SAMSTAG, 19. AUGUST 1950 ÜBERPARTEILICHE HEIMATZEITUNG 6 JAHRGANG I NR. 128
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HEIMATBOTE FÜR DEN BEZIRK NAGOLD
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Taegu im Artilleriefeuer
Südkoreanische Regierung zieht nach Pusan um / McArthur bittet um UN-Trup pen
PUSAN. Der Präsident von Südkorea, Syngman R h e e, verließ am Freitag die provisorische Hauptstadt Taegu, die bereits unter dem Artilieriefeuer der Nordkoreaner liegt. Die Mehrheit der südkoreanischen Regierung bereitete sich gleichfalls auf die Abreise vor. Syngman Rhee hat die Evakuierung Taegus von der Zivilbevölkerung angeordnet. Die Stadt hatte normalerweise 300 000 Einwohner. Diese Zahl ist jedoch durch die eingeströmten Flüchtlinge auf 500 000 gestiegen.
Die südkoreanische Regierung beschloß, ihren Sitz nach Pusan, dem Hauptnachschubhafen der UN-Truppen, zu verlegen.
Die Nordkoreaner haben in heftigen Kämpfen die Stadt Kumhwa 19 km nördlich von Taegu, erobert. Unmittelbar am Naktong-Fluß stehen die Nordkoreaner nur 10 km von Taegu entfernt. Im Südabschnitt der Front sind die Nordkoreaner im Begriff, ihre westlich von 'dem Hafen Masan stehenden Truppen weiter zu verstärken.
Der nordkoreanische Durchbruch im Gebiet von Taegu wird als ernste Bedrohung der alliierten Stellungen angesehen.
Südkoreanische Truppen haben nach Frontberichten in der Nacht zum Freitag die Hafenstadt Pohang an der koreanischen Ostküste zurückerobert.
Im Verlaufe eines Gegenangriffs wurden am Donnerstag auf einem Hügel 39 amerikanische Soldaten aufgefunden, die offensichtlich nach ihrer Gefangennahme erschossen worden sind.
Der UN-Oberkommandierende in Korea, General McArthur, richtete am Donnerstag an die UN den Appell, sobald als möglich weitere Landtruppen nach Korea zu entsenden. Es sei unbedingt, notwendig, daß die UN-Mitghedstaaten schnell handelten, wenn der Konflikt bald erfolgreich beendet werden
solle. Bei den Operationen der Armee handle es sich um vorbereitete Rückzüge und Verzögerungsaktionen, durch die Zeit gewonnen werden solle.
Für einen Bundespakt
Konflikt um Churchill
STRASSBURG. Die Beratende Versammlung des Europarats hat am Donnerstag einen Antrag auf Ausarbeitung eines europäischen Bundespaktes beraten. Der Sprecher der deutschen Delegation, Dr. P ü n d e r, erklärte, das
deutsche Volk habe sich in seiner überwältigenden Mehrheit für den Gedanken eines solchen Paktes ausgesprochen. Nach dem Vorschlag würde der Europarat danach in- seiner neuen Struktur aus dem direkt gewählten Unterhaus, dem Ministerausschuß als Oberhaus und dem ständigen Ausschuß als Exe- kutive bestehen.
Die Meinungsverschiedenheiten über den Vorschlag Churchills zur Bildung einer europäischen Armee drohen einen Auszug der britischen Labourdelegation heraufzubeschwören. Der Schwiegersohn Churchills, der konservative Abgeordnete Duncan Sandys, will eine Debatte über den Plan zur Bildung einer europäischen Armee mit der Begründung erzwingen, daß das Schwergewicht des Planes auf politischem Gebiet liegt und somit eine Erörterung den Statute^ des Europarats nicht widerspricht. Gegen eine solche Debatte wehren sich die Labourdelegierten mit aller Kraft.
