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HEIMATBOTE FÜR DEN BEZIRK NAGOLD

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MONTAG, 21. AUGUST 1950

ÜBERPARTEILICHE HEIMATZEITUNG

6. JAHRGANG / NR. 129

Vor der Wende in Korea?

Schwere Niederlage der Nordkoreaner / UN-StreKkräfte im Gegenangriff

PUSAN. Die Lage in Korea hat sich in den letzten zwei Tagen bemerkenswert zugunsten der UN-Streitkräfte gewendet. Die alliierten Truppen befinden sich seit Samstag an allen Frontabschnitten des Kriegsschauplatzes im Gegenangriff. Vor Taegu, an der Ostküste und im großen Naktongbogen sind die Nordkoreaner unter blutigen Verlusten geworfen wor­den. Die Schlacht im Raum von Pohang an der Ostküste hat mit einer völligen Niederlage der kommunistischen Streitkräfte geendet. Der Versuch der Nordkoreaner, an der Ostküste durchzubrechen, und Taegu und Pusan im Handstreich vom Nordosten her zu nehmen, ist damit fehlgeschlagen.

Die alliierten Truppen sind nach der Rück­eroberung von Pohang über 15 km weit nach Norden vorgestoßen. Am Sonntag traten süd­koreanische und amerikanische Einheiten er­neut zum Angriff an.

Der kommunistische Brückenkopf über dem Naktong, 35 km südwestlich von Taegu, ist restlos zerschlagen worden.

Im Raum von Taegu gelang es den Ameri­kanern u. a. auch die Stadt Kunhwa, etwa 25 km nördlich von Taegu, zurückzuerobern.

Amerikanische Supeifestungen haben im bisher zweitgrößten konzentrierten Angriff auf nordkoreanisches Gebiet über 800 t Bomben auf den wichtigen Versorgungs- und Ver­kehrsknotenpunkt Chonjin, etwa 100 km von der sowjetisch-sibirischen Grenze entfernt, ab­geworfen.

Die Erfolge der UN-Trüppen während der letzten Tage werden im UN-Hauptquartier für Korea sehr vorsichtig beurteilt. Ein hoher Of­fizier erklärte am Sonntag, ein gewisses Miß­trauen gegenüber der völlig veränderten Lage sei angebracht. Man habe das Gefühl, daß ir­gend etwas nicht stimme. Viele militärische Beobachter halten es für möglich, daß die Nordkoreaner versuchen, den UN-Streitkräften in Korea eine Falle zu stellen.

Der britische Kommandeur in Singapur, General Harding, gab am Sonntag be­kannt, Großbritannien werde mehrere Infan- .terieeinheiten von Hongkong nach Korea ent­senden.

Die japanische Regierung erklärte sich am Samstag in einem Weißbuch mit der UN-Ak- tion in Korea und den westlichen Demokraten im ideologischen Kampf solidarisch.

NEU DELHI. Der indische Premierminister Pandit N e h r u wurde am Sonntag von der

chinesischen kommunistischen Regierung zu einem Besuch in Peking eingeladen. Nehru soll die Annahme der kommunistischen Einladung ernstlich erwägen, da er hierin eine günstige Gelegenheit sieht, seinen Einfluß zur Schlich­tung der Koreastreitfrage erneut geltend zu machen. Ob die Regierung Mao Tse-tungs die Koreafrage bei diesem Besuch anschneiden will, ist allerdings nicht bekannt. Offiziell hat die indische Regierung die Einladung Pekings noch nicht akzeptiert.

Nehru ist über die Lage in Korea sehr be­sorgt; indische Regierungskreise befürchten eine Niederlage der UN-Truppen, was ihrer Ansicht nach die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts ergäbe.

Europäisches Flüditlingsamt

Sozialpolitische Debatte der Beratenden Versammlung des Europarats

STRASSBURG. Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Bundestag, Heinrich v. Brentano, wurde am Samstag von der Beratenden Ver­sammlung des Europarates zum Vizepräsiden­ten gewählt. Von 100 gültigen Stimmen wur­den^ für Brentano abgegeben. Mit der Wahl Brentanos erhält die Bundesrepublik gleich­zeitig einen Sitz im ständigen Ausschuß, der die Geschäfte der Versammlung während der Sitzungspause weiterführt.

