6. Jahrgang

Montag, 10. Juli 1950

Nummer 105

Hellas zwischen Ost und West

Stalins Soldaten in Griechenland / Deramerikanische Dauerpensionär

Von unserem Belgrader

SALONIKI, im Juli. Drei erschütternde Zah­len stehen am Abschluß einer tragischen, neunjährigen Kriegsbilanz des Sieben-Millio- nen-Volkes der Hellenen: 562 000 Tote, 730 000 Flüchtlinge ohne Dach über dem Kopf und 340 000 Vollwaisen. Allein der Bürgerkrieg der heute noch immer unter dem Zeichen ei­nes bewaffneten Friedens steht brachte u. a. an Materialschaden: 402 zerstörte Eisen­bahn- und 460 Straßenbrücken, 11 750 Privat­häuser, 54 Schulgebäude, 151 öffentliche Ar­beitsvorhaben, 85 Eisenbahn-Stationen flo­gen in die Luft, 88 Züge entgleisten, 6982 Dörfer wurden geplündert und 28 000 Kinder gestohlen.

Und doch spiegelt sich in den verstaubten und verhärmten Gesichtern der Heimkehren­den jenes optimistische Lächeln wider, das schon einstens Homer dasgriechische Mira­kel nannte.Warum sind diese Menschen so erhebt sich spontan die Frage nach einer 5000-Kilometer-Reise durch Hellasin ihrer oft antiken sozialen und technischen Rück­ständigkeit nicht ein leichte Beute der kom­munistischen Sirenentöne im Norden gewor­den? Die Antwort findet man gleichfalls in der historischen Geschichte und der durch entschlossene amerikanische Hilfe bestimmten Gegenwart.

Der griechische Geist widerstand über 400 Jahre den orientalischen Ottomanen und blieb abendländisch. Der Neu-Grieche des heutigen Hellas hat sehr wohl auf seiner fünfjährigen Wanderung von Camp zu Camp begriffen, daß die Verheißer aus dem Norden nicht eine soziale Verbesserung des Lebens wollen, sondern für internationale Ziele brandschatzen und mordenein Grieche kann nie Russe werden!!! Europa braucht niemals an den Geist des in vielen Feuern geglühten griechischen Volkes zweifeln, denn es ist in seiner erschreckenden Armut stolz wie ehedem geblieben: während die Analpha­beten dankbar jeden ERP-Dachziegel durch die Hände gleiten lassen und willig neue landwirtschaftliche Methoden nacheifern, sa­gen die verantwortlichen Führer des Landes (der ehemalige Ministerpräsident):Die Grie­chen haben in der Vergangenheit dem We­sten durchaus mehr gegeben, als er heute Griechenland gibt!

Die dem politischen Parteienspiel abholden amerikanischenRatgeber sincr auch in der klassischen Atmosphäre wie immer ungemein nüchtern geblieben. Sie haben bislang 700 Mil­lionen Dollar für militärische und 1 318 000 000 Dollar für wirtschaftliche Hilfen ausgegeben. Im Hauptquartier des ERP, dem klotzigen Ta- meion-House, klingen gepfefferte Worte gegen den Sandberggriechische Bürokratie und Spezial-Teams kontrollieren unentwegt den Geldfluß aus denTaschen der amerikanischen Steuerzahler.Gerissene Profiteure so kommentiert mankönnen leicht aus Grie­chenland einen amerikanischen Dauer-Pensio­när machen.

Von 32 500 000 ha totaler Landfläche in Grie­chenland sind nur 9 000 000 ha kultivierbar. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung lebt auf 950 000 Kleinsthöfen mit einem Jahres-Durch- schnittseinkommen von nur 1100 DM. Neben

Heller Mitläufer

KIEL. Der Bundestagsabgeordnete Wolf­gang H e d 1 e r , um dessen Reden es bereits zu einem Prozeß gekommen ist, ist vom Ent­nazifizierungs-Hauptausschuß für Schleswig- Holstein in die Gruppe IV der Mitläufer ein­gestuft worden.

