6. Jahrgang

Freitag, 28. Juli 1950

Nummer 115

offensichtlicher denn je, in geradezu leicht­fertiger Weise behandelt worden und es ist höchste Zeit, daß auch Westeuropa aus den Lehren des Korea-Konfliktes die Folgerungen zieht. Das ist sowohl militärisch als politisch notwendig.

Wenn Europa nicht .Gefahr laufen will, seine Freiheit endgültig zu verlieren, können die verantwortlichen Staatsmänner keine Stunde verstreichen lassen, um die Einheit aller eu­ropäischen Staaten als einer Gemeinschaft gleichverpflichteter und gleichberechtigter Völker zu verwirklichen. Dann erst wird Mos­kau davon überzeugt sein, daß jede Aggression als ein gefährliches Abenteuer erscheint und wir glauben nicht, daß es sich darauf ein­läßt. Denn man betreibt dort eine sehr rea­listische Politik.

Truman fordert Steuererhöhung

Gegenwertfonds für Verteidigungszwecke?

WASHINGTON. Präsident Truman er­suchte am Mittwoch den amerikanischen Kon­greß um eine Steuererhöhung von fünf Milli­arden Dollar. Außerdem forderte er den Kon­greß auf, ihm begrenzte wirtschaftliche Kon­trollrechte zur Vermeidung von Preiskontrol­len, Rationierung, und ernsthaften Verknap­pungen einzuräumen. Zur Verteidigung der Freiheit sei er notfalls bereit, einetotale wirtschaftliche Mobilisierung anzuordnen.

Wegen der Verknappung von Stahl und Kupfer durch den noch nie dagewesenen Re­kordverbrauch für industrielle Zwecke bleibe nichts übrig, als den Zivilbedarf einzuschrän­ken, wenn man den internationalen Verpflich­tungen restlos naehkommen wolle. Die ame­rikanische Industrie müsse bis Januar 1951 ihre Leistungsfähigkeit um 10 Milliarden Dol­lar im Jahresdurchschnitt steigern.

Bei den von Truman geforderten Steuern handelt es sich um Einkommensteuern für Ein­zelpersonen und für Gesellschaften. Alle Her­absetzungen der Verbrauchs- und Verkehrs­steuern und andere Maßnahmen zur Verrin­gerung der Staatseinkünfte sollen annulliert werden.

Außenminister A c h e s o n erklärte am Mittwoch, die amerikanische Regierung berate gegenwärtig darüber, die Gegenwertfonds der Marshallplanländer eventuell für Verteidi­gungszwecke zu benutzen. Durch einen Zusatz zum Marshallplangesetz würden die Länder, die Marshallplanhilfe empfangen, ermächtigt werden, ihre ,,Gegenwertmittel für den Auf­bau ihrer Verteidigung zu verwenden.

Waldheim-Prozesse

Eine Augenzeugin berichtet

BERLIN. Eine der bei denWaldheim-Pro­zessen in der Ostzone beschäftigten Prote- kollantinnen, Gertrud Mielke, die nach West­berlin geflüchtet ist, berichtete auf einer Pressekonferenz derKampfgruppe gegen Un- menschlichkeit am Mittwoch über die Pro­zeßpraxis, keiner der Prozesse im Zuchthaus Waldheim habe bisher mit einem Freispruch geendet. In den Prozessen, in denen 3500 ehe­malige Insassen der Sowjet zonen-KZs, die bei der Entlassungsaktion Anfang dieses Jahres den ostdeutschen Behörden übergeben wur­den, abgeurteilt werden, seien neben der To­desstrafe und lebenslänglich Zuchthaus bisher nur Zuchthaus- und Gefängnisstrafen zwi­schen 6 und 25 Jahren verhängt worden. In keinem Falle sei die fünfjährige Internie­rungszeit in den KZs angerechnet worden.

Sämtliche an den Prozessen beteiligten Per­sonen seien von der SED ausgesucht; keiner der Richter oder Staatsanwälte sei Jurist. Ein großer Teil habe nicht einmal einen Volks­richterlehrgang absolviert. Die einzelnen Ver­handlungen dauerten im Höchstfälle eine Stunde. Für 20 nebeneinander arbeitende Kammern stehe nur ein Offizialverteidiger zur Verfügung. Zur Verurteilung genüge im all­gemeinen die Zugehörigkeit zu einer be­stimmten Organisation oder zu einem Berufs­stand.

