6. Jahrgang

MONTAG, 21. AUGUST 1950

Nummer 129

tung bei manchen bewirkt. Solange die euro­päische Einheit freier, gleichberechtigter und 1 gleichverpflichteter Völker, von der so viel gesprochen wird, nicht Wirklichkeit geworden ist, wird auch die Gefahr weiter bestehen, daß die bolschewistische Agitation Erfolge er­zielt. Kein Tag darf daher versäumt werden, die echte Gemeinschaft der westeuropäischen Völker zu verwirklichen, denn sie ist gleich wichtig wie die militärische Stärke. K-ch

Außenministerkonferenz am 12. September

PARIS. Die angekündigte Konferenz der Außenminister der USA, Großbritanniens und Frankreichs in New York ist nach Mitteilung aus gut unterrichteten Pariser Kreisen auf die Zeit vom 12. bis 14. September festgelegt worden. Unmittelbar danach am 15. Sep­tember tritt der von dem Außenminister der Atlantikpaktstaaten gebildete Atlantik­paktrat zusammen. An die Tagung des atlan­tischen Rats schließt sich am 19. September die fünfte Vollversammlung der UN an.

Sozialistenkundgebung

Ollenhauer lehnt Remilitarisierung ab

FRANKFURT. Zum erstenmal seit 1933 tra­fen sich am Sonntag auf deutschem Boden Vertreter der sozialistischen Parteien aus al­ler Welt zu einer Kundgebung in Frankfurt. Zu den rund 8000 Teilnehmern sprachen der Franzose Salomon Grumbach, der Ameri­kaner Dr. Fritz Sternberg, der Holländer Alfred Mozer und der zweite Vorsitzende der SPD, Erich Ollenhauer. Anwesend war auch der österreichische Vizekanzler Dr. Sc h a e r f.

Salomon Grumbach wandte sich gegen eine deutsche Remilitarisierung, von der die fran­zösischen Sozialisten fürchteten, daß sie die deutsche Demokratie zerstören könnte. Grum­bach gab zu. daß die Meinungen darüber zwar geteilte seien, betonte aber angesichts dessen besonders die Verantwortung und die Pflicht der Besatzungsmächte, die Freiheit Deutsch­lands zu verteidigen.

Ollenhauer unterstrich, daß es nur eine europäische Gemeinschaft mit gleichen Rech­ten und gleicher Freiheit geben könne. Ollen­hauer wurde stürmisch gefeiert, als er aus­rief:Wir sagen Nein zu einer Remilitarisie­rung Deutschlands. Für ein solches Aben­teuer sei die SPD nicht zu haben. Er bezwei­felte die Kampfkraft von Panzerdivisionen, hinter denenMillionen von arbeitslosen Flüchtlingen stünden.

Beschuldigung zurück gewiesen

Bundesregierung antwortet DGB BONN. Die Bundesregierung hat am Frei­tagabend in einer ersten Stellungnahme die Beschuldigung des Deutschen Gewerkschafts­bundes, sie betreibe eineunentschlossene Wirtschaftspolitik, alsnicht der Wirklichkeit entsprechend zurückgewiesen. Bei einer er­sten Ueberprüfung des Schreibens des DGB, in dem einesofortige Aenderung der bis­herigen konzeptionslosen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung gefordert worden war, habe sich ergeben, daß die allgemein gehaltenen Behauptungen vonanhaltenden Preissteige­rungen auf dem Gebrauchs-, Güter- und Le- bensmittelseklor als Folge der Wirtschaftspo­litik der Regierung der Wirklichkeit nicht entsprächen.

Landtapssifzung am 1. Sept.

Hohenzollerische Selbstverwaltung

BEBENHAUSEN. Der Landtag von Wtirt- temberg-Hohenzollern wird in seiner 90. Sit­zung am Freitag, dem 1. September, u. a. den Entwurf eines Gesetzes über die Selbstver­waltung der hohenzollerischen Kreise in zwei­ter und dritter Lesung beraten. Ferner ste­hen auf der Tagesordnung der Entwurf einer dritten Verordnung zur Durchführung des Bo- denr^formgesetzes und eine CDU-Anfrage we­gen des Ausbaues der Argenwasserkraft.