Hedler braucht keinen Beitrag zum Wie­deraufbaufonds zu leisten. Der Ausschuß sah es als erwiesen an, daß Hedler bereits 1932 in die NSDAP eingetreten ist. Er konnte sich aber nicht entschließen, zwei Reden Hedlers als aktives Eintreten für den Nationalsozia­lismus zu werten.

W. W. K.-Korrespondenten

der Entwicklung bestimmter Industrien (Elek­trizität, Minen usw.), dem Ausbau des Ver­kehrsnetzes und der Häfen, sehen die Wirt­schafts-Spezialisten derECA-GREECE das Allheilmittel für die Wiedergesundung des Landes in der Entwicklung der landwirtschaft­

Journalist Guenther (Behind the Iron Cur- tain) hat den gefährlichen Vergleich mit den sowjetischenRatgebern etwa in Sofia ge­wagt wie dem auch seider willige Geist des griechischen Volkes soll nicht durch Fami­lienaffären griechischer Berufspolitiker neuen Belastungen ausgesetzt werden.

Ohne die fortdauernde Hilfe des Westens so sagt mir der Minister Doxiadeshat Griechenland nicht die Kraft, den lauernden Gefahren innerhalb und außerhalb der Gren­zen nachhaltig zu begegnen. Das Wort von

liehen Quellen. Diefragmentierte griechische primitive Bauernwirtschaft mit ihrem ständig

derSammlungsbewegung um einenstar­ken Mann (Marschall Papagos!) fällt oft

sinkenden Lebensstandard soll durch Bereit­stellung großzügiger technischer Mittel und Einführung moderner Bebäuungsmethoden so­weit entwickelt werden, daß das bislang auf dem Gebiete,, der Nahrungsmittelversorgung passive Land wieder selbstversorgend wird.

Diese griechischen Hauptprobleme an der inneren Front haben erstaunlich hartnäckige Verfechter unter den Wirtsehafts-Ratgebern gefunden, wie die außenpolitischen auf der Grenzscheide zwischen Ost und West in der amerikanischen Botschaft. Der bekannte USA-

Keine Auswirkung

McCIoy über Deutschland und den Korea-Konflikt

FRANKFURT, Der amerikanische Hohe Kommissar John- McCIoy erklärte, keine Anzeichen dafür zu sehen, daß der Koreakon­flikt irgendwelche Folgen für die -Lage der Bundesrepublik haben wird. Als Bekräftigung für seine Auffassung führte er an, daß ge­rade jetzt seine 84jährige Mutter aus den USA zu Besuch gekommen sei. Solange die demo­kratischen Kräfte in Westeuropa eine starke und entschlossene Position gegenüber dem Osten einnehmen, befürchte er auch keinen Angriff.

Fragen an die Hohe Kommission

LONDON. Der Ausschuß der Westmächte, der die Revision des Besatzungsstatuts vorbe­reitet, hat der alliierten Kommission in Bonn einen Fragebogen zugestellt, auf dem diese Vorschläge zur Revision des Besatzungsstatuts machen soll. Die Antworten der Hohen Kom­missare sollen in London geprüft werden und als Grundlage für die weiteren Arbeiten an der Revision des Besatzungsstatuts dienen.

Nachrichten aus aller Welt

STUTTGART. Der Beirat desBundes west­deutscher Mieterverbände protestierte am Sams­tag gegen die Auffassung des Bundeswohnungs­bauministers Wildermuth, daß durch Erhöhung der Altbaumieten ein Unrecht wiedergutgemacht werden müsse, das dem privaten Hausbesitz seit 30 Jahren zugefügt werde.

MOOSBACH. Der Landesausschuß der CDU Nordbadens beschloß einstimmig, sich in der Süd­weststaatfrage neutral zu verhalten. Dieser Be­schluß soll aber das Recht der CDU-Mitglieder nicht beeinträchtigen, für die Wiederherstellung des alten Landes Baden oder den Südweststaat zu werben.