Zwei Sitzungen — zwei Fehlschläge
Sicherheitsrat tritt weiterhin auf der Stelle
LAKE SUCCESS. Vor der öffentlichen Sitzung am Donnerstag trat der Sicherheitsrat auf Vorschlag des sowjetischen Delegierten und Vorsitzenden des Rats, Jakob Malik, zu einer Geheimsitzung zusammen, in der die Frage der Einladung koreanischer Vertreter erörtert wurde. Die Sitzung führte wiederum zu keinem Ergebnis. In der sich anschließenden planmäßigen Sitzung verzichtete die indische Delegation auf ihren Vorschlag, einen
„Nur symbolische Streitmacht“
US-Kommandant von Be rlin über die Lage
BERLIN Der amerikanische Kommandant in Berlin, Generalmajor Taylor, erklärte am Donnerstag in einem Interview, er sei davon überzeugt, daß die alliierten Truppen in Berlin jeder Lage gewachsen seien, allerdings mit Ausnahme eines direkten Angriffes der Sowjetarmee. Zusätzliche Trupen für Berlin habe er bei Besprechungen mit hohen Offizieren des Hauptquartiers in Heidelberg in den letzten Tagen nicht angefordert.
Die amerikanischen, britischen und französischen Truppen in Berlin stellten mit einer Gesamtstärke von rund 8000 Mann im Effekt ,,nur eine symbolische Streitmacht“ dar. Sie seien jedoch so gut ausgebildet und ausgerüstet, daß sie jedem Versuch der ostzonalen Kommunisten einschließlich ihrer Volkspolizei, Unruhen oder einen Putsch zu inszenieren, wirksam begegnen könnten.
Bei einer Bedrohung durch die Sowjetarmee wäre es ganz gleich, wieviele Truppen die Alliierten in Berlin hätten, sie würden eingeschlossen, abgeschnitten und hilflos sein. Die Sowjets hätten in einem Umkreis von 150 km 15—20 Divisionen mit einigen 1000 Panzern, Düsenjäger und zahlreiche andere Jagdbomber und Transportflugzeuge stehen.
Neuer En'wurf
Verlängerung des Lastenausgleichs
BONN. Der neue vom Bundesfinanzministerium vorgelegte Entwurf für den endgültigen Lastenausgleich setzt die Dauer der Abgabe- pfiicht für die gewerbliche Wirtschaft auf 28, für den Hausbesitz auf 31 und für die Landwirtschaft auf 35 Jahre fest. Auf die bei allen Vermögensarten mit 50 Prozent gleich große Belastung werden bei der gewerblichen Wirtschaft Abgaben in Höhe von 6 Prozent, beim Hausbesitz 5 Prozent und bei der Landwirtschaft 4 Prozent erhoben. Für das unbelastete neu entstehende Vermögen wird 1 Prozent Vermögenssteuer erhoben.
Bei den Freibeträgen sind je 2000 DM für den Abgabepflichtigen und dessen Ehefrau vorgesehen. Für jedes Kind erhöht sich dieser grundsätzliche Freibetrag um 500 DM. Ueber- schreitet das abgabepflichtige Vermögen 20 000 DM. so vermindert sich der Freibetrag für jede zusätzlichen 1000 DM um 500 DM. Von der Abgabeschuld sollen erhebliche Abstriche gemacht werden, wenn sie vorzeitig abgelöst wird. Auf der anderen Seite hat auch vorzeitige Auszahlung der Entschädigung einen Abstrich zur Folge.
Kriegsschadenrente kann nur von Geschädigten angefordert werden, die keinen Vermögensschaden nachweisen konnten. Sie wird eine reine Zusatzrente zur Aufbesserung der sonstigen Unterstüztungsleistungen sein. Geschädigte, die einen Vermögensschaden nachweisen, können auf Grund der ihnen zustehenden Hauptentschädigung eine Leibrente erhalten. Hausratsschaden soll auf jeden Fall durch eine angemessene Entschädigung abgegolten werden, im höchsten Fall für sehr wertvolle Haushalte jedoch nur mit 5000 DM.
In Westberlin hat sich im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen am 3. Dezember eine sehr lebhafte Diskussion um die Zulassung neuer Parteien entwickelt. Fünf neue Parteien haben ihre Lizenzierung in Westberlin beantragt: Die Deutsche Partei, die Konservative Partei, die Sozialistische Reichspartei, die Radikalsozialistische Freiheitspartei und die Deutschnationale Volkspartei. Der Magistrat hat die Anträge gemäß den alliierten Bestimmungen an die Kommandanten der drei Westsektoren weitergeleitet. In Westberlin gibt es bisher lediglich die 1945 zugelassenen vier Parteien, die SPD, die CDU, die FDP und die KPD.
