6. Jahrgang
MONTAG, 21. AUGUST 1950
Nummer 129
Krankenbehandlung erfordert Milliardenbeträge
Erhöhung der Kosten und der Behandlungsfälle / Gegen die kalte Sozialisierung der Aerzte
Die deutsche Aerzteschaft, die am 26. August in Bonn zum Deutschen Aerztetag Zusammentritt, wird sich auch mit den im folgenden Aufsatz angeschnittenen Fragen, die für sie, aber auch die gesamte Sozialversicherung, von größter Bedeutung sind, befassen müssen. Die Redaktion.
Die Ruinen des Krieges sind — überall sichtbar — zur öffentlichen Frage Nr. 1 geworden. In ähnlich starkem Maße aber hat der Krieg und seine Folgen die öffentliche Gesundheit getroffen. Seit Jahren spielt sich, oft nur dem Eingeweihten sichtbar, zwischen der Aerzteschaft und ihren Patienten, sowie den gesetzlichen Krankenkassen und der privaten Krankenversicherung ein bewegtes Tauziehen um die Entscheidung ab, wer die nach Milliarden zählenden Kosten für die heute notwendige und teuerer gewordene Versorgung der Kranken tragen soll. Der Krieg mit seinen schweren gesundheitsschädigenden Folgen an der Front und in der Heimat und die Nachkriegsjahre mit einer sehr fragwürdigen Kalorienrechnung haben eine außerordentliche Untergrabung des allgemeinen Gesundheitsniveaus hinterlassen, das nun mit DM- Mitteln wieder gehoben und verbessert werden soll, nachdem vor der Währungsreform auch auf diesem Gebiet ein angestauter Bedarf entstanden war. Obwohl die Sozialversicherung keineswegs zu einer Erhöhung der Zahlungen an die Aerzte schritt, um damit dem Gesamtproblem eine entscheidende Wen-
Vorkriegsjahren ermittelten versicherungsmathematischen Unterlagen errechnet waren, blieben hinter dem allgemeinen Ansteigen der Krankheitskurve und der einzelnen Kosten zurück. Mit der Währungsreform verloren ferner diese Gesellschaften ihre für Krisenzeiten bestimmten Rücklagen in Hphe von etwa 200 Millionen RM, während gleichzeitig die Ersatzansprüche der Mitglieder, die für ihre DM nunmehr auch uneingeschränkte Krankheitsbehandlung erhalten konnten, schlagartig anstiegen.
Wohl war der Privatpatient wieder zum geschätzten Besucher jeder ärztlichen Praxis geworden, aber oft nur die höchsten Tarife der Versicherungsgesellschaften können die gegenüber dem Frieden erhöhten Honorarforderungen mancher Aerzte befriedigen. Nicht nur die Einzelhonorare sind allgemein gestiegen, sondern auch die Häufigkeit der Behandlung am einzelnen Patienten hat in bisher nie gekannter Weise zugenommen.
Bei einzelnen Gesellschaften stiegen die reinen Arztkosten gegenüber 1939 bis zu 178 Prozent, die (vom Arzt verordneten) Arzneikosten bis zu 282 Prozent und die Krankenhauskosten bis zu 228 Prozent der Vorkriegswerte. Obwohl einzelne Krankenhausfälle oft Tausende von Mark beanspruchen, beträgt der Anteil von Krankenhäusern rund 20 Prozent der Gesamtleistungen, während heute etwa 50 Prozent der gesamten Auszahlungen für Rechnun-
digungen der Ortskrankenkassen zu suchen.
Die gesamte Situation wird dadurch erschwert, daß in den Westzonen 45 000 Aerzte zur ausreichenden Versorgung der Bevölkerung ausreichen würden, während dieser Satz heute schon erheblich überschritten ist und man bis 1952 mit 72 000 Aerzten zu rechnen haben wird. Es steht allerdings außer Zweifel, daß ein Volk vom rein medizinischen Standpunkt aus überhaupt nicht genug Aerzte haben kann und es ist dabei zu bedenken, daß durch die Bevölkerung der Westzonen heute bereits Milliardenbeträge aufgebracht werden, um eine ausreichende medizinische Versorgung der Allgemeinheit sicherzustellen.
