6. Jahrgang
Nummer litt
Die £efeftunbe
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Von Helmut H. Lundberg
Bekir Sitki Kunt gehört zu der anerkannten schriftstellerischen Elite der noch nnmer „Jungen Generation“ der Türkei. B. S Kunt, ein 1905 im damals syrischen Antiochia geborener Jurist, blieb von Anfang an der Kurzgeschichte treu, in der er liebenswerte, manchmal unliebenswürdige, Typen des alltäglichen Lebens, kleine Beamte, Großstadtrangen und Bauernburschen, die sämtlich mit der scharfen Beobachtungsgabe des Richters gesehen sind, auftreten läßt. Er psychologisiert weder direkt noch indirekt, sondern stellt nur die Fakten vor den Leser.
Als Bay Mechmed, der Amtsdiener, ins Büro kam, fand er den Kanzleivorsteher, die Schreiber und einige Leute, die mit Anliegen gekommen waren, vor der verschlossenen Tür stehend und wartend. Alle waren wütend. Der Vorsteher ging, kaum hatte er Bay Mechmed erblickt, auf ihn los, als ob er ihn prügeln wollte. Dann schrie er ihn an: „Gott strafe dich, Hundesohn! Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?! Her mit dem Schlüssel!“ — Dann fügte er etwas leiser hinzu: „Nur gut. daß der Chef nicht so früh wie sonst gekommen ist — wir hätten eine schöne Abreibung bekommen. Und alles — er zeigte auf Bay Mechmed, nur wegen so einem Holzklotz!“ —
Bay Mechmed sagte nur stotternd: „Ich — ich habe den Schlüssel nicht.“ Der Vorsteher wurde erneut wütend. „Sooo? Ei — wer hat ihn denn wohl hä? Na, wird’s wohl bald?“ —
„Weiß nicht . . . vielleicht liegt er vor der Tür . unter der Matte ..."
„Bei Allah! Eine schöne Sorte Amtsdiener! — Vielleicht liegt er unter der Matte! Glänzend! Das hat ja noch gefehlt . . .“ — Bay
Rein Wunder
Als nach langem Kampf mit sich selbst der schottische Landrichter Edgar Doof die Reise in das gelobte Land unternahm, kam er eines Tages auch an den See Genezareth. Die Pfeife im Mund, beobachtete er dort eine ganze Weile einen Bootsverleiher, der mit heiserer Stimme immer und immer wieder den vorübergehenden Fremden zurief:
„Eine Stunde rudern, zwei Pfund! Eine Stunde rudern, zwei Pfund!“
Ein kleiner Franzose rief temperamentvoll, das sei ja viel zu teuer. Aber der Bootsverleiher rechtfertigte sich mit der schönen Umgebung und fügte außerdem noch hinzu, daß dieses ja der See sei, über den schon Jesus Christus gegangen sei. Da rief der schottische Landrichter erbost dazwischen:
„Das ist auch kein Wunder, bei den Preisen!“
NmiiiinMiMminiimHiMmiMmiiimiiiiiiimimdimiuiiinmimimimiiimitiimimiHiiimMii
Mechmed hob kleinlaut die Matte hoch. Wirklich — da lag der Schlüssel ganz friedlich.
Die Amtsräume waren genau in dem Zustand, in dem sie sie am Vorabend verlassen hatten: Der Ofen war kalt, auf den Schreibtischen lag dick der Staub, die Papierkörbe waren bis zum Rand voll. Ueberall lag der Schmutz. Der Vorsteher war noch aufgebrachter als zuvor: „Da, schau dir deine Arbeit nur an! Kein Feuer im Ofen, nicht ausgefegt — was hat das zu bedeuten, mein Herr, wie? Na — der Herr Direktor soll nur erst da sein . . .“
Der Diener gab auch diesmal keine Antwort. Er murmelte nur in sich hinein: Soll ruhig kommen . . . werden schon sehen . . . na warte nur . . . Widerwillig leerte er die Papierkörbe, machte Feuer an, wischte flüchtig über die Schreibtische und setzte sich dann auf seinen Hocker beim Eingang. Brummelnd saß er da und wartete.
Gegen Elf kam der Herr Direktor. Seine Miene verriet, daß er,abgehetzt und erschöpft war. Ohne Bay Mechmed, den Vorsteher und die Schreiber anzusehen, ging er schnell in sein Zimmer. Dort ließ er sich in den Sessel fallen. Trotz dieser Kälte mußte er sich den Schweiß von der Stirne wischen.