BERN. Der Schweizer Bundesrat stimmte am Mittwoch der Einrichtung eines Generalkonsu­lats der deutschen Bundesrepublik in der Schweiz zu.

Für europäischen Bundespakt

Bundestag bestimmt Delegierte für den Europarat

BONN. In der Mittwochsitzung nahm der Bun­destag eine interfraktionelle Entschließung an, in der er für einen europäischen Bundespakt eintrat, wie ihn das Grundgesetz vorsieht. Der europäische Bundespakt soll nach dem Wunsch des Bundestags eine internationale Bundesge­walt schaffen, die sich auf allgemeine, unmit­telbare und freie Wahlen gründet und über gesetzgebende, ausübende und richterliche Kompetenzen verfügt.

Außerdem appelliert der Bundestag an die Sowjetunion, alle noch nicht heimgekehrten deutschen Kriegsgefangenen und Zivilisten so­fort freizulassen.

Gegen die Stimmen der Bayernpartei, der WAV, des Zentrums, der KPD und der DRP wurden danach die 18 deutschen Delegierten für den Straßburger Europarat sowie ihre Stellvertreter gewählt. Von den 18 Hauptdele­gierten stellen die CDU und die SPD je 7, die FDP 3 und die DP einen.

Den Delegierten gehören u. a. Dr. Kurt K i e s i n g e r (CDU) und Prof. Karl S c h m i d (SPD) an.

Auf Antrag des Rechtsausschusses beschloß der Bundestag, daß Karlsruhe Sitz des Bun­desgerichtshofes werden solle. Dieser Beschluß wurde gefaßt anläßlich der zweiten Lesung des Gesetzes zur Wiederherstellung der Rechts­einheit auf dem Gebiet der Gerichtsverfas­sung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Straf­verfahrens und des Kostenrechts, das am 1. Oktober 1950 in Kraft treten soll. Dieses Ge­setz stellt im wesentlichen die Rechtslage der Zeit vor 1933 wieder her und beseitigt meh­rere nationalsozialistische Vorschriften.

Bundesfinanzminister Schäffer erwiderte auf eine Interpellation über die Aufwertung der Altsparkonten, die Bundesregierung wün­sche die durch die Währungsreform entstande­nen Härten so bald wie möglich auszuglei­chen. Es sei jedoch politisch nicht tragbar, vor der Regelung des Lastenausgleichs das Teil­problem der Altsparer allein zu lösen.

Verabschiedet wurde auch ein Gesetz über

Personalausweise, nach dem jeder Einwohner des Bundesgebiets nach Vollendung des 16. Le­bensjahres einen amtlichen Ausweis mit Licht­bild besitzen muß. Für einen Fingerabdruck ist auf dem Ausweis kein Platz vorgesehen.

Gleichfalls verabschiedet wurde ein Gesetz über Darlehen zum Bau und Erwerb von Han­delsschiffen.

Abg. Schüler (CDU) legte ausführlich die Not des kleinen Einzelhandels dar.

Eine teilweise heftige Diskussion entwickelte sich über einen Gesetzentwurf zur Feststel­lung kriegsbedingter Vermögensverluste. Ein Abgeordneter nannte diese Debatte einen Vorgeschmack auf den Lastenausgleich. Der Antrag wurde schließlich mit Mehrheit dem Vertriebenenausschuß und dem Lastenaus­gleichsausschuß überwiesen.

Die Sitzung dauerte insgesamt fast 13 Stun­den. _

DGB fordert Lohnerhöhunsen

Grund: Erhöhte Lebenshaltungskosten

DÜSSELDORF. Der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) be­schloß in einer mehrstündigen Sitzung auf Grund der in den letzten Wochen gestiege­nen Lebenshaltungskosten Lohnerhöhungen zu verlangen. Gefordert wird, daß die Löhne und Gehälter aller im öffentlichen Dienst ein­schließlich Bundespost und Bundesbahn beschäftigten Beamten, Angestellten und Ar­beiter den erhöhten Lebenshaltungskosten angepaßt werden. Bundesregierung und Bun­destag wurden aufgefordert, die Sozialrenten und Unterstützungen so weit zu erhöhen, wie es die Preissteigerungen erforderlich mach­ten.

