6. Jahrgang

Freitag, 28. Juli 1950

Nummer 115

Korea - Land und Leute

Krieg imLand der Morgenstille / Der 38. Breitengrad zerstörte eine jahrtausendealte Einheit

Das Schicksal jener ostasiatischen Halbinsel, die sich wie ein (heute entzündeter) Blind­darmfortsatz ins Meer erstreckt, hat seit fünf Jahren eine fatale Aehnlichkeit mit dem Schicksal Deutschlands Auch dort geht die Grenze zwischen Ost und West, die heute die Welt spaltet, mitten durch das Land. Daß ge­rade der 38. Breitegrad zur Scheide der politi­schen Einflußsphären geworden ist, verdankt Korea einer provisorischen Regelung. Nach der Kapitulation Japans fielen den Siegern, den von Norden kommenden Russen und den von Süden kommenden Amerikanern in Korea eine große Zahl japanischer Gefangener zu. die sie unter sich verteilen mußten. Die beiden Oberkommandierenden einigten sich rasch auf den 38. Breitegrad als Scheidelinie für die Gefangennahme der Japaner. Aus diesem Pro­visorium ist dann die Grenze der beiden Ein­flußsphären erwachsen.

Sie trennt das Land, das etwa so groß ist wie Westdeutschland, in ungefähr gleich große Hälften. Aber die Einwohner sind auf den 220 000 Quadratkilometern sehr verschieden verteilt. Nordkorea umfaßt 11, Südkorea 22 Millionen. Die ungeheure Uebervölkerung im Süden (210 Einwohner pro qkm) rührt vor al­lem von dem mächtigen Flüchtlingsstrom her, der sich seit der japanischen Niederlage in diese Zone ergossen hat. Die 1,2 Millionen Koreaner, die bis 1945 in Japan saßen und die 1,4 Millionen, die in der Mandschurei ansäs­sig waren, dazu weitere Millionen, die sich der kommunistischen Herrschaft im Norden entzogen, machten schließlich 35 Prozent der ursprünglichen südkoreanischen Bevölkerung

aus.

Lage und Oberflächengestaltung

Korea stellt eine nach Westen geneigte Pult­scholle mit Steilabfall zu dem sehr tiefen Japanischen Meer im Osten dar. Das im We­sten vorgelagerte Gelbe Meer ist durchschnitt­lich nur 100 m tief und durch eine erst in der jüngsten Erdentwicklung eingetretene Senkung entstanden. Die Gestalt seiner Westküste ver­dankt Korea eigentlich erst der letzten Eis­zeit, und die zahlreichen Sunde und Inseln erinnern noch sehr lebhaft daran, daß hier Land im Meer ertrunken ist. Es ist klar, daß eine solche Küste der Schiffahrt bedeutende Hindernisse in den Weg legt, ganz im Ge­gensatz zu der steilabfallenden Ostküste, die eine ganze Reihe ausgezeichneter Natur­häfen stellt.

An der Westküste sorgen starke Gezeiten dafür, daß sich die Grenze von Land und Was­ser auch heute noch verschiebt und Sandbänke und Untiefen sich in einer für die Schiff­fahrt gefährlichen Weise laufend verändern. Die Differenz zwischen Ebbe und Flut beträgt in der Nähe von Seoul (gesprochen Saul, zur Zeit des Kriegsausbruchs 1,14 Millionen Ein­wohner) 11 Meter.

Die Halbinsel ist größtenteils gebirgig, und zwar zieht der Haupthöhenzug von Süden nach Norden nahe der Ostküste bis an die mandschurische Grenze, an der er mit 2744 Meter seine bedeutendste Höhe erreicht.

Klima Wirtschaft

Verkehr

Die Pflanzenwelt zeigt einen im Verhält­nis zur südlichen Lage nur geringen südlichen Einschlag. Einige immergrüne Baumarten gibt es lediglich im äußersten Süden. An Wald ist Korea überhaupt nicht reich. Im Sü­den gibt es nur noch vereinzelte kleine ge­schlossene Waldgebiete, während im Norden der Wald noch größere Flächen bedeckt.