Der Kanzleivorsteher stand von seinem Platz auf, knöpfte seine Jacke zu und trat höflich ein. Nach seiner devoten Verbeugung begann er: „Ich hätte da etwas vorzutragen, Herr Direktor. Was diesen Diener Mechmed Aga betrifft . . war doch da heute früh die Tür verschlossen und er — einfach nicht da! Kein Schlüssel — wir alle warten — Publikum ist auch schon da Na. dann kam er auch angetrödelt — aber wie sah es hier aus! Ueberall Schmutz — nicht einmal geheizt! Die Kollegen sitzen in Mänteln, Effendi und dann erlaubt sich dieser Mensch noch Widerworte! Ich möchte ergebenst vorschlagen, seiner Tätigkeit hier ein Ende zu setzen — es
Das Bcadjtlidja
Große Modenschau in New York. Der Vertreter einer guten Zeitung telefoniert an seine Redaktion:
„Die vorführenden Damen hatten nichts weiter an, was besonders beachtlich "war.“
Am anderen Morgen liest er erschüttert im Morgenblatt:
„Die vorführenden Damen hatten Nichts weier an — was besonders beachtlich war.“
Eine türkische Erzählung von Bekir Sitki Kunt
bewerben sich ja genug andere um diese Stelle.“
Der Direktor erwiderte langsam: „Nun ja — er kommt ja sonst eigentlich nicht so spät. Man weiß nicht — vielleicht hat er irgendeinen triftigen Grund gehabt — ist schließlich schon denkbar, so was. Na, ich werde ihm selbst gleich sagen, daß das nicht geht.“
Der eifrige Vorsteher stand ganz sprachlos da. Er schien etwas gekränkt: „Selbstverständlich, Effendi. Ganz wie Sie wünschen.“ Mit leisem Kopfschütteln setzte er sich wieder an seinen Platz.
Bald wurde auch der Amtsdiener Mechmed unruhig. Nachdem er dem Vorsteher einen giftigen Blick zugeworfen hatte, trat auch er beim Chef ein. Dieser Bay Mechmed war übrigens kein Amtsdiener von der gewöhnlichen Sorte. Unter dem alten Regime war er Hausmeister in einem Ministerium gewesen. Jetzt hatte er dreißig Jahre Dienstzeit aufzuweisen. Haar und Bart waren ihm weiß dabei geworden, aber er hatte es mit den Jahren auch zu einem ganz schönen Wohlstand gebracht. Er ließ nämlich sein bißchen Geld bei allerlei Gelegenheiten „arbeiten“. Wenn die Schreiber und kleinen Beamten seines Büros, gewöhnlich um den Siebten des Monats herum, keinen Para mehr hatten, half er ihnen aus. Gegen schöne Zinsen und Pfänder natürlich, wie Eheringe, goldene Uhren und Schmuck, wie ihn die Kinder tragen. Er war ein • unentbehrlicher Mann im Amt.
Nur der Vorsteher hatte keine Furcht vor ihm. Der als einziger konnte sparen. In den Mittagspausen, wenn die anderen Beamten und die Schreiber sich gegenseitig üppig traktierten, dann öffnete er den von zuhause mitgebrachten Beutel und sättigte sich mit Fleischklößen, Käse oder Wurst.
Als Bay Mechmed in das Chefzimmer trat, ging der Direktor ihm entgegen: „Nun, Mechmed Effendi, wollen Sie nicht Platz nehmen?“ Er deutete auf den Ledersessel. Aber „Mechmed Effendi“ zeigte sich von dieser Höflichkeit wenig beeindruckt. Mit verärgerter Miene
langte er in seine Tasche und zog ein vielfach gefaltetes Papier hervor, das er dem Vorgesetzten wortlos entgegenhielt.
