8. Jahrgang
Samstag, 8. Juli 1950
Nummer 104
derheit binden und es kein Veto geben kann. Für besonders wichtige Entscheidungen kann man qualifizierte Mehrheiten vorschreiben.
Ein großes Problem für den Europa-Rat stellt die Vertretung der mit europäischen Staaten verbundenen überseeischen Beteiligten dar. Frankreich hat farbige Delegierte nach Straßburg entsandt und damit betont, daß das überseeische Frankreich auch in Straßburg vertreten ist. Europa kann auf seine Bindeglieder zur übrigen Welt hinaus nicht verzichten. Es ist ohne England nicht denkbar, aber England auch nicht ohne seine weltweiten Beziehungen im Commonwealth. Wir sehen also, daß die Grenzen Europas anfangen, außerordentlich flüssig zu werden. ,
Es gibt echte Hemmungen auf diesem Wege zum Zusammenschluß, die nicht nur aus nationalem Eifer entspringen. Die englische Regierung treibt Vollbeschäfligungspo- litik. Selbst konservative Delegierte meinten, daß die englische Regierung es nicht wagen könne, ihre Politik der Vollbeschäftigung einer vollkommen anders gesonnenen internationalen Behörde unterzuordnen und dafür einige Millionen Arbeitslose einzutauschen. In Skandinavien fürchten viele Menschen, daß das einheitliche Europa die verschiedenen Lebensniveaus einebnet und damit der sehr hohe skandinavische Lebensstandard beschnitten wird. Es war erfreulich, zu sehen, wie zu diesem verständlichen Argument ein skandinavischer Vertreter betonte, was wohl für uns alle gilt: Entweder schaffen wir ein gesundes Europa der sozialen Gerechtigkeit, das allen seinen Bürgern eine angemessene Heimstatt bietet, oder aber wir gehen alle gemeinsam unter, ob wir heute einen hohen oder einen niederen Lebensstandard haben.
655 Millionen Fehlbetrag
Berliner Haushalt verabschiedet
BERLIN. Das Berliner Stadtparlament verabschiedete am Donnerstag nach siebenstün- diger Beratung den Berliner Haushaltplan, der mit einem Fehlbetrag von 655 Millionen DM abschließt. Den Einnahmen in Höhe von 920 Millionen DM stehen Ausgaben in Höhe von 1,575 Milionen gegenüber. Die größten Posten davon sind 200 Millionen für Arbeitslosenhilfe, weitere 200 Millionen für Besatzungskosten und 180 Millionen für Sozialwesen.
300 Millionen sind durch das Notopfer Berlin gedeckt. Dagegen ist für den restlichen Fehlbetrag noch keine Deckung vorhanden, da Bundesregierung und Bundestag noch nicht endgültig über die Zuschüsse an Berlin entschieden haben.
Stadtverordnetenvorsteher Dr. S u h r führte den Fehlbetrag auf die politische Situation Berlins zurück. Berlin habe die finanziellen Kosten der Spaltung Deutschlands und Berlins zu tragen. Der Etat weise als außergewöhnliche Ausgaben für Kriegsfolgelasten, Besatzungskosten, Blockade und Währungsumstellungskosten insgesamt 528 Millionen DM auf. Das Tauziehen zwischen Berlin und dem Bundesfinanzminister um den Ausgleich- des Berliner Etats könne beendet werden, wenn man Berlin nach dem sogenannten Ueberlei- tungsgesetz'und als zwölftes Bundesland behandle.
In der Debatte appellierten SPD und FDP an die Bundesregierung, Berlin nicht als armen Verwandten zu behandeln.
Einigkeit über Zahlungsunion
PARIS. Der Rat der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit(OEEC) erzielte am Donnerstag auf seiner Sitzung in Paris, an der die Finanzminister der 18 Marshallplanstaaten und zum erstenmal auch als offizieller Delegierter der USA der neue Marshallplan-Sonderbotschafter, Milton Katz, teil- nahmen, ein grundsätzliches Uebereinkommen über die europäische Zahlungsunion.
Ein OEEC-Vertreter bezeichnete die Zahlungsunion als den bisher größten Schritt auf dem Wege zur Bildung eines einzigen europäischen Marktes.