GARMISCH. Die bayerische Zugspitzbahn fei­erte am Wochenende ihr 20jähriges Bestehen. Seit der Eröffnung der Bahn wurden bis heute nahezu 1,5 Millionen Fahrgäste von der Talsta­tion zur Bergstation Schneefernerhaus befördert.

GIESSEN. Ralph Kästner, der Sohn des stell­vertretenden Sow j etzonenministerpräsidenten, Prof. Dr. Kästner, erhielt im Zonenlager Gießen das Asylrecht für die Bundesrepublik. Er wurde in da* Lager Balingen in Württemberg-Hohen- zollern eingewiesen.

BERLIN. Der in Berlin lebende 30jährige Schau­spieler Helmut vom Hofe soll nach einem ame­rikanischen Aufruf in einer Frankfurter Zeitung sieben Millionen Dollar und eine Konserven­fabrik in Philadelphia von seinem dort verstor­benen Onkel erben.

BERLIN. Mehr als 10 000 Vertriebene aus Ost- und Westpreußen gedachten am Sonntag in einer Kundgebung der Volksabstimmung in ihrer Hei­mat am 11. Juli 1920, bei der sich weit über 90 Prozent der Bevölkerung für den Verbleib bei Deutschland entschieden hatten.

für die Sicherheit der Aegäis sollten die de­mokratischen Amerikaner auch eine Diktatur in Kauf nehmen!

Denn schon meldet sich wieder das KKE (kommunistische Partei Griechenlands) durch seinen Sprecher Zachariades am Sender Sofia: Wir sind Stalins Soldaten in Hellas und im Rizospastis schreibt er:Griechenland stellt einen psychologischen Ausgang für die süd­ostdeutschen Völker zum Mittelmeer dar. Un­ser geographisches Schicksal ist, nicht eine Barriere, sondern eine Brücke zu sein!

Der Fragebogen dürfte recht umfangreich sein und es werden wohl Wochen vergehen, bis er den Dreimächte-Diplomaten in London ausge­füllt vorliegt.

Zwei Todesurteile in Bordeaux

BORDEAUX. Das Kriegsgericht sprach den wegen Kriegsverbrechen im Festungsbezirk von Royan angeklagten Konteradmiral M i - chahelles frei. Mit ihm wurden drei wei­tere Angeklagte freigesprochen. Zwei Offi­ziere, von denen einer vor Gericht nicht er­schienen war, wurden zum Tode verurteilt. Ein früherer Oberleutnant und zwei Unter­offiziere erhielten je 10 Jahre Gefängnis.

1900 Jahre Köln

KÖLN. Die ganze Stadt Köln stand am ver­gangenen Wochenende im Zeichen ihres 1900- jährigen Geburtstages, der mit einer riesigen Kundgebung am Dom, mit Feuerwerk, einem großen Volksfest und von Polizeistunde un­eingeschränktem fröhlichen Treiben begangen wurde. Bei der Kundgebung am Dom waren weit über eine halbe Million Menschen an­wesend.

LONDON. Delegierte von rund 30 000 Londo­ner Kraftwagenfahrern haben für heute einen allgemeinen Transportstreik für das gesamte Ge­biet der britischen Hauptstadt ausgerufen. Die Be­förderung von Lebensmitteln und sonstigen Gü­tern auf dem Straßenweg soll ganz eingestellt werden.

PARIS. Der ehemalige ägyptische Ministerprä­sident Ismael Sidky Pascha ist am Sonntag im amerikanischen Krankenhaus von Paris gestor­ben. Ministerpräsident war er im Jahre 1946.

SALZBURG. Der Salzburger Polizei ist es ge­lungen, zwei österreichische Zollassistenten als die Organisatoren eines umfangreichen Kaffee-, Schokolade- und Zigarettenschmuggels aus West­österreich nach Ndederbayern zu überführen. Dem österreichischen Staat ist ein Schaden von min­destens 700 000 Schilling entstanden.

BUKAREST. Die amtliche rumänische Nach­richtenagentur behauptete am Samstag, der Bu- karester Korrespondent der amerikanischen Zei­tungChristian Science Monitor, Frank Stevens, habe beschlossen, künftig ostwärts des eisernen Vorhangs zu leben.