Rumäniens Widerstand

200 000 Ausgestoßene / Bedrohte sowjetische Nachschublinien

Von unserem W.W.K.-Balkan-Korrespondenten

Triest, im August

Im April ds. Js, flog die sowjetische Militär­kommandantur von Focchani in die Luft. Die im Gebiet von Muscel-Campulung operieren- d:n rumänischen Untergrundkämpfer griffen Ende Mai das Munitionslager des sowjetischen Inf.-Rgt. Nr. 30 an, töteten einige sowjetische Soldaten und Offiziere und entkamen mit Waffen und Munition. Die von Ploesti an den Pruth nach Odessa führende Oelleitung wurde im Juni 1950 siebenmal gesprengt, obgleich entlang dieser Linie drei sowjetisch-rumä­nische Elitedivisionen unter dem Kommando des Generals Petrescu Wache halten. In den Gebirgsregionen von Putna, Crasna und Ciu- dei mußten leichte sowjetische Bomber im Kampfe gegen Widerstandskämpfer eingesetzt werden, um diese Gebiete wieder unter die Herrschaft der Regierung zu bekommen.

Alle aus dem Satellitenstaat Rumänien ein­treffenden Nachrichten die besonders in der letzten Zeit nach den Massenverhaftungen überreichlich fließen besagen, daß die so­wjetischen Herren des Landes und ihrerumä­nischen Beauftragten weiter denn je von dem 1944 gesteckten Ziel entfernt sind, das rumä­nische Volk zum Freund der benachbarten UdSSR zu machen und eine verläßliche Ab­sprungbasis für weitere Abenteuer in Rich­tung Westen und Süden zu besitzen. Der ru­mänische Widerstand aktiv und passiv ist der nachhaltigste in allen Satellitenstaaten. Er hat heute ein Ausmaß und eine Wirkung zu verzeichnen, die nunmehr mit ihrer an eine unterirdisch-nationale Erhebung gren­zende Gefährlichkeit zu überstürzten Gegen­maßnahmen der Groza-Regierung geführt hat.

Von Mai bis Juli 1950 wurden durch den Generalsekretär der rumänischen Arbeiter­partei, Georg Dej, 192 000 Parteimitglieder ausgestoßen, weil sieNutznießer und Klas­senfeinde ohne moralisches Gewissen und nur der Form nach Mitglieder waren, die die Parteidirektiven nicht rücksichtslos durch­führten! Zu diesen neuen Konzentrations­lager-Insassen kommen weitere 50 000, die Aspiranten waren. Derdirigierende Wider­

stand wurde vor allen Dingen in Kreisen ver­mutet, die 19441945 als Dissidenten nicht­kommunistischer Parteien von dem in Buka­rest amtierenden Wyschinskiherzlichst ein­geladen wurden, am Aufbau des neuen Rumä­niens teilzunehmen!

Ueber achtzigjährige Offiziere wie die Gene­rale Iliasievici, Partenies und Samsonovici, die schon während des letzten Krieges in Pension saßen, wurden zusammen mit ehemaligen Kolaborateuren und in der sowjetischen Ge- fangenchaftUmerzogenen verhaftet. Nach Erschöpfung ihrer Nützlichkeit für das Re­gime folgten eine Reihe ehemaliger Minister und Staatssekretäre (drei Bratianus, Halippa, Argetoianu, Strunga, Constantinescu), die aus dem inneren Kreis der Liberalen Partei stammten. Ein großer Teil erst vor kurzem neuernannter Professoren und Lehrer trat sei­nen Weg vom Katheder direkt in die Gefäng­nisse an, Massenverhaftungen von Studenten und Angehörigen der dekadentenFreien Be­rufe (Advokaten, Schuster, Barbiere, Aerzte usw.) folgten.