Zur Lösung dieser akuten Fragen wird das Thema „Arzt, Patient und Versicherung" in immer stärkerem Maße Oeffentlichkeit und Gesetzgeber beschäftigen müssen. Vor allem sind die Beiträge für die gesetzlichen Krankenkassen mehr wie bisher für die eigentlichen zahlenden Mitglieder zu verwenden, während der Staat zur Erfüllung seiner öffentlichen Wohlfahrtsverpflichtungen nicht auf die Mittel der Sozialversicherung zurückgreifen sollte. Es läge nahe, wenn auch die Sozialversicherung, ähnlich den öffentlichen Haus
halten, ihre Budgets zur Diskussion stellen und sich damit der Kontrolle der Oeffentlichkeit unterwerfen würde.
Die Aerzteschaft als einer der bisher freiesten Berufe gerät in immer stärkerem Maße in die absolute Abhängigkeit der Sozialversicherung, die durch die große Zahl ihrer freiwilligen Mitglieder weit über den ihr anfangs zugedachten Personenkreis an Umfang zugenommen hat und in ihrer Gesamtheit nur mit einem Riesenkartell verglichen werden kann, das heute nicht nur die Arzthonorare für Millionen von Patienten bestimmt, sondern durch eigene Vertrauensärzte auch die Tätigkeit der freien Aerzte kontrolliert und damit den Arztberuf auf kaltem Wege sozialisiert. Auch auf dem Gebiet der Versicherung sollte man nur dort Planwirtschaft treiben, wo sie wirklich angebracht erscheint und jede Tendenz zur totalen, alles beherrschenden Bürokratie rechtzeitig im Keim erstik- ken. Vor allem aber sollte-man die Sozialversicherung nach rein sachlichen und nicht nach ideologischen Erwägungen überprüfen.
Wenn auch das Thema nach dem heutigen Stand selbst für Fachleute verworren erscheint, so besteht doch die Wahrscheinlichkeit, daß es durch eingehende Verhandlungen aller Beteiligten zufriedenstellend gelöst werden kann, wenn die nach dem Krieg und der Währungsreform entstandene Situation in einer Neuordnung ihren Niederschlag finden wird. H. G.
düng zu geben, war sie doch gezwungen, ihre gen von Aerzten aufgewendet werden müssen. Beiträge erheblich zu erhöhen. Durch das am Heute rechnet die private Krankenversiche- 1. Juni 1949 in Kraft getretene Sozialversi- rung in den Westzonen als zweitgrößter Zweig cherungs-Anpassungsgesetz wurden darüber der Individualversicherung mit einem jähr- hinaus auch die monatlichen Einkommen bis liehen Prämienaufkommen von etwa 400 Mil
Entwicklungen in der Mandschurei
Nordkoreas unerschöpfliches Hinterland
zu DM 375.— als sozialversicherungspflichtig erklärt, ohne daß die Betroffenen ■ darüber entscheiden konnten, ob sie nicht weiterhin ihre Versicherungsfreiheit behalten wollten, die bisher bei monatlich DM 300.— lag. Da sich die Höhe der Beiträge nach dem Einkommen richtet, floß damit der gesetzlichen Krankenversicherung ein erheblicher Stamm neuer Mitglieder der höchsten Beitragsklasse zu.