Der CDU-Delegierte Eugen Gersten­maier schlug in der sozialpolitischen Debatte die Bildung eines europäischen Flüchtlings­amtes zur Lösung des deutschen Flüchtlings­problems vor. Das Amt soll den Flüchtlingen, die aus dem Osten nach Westdeutschland strö­men, Hilfe gewähren und mit dem Wirtschafts­und Sozialrat der UN Zusammenarbeiten. Zur Lösung dieses Problems sei eine Koordinierung

Für westdeutsche Verteidigungstruppe

So stark wie die Ostzonehvolkspolizei / Ein Interview des Bundeskanzlers

BONN. Bundeskanzler Dr. Adenauer sprach sich in einem Interview mit derNew York Times dafür aus, eine westdeutsche Ver­teidigungstruppe zu schaffen, die mit ihrer Größe und Stärke der Volkspolizei der Sowjet­zone entspricht. Adenauer sagte;Wir müssen die Notwendigkeit der Aufstellung starker deutscher Verteidigungskräfte erkennen. Diese Kräfte müßten stark genug sein, um je­den möglichen Angriff durch die Volkspolizei nach koreanischem Muster abzuwehren. Stär­ke, Ausbildung und Ausrüstung dieser Kräfte müßten denen der Volkspolizei entsprechen.

Die deutsche Beteiligung an einer westeuro­päischen Armee hänge von der Entscheidung der Außenminister auf ihrer nächsten Konfe­renz in New York ab.Wir wollen hoffen, daß sie schnell handeln und daß ein schneller Start gemacht werden kann. In der Zwischenzeit müßten die Polizeikräfte in der Bundesrepu­blik verstärkt und besser ausgerüstet werden.

Adenauer hält es für unnötig, daß die USA in den nächsten drei Monaten zwei oder drei zusätzliche Divisionen nach Europa schickten, damit diese Divisionen einen Sicherungsschirm für die Verteidigung Deutschlands und der anderen westlichen Nationen bilden könnten. Bis jetzt habe das deutsche Volk seinen Mut angesichts der kommunistischen Bedrohung durch das Vertrauen in die amerikanische Wehrmacht hochgehalten. Die Ereignisse in Korea hätten jedoch eine merkbare Wirkung ausgeübt und es habe sich ein gewisses Gefühl der Hilflosigkeit breit gemacht.

Notwendig sei es, daß die USA in die euro­päische Politik eingriffen, um auf die poli­tische und soziale Einheit Europas einen Druck auszuüben. Dadurch würden auch die anti­kommunistischen Elemente in den östlichen Satellitenstaaten stärker und aktiver werden.

Die deutschen Verteidigungskräfte müßten

Westliche Welt priitt

Adenauers Interview viel beachtet

FRANKFURT. Ein Sprecher des amerikani­schen Hohen Kommissariats erklärte am Sams­tag zum Interview des Bundeskanzlers mit der New York Times:Die westliche Welt prüft gegenwärtig Mittel und Wege, um die Vertei­digung der Demokratie zu stärken. Deutsch­land als Teil Europas wird dabei selbstver­ständlich eine Rolle spielen. Was für eine Rolle dies sein wird, muß von den Regierungen und Völkern Europas einschließlich Deutschland? und den USA entschieden werden.

Von seiten des Hohen Kommissariats wa: man nicht überrascht, daß Adenauer eine west­deutsche Verteidgungsmacht befürwortete. Mar wies besonders darauf hin, daß der Bundes­kanzler keine selbständige neue deutsche Wehr­macht, sondern nur für ein Gegengewicht zur Volkspolizei eintrat.

nach Ansicht des Bundeskanzlers von den USA ausgerüstet werden. Die Schnelligkeit der Auf­stellung hänge dann von der Lieferung der nötigen Waffen ab. Außerdem müßten Vorkeh­rungen für den Luftschutz und für zivile Ver­teidigungskräfte getroffen werden.Wir wer­den alles tun, was in unserer Macht liegt, um den kommunistischen Drohungen entgegenzu­wirken. Die deutsche Furcht vor einer sowje­tischen Invasion könne in der Hauptsache nur zerstreut werden, wenn mehr amerikanische Truppen nach Europa verlegt würden, da dies die Sowjets auch daran hindern würde, anzu­greifen.

aller Bemühungen der europäischen Regierun­gen erforderlich. Das vorgeschlagene europäische Flüchtlingsamt sollte ermächtigt werden, alle heimtlosen Menschen ohne Rücksicht auf ihre Nationalität, Religion oder Rasse zu betreuen. Die einzige Voraussetzung für die Fürsorge sollte sein, daß die Flüchtlinge nicht aus eige­ner Schuld heimatlos wurden. Die Hilfe, die ihnen gewährt werden soll, dürfe sich nicht auf einen legalen Schutz beschränken. Den Flüchtlingen müsse die Möglichkeit geboten werden, ihren Unterhalt bei angemessenen Le­bensbedingungen selbst zu verdienen. Auch die Berliner Bürgermeisterin Frau Luise Schrö­der forderte eine internationale Regelung der sozialen Sicherheit.