Der Norden mit seinen Steinkohlen, Bunt­metallvorkommen und Wasserkräften wurde in dem halben Jahrhundert der japanischen Herrschaft weitgehend industrialisiert, wäh­rend der Süden auch heute noch fast aus­schließlich Landwirtschaft, vor allem Reis­

den notdürftig gelockerten Boden die Saat ge­geben wurde. So wuchsen zwischen stehenge­bliebenen und halbverkohlten Stämmen viel­leicht ein paar Jahre lang Früchte, bis sich der Wald das Gebiet zurückerobert hatte. Dann wurde einfach ein neues Waldstück ab­gebrannt.

Verkehrsmäßig ist das Land fast nur durch einige Bahnen erschlossen, die alle nach der Hauptstadt Seoul tendieren. Im gebirgigen Osten hält sich die Bahn sehr eng an die Küste und ist mit ihren zahlreichen Brücken und Tunneln leicht verletzlich. Das Wegnetz ist äußest weitmaschig, und die einzelnen Straßen sind sehr schmal und schlecht.

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Klimatisch zeigt das Land überraschende Eigenarten. Es liegt zwar im Gebiet des Mon­suns, der besonders im Juli feuchtheiße Luft­massen mit unerträglicher Schwüle bringt, aber der Winter ist viel kälter als in Deutsch­land und dabei im allgemeinen sehr schnee­arm. Die von Norden kommende Kaltluft er­zeugt einen Januardurchschnitt von minus 28 Grad. Die Niederschläge, die in den Mo­naten Juni bis August ihre größte Höhe er­reichen, fallen nicht als Dauerregen, son­dern im Gefolge von Taifunen und Zyklonen wolkenbruchartig, wobei die Ueberschwem- mungen'oft großen Schaden anrichten.

bau, betreibt. Es ergibt sich also der seltene Gegensatz zwischen einem schwach bevölker- tena Industrieland und einem weit über­völkerten Agrargebiet. Als die nordkoreani­sche Regierung der südkoreanischen Landwirt­schaft vor etwa einem Jahr den elektrischen Strom aus ihren Wasserkraftwerken im Nor­den sperrte, war ganz Südkorea diesem Will­kürakt hilflos ausgeliefert.

Der Feldbau war, vor allem in den nörd­lichen Waldgebieten, bis vor kurzem sehr pri­mitiv. Neues Kulturland wurde dadurch ge­wonnen, daß Waldstücke abgebrannt und in

Die amerikanisch-russische Interessengrenze war mit dem 38. Breitegrad auch insofern un­glücklich gewählt, als sie auf die innere poli­tische Gliederung des Landes überhaupt keine Rücksicht nahm. Korea, das seit dem Jahre 668 n. Chr. politisch geeinigt ist und in diesen 1300 Jahren wohl mancherlei Unterdrückung, aber keinen Bürgerkrieg erlebt hat, gliedert sich nämlich in alte, historisch gewachsene Provinzen von starker Eigenart. Die Korea­ner sind, ähnlich wie die Chinesen, ein mehr­tausendjähriges Kulturvolk, das sich trotz sei* ner rassischen Gemischtheit aus Nordchinesen,

Tungusen, Mandschuren und Malaien zu einer eigenen -Nation entwickelt hat. Größer als die Japaner, mit dunklem, oft blauschwarzem Haar, das die Männer über dem Kopf gekno­tet tragen, von bräunlicher Hautfarbe, zeigen sie noch in etwa die verschiedenen Elemente ihrer Herkunft.

Ihre hohe Intelligenz ist allerdings, nicht unähnlich dem deutschen Volk, gepaart mit politischer Unerfahrenheit. Denn bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt herrschte in Korea ein autoritäres Regime, das keine politische Entfaltung der Volkskräfte zuließ. Zuerst waren es die mit einem mittelalterlichen Feu­dalsystem regierenden einheimi­schen Könige, dann, von der letz­ten Jahrhundertwende an, die Ja­paner, die das Volk unterdrückten. Ein landwirtschaftliches Pachtsystem ähnlich wie in China sicherte einer kleinen Oberschicht den Wohlstand, während die Masse des Volkes in den ärmlichsten Verhältnissen lebte und das Land mit den primitivsten Werkzeugen bebaute. Während im industrialisierten Norden die Bo­denreform diese Verhältnisse völlig liquidierte, das Land in Staatsbesitz überführte und unter den Bauern parzellierte, herrscht die alte Pacht­wirtschaft im landwirtschaftlichen Süden, der sich trotz amerikani­scher Mahnungen um jede Boden­reform drückte, bis heute.

