8. Jahrgang
SAMSTAG, 19. AUGUST 1950
Nummer 128
Verstärkte Werbung für Südweststaat
Stimmungsumschwung in Südbaden?
bei dem möglichen Angreifer nur um den Bolschewismus handeln kann, also um ein System der Unterdrückung primitivster Menschenrechte.
Ein sehr religiöser Mann hat kürzlich in einem Gespräch, als die Möglichkeit einer bolschewistischen Ueberflutung Europas erörtert wurde, auf den Einwand, dann müsse eben in diesem Falle Gott helfen, ärgerlich geantwortet: „Dommes Gschwätz! Der hilft dann auch nichts mehr!“ Das war kein Mißtrauen in die Stärke Gottes, sondern sollte nur sagen, wie er dann erläuterte, wenn der Bolschewismus etwa dadurch Macht über uns bekommt, daß wir uns ihm nicht entgegenstellen, wird er auch die Religion unterdrücken, wird er versuchen, jeden Glauben an Gott auszurotten. Wenn er schließlich auch bei einem solchen Versuche scheitern müßte, würde er soviel Elend in die Welt gebracht haben, daß man sich wohl die Frage überlegen muß, ob man ihm nicht rechtzeitig auch mit Waffengewalt entgegentreten sollte. Es klinge zwar trivial, aber es sei doch etwas daran: Gott hilft nur dem, der sich selbst hilft.
'ber die Entscheidung, vor der wir stehen u die uns nicht auf dem Weg eines Diktats einer Außenministerkonferenz abgenommen werden kann, ist nicht nur aus grundsätzlichen, ideellen und religiösen Gründen so schwierig, sondern in erster Linie auch deshalb, weil sie uns unter Umständen zu „Mitläufern“ der amerikanischen Politik zu machen geeignet ist. Wohin wird diese uns aber führen? Können wir soviel Vertrauen zu der Einsicht und der Friedensliebe des Washingtoner Staatsdepartements haben, um uns ihm auf Gedeih und Verderb auszuliefern? Und wie ist es, solange das Europa, für das wir uns einzusetzen bereit sind, noch gar nicht existiert? Oder was tun wir, wenn es nicht die Verwirklichung einer besseren und mehr auf das Wohl der Menschen und Völker gerichteten Idee ist? Drängen also Zeit und Umstände nicht zur Resignation, mindestens aber im augenblicklichen Zustand zu jeder Nichtbeteiligung an Rüstung?
Wir beneiden die Bundesregierung nicht um ihre Entscheidung, um die sie in der nächsten Zeit nicht herumkommen wird, bei der man ihr aber nur wünschen kann, daß sie doppelt vorsichtig ist, weil jeder Schritt, den sie unternimmt, die schwersten Auswirkungen haben muß. Dabei weiß sie nicht einmal, ob man ihr die Gelegenheit und die Zeit gibt, sich einer wirklich schlagkräftigen Abwehrfront einzugliedern. Denn es hülfe uns nichts, wenn in einem amerikanischen Heeresbericht eines Tages, wie jetzt über Waegwan in Korea, stehen würde: Nach einem Bombenteppich auf die deutsche Stadt X steht kein Stein mehr auf dem andern und sie liegt in einem vollständigen Niemandsland.
De Gaulle bietet sich au
Aufruf an die Franzosen
PARIS. General de Gaulle, der Führer der französischen Sammlungsbewegung (MRP), rief am Donnerstag alle Franzosen auf, sich nicht auf Hilfe von außen zu verlassen, sondern im Vertrauen auf ihre eigene Kraft die Verteidigung ihres Landes selbst in die Hand zu nehmen. In einer Presseerklärung forderte er die Bereitstellung von mindestens 15 aktiven französischen Divisionen, 40 Reservedivisionen und 5000 Flugzeugen. Als Grundlage einer wirksamen Verteidigung Westeuropas bezeichnete er die Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland.