Kurz vor der Währungsreform begannen die vor einer breiten Oeffentlichkeit vorgetragenen Klagen der Aerzteschaft, vor allem gegen die pauschale Abfindung durch die Ortskrankenkassen, die nicht als angemessene Entschädigung für die ärztliche Tätigkeit angesehen werden kann. Denn für jeden Krankenschein erhalten die Aerzte den gleichen minimalen Entschädigungssatz, gleichgültig, ob eine einmalige oder eine ausgedehnte Behandlung des Patienten notwendig ist. Die besondere Kritik rufen vor allem die freiwilligen Mitglieder der Sozialversicherung hervor, die, zum wesentlichen Teil in gut bürgerlichen Verhältnissen stehend, die Vorteile der sozialen Gesetzgebung, wie freie Arztbehandlung beansnruchen, die seit Bismarck im Prinzip nur für die wirklich bedürftigen Bevölkerungskreise gedacht war. So kann der groteske Fall eintreten, daß ein Handwerker dem Arzt seine Arbeit nach den üblichen Sätzen mit mehreren hundert Mark berechnet, während dieser für die schwierige Behandlung eines schwerkranken Kindes des gleichen Handwerkers auf den Krankenschein nur etwa DM 3.50 gutgeschrieben erhält. Dem Arzt wird damit inmitten einer freien Wirtschaft eine soziale Funktion — selbst gegenüber wohlsituierenden Patienten — auferlegt, die er in dieser Form nicht erfüllen kann und für die in zahllosen Fällen gar keine Voraussetzung gegeben ist solange' jeder andere Beruf seine Rechnungen nach Umfang, Dauer und Wert
lionen Mark — und trotzdem reicht diese Summe nicht aus, um insbesondere den gestiegenen Arztkosten zu folgen. Aber auch heute beharrt die private Krankenversicherung nach wie vor auf ihrem grundlegenden Prinzip der freien Arztwahl unter Verzicht auf jede Beeinflussung einer Behandlung tfon der finanziellen Seite her. Sie versucht allerdings, in direkten Verhandlungen mit der Aerzteschaft allgemein eine Normalisierung der ärztlichen Gebührenrechnungen herbeizuführen. Wenn die Sozialversicherung auf die Krankenscheine höhere Vergütungen gewähren und die große Zahl der nicht bedürftigen freiwilligen Mitglieder reduziert würde, könnte sich die Lage der Aerzte ändern, und sie könnten darauf verzichten, beim Privatpatienten einen übermäßig hohen Ausgleich für die niederen Entschä-
R. Sp. Tief beunruhigt verfolgt der Westen die militärischen Erfolge der kleinen „Demokratischen Volksrepublik von Korea“. Hitzköpfe im amerikanischen Kongreß und britischen Unterhaus schlugen vor, das nordkoreanische Kriegspotential durch Abwurf von Atombomben zu zerstören. Mit dieser Auffassung sind sie Opfer russischer Irreführungen. Nordkoreas materielle Wurzeln der Kraft liegen jenseits der Grenzen. Nach der Sowjetunion gibt die Mandschurei dem roten Staatschef Kim II Sung die wichtigsten Hilfen.
Theoretisch gehört die Mandschurei zu China, in Wirklichkeit sind die „vier Provinzen nordöstlich der Großen Mauer“ heute jedoch halb-autonom Sie haben eine eigene Währung und Wirtschaftsplanung. Psychologisch geschickt verlegten die neuen Machthaberden Regierungssitz vom japanischen Hsinking (= Changchun) zum historischen Mukden. In den alten Mandschu-Kaiserpalästen regiert heute Kao Kang, so wie sein bäuerlicher Genosse
Rätsel um die Ermordung Trotzkis
Wer ist Mornard / Wer beauftragte ihn
Von Larry F. Stuntz, Korrespondent der Associated Press
MEXIKO CITY. Vor 10 Jahren ist Leo Trotzki ermordet worden, aber der Schleier des Geheimnisses, das dieses Attentat umgibt, ist immer noch nicht gelüftet.
Jacques Mornard, wenn das der richtige Name des Mörders ist, verbüßt gegenwärtig eine fast 20jährige Gefängnistrafe in Mexiko City. Aber die Polizei ist sich weder über seinen Namen, noch über seine Nationalität und die Herkunft der Geldmittel im klaren, mit denen Mornard ein den Verhältnissen entsprechendes angenehmes Leben in einer wahren „Flucht“ von Zellen im mexikani- kanischen Bundesgefängnis bestreitet.
Noch nicht einmal das Motiv der Tat ist einwandfrei geklärt worden. Trotzki sagte kurz vor seinem Tode, Mornard sei Agent der russischen Geheimpolizei und von- Sta
der Leistung stellt Man kann nicht erwarten aer russischen oeneimponz« una vom ena- oer j_,eisxung scem. . _ Haß hn beauftragt worden. Trotzki hatte bereits
a ^ ch m sozialistis Patient vor allem bei seiner Ankunft in Mexiko prophezeit, daß
Schier leit in der durch die starke Vermeh- sowjetische Geheimagenten versuchen wür- rung in diesem Beruf viele Ae "-^um ein er- Mexiko, nachdem er mit Sta-
trägliches Exisjen?mmimum^z ^ ^ ej _ i in gebrochen hatte und aus Rußland verbannt
worden war. Seme Vierte Internationale, der anti-stalinistische Kommunimus, hatte schon Anhänger gefunden. Aber, seine Feinde verfolgten ihn. Er entkam bei einem Angriff mit Maschinengewehren auf das Haus, das er von dem mexikanischen Maler Diego Rivera gemietet hatte. Einer seiner Sekretäre und Vertrauensmänner wurde entführt und getötet.