An die Fraktionen des Bundestages wurde die Forderung gerichtet, einen dringenden Initiativantrag für ein Gesetz einzubringen nach dem die Kündigungfristen für Gehalts­und Lohntarife auf 14 Tage verkürzt werden.

Nachrichten aus aller Welt

TÜBINGEN. Der am 4. Mai mit seiner Frau und zwei Kindern aus der Sowjetzone geflohene Sohn des stellvertretenden Ostzonenministerprä­sidenten und LDP-Vorsitzenden, Prof. Kästner, Ralph Kästner, ist nunmehr in den Kreis Tett- nang eingewiesen worden.

FRANKFURT. Heta Fischer, die Lebensgefähr­tin des nach der Ostzone verschleppten früheren Mitglieds des kommunistischen Parteivorstands und Bundestagsabgeordneten Kurt Müller, wurde von der KPD mit der Beschuldigung, sie sei Mittlerin zwischen dem Spionagedienst einer imperialistischen Macht und dem Agenten Kurt Müller gewesen, aus der Partei ausgeschlossen. Heta Fischer hatte die KPD vor der Oeffentlich- keit für das Verschwinden Müllers verantwort­lich gemacht.

FRANKFURT. Jagdwaffen, die den deutschen Jägern nach der alliierten Jagd Verordnung zuge­standen worden sind, müssen nach einer Mit­teilung des Deutschen Jagdverbandes aus dem Ausland eingeführt werden, da die früheren Waffenfabriken im Bundesgebiet demontiert worden sind.

BERLIN. Der neugewählte Generalsekretär der SED und stellvertretende Ostzonenministerprä­sident Walter Ulbricht lernt jetzt Tennisspielen. Jeden Morgen um 8 Uhr nimmt er eine Stunde Unterricht auf einem Tennisplatz in Berlin- Pankow.

BERLIN. In der ersten Hälfte dieses Jahres wurden nach einem Bericht des amerikanischen Kommissariats in Berlin fünf Tonnen Munition und Sprengkörper in Westberlin gefunden. 716 schwerbeschädigte Gebäude mußten gesprengt werden.

BERLIN. Am Donnerstag ist eine Delegation der Ostzonenregierung nach Peking abgereist, um dort Verhandlungen über einen Handelsver­trag mit der chinesischen Volksrepublik aufzu­nehmen.

BERLIN. Ein britisches Kommando sprengte am Mittwochnachmittag die 10-Zentner-Bombe, die bei Erdarbeiten in der Nähe des im britischen Sektor von Berlin gelegenen sowjetischen

Ehrenmals vor einigen Tagen entdeckt worden v/ar. Das Ehrenmal wurde nicht beschädigt, zu­mal man die Bombe zuerst 200 m abschieppte und das Ehrenmal mit Strohballen und Sand­säcken überdeckte.

BAD OYNHAUSEN. Seit Dienstagmittag wer­den mehrere hundert Quadratkilometer der Lü­neburger Heide von britischer Militärpolizei streng bewacht, um zu verhindern, daß die bri­tisch-dänisch-norwegischen Truppenübungen von ungewünschten Personen beobachtet werden.

NÜRNBERG. Im Bahnhof Neuhaus/Pegnitz (Oberfranken) stieß am Mittwochmorgen der Schnellzug ParisNürnbergPrag mit einer Lo­komotive zusammen. Dabei wurde der Lokführer der alleinfahrenden Lokomotive getötet und drei Fahrgäste des Schnellzugs schwer sowie 15 leicht verletzt.

MÜNCHEN. Nach einer Mitteilung des Lan­desentschädigungsamtes wurde das KZ-Denkmal in Pöcking (Niederbayern) in der Nacht vom Montag zum Dienstag zum zweiten Male beschä­digt. Unbekannte Täter stürzten die beiden Op­ferschalen von ihren Sockeln.

