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Es muß ein dankbares Völkchen sein, das es sich nicht nehmen läßt, Jahr für Jahr zu Ehren des Erfinders der Schwarzen Kunst, Johannes Gensfleisch zum Gutenberg, das Johannisfest zu feiern und darüber hinaus nicht versäumt, innerhalb eines Menschenalters etliche Jubiläumsfeier einzuschalten. Zum drittenmal gedenkt unsere Generation Gutenbergs: 1900 feierte man den 500. Geburtstag des Erfinders, 1940 den 500. Geburtstag seiner Erfindung. Allzu ungefähr und unsicher sind diese Daten, denn Gutenberg wurde spätestens 1399 geboren und war bereits 1436 dabei, seine Erfindung zu verwirklichen. Zuverlässig jedoch ist das Datum, das wir in diesem Jahr wahrnehmen: Vor 500 Jahren entstand das erste gedruckte Buch, die 42zei- lige Bibel, über die die Kölnische Chronik berichtet:
„Und in dem Jahr unseres Herrn, da man schrieb 1450, da war ein goldenes Jahr. Da begann man zu drucken und war das erste Buch, das man druckte, die Bibel zu Latein."
Das Bild Gutenbergs
Parallel zu diesen Gedenkdaten entstand das durch konventionellen Mythus geprägte Gutenbergbild, das durch die im 19. Jahrhundert errichteten Denkmäler bekannt geworden ist: Der Mann, der durch seine Erfindung das Dunkel des Mittelalters erhellt haben soll, mit Gottvaterbart, einer Pergamentrolle in der Hand. Dieser legendenhafte Gutenberg ist nach all dem, was wir von seinem wirklichen Leben, seinem Werk und seiner sozialen Herkunft wissen, in Mainz nie gewandelt. Gutenberg war ein Vertreter des ständisch gegliederten Mittelalters, Partrizier aus wohlhabender Familie, der lieber emigrierte als sich in den sozialen Kämpfen seiner Heimatstadt Mainz zu einem Kompromiß zu verstehen. Auch in seiner Erfindung selbst ist nicht die Absicht
desteil entschieden förderte, wissen wir doch, daß er allen geistigen Strömungen zugetan war, und daß er seiner Sorge um die Bildung seiner Untertanen durch die Gründung der Universität Tübingen beredten Ausdruck gab.
Der aus Gerhausen bei Blaubeuren stammende Eßlinger Frühdrucker Konrad F y n e r übersiedelte 1479 nach Urach, das damals noch die Bedeutung einer Residenz für den oberen Teil der Grafschaft Württemberg hatte, und als nach dem Münsinger Vertrag der Hof Eberhards von Urach nach Stuttgart verlegt wurde, machte seine Druckerei im Jahre 1483 den Umzug mit. Man wird nicht fehlgehen, aus den Zusammenhängen auf einen richtungweisenden Einfluß Eberhards auf das Druckprogramm Fyners zu schließen; Fyner war sozusagen Württembergs erster Hofbuchdrucker.
Reichsstädte voran
Ursprüngliche Pflegestätten der Buchdruk- kerkunst in Württemberg waren die freien Reichsstädte als Brennpunkte wirtschaftlichen Lebens Eßlingen, Ulm, Reutlingen, außerdem die 1477 gegründete Universität Tübingen. Erst 150 Jahre nach Erfindung der Buchdruckerkunst fand diese in Stuttgart dauern-
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In einer alten Druckerei
den Eingang. Abgesehen von der I486 in Ulm gedruckten Lires Schwäbischen Chronik wurde kein im heutigen Württemberg entstandener Frühdruck als besondere Prachtleistung berühmt. Der Wandertrieb steckte aber auch den Buchdruckern unserer Heimat im Blute, und mancher vermochte erst in der Fremde zu Ansehen zu gelangen, wie die Greyff aus Reutlingen in Paris, Venedig und Lyon oder Zainer aus Ulm in Augsburg.
