater erscheinen — — wie würde der Mann aussehen, wie sich zu ihm stellen? Hoffentlich würde er seinem und Mauds Wunsch, daß Maud in Deutschland bleibe, nichts in den Weg legen!
Wie immer zur Ankunftszeit der Flugzeuge, waren auch jetzt zahlreiche Neugierige auf dem Flugplatz versammelt.
Lauren fing einige Worte auf, die in seiner Nähe zwei Damen miteinander wechselten. Er sagte zu Maud: (Fortsetzung folgt)