Daß die Nordkoreaner sich den von der Sowjetunion ausgehenden kommunistischen Bestrebungen so gefügig erwiesen, geht einmal dar­auf zurück, daß sie ein anderes als autoritäres Regime bis heute nicht gewohnt waren, zum andern aber auf die konsequent durchgeführte Bodenreform, die den Reisbauern aus seiner jahrtausendealten Ab­hängigkeit von den Grundbesitzern befreite.

Religion

Die Koreaner haben keine ein­heitliche Volksreligion. In den un­teren Schichten, die zum Teil noch analphabetisch sind, herrscht ein primitiver Geisterglaube. Zur Ab­wehr böser Geister werden an Weg­kreuzungen usw. sogenannte Gei­sterpfähle aufgestellt, deren ge­schnitzte Gesichter Aehnlichkeit mit denen der indianischen Totemsäu- len haben. Eigenartigerweise reicht dieser primitive Geisterglaube bis in die wohlhabenderen und gebil­deteren Schichten des Volkes hin­auf, die sich offiziell zu dem aus China herübergekommenen Bud­dhismus bekennen. Es gibt alte Buddhatempel in Korea, die mit den Tempeln im übrigen Ostasien an Alter wie an Schönheit durch­aus wetteifern können. Die Bau­kunst Koreas überhaupt kommt wie seine ganze höhere Kultur von Norden.

Die koreanische Sprache hat, ähn­lich wie die chinesische und japa­nisch ursprünglich kein Lautalphabet entwik- kelt, so daß es sehr schwer ist, aus den Bild­zeichen der Schrift die Aussprache z. B. eines Ortsnamens zu ermitteln. Die Namen sind zu­meist Transskriptionen der japanischen Schriftzeichen ins Englische, die in den letz­ten 50 Jahren von dem östlichen Eroberervolk eingeführt worden waren. Man weiß also bei keinem der in den letzten Wochen so häufig genannten Namen genau, wie ihn die Ko­reaner selbst aussprechen.

(Nach einem Vortrag von Prof. Dr. H.

Lautensach (Stuttgart) in der Tübin­ger Universität.)

Tausend Bilder zuviel in Venedig

Von unserem nach Venedig entsandten C. M.- Korrespondenten

VENEDIG, im Juli (Eigenbericht). Hier wird Kunst nicht (nur) Erlebnis, sondern unleugbar auch zur Kraftprobe. Rein physisch ist es un­möglich, an einem Tage die 60 Säle der Zen­tralhalle der XXV. Biennale zu durchschreiten, in der außer den Italienern, den Fauves, Kubi­sten und Futuristen auch noch die Maler aus Kolumbien, Brasilien, Aegypten, Irland, Israel, Portugal, Südafrika und Schweden unterge­bracht sind. Und dann noch die Pavillons Deutschlands, Oesterreichs, Belgiens, Dänemarks, Frankreichs. Griechenlands, Englands, Jugosla­wiens, Mexikos, Hollands, Spaniens, der USA und der Schweiz. Das Haus der UdSSR liegt auch hier in der Lagunenstadt hinter einem Eisernen Vorhang, und auch das Ungarns ist verschlos­sen wie die Polens und der Tschechoslowakei, obwohl die beiden letzteren Länder fest ver­sprochen hatten, zu beschicken. 4000 Bilder al­lein im großen Palast, ein Ansturm von Her­vorragendem, aber auch Mittelmäßigem. Die Biennale ist heute die bedeutendste periodische Kunstschau der Welt, Gäste aus allen Teilen aller Länder sind in Venedig. Die Kommission der Veranstalter hatte einen schweren Stand, als sie über die Form der 25. Auflage entscheiden mußte, die Kunst der Jahrhundertwende zeigen sollte. Zwei Fehler sind in dieser mächtigen De­monstration festzustellen: zuviel Italiener (über 500 sind vertreten) und etwa 1000 Bilder zuviel. Die Mittelmäßigkeit hätte ihren Einzug nicht halten dürfen, die Kunst hätte gewonnen. Sie wäre zum Erlebnis und nicht zu einer Kraft­probe durch den Beschauer geworden.