Angesichts des „herannahenden Sturmes“ sei er bereit, „erneut die Bürde der Staatsführung“ auf sich zu nehmen. Nur ein festes und starkes Frankreich könne mit machtvoller Unterstützung von außen rechnen. „Massive amerikanische Streitkräfte werden nur dann bei der Verteidigung Europas mitwir- ken, wenn Frankreich den atlantischen Brük- kenkopf hält.“
Auf die Organisierung einer europäischen kollektiven Verteidigung, wie sie Churchill im Europarat gefordert habe, zu warten, haljp keinen Sinn.
TÜBINGEN. Die Südweststaatvereinigung für Württemberg-Hohenzollern will angesichts der bevorstehenden Volksbefragung die Werbung für den Südweststaatgedanken verstärken. In Tübingen, Freudenstadt, Tuttlingen, Horb, Tettnang, Münsingen und Wangen wurden Kreisausschüsse gebildet, denen Vertreter der politischen Parteien, sowie zahlreiche Jugend- und Sportverbände angehören. Die Werbung, die gegenwärtig in einer Plakataktion besteht, wird Anfang September in Form öffentlicher Versammlungen fortgesetzt, in denen auch Redner aus Südbaden und Nordwürttemberg zu Wort kommen sollen, um die Bevölkerung über die Bedeutung des erstrebten neuen Staatsgebildes aufzuklären. Die Versammlungen werden sich nicht nur auf die größeren Städte beschränken, sondern sollen auch in den Landgemeinden abgehalten werden. Zu den Organisationen, die der Werbeaktion ihre Unterstützung zugesagt haben, gehören u. a. der Landesverband der Flüchtlinge und der Verband der Heimkehrer.
Nach Meldungen aus Freiburg berichteten die Vertreter der Landesausschüsse der Arbeitsgemeinschaft für die Vereinigung von Baden und Württemberg auf einer Arbeitstagung übereinstimmend, daß sich die Bevölkerung im wachsenden Maße für einen Zusammenschluß der südwestdeutschen Länder interessiert, und daß vor allem in weiten Teilen Südbadens in letzter Zeit ein deutlicher Stimmungsumschwung zugunsten des Südweststaates eingetreten sei.
Der Präsident des Landesbauemverbandes Württemberg-Hohenzollern, Bundestagsabgeordneter Bernhard Bauknecht (CDU), setzte sich am Donnerstag auf der hohenzolle- rischen Landesausstellung „Die Welt der Frau“
für die Bildung des Südweststaats ein. Er verurteilte in seiner Rede die Bestrebungen zur Wiederherstellung der alten Länder mit der Begründung, diese Länder seien zu klein, um im Bund ein gewichtiges Wort in die Waagschale legen zu können. Zudem bestünde bei Wiederherstellung der alten Länder für Ho- henzollern die Gefahr, daß seine beiden Landkreise auseinandergerissen würden.
Dr. Hugo E c k e n e r setzte sich in der „Südwestdeutschen Presse-Zeitschrift für den süddeutschen Raum“ gleichfalls für den Südweststaat ein. Jetzt, da in Deutschland in einer Revolution ohnegleichen neue Grenzen gezogen und neue Verwaltungskörper geschaffen würden, müsse man mit einem entschlossenen Schritt über alle flauen Sentimentalitäten und über alle zweifelhaften Rechte hinwegschreiten, um ein lebenskräftiges, wirtschaftlich und politisch gesundes und vernünftiges Gebilde schaffen zu können.
Kabinett tagte in Ravensburg
TÜBINGEN. Da mehrere Minister ihren Sommerurlaub in Oberschwaben verbringen, tagte das Kabinett von Württemberg-Hohenzollern dieser Tage in Ravensburg. Es wurden verschiedene Entwürfe von Bundesgesetzen, u. a. das Versorgungsgesetz und das Bundesbahngesetz beraten.
Der Landesausschuß zur Förderung des Zusammenschlusses der württembergischen und badischen Länder wird am 31. August zur ersten Arbeitsbesprechung in Sigmaringen zusammentreten. Der Ausschuß will die Fortführung der bis dahin anlaufenden Werbeaktionen besprechen, die von Anfang September ab besonders aktiviert werden sollen.