Mornard zeigte sich begeistert von Trotzki. Am Nachmittag des 20. August 1940 bat er Trotzki um eine Unterredung. Er sagte, er wolle Trotzkis Meinung zu einem Manuskript hören. Wenige Minuten später hörte einer der bewaffneten Sekretäre Trotzkis einen Tumult im anliegenden Zimmer. Er stürzte hin* aus und begegnete auf dem Flur dem blutüberströmten Trotzki. Hinter diesem kam
ben. Der Krankenscheinpatient mit dem et genen Auto und im Pelzmantel bedeutet keinen sozialen Fortschritt, sondern er ist eine Zumutung für jeden Arzt.
Es war deshalb nur zu naheliegend, daß die Aerzte wenigstens im Privatpatienten die Möglichkeit sahen, ihre Einkünfte durch Erhöhung der Honorare und Vergrößerung des Behandlungsaufwandes zu verbessern, da bei Privatrechnungen jede einzelne Leistung gesondert berechnet werden kann. Mit dieser Entwicklung wurden die privaten Krankenversicherungsgesellschaften auf den Plan gerufen, die den größten Teil der Privatpatienten versichert haben, und deren Mitgliederbestand in den Westzonen etwa 10 Millionen Versicherte beträgt. Ihre Tarife, die auf Grund der in den
„Außenpolitik
Zeitschrift für internat. Politik, Juli, Heft 2, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart
Im zweiten Heft der .„Außenpolitik“, deren seriöses Wollen schon in den Herausgeber-^ namen Erich Kordt und Artur W. Just zum Ausdruck kommt, stehen an der Spitze zwei Arbeiten über die militärische Situation Europas, in der gegenwärtigen Krisenstimmung und angesichts der Bemühungen der Atlantikpaktstaaten, ihre Aufrüstung zu beschleunigen, besonders aufschlußreich. Der britische Militärschriftsteller Liddell Hart versucht zusammenzustellen, was aufgeboten werden kann, und befaßt sich daneben mit den Problemen, die sich aus der Heraufkunft der Atomenergie ergeben, nennt daneben jedoch als vielleicht wesentlicheres modernes Kampfmittel die Infiltration, als Schutz vor Atombombenangriffen die Verlegung eigener Regierungsstellen und . Schlüsselindustrien in besetztes Gebiet, Bevölkerungsaustausch usw. Ob diese Rechnung aufgeht?
Der amerikanische Publizist Robert Ingram spürt die Lethargie, die über Europa liegt auf und nennt Deutschland als Faktor, der für die USA noch von Bedeutung werden
könnte. Der bekannte Rußlandkenner Artur W. Just analysiert unter dem Titel „Moskaus neue These“ eine Rede Malenkows, des Mannes, der seit dem Tode Schdanows zu einem der Mächtigsten der UdSSR wurde. Aus dieser Rede, gehalten am 6. November 1949 anläßlich des 32. Jahrestages der bolschewistischen Revolution, glaubt Just entnehmen zu dürfen, daß für die Sowjets das Gefühl des „Geborgenseins“ und der „außenpolitischen Sättigung“ gekommen ist, was durch weitere Texte zu belegen versucht wird.
Winfried Martini schrieb eine Studie über Chaim Weizmann, Antonio Y Garcia über „Spanien und der Katholizismus", Fritz V. Globig über Australien. Es folgen Alexander Rüstrow: „Der Kampf um die Weltherrschaft“ und Max Bense „Die katholische Intelligenz Frankreichs. Dazu eine außenpolitische Chronik, Buchbesprechungen, eine Bibliographie und eingangs des Heftes einige politische Glossen. Wenn die Zeitschrift in der Lage sein wird, dieses Niveau zu halten, wird sie sicher in steigendem Maße Beachtung finden. cz.
Mornard, die Axt unter dem Mantel verborgen.