Der Direktor wechselte jäh die Farbe: „Ich bitte recht sehr, Mechmed Effendi“, sagte er in geradezu flehendem Ton, „gewiß — Sie sind völlig im Recht, ich bin mir meiner Versäumnis vollauf bewußt. Aber Sie werden entschuldigen — nur eine kleine Verzögerung ...“
Bay Mechmed begann zu schimpfen: „Was heißt hier ,nicht so schlimm'! Nichts da — es gibt kein Schimpfwort, das ich heute früh nicht zu hören bekommen hätte — ein .Hundesohn' war ich, ein .Holzklotz' war ich — ich denke ja gar nicht daran, mir das noch länger gefallen zu lassen. Ich will kein Almosen und keine schönen Worte, sondern meine fünfzig Pfund, Herr — und zwar sofort!“
Der Direktor versuchte verzweifelt, den Alten zu beschwichtigen. Es half nichts, obwohl er die Propheten und sogar Allah selbst anrief. „Als Ihr das Geld bekommen habt, da war ich gut — und jetzt soll ich für Euch den Prügelknaben spielen ... oh nein — ich habe es nun endlich satt, den Diener zu spielen. Ich will den Abschied nehmen und in meine Heimat gehen, und mein Geld will ich zurückhaben, Herr!“
Es gehörte ein schönes Stück Verhandlungsgeschick dazu, den wütenden Diener zum Rückzug zu bewegen. Aber schließlich kam ein erneuertes Abkommen zustande. Und zwar so: Der Direktor wird weiter, wie bisher, morgens vor allen andern ins Büro kommen, die Räume sauber machen, so daß „Mechmed Effendi“ dann keine Arbeit mehr hat. „Mechmed Effendi“ seinerseits verzichtet noch eine gewisse Zeit auf seine Forderung gegenüber dem Direktor.
Am Schluß der Verhandlung sagte Bay Mechmed, im Ton strengster Mahnung: „Seht Euch vor, daß Ihr nicht noch einmal zu spät kommt. Wenn Ihr mir diesen Kerl, den Vorsteher, noch einmal auf den Hals ladet, dann kenne ich keine Gnade!
(Aus dem Türkischen übersetzt von H.
Wilirid Brands.)
Hutogcamme
Von Ralph Urban
Wie der rauhe Jägersmann sich in zäher Beharrlichkeit an das Wild heranpirscht, so jagte auch Herr Fitz unverdrossen, und zwar nach Autogrammen. Er war reich und glücklich, so daß er nichts anderes zu tun hatte. Wer in der Oeffentlichkeit eine Rolle spielte, der wurde von ihm so lange heimgesucht, bis er in Fitzens Unterschriftensammlung einging. Und der junge Mann wäre auf seinem Gebiet zweifellos eine Berühmtheit geworden, wenn nicht...
„Haben Sie schon Dora May?“ fragte eines Tages Busch, der schärfste Konkurrent von Fitz. Schon die Frage war eine Gemeinheit, denn die berühmte Filmschauspielerin gab grundsätzlich keine Autogramme. Böse Zungen behaupteten, sie könne überhaupt nicht schreiben.
„Haben Sie vielleicht schon Dora May?“ stellte Fitz die Gegenfrage.
„Habe mir noch nicht die Mühe gegeben, lieber Freund“, entgegnete Busch von oben herab. „Aber für mich ist das natürlich eine Kleinigkeit.“
„Hahaha...“, lachte Fitz. „Wenn Sie ein Autogramm von Dora May bekommen, zahle ich Ihnen glatt hundert Schilling.“
„Abgemacht!“ erklärte Busch. „Und wenn ich es nicht bekomme, zahle ich hundert Schillinge an Sie.“
Die Wette galt.
Acht Tage später erstrahlte Herr Busch wie eine Leuchtfontäne. „Hier haben Sie die Dora May!“ gröhlte er. Fitz knurrte und prüfte den Briefbogen der Künstlerin. Der Star hatte folgendes Antwortschreiben in die Maschine diktiert:
Ihren Kampf mit Johnson habe ich mit Bewunderung verfolgt. Ihre Tiefschläge saßen so ausgezeichnet, daß der Kampf eigentlich schon in der zweiten Runde entschieden war. Der Schiedsrichter benahm sich fabelhaft, denn er schloß jedesmal die Augen, wenn Sie, verehrter Meister, den Gegner auf die Nieren droschen. Der feine Kerl von einem Schiedsrichter war wirklich ganz auf Ihrer Seite. Ich bitte Sie recht sehr, lieber Weltmeister, um die Anschrift des Schiedsrichters, denn ich möchte mich bei ihm bedanken, daß er Sie gewinnen ließ.