10. Fortsetzung
Etwas wie Befreiung wehte bei Trudes Antwort über Lauren hin; er wollte sich das Empfinden aber nicht eingestehen und sagte förmlich:
„Unter diesen Umständen muß ich mich wohl oder übel bescheiden ...“
„Sie kennen übrigens meinen Freund vom Sehen, Herr Lauren! Er fiel Ihnen neulich beim Baden auf, als er uns fixierte; vor wenigen Minuten ging er auf der Promenade an uns vorbei. Er ist Kunstmaler, ein sehr begabter, lieber Mensch; aber meine Eltern widersetzten sich bisher unserer Heirat. Als Mama mit mir hierherfuhr, reiste Fritz Völker uns nach!“
Beinahe hätte Lauren hinausgelacht.
Hatte er an diesem Nachmittag nicht Vergleiche zwischen Maud Smith und Trude
Wenckhaus angestellt-war er dabei nicht
zu dem Schlüsse gekommen, daß Trude keinesfalls, wie dies von Maud geschah, sich gleichzeitig mit zwei Männern abgebe . . . nun hatte sie es um keinen Deut anders getrieben! Er hatte wahrlich Pech mit seinen Ferienbekanntschaften!
Trude lehnte sich etwas zu Lauren hinüber.
„Sind Sie mir böse, Herr Lauren?“
„Dazu fehlt mir jedes Recht, gnädiges Fräulein!“ erwiderte er in eisiger Förmlichkeit.
„Seien Sie doch nicht so kratzbürstig!“ wies sie ihn zurecht. „Hören Sie erst an, wie alles kam; dann verstehen Sie eher, weshalb ich, statt Ihnen gleich die Wahrheit zu sagen, mir zum Schein von Ihnen den Hof machen ließ!“
Mit raschen Worten setzte sie Lauren auseinander, welchen Plan sie ausgeheckt hatte, um zunächst ihre Mutter umzustimmen, damit sie Fritz Völker nicht mehr so abweisend wie bisher begegne.
„Es war keine Kleinigkeit für mich,“ fuhr sie fort, „meinen Freund für diesen Plan zu gewinnen! Er ist ein höchst eifersüchtiger
Die Schule hinter dem Eisernen Vorhang
Höhere Schüler opponieren / „Fortschrittliche“ Jugend kontrolliert
F.E.O. Die Schulverwaltung im Osten hinter dem Eisernen Vorhang hat in der letzten Zeit Wachsende Schwierigkeiten mit den Schülern in den oberen Klassen der höheren Lehranstalten, die immer häutiger gegen den sowjetischen Geist dieser Schulen opponieren.
Es ist nichts Neues mehr, daß einzelne Schüler aus den Oberklassen östlicher Schulen mit Genehmigung ihrer Eltern sich an einer Westberliner Schule zur weiteren Vorbereitung auf das Abiturium anmelden, weil sie den einseitigen politischen - Kurs in ihrer bisherigen Schule einfach nicht mehr aushalten konn ten. Noch nicht dagewesen war es aber, als im vergangenen Monat gleich 25 Schüler, darunter drei Mädchen, von der Albert Einstein- Schule in Potsdam geschlossen nach Berlin gingen und dort auch in eine Tempelhofer Schule aufgenommen wurden. Die oberen Klasjgen ihrer Potsdamer Schule waren von dem ’brandenburgischen SED-Volksbildungsminister Rücker aufgelöst worden, nachdem die Schüler sich geweigert hatten, weiter an dem Unterricht des politischen Leiters der Schule teilzunehmen. Jetzt sind diesen 25 Schülern noch nachträglich drei ihrer Potsdamer Lehrer nach Westberlin gefolgt, weil sie sich bedroht fühlten und sich im übrigen mit ihren nach Westberlin gegangenen Schülern solidarisch erklärten.
Ein derartiges Vorkommnis dürfte in der deutschen Schulgeschichte wohl immerhin bisher ohne Beispiel sein. Weiterhin kam es kürzlich im Berliner Sowjetsektor zu zwei Schulstreiks, einmal in Berlin-Weißensee und gleich darauf in Berlin-Mitte in einer Oberschule für Mädchen, die gegen die fristlose Entlassung einer beliebten Lehrerin protestierten.