Von den 15 Millionen Rumänen gehören etwa 85 v. H. der Landbevölkerung an. Hier erwie­sen sich Purges, individuelle Enteignungen, Erhöhung der Planziffern als so nachhaltig wirkungslos, daß zeitweise die gesamte Er­nährung Rumäniens Krisen unterworfen war.

Mehrere Spionageprozesse in Bukarest soll­ten in der letzten Zeit dem doppelten propa­gandistischen Zweck dienen, für die inneren Spannungen äußere Drahtzieher verantwort­lich zu machen und für äußere Ambitionen die innere Front zu stabilisieren.

Rumäniens Untergrundkämpfer, welcher Richtung sie auch angehören, haben durch die Schaffung sogenannterComandul de Liqui- datio aktive Kampfgruppen gebildet, die sich inzwischen mit Unterstützung der Landbe­völkerung zum Schrecken der rumänischen und sowjetischen Organe entwickelt haben. Sie rühmen sich, jederzeit die sowjetischen Nach'*- schublinien ausschalten zu können! Ihre Ver­bindungen reichen bis zur ukrainischen UPA, dem polnischenOgieon und den jugoslawi­schenKrizari.

Nadmditen aus aller Welt

STUTTGART. Die erste öffentliche Versamm­lung der vor kurzem in Stuttgart gegründeten Ortsgruppe der Sozialistischen Reichspartei (SRP) mußte am Freitagabend von der Polizei aufgelöst werden, da 300 Kommunisten und Mitglieder der FDJ durch Zwischenrufe und Sprechchöre sowie durch Absingen der Inter­nationale und kommunistischer Kampflieder die Redner der SRP am Sprechen hinderten.

WEINHEIM. Der hessische Finanzminister Dr. Werner Hilpert forderte am Samstag auf einer Delegiertenkonferenz der CDU in Weinheim ein­greifende Maßnahmen gegen die Schwarzarbeit, um nichtln eine gefährliche Lage hineinzu­schlittern.

IDAR-OBERSTEIN. Der als Hungerkünstler Heros bekanntgewordene ehemalige Ring­kämpfer Willi Schmitz wurde am Freitag von der Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuz­nach in Idar-Oberstein wegen Erpressung, Rück­falldiebstahl und fortgesetzter Unterschlagung zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

BERLIN. Auf Anweisung sowjetischer Offi­ziere haben in der Nacht zum Samstag sowjeti­sche und ostzonale Grenzbeamte aus den Post­zügen BerlinHannover und HannoverBerlin wiederum 350 Pakete mit Textilien, Lederwa­ren und Tabak beschlagnahmt.

BERLIN. Seit 1. August sind 33 Volkspolizi­sten nach Westberlin geflüchtet.

LONDON. Prinzessin Margaret feiert heute ihren 20. Geburtstag.

LIVERPOOL. Ueber 100 Feuerwehrleute kämpften am Samstag vergeblich gegen einen gewaltigen Speicherbränd im Hafen von Liver­pool. Der 120 m lange einstöckige Speicher war mit Baumwollsaat und Sisalgras gefüllt.

PARIS. Der Gegenwert der in diesem Monat bei mvsteriösen Diebstählen in Frankreich ab­

handen gekommenen Juwelen ist auf 220 000 Dollar angestiegen. Die Serie der Diebstähle begann am 5. August.

MALTA. Ein Flugzeugträger und mehrere Einheiten der 6. amerikanischen Flotte, die ln der Nähe von Malta an Manövern der britischen Mittelmeerflotte teilgenommen hatten, brachen am Samstag die Manöver plötzlich ab und wur­den mit hoher Fahrt nach einem unbekannten Ziel in Marsch gesetzt. Man nimmt an, daß sie nach Korea beordert wurden.

HONGKONG. Südamerikanische Handelsvertre­ter führen gegenwärtig nach Mitteilung unter­richteter Kreise in Hongkong mit Beauftragten des kommunistischen Chinas Verhandlungen über den Verkauf größerer Mengen von Treibstoff an die Pekinger Regierung. Die USA und Groß­britannien' hätten vor einiger Zeit die Einstel­lung aller Oellieferungen an das kommunistische China bekanntgegeben.