WIEN. Die sowjetischen Militärbehörden haben einem österreichischen Ersuchen, die Salzburger Musikfestspiele an deutsche Rundfunkstationen übertragen zu dürfen, mit der Begründung, der­artige Anträge bedürften der einstimmigen Ge­nehmigung aller vier Besatzungsmächte, abge­lehnt.

PARIS. Die Gefährdung des amerikanischen Brückenkopfes in Korea und die Möglichkeit der Erweiterung des Konflikts durch einen amerika­nisch-chinesischen Zusammenstoß vor Formosa haben in Frankreich über Nacht wieder einen schwarzen Devisenmarkt entstehen lassen.

STOCKHOLM. Schweden und Dänemark ha­ben Mitte der Woche gemeinsam in Moskau ge­gen den von der Sowjetunion erhobenen An­spruch auf eine 12-Meilen-Grenze in der Ostsee Protest erhoben. In der Note wurde betont, daß jede Ausdehnung der Hoheitsgewässer eine Ein­schränkung der Freiheit der Meere darstelle, zu der kein Staat berechtigt sei.

Papst Pius mahnt zum Frieden

Krieg bedeutet Elend

ROM. Papst Pius XII. forderte am Mitt­woch in einer, neuen Enzyklika die Menschheit und die Regierungen zuwahrem Frieden und wahrer Eintracht auf:Leider wissen wir aus Erfahrung, daß ein Krieg Ruinen, Tod, Elend und nichts anderes bedeutet. Der tech­nische Fortschritt hat mörderische und un­menschliche Waffen geschaffen, von denen nicht nur Armeen, Flotten, Städte, Dörfer, Kunst und religiöse Schätze zerstört werden, sondern mit denen man auch unschuldige Mütter und Kinder, die Kranken, die Wehr­losen und die Alten, ja alle von Menschen ge­schaffene Schönheit vernichten kann. Da sich ein Krieg heute vor allem als eine entsetz­liche Todesdrohung darstellt, ist zu hoffen, daß die drohenden Wolken durch die Be­mühungen aller Menschen und vor allem der führenden Staatsmänner gebannt werden.

Verstärkte Propaganda

Südweststaatanhänger werden aktiv

KONSTANZ. Das Aktionskomitee derAr­beitsgemeinschaft für die Vereinigung von Baden und: Württemberg hielt Anfang dieser Woche in Konstanz eine Arbeitstagung ab. Vertreter aus den drei südwestdeutschen Län­dern beschlossen die Verstärkung der Pro­paganda für den Südweststaat.

In aller Kürze soll an den rund 8000 Plakat­säulen und Anschlagstellen der drei Länder ein Aufruf an die Bevölkerung zur Bildung des Südweststaats veröffentlicht werden. Der Aufruf ist von über 180 namhaften Persön­lichkeiten aller Bevölkerungsschichten der drei Länder unterzeichnet. Außerdem wird in Süd­baden in den nächsten Tagen ein Aufruf ähn­licher Art als Postwurfsendung verteilt. Die Vorbereitungen für den Wahlkampf zur Volks­befragung am 24. September stehen unmittel­bar vor dem Abschluß.

Staatshaushalt fertiggestellt

FDP für weniger Ministerien

TÜBINGEN. Der Gesetzentwurf über den Staatshaushaltsplan von Württemberg-Hohen- zollern ist fertiggestellt worden und wird depi Landtag in der Sitzung vom 1. August zur ersten Lesung vorgelegt werden. Auf der 15 Punkte umfassenden Tagesordnung steht u. a. auch noch der Gesetzentwurf über die Selbstverwaltung Hohenzollerns.

Die Staatsregierung wird in der Sitzung am 1. August außerdem eine Erklärung zur Kreditgewährung an die Chiron-Werke in Tuttlingen abgeben.

Die FDP-Fraktion hat dem Landtagsbüro einen Antrag zugeleitet, wonach der Staats­präsident ersucht werden soll, die Zahl der Ministerien unter Anpassung an die schwache Finanzkraft des kleinen Landes und nach dem Uebergang zahlreicher Aufgaben vom Land auf den Bund herabzusetzen. Vorgeschlagen wurde, das Kult- und das Justizministerium zu vereinigen und mit dem Stäatspräsidium zusammenzulegen, die Ministerien für Fi­nanzen, Wirtschaft und Arbeit ebenfalls zu vereinigen, während die Ressorts des Innern und der Landwirtschaft auch in Zukunft selbständig bleiben sollen.