In Verehrung Ihr ergebener Fitz!“
Herr Fitz wartete drei Tage lang vergeblich auf Antwort. Am vierten Tag klingelte es, und herein kam ein sehr großer, breitschultriger Mann.
„Womit kann ich dienen?“ fragte Fitz den Besucher
„Mein Name ist Hammerschlag“, stellte sich der Mann vor und zog sich den Rock aus. „Ich möchte Ihnen nur auf Ihr freundliches Schreiben persönlich antworten und Ihnen den Unterschied zwischen regelrechten und tiefen Schlägen in der Praxis erklären . . .“
Bald darauf wurde es finster.
Acht Tage später traf Busch seinen Freund Fitz auf der Straße.
„Menschenskind,“ rief Busch, „wie sehen Sie nur aus! Sie haben wohl einen Autounfall gehabt?“
„Das nicht“, meinte Fitz wehmütig, „ich habe nur von Hammerschlag ein Autogramm bekommen.“
Wieder einmal saßen die Götter am runden Tisch zu Rate, wie man das undankbare Menschengezücht wohl zu bessern vermöge. Vielerlei war schon versucht worden. Die Ruhe, die Demut, die Keuschheit hatte man zu den Menschen geschickt, um sie dem Pfade der Sünde fernzuhalten, dem sie allzugerne folgten.
„Schickt ihnen doch die Tugend!“ riet Gott Bacchus und ein faunisches Lächeln umspielte seine Lippen.
„Das sei uns ein guter Rat“, riefen sie im Chor. Alsbald wurde die Tugend herbeigerufen. Ernst, in strenge, schlichte Gewänder gehüllt, züchtig gesenkten Blickes, doch mit freier Stirn allen Gefahren der Welt gegenüberzutreten bereit, hörte sie den Auftrag der Götter. —
Viele Tage lang weilte die Tugend auf der Erde. In Dorf und Stadt suchte sie Menschen, die bereit waren, ihr zu folgen. Zunächst wandte "sie sich an die Kinder, die gern und willig mit ihr gingen. Doch bald wurden sie des langweiligen Spieles satt und bahnten sich wieder selbst ihren Weg abseits von der Straße der Tugend.
Verzweifelt ging die Tugend nun zu denen, die des Lebens Höhen und Tiefen auf vielfach gewundenem Pfad durchmessen haben. Und siehe da, ihre Gefolgschaft wuchs von Stunde zu Stunde. Denn alle, die ihr Alter des Lebens Freuden als schal und leer empfinden ließ, suchten sich nun durch Tugendhaftigkeit der Götter Wohlwollen zu sichern.
Eines Tages aber entdeckte die Tugend unter den Tausenden, die ihr folgten, einen schönen Jüngling, strahlend im Glanze seiner Jugend. Mit Freuden nahm sie sich seiner an und gab ihm von ihrer göttlichen Eigenschaft so viel er nur aufzunehmen vermochte. Lange, lange wanderten beide glücklich nebeneinander. Doch merkte sie eines Tages, daß der Jüngling mehr das Weib in ihr verehrte, als die Tugend. Um so mehr mühte sie sich nach den ersten Schrecken, ihn in tugendhafter Liebe an sich zu fesseln.
Schließlich näherte sich die Straße der Tugend den himmlischen Gefilden. Enger und beschwerlicher wurde der Weg, bis er über eine messerschmale Brücke ins Reich der Ewigen führte. Mühelos überwanden die alten Männer und Frauen dieses Hindernis. Als letzter folgte der Jüngling, der auf dem Wege trotz aller Bemühungen der Tugend immer weiter zurückgeblieben war.
Unsicher und schwankend setzte er den Fuß auf die Brücke, an deren jenseitigen Ende ihm die Tugend die Hand entgegenstreckte. Gerade ihn wollte sie den Göttern als schönsten Erfolg ihres Erdenlebens überbringen. Noch einmal blickte der Jüngling abschiednehmend zurück auf die Freuden dieser Welt. Da strauchelte er und stürzte herab in die lockenden Arme der Verführerin Sünde. Weinend verhüllte die Tugend ihr Haupt.
Mit Freuden sahen die Götter die große Zahl der aus den Fängen der Sünde Geretteten.