Am andren Tag erlag Trotzki seinen schweren Kopfverletzungen im Krankenhaus. Vor seinem Tode flüsterte er seinem Rechtsanwalt zu, daß Mornard „sehr wahrscheinlich“ ein von Stalin beauftragter sowjetischer Geheimagent sei. Mornard stritt dies beim Verhör ab. Er hatte in Mexiko unter dem Namen Frank Jackson gelebt. Sein richtiger Name sei Jacques Mornard. Er sei der Sohn eines belgischen Diplomaten, erklärte er.
Aber belgische Diplomaten, die mit Mornard sprachen, sagten, daß sein Französisch keinen belgischen Akzent habe. Einmal behauptete die Polizei, Mornard sei als Salvador Torkoff, Angehöriger einer Schmuggelbande russischer Emigranten identifiziert worden.
Ein Konzilium von Psychiatern, die Mornard eine Woche lang untersuchten und befragten, legte dem Gericht ein 1332seitiges Gutachten vor, das besagte, Mornard sei mit einem Komplex behaftet. Durch diesen Komplex fühle er sich gezwungen, auf andere Personen einzuschlagen. Im übrigen sei Mornard völlig normal, abep schlecht erzogen, und seine Intelligenz liege unter dem Durchschnitt.
Mornard sagte vor Gericht aus, daß er in Notwehr gehandelt habe. Trotzki habe bei der Durchsicht des Manuskripts erklärt, daß er (Mornard) nicht schreiben könne. Daraufhin sei er wütend geworden und habe Trotzki am Arm gepackt. Trotzki habe in seine Hand gebissen und die Pistole gezogen. Dann, sagte Mornard, habe er zu seiner Axt gegriffen und auf Trotzki eingeschlagen.
In seiner Tasche wurde bei seiner Festnahme ein Brief gefunden, in dem Mornard erklärte, er sei ein Anhänger Trotzkis gewesen, sei aber enttäuscht worden, nachdem er die nähere Bekanntschaft des russischen Staatsmannes gemacht habe. Im mexikanischen Bundesgefängnis ist Mornard eine ganze Flucht von Zellen angewiesen worden. Er hat ein Schlafzimmer, einen Wohnraum und ein kleines Empfangszimmer. Obwohl er englisch, französisch und spanisch spricht, redet er nie mit seinen Mitgefangenen. Er geht auch niemals in den Rosengarten des Gefängnisses, wie es andere prominente Häftlinge zu tun pflegen.
Mornard braucht nicht zu arbeiten. Er liest oft in den Büchern, die ihm sein Anwalt bringt, Aber niemand weiß, wie er seinen Anwalt’ die Bücher, und viele andere Dinge, die ihm ebenfals gebracht werden, bezahlt. Mornard schreibt auch viel. Gefängnisbeamte erklärten, sie wüßten nicht, was er schreibe und was mit seinen Manuskripten geschehe.
In diesem Monat — nach lOjähriger Haft — kann der jetzt 46jährige vom Präsidenten begnadigt werden. Nach mexikanischem Recht kann eine Begnadigung wegen guter Führung nach Verbüßung der halben Strafe ausgesprochen werden. Die Untersuchungshaft wurde Mornard angerechnet. Aber nichts deutet darauf hin. daß er vorzeitig freigelassen wird — oder daß er überhaupt freigelassen zu werden wünscht.
Mao Tse-tung in der „Verbotenen Stadt“ von Peking und der große russische Lehrmeister im zaristischen Kreml.
Kao Kang ging aus den Untergrundkämpfen gegen die japanische Besatzungsmacht und das von ihnen am 15. September 1932 als unabhängig erklärte Mandschukuo hervor. Der Einbruch der russischen Armee am 9. August 1945 brachte ihn in die Führung der sich überall bildenden roten Befreiungsarmeen. Ihre Volkskomitees kürzten alle Pachtsätze summarisch und zwangen die verbliebenen Großgrundbesitzer, meist Chinesen, zu weitgehenden „freiwilligen Abtretungen“ ihrer Besitzungen. Versprengte Japaner und Kollaborateure wurden hingerichtet.