Aus der Sowjetzone wird bekannt, daß dort nach „unliebsamen Zwischenfällen“ eine strenge Ueberprüfung der Schüler begonnen hat. In Nordhausen in Thüringen wurde dabei festgestellt, daß bei Schulfeiern und öffentlichen Veranstaltungen der Lehrkörper und die Schülerschaft beim Absingen der östlichen „Nationalhymne“ ostentativ schwiegen und die verteilten Textblätter mit der Nationalhymne zerrissen hatten. In Brandenburg wurde ein Studienrat L. seines Amtes enthoben, weil man ihn für eine „nicht zu überbietende Interessen- losigkeit seiner Schüler an den Tagesereignissen und besonders auch an der FDJ-Arbeit“ verantwortlich machte.
Das für die Schulverhältnisse im Osten charakteristische Gegenstück zu diesen opponierenden Schülern ist die „fortschrittliche“ Jugend, die den Lehrern das Leben erst recht schwer macht.
„Die demokratische Jugendorganisation hilft den Lehrern bei der Demokratisierung und Aktualisierung des Stoffes im Unterricht. Durch ihre Initiative wird der Unterricht belebt und das Gesicht der neuen Schule geformt.“ Hinter diesen wohlformulierten Sätzen, die wir in einer sowjetisch lizenzierten Zeitung fanden, verbirgt sich die Tatsache, daß die armen Lehrer im sowjetischen Besatzungsgebiet sich heute von der sogenannten fortschrittlichen Jugend in einer Weise dreinreden lassen müssen, wie das bisher in Deutschland noch nicht dagewesen ist.
Dieses Recht des Dreinredens ist in der „Deutschen Demokratischen Republik“ im Jugendgesetz verankert. Dazu lasen wir in der sowjetisch lizenzierten Presse folgenden Kommentar: „Die besten Kräfte der Jugend, organisiert in der FDJ und den Jungen Pionieren, erhielten im Jugendgesetz das Recht, ihre Initiative auch in allen Fragen, die die Lehranstalten betreffen, ungehindert zu entfalten. Sie stehen im Unterricht auf und wehren sich gegen Reaktionäre. Sie nehmen in Schülerversammlungen Stellung. Es ist ihr Recht.“
So sieht es drüben aus. Die „fortschrittliche“ Jugend steht im Unterricht auf und redet den Lehrern dazwischen, wenn sie anderer Ansicht ist und der arme Lehrer muß sich von seinen Schülern womöglich als Reaktionär anschwärzen lassen. Das ist das gute Recht dieser Jugend. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich auszumalen, wie das auf die Lehrer wirkt und wie vorsichtig sie heutzutage dort im Unterricht mit jedem Wort sein müssen, um nicht bei ihren Vorgesetzten Dienststellen größte Unannehmlichkeiten zu haben.
„Die Jugend ist ein aktiver Teil der Nationalen Front kies demokratischen Deutschland. Sie fordert eine demokratische Erziehung sowohl im Interesse unseres Volkes, als auch im Interesse der Freundschaft zwischen den Völkern und der Sache des Friedens.“ So das „Jugendgesetz der deutschen demokratischen Republik“. Na also. Jetzt wissen wir es ganz genau. Können einem die armen Lehrer, die sich so viel von der „fortschrittlichen Jugend“ dreinreden lassen müssen, nicht leid tun?
Nachrichten aus aller Welt
FRANKFURT. Die Bank deutscher Länder hat am Freitag die Kleingeldscheine zu 10 D-Pf. zum 30. September aufgerufen. Mit diesem Tage verlieren sie ihre Gültigkeit als gesetzliches Zahlungsmittel.
KIEL. Bundeswirtschaftsminister Prof. Erhard schätzt den Gesamtexport für 1950, wie er auf einer Wahlkündgebung mitteilte, auf annähernd 8 Milliarden DM. Im nächsten Jahr seien zusätzliche Exportlieferungen nach Südamerika im Werte von 2 Milliarden -DM zu erwarten.