CASABLANCA. In Marokko herrscht eine noch nicht dagewesene Dürre, weil im vergangenen Winter im Atlasgebirge die Schneefälle ausge- blieben und auch die sonst üblichen Frühjahrs­regen nicht eingetreten sind.

NEU DELHI. Alle 21 Passagiere eines Autobus­ses wurden in der Nähe von Tri.chur in Indien durch einen elektrischen Schlag getötet. Der Wa­gen war gegen einen Hochspannungsmasten ge­fahren, wobei die Ueberlandleitungen auf ihn fielen.

11. Fortsetzung

Denken Sie doch nicht an meine Mutter, sondern an mich! Ich will doch glücklich wer­den!

Und ich? bäumte es sich in Lauren auf. Wer fragt danach, ob ich glücklich werde?

Dann aber kam ihm plötzlich zum Bewußt­sein, daß, wenn Trude Wenckhaus seine Wer­bung angenommen hätte, er jetzt als ihr Ver­lobter ins Hotel zurückkehren würde. Wie eine Erlösung erschien ihm in diesem Au­genblick, daß es anders gekommen war. Als sei er nahe daran gewesen, eine Brücke hin­ter sich abzubrechen nun war er we­nigstens noch frei.

Leichtigkeit, über die er sich keine Rechen­schaft gab, war mit einem Male in seinen Ge­danken.

Was an mir liegt; damit Sie Ihren Freund zum Manne bekommen, soll geschehen, Fräu­lein Trude!

Ueberschwänglich preßte sie seine Hand,

Ich wußte ja. daß Sie ein patenter Kerl sind, Peter Lauren!

Für Außenstehende blieb also zunächst al­les, wie es war.

Nach wie vor widmete Lauren sich Trude Wenckhaus; er begleitete sie zum Baden und auf Spaziergängen; aber es geschah dabei häufig, daß Trude, wenn man außer Seh­weite ihrer Mutter war, sich von ihrem Be­gleiter trennte, um sich mit Fritz Völker zu treffen.

Lauren war inzwischen mit dem Maler be­kannt geworden.

Eine Bombenwut hatte ich anfangs auf Sie! hatte Völker ihm lachend eingestandenEs war auch keine Kleinigkeit, von weitem mit­ansehen zu müssen, wie ein anderer dem Mädel, das man gerne hat, den Hof macht! Jetzt sind Sie hoffentlich beruhigt! er­widerte Lauren. dem das urwüchsige Wesen des Malers gefiel.

i ROMAN VON HERMANN WEICK

ROMAN VON HERMA

Es ist famos, daß Sie mithelfen wollen, meine zukünftige Schwiegermutter umzu­krempeln! Hoffentlich schaffen wir es!

Der Amerikanerin war Lauren in den letz­ten Tagen zweimal begegnet; der Sänger Ko- lander hatte sich in ihrer Gesellschaft be­funden. Mit kurzem, eisigem Gruß war Lau­ren an beiden vorübergegangen.

Er zwang sich, nicht mehr an Maud Smith zu denken, und brachte es mit verzweifelter Willenskraft fertig, sie für eine Weile aus seinen Gedanken zu verbannen; doch kamen immer wieder Stunden, in denen die Sehn­sucht nach ihr ihn beinahe zerbrach.

Er wehrte sich dagegen, er wollte Maud aus seinem Erinnern streichen, eine Maud Smith existierte nicht mehr für ihn aber wenn er daran dachte, daß sie im sel­ben Augenblick bei dem Sänger weilte, daß sie vielleicht die Geliebte dieses Frauenjägers geworden war, verwehten all seine Vorsätze, und nur brennende Eifersucht, ohnmächtiger Schmerz blieben zurück.

Immer unfreundlicher und gereizter wurde Lauren, so daß auch Frau Wenckhaus, die an­fangs so begeistert von ihm gewesen war, ihre Meinung beträchtlich korrigierte.