Anjang des opus de misterio misse, gedruckt 1473 durch Joh. Zainer
erkennbar, sich von dem mittelalterlichen Vorbild des geschriebenen Buches mit seiner Rubrizierung und Ausmalung zu entfernen.
Hoch im Kurs
Erst Jahrzehnte später erlangte das gedruckte Buch eine seiner Technik entsprechende einfachere Form. Verständlich, daß bei diesem Aufwand die Druckerzeugnisse zunächst verhältnismäßig hoch im Preis waren, so entsprach selbst der Wert einer gedruckten Bibel dem eines ansehnlichen Bürgerhauses.
Sollte als Folge der Erfindung Gutenbergs nicht nur ein Heer von Schreibern, die seither im Dienst der Buchherstellung standen, brotlos werden, sondern ein noch größeres Heer neuer Leser auftauchen können, so war dies erst durch die Verbilligung des Buches möglich, indem der Verfasser sich bemühte, sein Buch druckgerecht abzufassen und der Drucker ständig versuchte, die technischen Hilfsmittel zu vervollkommnen.
Damals in Württemberg
Als das Erscheinen der 42zeiligen Bibel in der literarisch interessierten Welt Aufsehen erregte, war Württembergs volkstümlicher Graf Eberhard noch in den Kinderjahren. Aber des Grafen spaterer ungewöhnlicher Eifer für Wissenschaft und Bildung hatte im Gefolge, daß er den Buchdruck in seinem Lan-
mann Ottmar Mergenthaler 1884 in Baltimore erfundene Setzmaschine sich nutzbar zu machen, die Leistung der Betriebe durch Anschaffung der Inzwischen auf den Markt gekommenen Schnellpressen zu steigern und die Qualität der Druckerzeugnisse durch Einführung neuer Reproduktionstechniken und Druckverfahren zu fördern. Wie auf anderen Gebieten, bedingte die rasche technische Entwicklung auch im graphischen Gewerbe die Entstehung der Großbetriebe.
Da man aber in Württemberg die Notlage des flachen Landes sah, ver- anlaßte und unterstützte bekanntlich der junge König Wilhelm I. die Industrien da, wo für die mensch-
Gutenberg, der Erfinder der Buchdruckerkunst, nach einem Holzschnitt von Mahr. Nach einer alten Mitteilung soll Gutenberg bartlos gewesen sein, dennoch ist Gutenberg am häufigsten mit Bart dargestellt worden. Damit teilt er das Schicksal des Grafen Eberhard im Bart, der auf dem Glasgemälde in der Stiftskirche in Tübingen ohne Bart dargestellt ist, sonst aber mit Bart
liehe Arbeitskraft keine andere Möglichkeit des Auslands, so ist erkennbar, daß, nachdem des Erwerbs gegeben war, auch auf der Alb, unsere Maschinenfabriken in einer Reihe von wo trotz ungünstiger Umstände oder gerade Jahren an Stelle von Druckpressen Kriegsdeswegen der Weg zur Qualitätsindustrie er- material produzierten, den Vorsprung der an-
Drucker und Buchhändler
Mit der Erfindung der Buchdruckerkunst war nicht gleichzeitig ein regelrechter Buchhandel aufgekommen, vielmehr waren die ersten Drucker darauf angewiesen, den Vertrieb ihrer Werke selbst zu besorgen. Erst die steigende Produktion drängte zur Arbeitsteilung. Der 1670 aus Frankfurt am Main zugezogene Gottfried Zubrod war der erste ständige Buchhändler in Stuttgart, der sich ausschließlich buchhändlerisch betätigte und keine eigene Buchdruckerei besaß. Natürlich war die Entwicklung der Buchdruckerei mit dem Aufschwung des Buchhandels immer eng verbunden.