„Aber“, fragte Hermes der Götterbote, „warum sind keine jungen Männer dabei?“
„Es sind drei darunter“, antwortete die Tugend. „Einer ist ein Gelehrter vieler Wissenschaften und in seinem Herzen ein Greis trotz seiner jungen Jahre. Die beiden anderen sind so dumm und langweilig, daß ich noch kein Wort mit ihnen sprach.“
„Und wo sind die jungen Mädchen geblieben?“ wollte Bacchus wissen.
„Ach“, klagte die Tugend, „die jungen Mädchen sind mir nicht gefolgt, denn überall in der Welt marschieren Soldaten.“
„Trotzdem“, ließ sich der Göttervater milde lächelnd vernehmen, „dein Erfolg ist groß und unbestreitbar. Zum Lohne sollst du dir etwas wünschen dürfen.“
Seufzend spähte die Tugend hinab zur Erde. Ihr Auge suchte den sündigen Geliebten.
„Einen einzigen Wunsch habe ich, oh Vater, jung sein möchte ich — und nicht mehr tugendhaft“
öommeclidjes 6piel
Von Peter Beuning
,Sie unverschämter Mensch!
Ich pfeife auf Ihre Bewunderung! Daß Sie jedoch soviel Blödheit besitzen und zu schreiben wagen, ich möge nur so weiter machen, dann würde ich die .göttliche Garbo' vielleicht noch erreichen, das ist — eine derartige Hundsgemeinheit, einer welchen gegenüber ich dank meiner guten Erziehung gezwungen bin, dies vornehm zu ignorieren! Dora May!'
Die Unterschrift mit Tinte sah unglücklich aus, war aber zweifellos echt. Herr Fitz mußte zahlen. Der Trennungsschmerz machte ihm Mut, um den Gegner mit dessen eigenen Waffen zu schlagen.
„Haben Sie schon den Boxer Hammerschlag?“ fragte er daher möglichst harmlos.
„Den Hammerschlag?“ meinte Busch kopfschüttelnd. „Hoffnungslose Angelegenheit!“
„Wetten, daß ich ihn bekomme?“
„Warum nicht, vielleicht zweihundert Schilling?“
„Abgemacht!“
Worauf Herr Fitz nach Haus ging und folgenden Brief an den Weltmeister schrieb:
„Sehr geehrter Herr Hammerschlag!
Es ist ein warmer Hochsommertag. In scheinbar sinnloser Geschäftigkeit windet sich ein jüngerer Mann, angetan mit hellem Staubmantel, eine Aktenmappe unterm Arm, in seltsamem Zickzack durch die zahlreichen Passanten auf der Straße: Er spielt Fußball mit einem kleinen Stein.
Vorlage. Der Stein fährt einem jungen Mädchen gegen die unbestrumpften Beine. Der Spieler stürzt ihm nach, rennt einen Kinderwagen von der Seite an, entschuldigt sich, erst beim Baby, dann bei der Mama, dann bei der getroffenen Dame, die sich unwillig umgewandt hatte, aber beim Anblick des jungen Mannes Verzeihung gewährend lächelt.
„Hallo, lieber Doktor, wie geht’s? Ich habe Ihre neue Veröffentlichung gelesen. Sehr interessant haben Sie herausgearbeitet, wie Goethes Pädagogische Provinz sich gegen Pestalozzi richtet. Und der Einfluß Fellenbergs . . . Aber was haben Sie denn?“
Dem Doktor ist es gar nicht um Pestalozzi und Kindererziehung zu tun. Er ist jetzt selber Kind. Er will spielen. Verzweifelt geht sein Blick die Straße entlang. Er sucht seinen Ball. Schließlich kommt er frei. Aber der Stein ist nicht mehr zu finden. Aus. Goethe. Pestalozzi. Feilenberg.. Pädagogische Provinz. Er hat das Spiel verloren.
O dieser Bekannte! Einige Minuten später sieht man den Doktor nachdenklich vor einem Bretterzaun stehen. Er überlegt sich, daß eigentlich jetzt das Bild dieses spielverderbenden Bekannten an die Wand da gehöre. Kein schmeichelhaftes Bild natürlich. Und dazu eines jener elementaren, beleidigenden Worte, die wir einst als Kinder neben die Bilder unserer Freunde und Bekannten schrieben.
Aber — was würde Pestalozzi dazu sagen?
Und außerdem hat er kein Stück Kreide zur Hand.
Leider.
DIE FEINE VIRGINIA ZIGARETTE FÜR IO PFENNIG