BERLIN. Der thüringische Minister für Versorgung, Dr. Heinrich Tillessen (Ostzonen-CDU), hat seinen Rücktritt erklärt.
PARIS. Die Börse zeigte ebenso wie die übrige Weltbörse infolge des Koreakrieges und der unsicheren internationalen Lage starke Fieberkurven. Das Spekulationskapital sucht allen Bedrohungen durch rasche Goldkäufe zu entgehen, und treibt dadurch den Goldpreis in die Höhe, während die übrigen Werte absinken.
PARIS. Vor dem, Kriegsgericht in Bordeaux hat der Prozeß gegen den früheren Verteidiger des Festungsbezirks Royan, Konteradmiral Mi- chahelles, und sechs Mitangeklagte begonnen. Ihnen werden kriegsverbrechen vorgeworfen, weil sie Häuserzerstörungen, Schiffsversenkungen, Beschlagnahmen und Plünderungen veranlaßt oder geduldet haben sollen.
PARIS. Der französische Generalstaatsanwalt beauftragte mehrere Anwälte, den Fall des zu lebenslänglicher Einschließung verurteilten früheren Marschalls Petain zu überprüfen und festzustellen, ob ein neuer Prozeß gerechtfertigt ist.
PARIS. 40 000 ha Getreidefelder wurden am Donnerstag im Departement Oise durch einen Hagelsturm zerschlagen. Der angerichtete Scha
den wird auf 4 Milliarden Francs (48 Millionen DM) geschätzt. Gleichfalls schweren Schaden erlitten durch Hagel die Weinstöcke in der Champagne.
NEUENBURG (Schweiz). Bei einer nächtlichen Motorbootfahrt auf dem Neuenburger See hatte das Boot eine Panne. Dabei kippte es und die acht Insassen fielen ins Wasser. Vier Personen ertranken.
VATIKANSTADT. Der frühere britische Hohe Kommissar in Deutschland, Sir Robertson, ist von Papst Pius in Privataudienz empfangen worden. General Robertson verbringt einen kurzen Urlaub in Italien, bevor er seinen Posten als Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte im Nahen Osten übernimmt.
PARAMARIBO (Holl. Guayana). Im brasilianischen Dschungel fanden Eingeborene dieser Tage, die Leiche des französischen Journalisten Manfrais. Dieser wollte, nur in Begleitung seines Hundes, von Guayana an den Amazonas marschieren und eine Artikelserie für eine französische Zeitschrift schreiben. Manfrais hat, wie sich aus seinem Tagebuch ergibt, zuletzt Heuschrek- ken, Frösche, Schlangen und dann sogar seinen Hund aufgegessen.
WASHINGTON. Der Leiter der Kriminalpolizei von Chikago erklärte einem Senatsausschuß zur Untersuchung von Verbrechen, die frühere Bande des Al Capone sei wiederaufgelebt und habe ein Netz gebildet, das sich über das gesamte Gebiet der Vereinigten Staaten erstrecke.
WASHINGTON. Die Vereinigten Staaten verstärken ihre Vorbereitungen für neue Atomwaffenversuche auf dem Eniwetok-Atoll im Pazifik; die Vorbereitungen für die Versuche werden streng geheimgehalten.
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ROMAN VON HERMAN
Herr, der Gedanke, mich so häufig in Ihrer Gesellschaft zu wissen, wollte ihm anfangs nicht in seinen Dickschädel,“ Trude lachte übermütig auf, „ich müßte mich gewaltig täuschen, wenn er nicht drüben in einem der Strandkörbe säße und scharf darauf achtgäbe, was hier zwischen uns vorgeht!“
„Sie können ja zu ihm hinübergehen und ihm sagen, daß seine Sorge unbegründet ist!“ „Jetzt werden Sie- unartig, Herr Lauren! Glauben Sie vielleicht, diese Heimlichtuerei, dieses Versteckspiel sei nach meinem Geschmack? Ich könnte mir die Ferientage schöner vorstellen, als sie es unter diesen Umständen sind! Was aber Ihren Heiratsantrag betrifft,“ fuhr Trude fort, „so glaube ich, daß Sie sich in der Adresse geirrt haben!“
„Wie meinen Sie das?“
„Ich müßte mich gewaltig täuschen, wenn Ihr Interesse nicht einem ganz anderen Objekt gelten würde und Ihre Gedanken sich weniger mit mir als mit einer anderen beschäftigt hätten!“
„Sie sprechen in Rätseln!“ kam es etwas unsicher zurück.