Nadirichten aus aller Welt
FREIBURG. Die KPD-Zeitung Südbadens „Unser Tag“ wurde am Donnerstag durch die französische Hohe Kommission für die Dauer eines Monats verboten. Das Verbot geht auf einen am 12. August erschienenen Artikel über angebliche Sprengungsarbeiten am Lorelei-Felsen zurück.
STUTTGART. Die Betriebsratsvorsitzenden sämtlicher Stuttgarter Betriebe forderten den Ortsausschuß des Gewerkschaftsbundes auf, als erste Aktion gegen die Preiserhöhungen am kommenden Mittwochvormittag einen einstündigen Proteststreik durchzuführen. Ferner verlangten sie eine Erhöhung des Stundenlohnes um 20 Pfg. und der Gehälter der Angestellten um 50 DM als Teuerungszulage bis zu einer Neuregelung der Tarife.
SAARBRÜCKEN. Die der saarländischen Regierung nahestehende „Saarländische Volkszeitung“ berichtete am Donnerstag, daß die Einreise vom Saarland in die Bundesrepublik ab 1. September visumfrei sein werde.
GÖTTINGEN. Der Schutzverband der Steuerzahler hat bei den Staatsanwaltschaften Hamburg und München gegen etwa 20 Bundestagsabgeordnete, denen vorgeworfen wird, bei der Abstimmung über die künftige Bundeshauptstadt für Bonn gestimmt zu haben, nachdem ihnen eine hochgestellte politische Persönlichkeit einer Regierungspartei dafür größere Geldsummen versprochen hatte, Strafanzeige erstattet.
DORTMUND. Die Dortmunder Kriminalpolizei gab am Donnerstag die Verhaftung eines 13jäh- rigen Schülers bekannt, der seit Juli 15 schwere Einbruchsdiebstähie verübt hat. Er ging wie ein geübter Einbrecher vor.
DORTMUND. Die Stadtverwaltung Dortmund hat das von der kommunistischen Freien Deutschen Jugend geplante große Ruhrtreffen am 1. Oktober in Dortmund, das als westdeutsches Gegenstück des Berliner FDJ-Pfingsttreffens propagiert wurde, verboten.
BREMERHAVEN. Der neue Befehlshaber der amerikanischen Armee in Europa, Generalleutnant Manton S. Eddy, ist am Donnerstag in Bremerhaven eingetroffen.
BREMERHAVEN. Ein Großfeuer vernichtete am Donnerstagnachmittag in Lintig, Kr. Wesermünde, elf landwirtschaftliche Gebäude.
BREDSTEDT. Die Stadt Bredstedt in Holstein will ihr Gefängnis verkaufen, da es kaum ge
braucht wurde. Ein Beamter, der darin wohnt, hat bereits beantragt, die drei Zellen zu Wohn- räumen ausbauen zu dürfen.
PARIS. Ein seit langem vorbereitetes Projekt zur Ausbeutung der Eisenerzvorkommen in Fran- zösisch-Westafrika, einem der größten Erzbecken der Welt, steht kurz vor der Verwirklichung. Man nimmt an, daß die ersten Erzlieferungen Ende 1952 anlaufen können. Das Gesamtvorkommen wird auf 800 Millionen Tonnen geschätzt und mit einer Jahresproduktion von 3 Millionen Tonnen gerechnet.
PARIS. Die nach dem Kriege an Frankreich ausgelieferte „Europa“, jetzt „Liberte“, ist am Donnerstagnachmittag von Le Havre aus nach New York zu ihrer Jungfernfahrt in See gegangen.
ROM. Der faschistische Oberbefehlshaber der früheren italienischen Armee, Marschall Rodolfo Graziani, der vor vier Monaten wegen Landesverrats zu 19 Jahren Haft verurteilt worden ist, wird auf Grund von Amnestien am 29. August aus der Haft entlassen.
JOHANNESBURG. In tiefer Trauer nahmen am Donnerstag die, Bamangwatos von ihrem Stammesoberhaupt Seretse Kama, seiner weißen Frau Ruth und der kleinen Jacqueline Abschied, als sie in einem Flugzeug der Royal Air Force Bet- schuanaland verließen, um nach dem Beschluß der britischen Behörden ins Exil zu gehen. Seretse will von London aus den Kampf um die Herrschaft über sein Volk wieder aufnehmen.