Fachleute prophezeiten, daß zehn Jahre nötig seien, um „Tung Pei“, die nordöstlichen Provinzen, wieder aufzubauen. Leider irrten sie. Unter dem mit den Russen zurückgekehrten Chinesen Li Li-san begann eine Wirtschaftsplanung sowjetischen Stiles. Achtzig Prozent aller Industriebetriebe wurden verstaatlicht. Zu ihrem Wiederaufbau wurde 1949 der Erlös aus 2 Millionen Tonnen Getreide verwandt. Unter den Japanern floß jährlich der Wert von 8 Millionen Tonnen Getreide als Pacht in private Hände. Die Nordost-Volks- Regierung kürzte die Pachtabgabe der Bauern auf 2,3 Millionen Tonnen. Der größere Teil der Differenz fällt jetzt als Wiederaufbaufonds an den Staat.
Im Juli 1949 wurde ein Handelsvertrag mit der Sowjetunion abgeschlossen. Darnach bekommen die Russen 60 Prozent der Erntespitze für ihr Industriekombinat im Amurbogen. Mukden erhält dafür einen Teil der geraubten Maschinen zurück. Ferner besonders dringende Materialien und Einrichtungen. Der wirtschaftliche Austausch wird weitgehend durch „politische Beratungen“ unterstützt. Sowjetische Beamte haben ihr Hauptquartier im prunkvollen Eisenbahnhotel von Mukden errichtet. Sie unterhalten Muster- und Lehrfabriken in Harbin, Chiamusu und Dairen. Sie beraten und kontrollieren alle Munitionsfabriken der Mandschurei.
Ein zweites, wichtiges Wirtschaftsabkommen konnte Kao Kang durch den inzwischen nach Peking übergesiedelten Li Li-san mit Mao Tse-tung abschließen. Zunächst half er mit 2 Mill. Tonnen Getreide den chinesischen Hungergebieten. Jetzt sollen 200 000 Tonnen Sojabohnen und Mais gegen nordchinesischen Weizen getauscht werden. Für die zu ihren Gunsten entstehende Spitze erhält die Nord- ost-Volks-Regierung Baumwollstoffe und Mangelware. Gleichzeitig erhält die Mukdener Regierung 3000 Spezialisten aus der rotchinesischen „Techniker-nach-Nordost-Kampagne“.
Das dritte und zugleich unübersichtlichste Abkommen wurde 1949 mit Kim Il-Sung in Pyöngyang abgeschlossen. Nach Feststellung der UN-Korea-Kommission verpflichtete sich hierbei Mukden zu militärischen Hilfen in den sich als notwendig ergebenden Formen. Hierunter fällt auch die Stellung von Truppenverbänden. Amerikanische Vernehmungsoffiziere identifizierten bereits in der Mandschurei ausgebildete koreanische Einheiten. Ihre Durchsetzung mit mandschurischen Freiwilligen ist hierbei auf Grund der jahrzehntelangen gemeinsamen Untergrundtätigkeit als sicher anzunehmen. Gleichzeitig erklärt dieses Abkommen die nachweislich ausreichende Ernährungslage in Nordkorea, obgleich der dort anfallende landwirtschaftliche Ertrag unzureichend ist. Die in der Mandschurei erzielten industriellen Fortschritte ermöglichen bereits 1950 Lieferungen für die Koreafront. Mit jedem Monat werden die Leistungen größer. Die Mukden-Antung-(Grenze - Pyöngyang -) Bahn wurde zweigleisig ausgebaut.
Damit wird die Mandschurei zu einem für den Westen gefährlichen Hinterland Nordkoreas. Die 41 Mitglieder der Nordost-Volks- Regierung in Mukden können als Kommunisten nur für das östliche Ziel arbeiten Durch den Moskau-Peking-Pakt vom Februar 1949 wurde der sowjetische Einfluß legalisiert. Die Russen beherrschen zu 50 Prozent die nordmandschurische Eisenbahnlinie von Qtpor- Manchuli nach Wladiwostok (ErsDarnis 1000 km) und die südmandschurische Verbindung von Harbin nach Dairen. Auch den Handelshafen Darren verwalten sie zur Hälfte. Im anschließenden Kriegshafen Port Arthur sind sie ausschließlich Herr. Südkorea ist damit zugleich von den sowjetischen Flottenstützpunkten Port Arthur und Wladiwostok eir,geschlossen.