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Neben denFauves, von denen etwa 60 Werke vertreten sind (Matiss Viaminck, van Dingen u. a.), den Kubisten (bei den 40 Bildern sehr gute von Braque) und den Mexikanern (über die Be­sonderes gesagt werden soll) findet die deutsche Gruppe desBlauen Reiters hellste Aufmerk­samkeit. Vor dem Cafe Quadri sah ich die Frau des 1944 zu Neuilly verstorbenen Wessilij Kan- dJnsky. Mm«. Kandinsky hat mit viel Liebe die

Schau ihres Mannes zusammen mit der Tochter aufgebaut und die Italiener sind fest überzeugt, daß Wassilij ein Deutscher war, obwohl er be­kanntlich 1866 zu Moskau geboren wurde. Aber Kandinsky war es, der 1911 demBlauen Reiter zu München Leben einhauchte. Jetzt sind hier seine Werke, neben denen von Fr. Marc, Klee, Aug. Macke, Hofer, Max Beckmann und einer Skulpturenschau des vor 10 Jahren in Rostock verstorbenen Ernst Barlach. Die Geschlossenheit im Ton des deutschen Pavillons macht tiefen Eindruck, die Menschen drängen sich schweigend. Oesterreich dagegen hat nur einen Maler in Ve­nedig: Herbert Böckl, einen eminenten Kolori­sten, der sich auf Cezanne stützt, aber der in den beiden letzten Jahren etwas abstrakter ge­worden ist. In der Bildhauerei fällt Wotruba ein Schüler Hanachs auf, Maria Bilger mit ih­ren Tonformen entzückt durch Feinheit und wirksame primitive Farben.

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Die Italiener scheinen nur nördlich Rom Ein­druck auf die Kommission gemacht zu haben, der Süden mit seinen unleugbaren Begabungen eines Viti, Chiancone, Schmiedt, Giarizzo oder des Bildhauers Tizzano fällt auch hier in ein unver­dientes Dunkel. 297 italienische Artisten wurden eingeladen, anderen 250 wurde Gelegenheit ge­geben, mit ein oder zwei Werkengegenwärtig zu sein. Vier persönliche Schauen der Italiener: Carrä, Severini, Semeghini, Magnelli. Der letz­tere wird nicht mit Unrecht als derlegitime Erbe Kandinskys bezeichnet. Um Carrä selbst entstanden außerordentlich heftige Polemiken, der Maler ist unter den jüngeren Artgenossen recht unbeliebt. Obwohl er Mitglied der Jury ist, hat er einen eigenen Saal beansprucht und erhalten und der Preis von 1 Million Lire ging auch an ihn. Man kann sich vorstellen, daß die im Bereich der schönen Künste so kriegerischen Italiener helle Wutschreie ausstießen und die Cafes Venedigs tönen heute noch davon wieder. Aber Carrä mit seinen Etappen des Futurismus, der metaphysischen Malerei und des Neoveris­mus ist schon ohne Zweifel eine der stärksten Figuren des italienischen Rahmens, an seiner Seite stechen de Pisis, Severini, der alte Tosi, Music, Vedova, Semeghini hervor. Leider waren unter den Bildhauern keine bedeutenden Erschei­

nungen, Ossip Zadkine, der hier den ersten Preis erhielt er ist die bedeutendsteFigur im Rahmen dernon figuratif hat in seinem Su­chen nach dem Monumentalen im Abstrakten sicherlich Besseres geleistet, als hier in Venedig zu sehen war.

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Neben einem Rückblick auf die Werke des Eng­länders John Canstable sind ohne Zweifel der Belgier Ensor und der Zöllner Rousseau die gro­ßen Wunder dieser Schau. Für Ensor, der vor ei­nigen Monaten im Alter von 90 Jahren starb, könnte man vieles sagen, was auch für Rousseau gilt (dessen Werke heute in den USA teilweise mit dem fünffachen Wert eines Tizian beurteilt werden). Masken, die sich in der Gesellschaft von blau- und rotgekleideten Skeletten erwärmen, Räume, in denen Karaffen und Vögel hocken und hängen, Tamboure, die durch die linden bel­gischen Städte ziehen. Und Rousseau, Sohn eines Handwerkers, Trompeter bei der Niederlage von Sedan und Zöllner, an der Pforte von Paris, malte die Dinge so, wie er sie einst im Kinder­traum sah: unbewegliche Männer, rosa ausschau­ende Kinder, Wälder, in denen das Wunder wohnt.