„Tun Sie doch nicht so ahnungslos, Herr Lauren! Sie wissen genau, wen ich meine! Vielleicht sind Sie mir eines Tages dankbar, weil ich Ihnen einen Korb gab! Fräulein Smith paßt viel besser zu Ihnen als ich!“ Lauren fuhr auf.
„Fräulein Smith? . . . Lächerlich!“
Ueber die schroffe Antwort war Trude nun doch betroffen.
„Nach allem, was ich sah, schienen Sie sich für die Amerikanerin zu interessieren,“ sagte sie etwas eingeschüchtert; „ich dachte nicht anders, als daß Sie sich in sie verliebt hätten ..."
, „Da haben Sie sich gründlich geirrt!“ kam es höhnisch zurück, aber etwas wie schmerzvolles Aufbäumen geisterte durch den Hohn.
Was mochte zwischen der Amerikanerin und Lauren vorgefallen sein, daß dieser sich so rabiat aufführte? Schwerwiegendes mußte es gewesen sein-ob sie, Trude, bei näch
ster Gelegenheit Maud Smith in unauffälliger Weise aushorchen sollte? Vielleicht würde es ihr gelingen, die Dinge wieder einzurenken; Lauren verdiente, daß' ihm geholfen würde, er war ein netter Kerl, dem man gut sein mußte, auch wenn man ihn nicht gerade heiraten wollte . . .
Trude erhob sich.
„Ich denke, wir gehen jetzt ins Hotel zurück!“
„Falls Sie sich lieber von Ihrem Freund heimbegleiten lassen, Fräulein — bitte, nehmen Sie keine Rücksicht auf mich!“
„Sehr gütig von Ihnen — heute muß Fritz aber ohne mich auskommen,“ ein Gedanke war soeben in ihr aufgezuckt, die Gelegenheit
Anna — das Uebermädchen
BELGRAD. Von der „gesunden Selbstkritik“ bis zur .rosaroten Verherrlichung des „neuen sozialistischen Arbeitsethos“ werden heute in den Ländern hinter dem „Eisernen Vorhang“ alle Register einer Massenverdummung gezogen, um knurrende Mägen mit Zukunftsprognosen zu füttern und Planziffem erbarmungslos durchzupeitschen. In der neuesten Ausgabe der „Nova Bulgarija“ (Sofia) wird an dem Beispiel des „Uebermädchens“ Anna bewiesen, daß der Dornröschenschlaf der ehemals verknechteten Massen durch einen Prinzen in Gestalt eines Traktors beendet wird,
Nova-Zagora-Traktorenschule! Am Steuerrad sitzt Anna. Ihre Jugend war eine einzige Misere, die Kindheit ohne Freude und Sonne. Sie wollte studieren, aber die Eltern waren arm. „Was zum Teufel“, sagte die Mutter, „liest Du den ganzen Tag?“ Aber Anna las, las,, las. Dann sah sie nach 1945 zum erstenmal den Vater mit einem Traktor, der aus der UdSSR geschickt worden war.