Sechsmächteausschuß zur Untersuchung des Koreaproblems einzusetzen, dem die nichtständigen Sicherheitsratsmitglieder angehören sollten.
Der amerikanische Delegierte Warren Austin rief die Sowjetunion auf, ihr Mißtrauen und ihre Isolierung zu überwinden und sich mit der übrigen Welt zu einem offenen und freien Gedankenaustausch zusammenzusetzen.
Malik entgegnete, die USA boykottierten eine friedliche Regelung des Koreakonfliktes, indem sie sich weigerten, sowohl nord- als auch südkoreanische Vertreter ihre Ansichten ..darlegen zu lassen. Die Sowjetunion erkenne an, daß sie einen großen Einfluß auf Nordkorea habe und sei auch bereit, diesen Einfluß für eine friedliche Regelung geltend zu machen, wenn die USA ihre Haltung ändern würden. Tatsache sei, daß die Aggression der USA in Korea bestehen bleibe. Die Sitzung wurde schließlich auf kommenden Dienstag vertagt.
Austin legte dem Sicherheitsrat außerdem den zweiten Bericht General McArthurs vor, in dem die Verstärkung der UN-Truppen in Korea gefordert wird, um „den Aktionen des Sicherheitsrats zum schnellen Erfolg zu verhelfen.“ Den Truppen sollte keine langwierige Sonderausbildung gegeben werden; die UN-Mitgliedstaaten griffen vielmehr am besten auf aktive Verbände zurück.
Die Auswirkung des ERP
Truman warnt vor Kartellen
WASHINGTON. Präsident Truman erklärte am Donnerstag vor dem amerikanischen Kongreß, im ersten Quartal 1950 sei mit Hilfe des ERP eine weitere Währungsstabilisierung, der Rückgang des Einfuhrbedarfs und eine wesentliche Erleichterung im Handels- und Zahlungsverkehr in den westeuropäischen Marshalländern erreicht worden. Nach zweijähriger Laufzeit des ERP liege die industrielle Produktion in diesen Ländern insgesamt 23 Prozent über dem Vorkriegsstand. Die Gold- und Dollar-Reserven der westeuropäischen Staaten betrügen rund 5,7 Milliarden Dollar
In einem allgemeinen optimistisch«« Bericht sprach Truman jedoch auch eine erhste Warnung gegen das zunehmende Wachstum der internationalen Kartelle aus, die mit ihren restrektiven Praktiken eine große Gefahr für die Bemühungen Westeuropas um wirtschaftliche Gesundung und um einen freizügigeren Handel bedeuteten. Das Fehlen des Wettbewerbs durch Kartellabsprachen ziehe technische Rückständigkeit, geringe Produktivität und einen niedrigeren Lebensstandard nach sich.
In seiner Donnerstagpressekonferenz führte Truman aus, es bestünden keine Pläne, das amerikanische Programm zurNutzbarmachung der Atomenergie zu erweitern und etwa neue Atomenergieanlagen zu errichten.
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Amerikanische Bombenflugzeuge vom Typ B 29, sogenannte Superfestungen, leeren ihre Bombenschächte über koreanisches Gebiet. — Erst fünf Jahre ist es her, daß über deutsche Städte solche Bombenteppiche gelegt wurden. Heute erleben sie die Koreaner, gleichgültig ob detnolcra- tisch oder kommunistisch. Wer wird morgen das Opfer sein?
Was tun ?
o. h. Der Washingtoner Korrespondent der französischen Zeitung „Le Monde“ meldet, daß die militärischen Kreise der USA fest entschlossen seien, Westdeutschland aufzurüsten. Sie befaßten sich schon gar nicht mehr mit der grundsätzlichen Frage — deutsche Aufrüstung oder nicht — sondern nur noch damit, ob es deutsche Armeekorps oder deutsche Divisionen oder nur deutsche Regimenter geben soll.
Soll man sich über diese Meldung freuen, weil sie gewissermaßen den Beginn einer Rehabilitierung des deutschen Soldaten bedeutet, den man 1945 nicht genug mit Schmutz bewerfen und mit Schande beladen konnte? Soll man traurig darüber sein, daß die Hoffnung und der tiefe, ehrliche Wunsch der überwältigenden Mehrheit des deutschen Volkes, nie wieder etwas mit Kriegsdienst und Waffen zu tun haben müssen, nicht in Erfüllung zu
gehen scheint? Muß man da nicht wenigstens für sich persönlich die Konsequenz endgültiger und unbedingter Kriegsdienstverweigerung ziehen? Andere wiederum meinen, wir hätten jetzt allen Grund, uns in den Schmollwinkel zu steilen, um mit bitterer Genugtuung festzustellen, daß wir das alles vorausgesehen haben, aber nun keineswegs daran denken, für andere die Kastanien aus dem Feuer zu holen.