NAIROBI (Kenia). In dem fast 10 000 qkm großen Jagdgebiet zwischen Nairobi und Mom- bassa in Kenia wurden am Samstag Vulkanaus­brüche und Erdstöße beobachtet.

SYDNEY. Frau Betty Sara in Bellingen bei Sydney, die, wie bereits gemeldet, Vierlinge er­wartete, hat nunmehr alle vier Kinder lebend zur Welt gebracht.

REYKJAVIK. Bei einem Erdrutsch an der Ostküste Islands kamen am Samstagmorgen fünf Personen ums Leben.

NEW YORK. Das amerikanische Handelsmini­sterium hat am vergangenen Wochenende neue einschränkende Bestimmungen für den Export nach den Ländern hinter dem eisernen Vorhang erlassen. Danach bedürfen alle Warensendun­gen, die für die Sowjetunion und ihre Satel­liten bestimmt sind, in Zukunft einer Lizenz.

Ein verdienter General

Die einjährigen Anstrengungen des Carabi- nieri-Corps in Stärke von 1500 Mann unter Führung des Obersten L u c a haben bekannt­lich den sizilianischen Räuber G i u 1 i a n o zur Strecke gebracht. Sie haben das Selbstbe­wußtsein der Italiener außerordentlich ge­stärkt. Der Innenminister klingelte deshalb, als es passiert war, morgens um 6 Uhr de G a s p e r i aus dem Bett und Luca wurde gleich General. Allerdings bröckeln die Lor­beeren etwas ab, denn man vernimmt, daß der Räuber nicht in offener Schlacht, sondern durch Verrat eines seiner Komplizen in Ca- stelvetrano dem Tod in die Arme lief. Wie dem auch sei, in Rom zog man inzwischen Bi­lanz und stellte fest, daß der sizilianische Räu­ber den italienischen Staat 2 Milliarden Lire gekostet habe. Ein bißchen viel.

Nun hat Luca ein kluges Wort gesprochen, dessentwegen er wirklich befördert werden müßte: ..Tun wir so, als ob der Bandit Giu- liano nicht eliminiert worden wäre, und fah­ren wir fort, alljährlich zwei Milliarden Lire für Sizilien auszugeben. Doch bauen wir nun mit diesem Gelde Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Wasserleitungen, anständige Woh­nungen für die Bauern und Arbeiter! Schaffen wir Arbeit und menschenwürdige Lebensver­hältnisse für die Bewohner von Montelepre, Castelvetrano, Borghetto und all die anderen berüchtigten Ortschaften, wo das Banditen­tum sich eingenistet und von wo aus es eine Terrorherrschaft über ganz Sizilien ausgebrei­tet hatte. Es wäre eine Aufgabe, die sich wohl rentieren und die es verhindern würde, daß nach fünf oder zehn Jahren ein neues Corps zur Bekämpfung des Banditentums in Sizilien aufgestellt werde müßte.

Dieses Rezept aus dem Munde eines Poli­zeioffiziers läßt sich hören, es würde auch in Korea, Indochina, Griechenland und nicht zu­letzt bei uns Wunder wirken und verhindern, daß einer Maffia Anhänger zulaufen und ein Mörder aus ihrer Mitte Heldenverehrüng ge­nießt. real

Kritischer Bundesrat

Gesetzentwürfe fanden keine Zustimmung

BONN. Der Bundesrat billigte am Freitag den Regierungsentwurf für ein Kriegsopfer­versorgungsgesetz nur mit erheblichen Aende- rungen. Auch das allgemeine Eisenbahngesetz, das Gesetz zur Aenderung der Vorschriften über das Schutzregister, das Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bun­desgebiet, das Zolltarifgesetz und das Gesetz für eine Bundesbranntweinmonopolverwal­tung wurden nur mit Aenderungen geneh­migt.