Mit 94 gegen 0 Stimmen bei 12 Stimment­haltungen beschloß die Versammlung u. a., alle Mitgliedstaaten aufzufordern, Minister für europäische Angelegenheiten zu ernennen, da­für zu sorgen, daß die Resolutionen der Bera­tenden Versammlung den Parlamenten der Mitgliedstaaten zur Erörterung vorgelegt wer­den und die Mitglieder der Beratenden Ver­sammlung durch die Volksvertretungen wäh­len und nicht durch die Regierungen ernennen zu lassen.

Die Beratende Versammlung beschloß außer­dem, ihre Sitzungen vorzeitig einzustellen und sich zwischen dem 26. und 30. August auf Ende des Jahres zu vertagen

Zuvor hatte der französische Sozialist Guy M o 11 e t in einer dreistündigen stürmischen Sitzung des Hauptausschusses die britische Labour Party aufgefordert, in der Frage der europäischen Einigung endlich Farbe zu be­kennen. Schließlich trat Mollet aus Protest ge­gen die Haltung der britischen Labourdelegier- ten in Straßburg von seinem Posten als Be­richterstatter zurück.

Belgischer KP-Führer ermordet

Attentäter entkommen LÜTTICH. Am Freitagabend wurde der Vor­sitzende der kommunistischen Partei Belgiens, Julien L a h a u t, von zwei unbekannten Ju­gendlichen in der Wohnung erschossen. Die Täter flüchteten mit einem Auto.

Der 66jährige Lahaut gehörte seit 1937 dem belgischen Parlament an. Er war 1923 der kom­munistischen Partei beigetreten, nachdem er 1918 von einem längeren Aufenhalt in der So­wjetunion zurückgekehrt war, und in Belgien

schon mehrere Streiks organisiert hatte. 1941 wurde Lahaut von der deutschen Besatzung verhaftet und bei einem Fluchtversuch schwer verwundet. Vom Dezember 1941 bis zum April 1944 befand er sich in verschiedenen deutschen Konzentrationslagern. Im Juli 1944 wurde er zum Tode verurteilt und nach Mauthausen ge­bracht. Hier ist er im April 1945 von den Alli­ierten befreit worden.

Der belgische Ministerpräsident P h o 1 i e n prangerte in einer Rundfunkansprache die Er­mordung Lahauts mit Worten der Entrüstung und des Abscheus an.

Lahaut wird am Dienstag beigesetzt werden.

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ln-Tübingen-Lustnau war eine fliegende Verpflegungsstation für die Deu'sehlandfahrer. Vorne links: Der Schweizer Schütz hat Verpflegung getankt. Alle Sprachen schwirren durcheinander

Die roten Westen

Die Fernwirkungen, die vom Krieg in Korea auch auf Europa und Westdeutschland aus­gehen, zeigen sich keineswegs nur in einer Verknappung und Verteuerung bestimmter Waren und einer damit zusammenhängenden Angstpsychose vor einem eventuellen neuen Weltkrieg. Wir spüren sie auch in einer ver­stärkten Aktivität, des Bolschewismus, der unter der Parole des Kampfes für den Frie­den und die deutsche Einheit, die labile Si­tuation, in der sich viele Völker seit dem zweiten Weltkrieg befinden, für seine welt­revolutionären Ziele ausnützt. Das wird nie­mand verwundern, der das Wesen des Bol­schewismus, seine Politik und seine Taktik kennt, die es meisterhaft versteht, sich den jeweiligen Verhältnissen anzupassen und jede Schwäche des Gegners auszunützen.