Anna begann zu träumen. Während der Sturm gegen das Haus heulte, sah sie wie eine Vision die Worte „Arbeit“, „Fortschritt“, „Ernte“, „Planerfüllung“. Anna öffnete die Arme, sie bekam Flügel und rief: „Ich grüße dich Mutter Erde.“
Anna ging aufs Feld. „Kümmere Dich um Kinder und koche Essen“, lachten die Männer. Aber dann half der Bürgermeister, ein „alter Kämpfer“. Heute ist Anna auf der Traktorenschule! Dann sagt „Neues Bulgarien“ weiter: „Eine brillante Zukunft liegt vor unseren Frauen.“ „Wie diese Anna“, so berauscht sich schließlich der Berichterstatter an eigenen Worten, „denkt die ganze bulgarische Jugend: Traktoren, Traktoren, Plan, Plan, Plan.“
Aus dem Hintergrund schreit Donka: Ich werde Vor-Traktoristin. Dann wird mich Väterchen Stalin empfangen. -wwk-
32 Schulen geschlossen
Wasssrknappheit in Neu-Kölln
BERLIN. Am Freitag mußten im Bezirk Neukölln des amerikanischen Sektors von Berlin bis auf weiteres 32 Schulen geschlossen werden, weil der Wasserdruck nicht ausreicht, um die Toilettenanlagen zu versorgen. Die Wasserknappheit in Neukölln ist die Folge der Sperrung der Wasserzufuhr aus den Werken im Ostsektor, durch die die bisher einheitliche Wasserversorgung Berlins in eine östliche und eine westliche gespalten wurde. An sich wird genügend Frischwasser in Westberlin gefördert, um vom Sowjetsektor unabhängig zu sein. Dafür haben sich aber Schwierigkeiten im Rohrsystem gezeigt. Durch Tag- und Nachtschichten hofft man, bis in 14 Tagen Neukölln ausreichend mit Frischwasser versorgen zu können.
Krach bei den Königstreuen
„In Treue fest“
MÜNCHEN. Führende Mitglieder des bayerischen Heimat- und Königsbundes, der von Prof. B e r r gegründet worden ist, haben die Vereinigung verlassen. Unter ihnen befinden sich der bisherige Präsident des Bundes, Graf de la Rosee, und Graf Preysing, ein bisheriges Vorstandsmitglied. Graf de la Rosee, hat nun einen neuen bayerischen Heimat- und Königsbund „In Treue fest“ gegründet und den Vorsitz übernommen. Der neue Bund, dem auch Dr. Breitenbach, der Lizenzträger der ehemaligen Heimat- und Königspartei, angehört, ist beim Münchener Registergericht eingetragen worden.
Keine Quaiifikationssp eie im Juli
Tübingen. Der Fußballverband Württem- berg-Hohenzollern teilt mit, der DFB hat infolge der Julisperre die Austragung der Qualifikationsspiele zur ersten Amateurliga telegrafisch verboten.
war günstig, jetzt gleich wollte sie mit Lauren darüber reden, „ich habe nämlich etwas auf dem Herzen, 'was ich Ihnen anvertrauen möchte, Herr Lauren!“
Sie überlegte dann krampfhaft, wie sie ihr Anliegen am unverfänglichsten Vorbringen solle, während Lauren, als sei er mit seinen Gedanken weit fort, gesenkten Hauptes neben ihr herging.
„Wir bleiben doch nach wie vor Freunde, Herr Lauren?“ begann sie schließlich.
„Selbstverständlich!“ antwortete er, ohne aufzusehen. .
„Dann müssen Sie mir auch einen Freundschaftsdienst erweisen!“
„Falls es in meinqg Macht liegt — gerne!“ „Es handelt sich um meine Mutter; wenn sie erfährt, daß ich Ihrer! Heiratsantrag zurückgewiesen habe, wird sie vermuten, daß es Fritz Volkers wegen geschah, ihre Abneigung gegen Fritz wird dadurch nur noch größer werden . . . Etwas anderes wäre es, wenn der Rückzug von Ihrer Seite geschähe; Sie verstehen doch, wie ich das meine?“
„Nicht ganz . , .“
„Sie müßten in Mamas Gegenwart den Anschein erwecken, als ob Sie noch kein ernsthaftes Interesse für mich hätten, ja, daß Sie meiner sogar überdrüssig geworden seien, und sich 'nach und nach von mir zurückziehen ... Dann könnte ich die schmählich Sitzengelassene markieren, und Mama würde am Ende noch froh sein, wenn Fritz Völker mich in meinem Kummer trösten würde!“
Trotz der düsteren Stimmung, in der er sich befand, mußte Lauren lachen.
„Sie sind ja eine gefährliche Intrigantin, Fräulein Trude!“
„Merken Sie jetzt, wie gut es für Sie ist, daß ich nicht Ihre Frau werde?“
„Ein richtiges Komplott also, in das Sie mich verwickeln wollen . . . kann ich das Ihrer Frau Mutter gegenüber verantworten?“
(Fortsetzung folgt)