Wenn Sie so weitermachen, ziehen Sie sich bald Mamas Ungnade zu, sagte Trude ein­mal zu ihm.Ich glaube, daß sie schon manchmal Vergleiche zwischen Ihnen und

Fritz Völker anstellte, die nicht zu Ihren Gunsten ausfielen!

Da können Sie ja zufrieden sein!

Wenn ich nur wüßte, was Sie derart durch­einander gebracht hat! Wollen Sie es mir nicht sagen? Vielleicht könnte ich Ihnen hel­fen!

Unwillig sah Lauren sie an.

.Fangen Sie wieder mit dem alten Lied an? Haben Sie nicht genug an Ihren eigenen Problemen?

Fressen Sie mich nicht gleich auf, Sie Starrkopf! wies Trude ihn zurecht und nahm sich vor, so bald wie möglich ein Zusammen­treffen mit der Amerikanerin Smith herbei­zuführen, um endlich den Dingen auf den Grund zu kommen.

*

Als Lauren am Strandkaffee vorüberkam, aus dem Musik ertönte, blieb er stehen. Ihm graute plötzlich vor dem Alleinsein, und kurz entschlossen betrat er das Lokal.

Sein erster Blick fiel auf Maud Smith, die mit dem Sänger Kolander nahe der Türe saß.

Lauren tat, als habe er sie nicht gesehen, und ging an ihnen vorbei, dem hinteren Teil des Kaffees zu. Aber nirgends fand er in dem überfüllten Raum einen freien Stuhl.

Er machte kehrt und wollte das Lokal wie­der verlassen, als er angerufen wurde.

Wieder Rationierung?

L. H. Seit einigen Tagen wird auch Süd­württemberg von der Welle der Angstkäufe, die anderwärts schon viel früher einsetzte, überspült. Die Folge ist, daß an einigen Nah­rungsmitteln Mangel aufgetreten ist, weil auch das größte Lager eines Einzelhändlers dem massierten Angriff der Hamsterer nicht lange standhalten kann und auch die Groß­händler in einer solchen Situation nicht so­fort überallhin ihre Lieferungen auf den Weg bringen können. ,

Wie schon vor Wochen in anderen Ländern, als durch die Nachricht von der Aufforderung der Schweizer Regierung an ihre Bürger, Le­bensmittelvorräte anzulegen, die Angstkäufe ausgelöst wurden, werden jetzt ganz bestimmte Waren gehamstert: Fett, Oel, Zucker, Reis, Mehl und Seife. Wenn einmal einer die Be­merkung aufschnappt, daß beim Kaufmann X. der Kakao ausgegangen ist, wird auch der Ka­kao in die Hamsteraktion einbezogen und noch am gleichen Abend sind alle Kakaovorräte in den festen Händen derVorratswirtschaftler.

Die Regierung in Bonn, die dieses Angst­theater nun schon seit Wochen beobachtet, hat bis jetzt noch nichts getan, die durch den Ko­reakonflikt vollends aus der Fassung gebrach­ten Bürger über die Versorgungsgrundlage aufzuklären und ihnen zu sagen, daß kein An­laß zu Angstkäufen gegeben ist. Sie hätte auch, wenn die Versorgungslage schlecht wäre, die Rationierung wieder einführen oder dar­auf hinweisen können, daß, wenn man schon an einen Krieg glaube, die Hamsterlager an­gesichts der Atombombe oder der, wie manche fürchten, nach Westdeutschland einmarschie­renden Roten Armee nicht viel Sinn haben. Die Bundesregierung hat nichts derartiges verlauten lassen. Also kann man annehmen, daß sie die ganze Hamsterpsychose nicht tra­gisch nimmt.

So passiv will sich das südwürttem- bergische Ernährungsministerium nicht verhalten. Es weiß, daß die Hamsterkäufe die Versorgung derjenigen Verbraucher stören können, die nicht, wie die Hamsterer, über flüssige Geldmittel verfügen. Der Rückfall in die Kartenwirtschaft, gewissermaßen als Strafe für die Undiszipliniertheit gewisser Käuferschichten, ist keineswegs be ab - sichtigt. Die Vorratskammern dieser Käu­fer sind nämlich schon gefüllt. Aber in Zu­kunft soll verhindert werden, daß die kleinen Verbraucher nicht zu ihren für den augen­blicklichen Konsum und für die besonders mit Rücksicht auf die derzeitige Einmachzeit nor­male Vorratswirtschaft notwendiger paar Pfund Zucker und anderen Nahrungsmitteln kom­men, weil zahlungskräftigeStammkunden sie ihnen zentnerweise vor der Nase weg­kaufen.