Aber in Venedig spricht man vor allen Dingen von den Mexikanern, die zum erstenmal nach Europa gekommen sind, während sie in den Ver­einigten Staaten bereits seit längerer Zeitent­deckt worden sind. Der Gegensatz zwischen dem Abstrakten, den Dreiecken, den bunten Kreisen, dieser eigenartigen feuchtigkeitsfreien Luft des Mystizismus Europas und dem Auf­schrei der Mexikaner, die wie mit einem Feuer­werk die Feste, Revolutionen, ihr Leben schil­dern wollen, ist gewaltig Diego Rivera, Jos,, Orozco, David Siqueiros und Rufino Tamayo sind die vier ausstellenden Exponenten Mexikos. Der letztere ein Indio lebt seit längerer Zeit in Paris, und er gefällt den Kritikern des alten Kontinents so gut, weil er seine Art zwischen die von Picasso und Braque gestellt hat. Sein Bild Schlafende Musikanten in Blau und Schwarz gehalten, ist von einer derartigen beeindrucken­den Lyrik, daß man versteht, daß Tamayo ein ernster Bewerber für den ersten Preis für den besten Ausländer war. Aber schließlich schlug man doch den europäischen Matisse vor, der die eine Million bekam.

Aber die wirkliche mexikanische Kunst heißt Rivera. Vor diesen Malern gab es nur Webtü­cher, Keramiken der Indianer dort. Die andere kam aus Spanien, von den Jesuiten importiert. Rivera ist ein Revolutionär in jedem Sinne. Wenn er einen Politiker malte, hatte er stets den Re­volver in der Tasche, denn auch er liebte es zu politisieren. Siqueiros war bereits mit 15 Jahren Oberst in einem Revolutionsheer. Ihre Malart ersetzt das Buch, die Zeitung. 4000 Quadratmeter Fresken malte Rivera in Mexiko, in den USA, Orozco brachte es auf 3000. Es ist eine instink­tive, darstellende, lärmende Kunst ohne Grenzen in der Form, kraftvoll, wie die Mexikaner bei einem Angriff unter Villa. Rivera ist ein Mestize, kraftvoll wie seine Malerei, gelöst und von Freude erfüllt. Er wechselt dauernd die Themen und auch den Stil. Orozco dagegen ist beein­druckt mit seiner Dramatik, seinem kritischen Auge. Dieser frische Wind aus Mexiko ist be­lehrend.Die Europäer sind in sich abgeschlos­sen, sagt Rivera bezeichnend.

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Von den Deutschen erhjelt Max Beckmann zu­sammen mit dem Belgier Constant Permeke ei­nen Preis in Höhe von 250 000 Lire, der durch den Grafen Volpi ausgesetzt worden war. Die großen Prämien dieses Jahres waren an Carrä, Matisse und Zadkine gegangen. Daneben eine große Zahl kleiner privater Preise, von denen aber nur drei Ausländer betroffen wurden. Die beiden oben Genannten und der Mexikaner Si­queiros, der die Prämie des Museums St. Paul (Brasilien) erhielt.

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Und während sich die Besucher aus allen Tei­len des Erdballs in die große Kunstmühle zu Ve­nedig begeben, sitzt Giorgio de Chirico in der Gaileria del Bucintoro und grollt, indem er dort seine eigene Ausstellung abhält. Der große Ita­liener, der seit 1948 im Kriegszustand mit der Biennale lebt, war aufgefordert worden, mit 10 Werken zu erscheinen. Er machte einen Vor­schlag: auch Annigoni Gazzera und Sciltian, die neoklassisch denken, sollten teilnehmen Aber da scheiterten die Verhandlungen.

Deutsche Wissenschaftler werden an dem sieb­ten internationalen Kongreß für Religionswis­senschaften teilnehmen, der vom 3. bis 12. Sep­tember in Amsterdam statfcfindet.