Seit dem Parteitag der SED kann niemand mehr darüber im Zweifel sein, daß mit dem Uebergang von der legalen, parlamentarischen Kampftaktik der der Erfolg versagt blieb, zur illegalen, revolutionären Taktik eine neue Phase der bolschewistischen Politik West­deutschland gegenüber eingeleitet wurde, die den kommunistischen Umtrieben gegenüber eine wesentliche höhere Wachsamkeit er­fordert als bisher. Sowohl die Regierung in Bonn, wie die Besatzungsmächte haben sich in den vergangenen Jahren damit begnügt, daß der Kommunismus ja nur 510 Prozent der Stimmen bei den Wahlen zu den Parla­menten erhalten habe und daher keine Gefahr darstelle. Wer freilich diese Stimmenzahl als Maßstab dafür nimmt, daß wir gegen die bolschewistische Infiltration und Infektion vollkommen gefeit seien, verkennt gründlich die Gefahren, in denen sich die ganze nicht­bolschewistische Welt gerade in Zeiten solcher Hochspannungen befindet, in denen wir heute leben.

Wir stehen leider vor der betrüblichen Tatsache, daß auch in Westdeutschland die bolschewistische Agitation seit dem Ausbruch des Koreakonflikts Erfolge erzielt hat. die beweisen, in welchem Maße sich jede Erschüt­terung, jede Unsicherheit, jedes Schwäche­zeichen in den Völkern des Westens zugun­sten des Bolschewismus auswirken. Wie wäre es sonst denkbar, daß die Sowjets mit ihrer Unterschriftensammlung unter denStockhol­mer Friedensappell, dessen kommunistische Tendenz auch den Dümmsten nicht verborgen bleiben konnte, einen so großen Erfolg hatten und daß sich auch viele der Agitation des Ini­tiativausschusses, der zur Wahl von west­deutschen Delegierten zum Nationalkongreß auffordert, zugänglich zeigen. Es mag sein, daß manche nicht erkennen, daß es sich dabei um rein bolschewistische Manöver handelt, aber man kann leider nicht verkennen, daß auch viele ihre Zustimmung geben, weil sie glauben, sich durch ein solches Bekenntnis sichern zu können,falls die Russen doch kommen.

Solche Deutsche gibt es mehr, als nach au­ßen hin in Erscheinung tritt. Das ist immer­hin etwas, was zu denken geben muß. Eine Schweizer Zeitung hat jüngst zu dieser Si­tuation, die sich seit dem Beginn des Korea­krieges in Westdeutschland entwickelt hat, Stellung genommen und dabei darauf hinge­wiesen, daß heute die Bolschewisten von vielen Bürgerlichen unterstützt würden. So hätten sich in einem Ort in Niederbayern fast alle Honorationen in KPD-Spendelisten eingetragen, angesehene Mitglieder der bür­gerlichen Parteien, der CSU und FDP unter­stützten mit Geldbeträgen von mehreren hun­dert Mark die Ziele der Kommunisten; selbst der CSU-Bürgermeister habe nicht versäumt, seinem politischen Gegner finanziell unter die Arme zu greifen; solche Beispiele könnten beliebig vermehrt werden. Die Schweizer Zeitung fügt hinzu:Auffallend ist, daß es gerade die sogenannten besseren Kreise sind, die sich eifrig bemühen, möglichst rasch eine rote Weste zu bekommen. Man weiß dabei nicht, was man mehr bestaunen soll: Ihre Charakterlosigkeit oder ihre Dummheit. Die­jenigen, die heute auf so vermeintlich kluge Weise politisch Vorsorgen wollen, begehen bereits jetzt politischen Selbstmord. Nur völlig Verblendete können übersehen, daß heute Nachgiebigkeit gnadenlose Auslieferung be­deutet. In den osteuropäischen Staaten ist zur Genüge vorexerziert worden, was aus solchen Bürgerlichen wird. Den Rückversiche­rern in Westdeutschland würde es im Ernst­fälle nicht anders gehen.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Aber die Frage, wie weit Westdeutschland dem Bolschewis­mus gegenüber immun oder anfällig sei, hat auch noch eine andere Seite. Und diese Seite geht vor allem die Besatzungsmächte, bzw- die Politik der Westmächte Deutschland ge­genüber an. Sind alle, die anfällig sind, nur Rückversicherer im oben gekennzeichneten Sinne, oder hat nicht die Politik der West­mächte manches versäumt, den Deutschen die ganz eindeutige und klare Entscheidung leicht zu machen. Es ist das mangelnde Ge­fühl der Sicherheit, die mangelnde Ueberzeu- gung, daß alles, was in der freien westlichen Welt geschieht, richtig sei, die die labile Hai-