Dreistündiger Proteststreik

FREIBURG. Alle nicht lebenswichtigen Be­triebe Südbadens lagen am Mittwochnachmit- tag still, nachdem die Werktätigen dem Auf­ruf der Gewerkschaften zu einem dreistündi­gen Proteststreik gegen die Erhöhung der Lebensmittelpreise befolgt hatten. Auf dem Münsterplatz in Freiburg versammelten sich 8000 Menschen zu einer Protestkundgebung.

Der Vorsitzende der Bezirksstelle Württem- berg-Hohenzollern des DGB, Fleck, erklärte am Donnerstag zu dem Proteststreik in Süd­baden, man wolle den Entscheidungen des Lan­desbezirksvorstandes in Stuttgart und des Bundesvorstandes'ht vorgreifen. Doch sei es nicht ausgeschlossen, daß man ebenfalls selbständig vorgehe. ,

21. Fortsetzung

Lauren machte eine knappe Verbeugung.

Ich nehme das gerne zur Kenntnis, gnä­diges Fräulein!

Gleich darauf erhob sich Margot Thoma- schek.

Wir wollen hineingehen!

Sie widmete sich nachher ausschließlich Ba­ron von Hasse. Aber immer wieder gingen ihre Blicke zu Lauern hin; etwas wie Aufleh­nung gegen Lauren-und gegen sich selbst

stand dabei auf dem Grund ihrer Augen.

*

Nicht anders hatte Lauren nach seinem Zu­sammenstoß mit Margot Thomaschek gewähnt, als daß diese Episode endgültig vorüber sei.

Er hatte seine Pflicht getan wenn Fräulein Thomaschek ihn so abweisend zu handeln beliebte, sollte ein anderer sie hei­raten! So weit ging seine Selbstverleugnung nicht, daß er um die Huld dieser blasierten Dame bettelte!

Dann begegnete er Margot Thomaschek auf der Strandpromenade; zu seiner Ueberraschung blieb sie stehen.... zugänglicher als bisher benahm sie sich, und ehe sie sich verabschie­dete. lud sie ihn ein, sie und ihren Vater gelegentlich wieder zu besuchen.

Noch mehr wunderte Lauren sich, als er, nach langem Schwanken, sich doch wieder in der Thomaschekschen Villa einfand und fest­stellen konnte, daß Margot Thomaschek dies­mal nicht die kühle Unnahbarkeit wie bei seinem letzten Besuch an den Tag legte, son­dern ihm in freundlicher Aufgeschlossenheit begegnete.

Konnte er mit dieser Wendung nicht zu­frieden sein?

Hier bot sich ihm die Möglichkeit, zu einer

reichen Frau zu kommen_wenn nicht alle

Anzeichen trogen, standen seine Aussichten beträchtlich besser, als er zuerst gedacht hatte;

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nun galt es, sie zu nützen, viel Zeit durfte ohnehin nicht mehr verloren werden.

Trotz dieser zuversichtlichen Gedanken, in die er sich verbohrte, um andere Stimmen in sich zum Schweigen zu bringen, wurde Lau­ren immer wieder von Niedergeschlagenheit, von einem Gefühl der Ohnmacht überfallen, und es kostete ihn, wenn er mit der Ameri­kanerin Smith zusammentraf, große Mühe, sie von seiner Verstimmung und dem Zwie­spalt, in dem er sich befand, nichts merken zu lassen. Das Veränderte seines Wesens konnte ihr aber auf die Dauer nicht entgehen.

..Sie gefallen mir seit einigen Tagen nicht mehr, Herr Lauren, sagte sie einmal, als sie sich auf einem Spaziergang befanden;Sie machen nicht mehr den heiteren Eindruck wl% früher; manchmal kommt mir vor, als ob Sie Sorgen hätten... oder einen Kummer, der Sie quäle!