Zu Beginn der Sitzung lehnte es der Bun­desrat angesichts der komplizierten Materie des Gesetzentwurfs über die Regelung der Rechtsverhältnisse der Entnazifizierten, ver­triebenen und stellungslosen Beamten ab, zu diesem Gesetz innerhalb der Dreiwochenfrist Stellung zu nehmen. Ein besonderer Bunäes- ratsausschuß soll am Dienstag in Tätigkeit treten und der Bundesregierung eine endgül­tige Stellungnahme zuleiten.

Beim Kriegsopferversorgungsgesetz traten die finanziellen Bedenken der Länder in den Vordergrund. Die Rentensätze bleiben nach dem Beschluß des Bundesrats zwar im we­sentlichen unverändert, doch wurde die Be­stimmung gestrichen, nach der der Länder­beitrag zu den Kriegsopferrenten von 15 auf 25 Prozent erhöht werden sollte. Ursprüng­lich hätten die Länder etwa 300 Millionen DM mehr tragen müssen, die nun der Bund tragen muß.

Das Jagdgesetz wurde mit 23:13 Stimmen mit der Begründung abgelehnt, es gingeviel zu weit über ein Rahmengesetz hinaus.

RANGUN. Die südburmesischen Kommunisten tauschen nunmehr Hemden gegen Munition ein, um dem Munitionsmangel zu begegnen. Der zurzeit geltende Tauschsatz ist ein Hemd gegen 15 Ladestreifen Patronen.

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W ^ L ROMAN VON HERMANN WEICK

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3 5. Fortsetzung

Schwerfällig erhob sie sich. Ohne noch ein Wort zu sagen, ging sie aus dem Zimmer.

Erschüttert sah Thomaschek ihr nach.

Schwerer noch, als er gefürchtet hatte, schien die Nachricht Margot getroffen zu haben. Wenn er ihr nur helfen könnte! Was sollte er tun? Er wußte sich keinen Rat.

Nach einer Weile ging er in ihr Zimmer hinüber.

Bei seinem Erscheinen drehte Margot, die beim Fenster stand, sich nicht um.

Er trat zu ihr hin und fragte leise:

Tut es so wehe, Kind?

Er fühlte, wie Zittern durch ihre Gestalt lief.

Dann aber geschah das für ihn Unerwar­tete:

Margot hatte sich umgedreht; sie war einen Schritt zurückgewichen. Ein fremdes, wie in eisigem Hochmut erstarrtes Gesicht sah ihm entgegen.

Was sollte mir wehetun? sagte sie, als ver­stehe sie seine vorherige Frage nicht.

Thomaschek machte eine beschwichtigende Geste. ,

Wir wollen uns doch nichts vormachen, Margot! Ich kann dir nachfühlen, wie die zu­mute ist.

Ich glaube, du siehst Gespenster, Papa! kam es in herrischer Abweisung zurück. Deine Worte sind mir jedenfalls völlig schleierhaft!

Wie um das Gespräch zu beenden, machte sie sich mit den Büchern zu schaffen, die auf dem Tische lagen; mit fahrigen Bewegungen legte sie die Bände von einer Stelle zur anderen.

Würdest du mich jetzt allein lassen, Papa?" sprach sie dann, ihre Stimme klang ruhig. Ich möchte mich niederlegen; der Spazier­gang hat mich müde gemacht!

Nicht lange blieb sie aber in ihrem Zim­mer; nach wenigen Minuten hörte Thoma­schek sie das Haus verlassen.

Es dämmerte schon, als sie zurückkam.

Beim Abendessen machte sie einen völlig gefaßten Eindruck. Sie unterhielt sich mit ihrem Vater, als sei nichts Besonderes ge­schehen; aber Thomaschek gewahrte erschüt­tert, daß alles Frohe, Aufgeschlossene, das sie in letzter Zeit gezeigt hatte, von ihr gewichen

war-kühl, in sich gekehrt saß sie ihm

gegenüber; keine Regung in ihren Mienen verriet, was in ihr vorging.

Wie beiläufig sagte sie nachher, als sie auf der Terrasse saßen:

Ich traf heute abend Baron von Hasse; er wird morgen vormittag hierherkommen und dich um meine Hand bitten, Papa! Ich gab ihm bereits mein Jawort und möchte dich bit­ten, deine Zustimmung zu unserer baldigen Heirat zu geben!