Minister Dr. Weiß will den Groß- und Einzelhandel davon unterrichten, daß unter allen Umständen mit den zur Verfügung ste­henden Waren die gesamte Bevölkerung ver­sorgt werden muß. Der Einzelhandel soll an­gehalten werden, falls bei einigen Nahrungs­mitteln eine übernormale Nachfrage festge­stellt werden kann, von sich aus, wie das ja nicht neu ist, jedem Kunden bestimmte Höchst­mengen zu verkaufen, so, daß die Deckung des Bedarfes aller Verbraucher gewährlei­stet ist.

Wir wissen, daß dieser Art der Rationierung durch Gänge von Geschäft zu Geschäft aus­gewichen werden kann. Immerhin weiß jetzt der Normalverbraucher, daß eine staatliche Instanz sich in der allgemeinen Psychose sei­ner erinnert. (Uebrigens: in denjenigen Ge­schäften, in denen das Olivenöl oder der Zuk- ker ausgegangen waren, sind in den meisten Fällen bereits neue Sendungen eingetroffen.)

Kredituntersuchung kommt

TÜBINGEN. Die Landtagsfraktion der SPD und FDP wollen in der nächsten Sitzung des Landtags von Württemberg-Hohenzollern die Einsetzung eines parlamentarischen Untersu­chungsausschusses beantragen, der sich mit dem Fall Kiehn befassen soll. Der Ausschuß soll vor allem die politischen und wirtschaft­lichen Voraussetzungen der Bewilligung des 3-Millionen-Kredites an Fritz Kiehn zur Sa­nierung der Chiron-Werke in Tuttlingen prüfen.

Das Blut jagte ihm zum Herzen. Wie über­rascht drehte er sich um.,

Maud Smith lächelte ihm zu.

Finden Sie keinen Platz, Herr Lauren? Hier ist noch ein Stuhl frei; wollen Sie sich- zu uns setzen?

Lauren hatte eine Ablehnung auf den Lip­pen. Da aber gewahrte er in den Zügen des Sängers, dem Mauds Aufforderung an ihn nicht zu behagen schien, einen ungehaltenen Ausdruck-erst recht würde er jetzt da­

bleiben! dachte er, von Feindschaft gegen den Rivalen bewegt.

Gnädiges Fräulein sind sehr gütig! sagte er auf Mauds Einladung.

Darf ich bekanntmachen Herr Kolan­der, Herr Lauren!

Gemessene Verbeugung auf beiden Seiten; dann setzten sich die Herren.

Wir sahen uns lange nicht mehr, begann Maud Smith die Unterhaltung.Haben Sie die Tage inzwischen gut verbracht, Herr Lau­ren?

Danke, ausgezeichnet! Gnädiges Fräulein können sicher das gleiche von sich selbst sa­gen?

Gewiß! . . . Und nach einer kleinen Pause:Das Frühaufstehen haben Sie sich wohl wieder abgewöhnt? Ich sah Sie wenig­stens morgens nicht mehr beim Baden!

Daran sind meine Bekannten schuld; die Damen Wenckhaus ziehen es vor, erst spä­ter zum Strand zu gehen, und Frauenwün­schen muß man sich beugen! antwortete Lauren aus dem Bestreben heraus, Maud Smith zu verstehen zu geben, daß auch er seine Tage nicht allein verbringe.

Mauds Lippen hatten sich unmerklich zu­sammengezogen.

Wie geht es Fräulein Wenckhaus?

Danke, gut! Schade, daß Fräulein Trude nicht mit hierherging; sie hätte sich gewiß gefreut, Sie wiederzusehen!

(Fortsetzung folgt)