Sie irren, Fräulein Smith!

..Ich glaube kaum, daß ich mich irre! Ich kenne Sie doch schon zu gut, als daß ich nicht merken sollte, wenn Unerfreuliches Sie be­schäftigt und Ihnen die gute Laune raubt! Und indem sie ihn ernst anschaute:Haben Sie kein Vertrauen zu mir. Herr Lauren?

Als mildere sich unter Mauds Blick, dem warmen Klang ihrer Stimme die Unrast in seinem Innern, war Lauren zu Mute. Und

plötzlich überfiel ihn Verlangen, Maud von dem zu berichten, was ihn bedrängte.

Ich habe Vertrauen zu Ihnen, Fräulein Smith, und vielleicht ist es gut. wenn ich ein­mal zu einem anderen Menschen von dem rede, was mich Tag und Nacht nicht mehr zur Ruhe kommen läßt!

Von daheim sprach er, von der Krise im väterlichen Fabrikbetrieb und daß. als alle anderen Bemühungen, Geld aufzutreiben, fehl­geschlagen waren, man auf den Plan verfal­len sei, er. Peter, solle sich so schnell wie möglich um eine reiche Fau bemühen_

Eine famose Rolle, die man mir zugedacht hatte, finden Sie nicht auch? Wie in Selbst­verhöhnung lachte er auf.Mit Händen und Füßen sträubte ich mich anfangs dagegen; wenn ich einmal heiraten würde, dann nur die Frau, die ich liebe genau so wie mein älterer Bruder, der vor einigen Jahren eine mittellose Erzieherin geheiratet hatte ...

Ich bin ebenfalls Erzieherin, wandte die Amerikanerin ein.

Erzieherin war Maud Smith?_ Nun

kannte er wenigstens ihren Beruf, huschte es Lauren durch den Sinn.

..Als mein Bruder heiratete, lagen die Ver­hältnisse bei uns günstiger, er brauchte nicht auf Geld zu sehen, erregt fuhr Lauren sich durch die Haare, ,,i c h soll aber jetzt das Opferlamm sein, das für die Lauren-Werke

geschlachtet wird! Um eine reiche Frau zu kapern, wurde ich nach Norderney ge­schickt .. ..

Sie dürfen nicht so bitter reden. Herr Lau­ren! unterbrach Maud Smith ihn in be­schwichtigendem Tone.Ist wirklich so schlimm, was man von Ihnen erwartet?

Das fragen Sie noch? .... Sagten Sie vor­hin nicht. Sie würden mich gut kennen? Dann müßten Sie wissen: daß ein solcher Handel mir im Innersten zuwider ist! Ich hätte mich auch nie darauf eingelassen, wenn ich nicht ein­gesehen hätte, daß es eine andere Rettung für unseren Betrieb einfach nicht gibt!

Kurzes Schweigen entstand.

Dann fragte die Amerikanerin, sehr zögernd kamen ihre Worte:

Darf ich wissen, ob Sie mit Ihren Bemü­hungen hier schon Erfolg hatten?

Lauren fuhr herum.

Ich glaube, Sie machen sich über mich lustig. Fräulein Smith?

Wortlos schüttelte sie den Kopf.

Wenn Sie es unbedingt wissen wollen,' fuhr er fort,als erste Ehekandidatin war mir von Verwandtenseite Fräulein Wenckhaus zu­gedacht worden; das war zum Glück eine Fehlrechnung gewesen.... Wie es mit der zweiten Kandidatin werden wird, weiß ich noch nicht!

Wer diese zweite Kandidatin sei? wollte Maud Smith wissen.

Ein Fräulein Margot Thomaschek, die mit ihrem Vater hier zur Kur weile, antwortete Lauren; seine Tante Carola Munck. die mit Herrn Thomaschek. einem österreichischen Auto-Industriellen, und seiner Tochter in Nizza zusammengetroffen sei, habe die Be­kanntschaft vermittelt.schon einige Male

sei er in der Villa, die beide hier bewohnten, zu Gast gewesen....

Ist Fräulein Thomaschek schön? fragte die Amerikanerin in kaum merklicher Gespannt­heit. (Forts, folgt.)