Fassungslos sah Thomaschek seine Toch­ter an.

Du scherzest, Margot!

Weshalb sollte ich scherzen? ... Ich werde Baron von Hasse heiraten; hast du etwas dagegen?

Da erst begriff Thomaschek.

Begriff er, daß Margot in ihrem Schmerz, ihrer Enttäuschung sich in dieses Verlöbnis flüchtete, weil sie so am ehesten die ihr ange­tane Zurücksetzung zu überwinden hoffte.

Durfte dies aber geschehen?

Durfte er zulassen, daß Margot nur weil sie anders mit dem, was geschehen war, nicht

fertig zu werden glaubte, gerade den Mann heiratete, über den sie sich erst vor wenigen Stunden in so geringschätziger Weise geäu­ßert hatte?

Du solltest dir die Sache doch noch über­legen, Margot! redete er ihr eindringlich zu. Ein übereilter Schritt läßt sich nachher nur schwer wieder rückgängig machen_

Ich habe nicht die Absicht, unterbrach sie ihn schroff,meinen Entschluß rückgängig zu machen!"

Warum willst du gerade den Baron hei­raten? Du hast doch Auswahl genug, Margot, und findest leicht einen Mann, der eher'nach deinem Geschmack wäre!

Bitte, überlasse das meinem Urteil, Papa! Ich weiß selbst am besten, was ich zu tun habe!

Aber Thomaschek gab noch nicht nach.

Wenn ich bedenke, wie du dich erst heute nachmittag über den Baron äußertest, will mir einfach nicht in den Kopf gehen ...

Mit herrischer Geste schnitt Margot ihm die Rede ab.

Man denkt manchmal abends anders über eine Sache als am Nachmittag; das wird dir auch schon so ergangen sein! Wozu also die

vielen Worte?- Ich gab dem Baron mein

Wort und werde es auch halten!

*

Lauren war einigermaßen verblüfft, als er durch Carola Munck von Margot Thomascheks

Verlobung mit Baron von Hasse erfuhr; er war aber viel zu sehr mit sich und Maud und ihrer gemeinsamen Zukunft beschäftigt, als daß er sich länger Gedanken über dieses Geschehnis gemacht hätte.

Er befand sich in einem Glücksrausch. Schöner noch als je erschien ihm Maud, die in manchen Augenblicken etwas von dem Uebermut eines Kindes hatte; wie in heim­licher Vorfreude lachten ihre Augen.

Ich ahnte nicht, daß du so ausgelassen sein kannst, Maud! sagte er einmal.

Du wirst mich noch besser kennen lernen! gab sie, rätselhaftes Lächeln in den Zügen, zur Antwort.

Dann erhielt Maud von ihrem Vater Nach­richt, daß er am folgenden Nachmittag im Flugzeug in Norderney eintreffe.

Hoffentlich hat dein Vater gegen unsere Heirat nichts einzuwenden!

Keine Sorge, Peter! Papa tut ganz, was ich

will! So energisch er in seinem Beruf ist--.

mir gegenüber ist er weich und nachgiebig! Ich war von jeher sein Liebling!

Was ich nur zu gut verstehen kann! Gleich darauf blieb Lauren vor einem Pte* kat stehen. ''

Heute abend ist Ball im Kurhaus; hättest du Lust, ihn zu besuchen, Maud? Selbstverständlich!

Ein Ballkleid hast du doch dabei? fragte er, es klang etwas zögernd.Es wird da wohl sehr elegant zugehen!

Maud lächelte übermütig.

Glaubst du, daß es auf der weiten Welt eine junge Dame gibt, die ohne Ballkleid in ein solches Bad reist?.... Sei ohne Sorge, Peterlein; du wirst dich meiner nicht zu schä­men brauchen!

Aber, Maud! widersprach er hastig.Schä­men? .... Unbändig stolz werde ich auf dich sein; weil du beim Balle die Schönste, Herr­lichste aller Frauen sein wirst!

(Fortsetzung folgt)