SYDNEY. Eine junge Australierin ’ aus Neu- Südwales brachte in der Nacht zum Donnerstag eine Tochter zur Welt. Sie wußte zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht, daß nach dem Untersuchungsergebnis der Aerzte eine Vierlingsgeburt zu erwarten ist. Man verschwieg ihr dies, um ihr unnötige Aufregung zu ersparen.
KALKUTTA. Die Zahl der Toten, die das große Erdbeben in Assam gefordert hat, ist nach den letzten Meldungen auf 11 angestiegen. Auch am Donnerstag würden im östlichen Indien noch Erdstöße verspürt.
NEW YORK. Krieg oder kein Krieg — der Whisky wird in Amerika vorläufig nicht knapp werden. Die Vorräte — mehr als zwei Milliarden Liter — reichen nach einer Mitteilung des amerikanischen Handelsverbandes noch für die nächsten sieben Jahre.
40 Prozent!
cz. Es Ist nicht das erstemal, daß wir uns hier mit dem Thema Jugend befassen und weil wir ihre Problematik ernst nehmen, noch lange nicht das letztemal. Denn was berührt schmerzlicher als das Gefühl, daß junge Menschen einsam sind. Sie haben es satt, vom hohen Katheder Traktätchenermahnungen zu hören und das Chaos dieser Zeit mitleben zu müssen. Wenn sie mißtrauisch sind, dann deshalb, weil sie immer nur Worte hören, hohle Worte in einem leeren Raum.
Meist pflegen diejenigen, die sich berufen fühlen, jugendlichen Ausbrüchen des Unbehagens an der Zeit und ihren Menschen ihre Altersweisheit entgegenzusetzen, mit viel Aufwand das ungute Gefühl eines Schuldbewußtseins zu übertönen. Das macht sich obendrein gut und enthebt der Aufgabe, ernsthaft an die Probleme heranzugehen.
Sehen wir einmal zu, was eine Umfrage des Instituts für Demoskopie in der Bundesrepublik ergab. Die Frage lautete: „Haben Sie von den jungen Menschen, die heute zwischen 16 und 25 Jahren sind, einen überwiegend günstigen oder ungünstigen Eindruck?“ Und nun: 24 »/o der Befragten haben einen überwiegend günstigen, 40 °/o (!) einen überwiegend ungünstigen, 25 °/o einen unentschiedenen und 11 °/o offenbar gar keinen Eindruck von der Jugend. Mit zunehmendem Alter sind die Menschen unduldsamer gegen die Jugend, was nicht gerade für „Altersweisheit“ spricht. Denn gerade sie, die noch normalere Zeiten erlebt haben, sollten angesichts der Gegenwart zu einem verstehenden Tolerieren durchgedrungen sein. Oder ist es eine Form von Neid um des Altseins willen? Erinnern sie sich nicht daran, daß sie, trotz relativer Geborgenheit, auch einmal mit „älterem“ Unverständnis sich auseinandersetzen mußten?
Die Umfrage ergab noch mehr, wovon nur herausgegriffen werden soll, daß die abfällig Urteilenden (40 °/o!) der Jugend vielfach Arbeitsdienst und Wehrmacht auf den Hals wünschen. Wahrhaftig eine bequeme Tour, sich der eigenen Pflicht zu entheben. Eine einfache Methode, unbequeme Aufgaben anonym wirkenden Kollektivdressuranstalten zu übertragen.
Dabei bedürfte es nur eines verstehenden, behutsam leitenden Gewährenlassens, einer gütigen Toleranz und eigener Haltung, um der Jugend die Richtung zu weisen. Doch wer leistet sich heutzutage noch so etwas: Toleranz und Haltung! Bringt ja auch nichts ein.
Doch da sind 25 %, die die Jugend überwiegend günstig beurteilen und ihren Mut loben, der schwierigen Situation Herr zu werden. An sie wird sich die Jugend halten müssen. Wenn diese 25 % nur immer an der richtigen Stelle säßen, würden sie ausreichen.