Wir haben wahrlich zu jeder dieser möglichen Stellungnahmen berechtigten Anlaß. Aber weder mit Sentimentalität noch mit Gefühlen und Empfindungen macht man eine kluge Politik. Sie ist vielmehr eine Angelegenheit kühler Vernunft und Ueberlegung. Können wir eine solche aber betreiben? Dazu müßte unsere Regierung mindestens frei und unabhängig sein, müßte selbst entscheiden können, was dem Volke nützt, und ob und in welcher Form sie einen Beitrag zur europäischen Sicherheit leisten will. Wenn sich deshalb gegenwärtig in London die eingesetzten Sachverständigen darüber noch den Kopf zerbrechen, welche Beschränkungen sie unserer Souveränität weiterhin in außenpolitischer und in wirtschaftlicher Hinsicht auferlegen könnten, so scheint uns das ein nicht nur untauglicher, sondern geradezu dilettantischer Versuch zu sein, Positionen noch aufrechtzuerhalten, die von der Entwicklung längst überholt sind, oder die ihr demnächst zwangsläufig zum Opfer fallen müßten.
Es kann uns bei der Forderung nach voller Regierungsgewalt ohne irgendwelche Veto- Möglichkeiten der Hohen Kommissare gleichgültig sein, ob dieser Wunsch, dessen Erfüllung für viele Entscheidungen, vor die wir noch gestellt werden, eine Grundvoraussetzung und absolute Mindestforderung ist, in den Außenministerien in Washington, London und Paris angenehm und willkommen kliqpt oder nicht. Es interessiert uns auch nicht, ob man uns vorwirft, eine günstige Situation gewissermaßen erpresserisch auszunützen. Wenn man unsere Haut haben will, muß man uns schon gestatten, daß wir dabei wenigstens nicht nur ein Wörtchen mitreden, sondern absolute Entscheidungsfreiheit haben. Unsere Regierung würde nicht im Interesse des deutschen Volkes handeln, wenn sie sich nicht bemühen würde, desto mehr an Souveränität für sich herauszuholen, je mehr man unseren Rüstungsbeitrag verlangt.
Man braucht uns nicht darauf hinzuweisen, denn wir wissen das selbst gut genug, daß die europäischen Völker alle in einem Boot sitzen und daß es unmöglich ist zu handeln, als ginge uns das Schicksal des Abendlandes nichts an. Wir sind uns auch darüber klar, daß es für uns bei der sowjetischen Politik keine Möglichkeit einer Neutralität geben kann. Denn nur ein Narr kann sich darüber irgendeiner Illusion hingeben: im letzten zielen die Sowjets auf die Weltherrschaft, die wir aus innerster Ueberzeugung ablehnen und der gegenüber wir mindestens innerlich nie neutral sein können. Uebrigens würde Stalin, wenn er die Zeit für ein Vorgehen in Europa gekommen glaubt, unsere Neutralität so wenig brachte, wie das Hitler 1940 bei Belgien und Holland getan hat.
Schon aus Gründen der Selbsterhaltung kommen wir deshalb wahrscheinlich nicht um unseren Beitrag zur Abwehr einer bolschewistischen Aggression in Europa herum. Die Frage wird für uns sein, in welcher Form wir ihn leisten. Das wird für jeden einzelnen eine der menschlich schwersten und tragischsten Entscheidungen werden. Ja wenn es so einfach wäre, daß wir nur Stellung nehmen müßten zu dem Problem: Verteidigung gegen irgendeinen Angriff auf die Bundesrepublik oder Stillehalten und alles über sich ergehen lassen, wie Niemöller und der Pazifist aus Ueberzeugung rät. Dann wäre die Kriegsdienstverweigerung wohl für die wenigsten ein Problem. Es ist das Schwierige unserer Situation, daß sie für Millionen von uns erst dadurch zu einem Dilemma wird, daß es