Manchmal dünkt es, als könnten die Alten weit mehr von der Jugend lernen als umgekehrt. Doch auch das wäre übertrieben. Vielleicht ist aber doch ein Gran Wahrheit in dieser Aussage. Man sollte dem einmal nachgehen. Es käme auf den Versuch an.
Vertrauensvotum für Pholien
BRÜSSEL. Die belgische Abgeordnetenkammer sprach am Donnerstag dem neuen christlich-sozialen Kabinett mit 107 gegen 78 Stimmen ihr Vertrauen aus, nachdem Ministerpräsident Pholien seine Regierungserklärung verlesen hatte.
In seiner Regierungserklärung bekräftigte Pholien den Wunsch der Regierung, den Wohlstand Belgiens zu fördern, soziale und wirtschaftliche Fortschritte zu erzielen und den Frieden zu verteidigen. Im Hinblick auf die internationale Lage forderte er beträchtliche Anstrengungen zur wirtschaftlichen, politischen und moralischen Aufrüstung.
In der Debatte über das Regierungsprogramm bezeichnete der Führer der sozialistischen Opposition, Spaak, die Verteidigung eines kleinen Landes wie Belgien als ein unlösbares Problem, das nur im gesamteuropäischen Rahmen zu lösen sei.
3 4. Fortsetzung
„Ende dieser Woche kommt mein Vater hierher“, berichtete sie nachher Peter Lau- ren; „früher ist es ihm leider nicht möglich, da er vorher in einer wichtigen Angelegenheit noch im Rheinland zu tun hat!“
„Da hätten wir uns ja auch in Duisburg mit ihm treffen können®“
„Brennst du so darauf, von hier wegzugehen? Genieße die paar Ferientage noch, Peter; vielleicht kommen nachher harte Zeiten für dich!“ entgegnete Maud und hatte wieder das seltsame Lächeln in den Augen.
Carola Munck war nicht sonderlich überrascht, als Lauren ihr erklärte, daß er sich mit Maud Smith verlobt habe.
„Offen gesagt, Peter: ich sah so etwas kommen! Wer derart verliebt ist wie du, kümmert sich den Teufel um Vernunftsgründe! Nim, alt genug bist du, um zu wissen, was du zu tun hast.“
„Maud ist die Frau, die zu mir paßt und mit der ich glücklich werden kann!“
„Daran zweifle ich nicht im geringsten, mein Junge! Vielleicht hätte ich an deiner
Stelle nicht anders gehandelt-was wird
aber dein Vater dazu sagen?“
„Er muß sich damit abflnden!“ erwiderte Lauren entschlossen und schilderte auch Carola Munck, mit welchen Mitteln er den Schwierigkeiten zu begegnen hoffte.
Frau Munck schien seine Zuversicht nicht ganz zu teilen.
„Hoffentlich stellst du dir die Dinge nicht zu leicht vor, Peter; was getan werden konnte, hatte dein Vater sicher getan!“
Aber Lauren wollte den Einwand nicht gelten lassen; er habe Ideen und Pläne, die sein Vater vielleicht nicht hatte — warum sollte er da nicht an einen Erfolg glauben?
„Glaube getrost daran!“ sagte Carola Munck darauf, auch sie fühlte, daß ein neuer mU starkem Wollen und festem, un
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verrückbarem Ziel vor ihr stand. „Jugend hat schon manchmal das Rennen gemacht, wo die Alten vor der Zeit aufgegeben hatten!“
Sie kam dann auf Margot Thomaschek zu sprechen.
„Du hast dich hoffentlich bei ihr nicht zu sehr engagiert, Peter; es wäre mir peinlich, da Herr Thomaschek mir sehr herzlich gesinnt ist!“
„In dieser Hinsicht kannst du beruhigt sein, Tante! Ueber einen freundschaftlichen Umgang, wie er unter Bekannten üblich ist, gingen meine Beziehungen zu Fräulein Thomaschek nicht hinaus! Wenn sie trotzdem eine stärkere Zuneigung zu mir gefäßt haben sollte, bin ich daran nicht schuld!“
„So ganz als Unschuldslamm brauchst du dich nun doch nicht hinstellen, lieber Peter!“ meinte Frau Munck darauf mit leisem Spott. „Schließlich hast du Margot Thomaschek nach allen Regeln der Kunst den Hof gemacht!“ „Das taten andere wahrscheinlich schon öfter!“
„Aber gerade du wurdest Margot gefährlich! Nun — sie wird sich darüber zu trösten wissen; es gibt ja genug andere Männer!... Ich werde jedenfalls, wenn ich wieder mit Herrn Thomaschek zusammentreffe, ihm einen Wink geben, wie die Dinge stehen; es ist dir doch recht?“
„Ich wäre dir dankbar, Tante!“
Lauren erwähnte dann noch, daß Mauds
Vater Ende der Woche nach Norderney kommen werde.
„Mauds Vater hält sich zurzeit ebenfalls in Europa auf?“ fragte Frau Munck.
„Ja; er reist für eine amerikanische Firma und besucht augenblicklich verschiedene europäische Städte.“
„So..sagte Carola Munck abwesend und überlegte zum soundsovielten Male, wo sie Maud Smiths Gesicht, das ihr seltsam bekannt vorkam, schon gesehen haben mochte.
*
Mit gedrückter Miene ging Artur Thomaschek im Zimmer hin und her. Die Kunde, die Frau Munck ihm gebracht hatte, bereitete ihm große Sorge.
Wie würde Margot es aufnehmen, wenn sie erfuhr, daß Lauren sich mit der Amerikanerin verlobt hatte?
Hatten nicht alle Anzeichen darauf hingewiesen, daß sie für Lauren eine starke Zuneigung hege-nun sollte sie .eine solche
Enttäuschung erleben?
Schade! Er hatte Lauren sehr geschätzt und hätte ihm Margot gerne zur Frau gegeben; nun war es nichts mit diesem schönen Plane.
Er würde Margot wohl von dem Vorgefallenen unterrichten müssen; keine leichte Aufgabe war es für ihn — er wünschte, sie wäre schon getan.
„Vom Spaziergang zurück?“ sagte er, als seine Tochter nach einer Weile zu ihm ins
Zimmer trat, und er hatte große Mühe, seine Erregtheit vor ihr zu verbergen.
„Gott sei Dank! Der Baron geht mir an die Nerven! Ich wäre froh, wenn er endlich wegbliebe; er müßte doch nachgerade gemerkt haben, daß mir an seiner Gesellschaft nichts liegt!“
„Manche Leute sind eben schwer von Begriff; der gute Baron scheint zu ihnen zu gehören!“ erwiderte Thomaschek lachend, obwohl ihm der Sinn nicht danach stand.
Margot hatte Platz genommen; sie zündete sich eine Zigarette an.
Fieberhaft suchte Thomaschek nach einem Anfang, um das, was gesagt werden mußte, zu sagen.
„Frau Munck läßt dich grüßen; sie war vorhin hier“, begann er.
„Danke!“ Margot machte einen Zug an ihrer Zigarette; dann sprach sie leichthin: „Herr Lauren ließ sich lange nicht mehr bei uns sehen“.
Thomaschek hatte plötzlich eine Schwere in den Gliedern; er zögerte mit der Antwort.
„Herr Lauren wird anderweitig zu sehr in Anspruch genommen sein_“
„Wie meinst du das, Papa?“
Verdammt schwer war es, eine solche Hiobsbotschaft zu melden! dachte Thomaschek; aber einmal mußte Margot es erfahren _
„Wie Frau Munck mir erzählte, hat Herr Lauren sich mit einer Amerikanerin, die er hier kennen lernte, verlobt!“
Alles Leben schien mit einem Schlag aus Margot Thomaschek gewichen zu sein. Ihr schönes Gesicht war totenblaß geworden. Wilder, verzehrender Schmerz lohte in ihren Augen, die fassungslos ihren Vater anschauten.
„Dann verstehe ich- daß er keine Zeit
mehr für uns hat_sagte sie mit ton
loser Stimme, während es um ihre Lippen hohnvoll geisterte. (Fortsetzung folgt)