Merkwürdig in der Geschichte des württembergischen Buchgewerbes ist, daß eine Reihe „Ausländer“ (Nichtwürt- temberger) sich in Württemberg, mit Vorzug aber in der inzwischen zum Zentralplatz des gesamten süddeutschen Buchgewerbes entwickelten Landeshauptstadt ansässig machten und viele der Bedeutendsten mittel- und norddeutscher Abkunft waren. Es sind Namen darunter, die uns heute scheinen, als seien sie von je in Württemberg daheim gewesen. Selbst der größte unter ihnen, der Verleger und persönliche Freund Goethes und Schillers, Joh. Friedr. Cotta, war sächsischer Abstammung.
Zentrale Stuttgart Die Verlegung des Cottaschen Verlages und der Druckerei von Tübingen nach Stuttgart war eine der erfolgreichsten Entscheidungen im württembergischen Buchgewerbe; sie dokumentiert nichts anderes, als daß die ursprünglichen Pflegestätten der Buchdruckerkunst Eßlingen, Reutlingen, Ulm und Tübingen zugunsten der Residenzstadt an Bedeutung verloren haben. Stuttgart wurde der Verlags- und Druckort der Werke der gefeiertsten Schriftsteller jener reichen Epoche deutscher Literaturgeschichte, denn die Werke der Klassiker, mit wenigen Ausnahmen, waren im Hause Cotta vereinigt.
Die einsichtsvolle Förderung des Buchgewerbes durch die Behörden unter König Wilhelm I. schuf günstige Voraussetzungen, um die im 19. Jahrhundert aufgekommenen neuen Erfindungen im graphischen Gewerbe einführen zu können. Es erforderte beträchtliche Investitionen, die von dem württembergischen Lands-
zwungen wurde. Diese landauf, landab angesiedelten Industrien brauchen Drucksachen für ihre Verwaltung und zur Werbung für ihre Erzeugnisse. Das ist das Arbeitsfeld der kleinen und mittleren Druckereien in den Kreisstädten und kleineren Orten. Und die fleißig in der Industrie und in ihrer eigenen kleinen Landwirtschaft tätigen Menschen auf der Alb und im Schwarzwald wissen, welche Werte das Wort Heimat einschließt, auch wenn man den Weg in die Weite gefunden hat. Dadurch erst wird es verständlich, daß die Bewohner der Heimatzeitung den Vorzug geben. So ist es wohlbegründet, wenn Druckereien in Stadt und Land im Dienste dieses Lesebedürfnisses stehen.
Verbesserte Technik
Eine an sich schon ältere, aber immer wieder verbesserte Erfindung im Druckgewerbe, die sogenannte Stereotype (darin bestehend, die Originaldruckform einer Zeitung oder eines Buches auf eine besonders präparierte Pappe abzuprägen und davon neue Druckformen herzustellen), verstanden württember- gische Heimatzeitungen mit einer geschickten Verlagsorganisation zu verbinden, so daß die Vorteile einer höchst leistungsfähigen Redaktionszentrale auch der kleinsten der angeschlossenen Heimatzeitungen zugute kommt. Das ist ein Beispiel dafür, wie durch geschickte Ausnützung der technischen Möglichkeiten gesunde Verhältnisse in einem ganzen Zweig des graphischen Gewerbes zu schaffen sind und wie die durch den Krieg und seine Folgen geschwächte Leistungsfähigkeit der Druckereien, sei es, daß Setz- oder Druckmaschinen zerstört oder demontiert wurden, wieder auszugleichen ist.
Vergleicht man den Stand der technischen Entwicklung unserer Druckereien mit denen
3n 1090 öpeadjen
Fünfundzwanzig Millionen Bibeln werden in normalen Zeiten alljährlich in der Welt benötigt. Dieser riesige Bedarf der christlichen Menschheit ist, den politischen Verhältnissen auf der Erde entsprechend, zum größten Teil immer von englischen und amerikanischen Bibelgesellschaften gedeckt worden. Aber auch von Deutschland ist viel für die Verbreitung des gedruckten Gotteswortes getan worden, und zwar ganz besonders von Württemberg aus.
Schon während der Reformationszeit begründete Primus Trüber, ein Freund Luthers, in Urach eine Bibelstiftung. Als sich nach der Erfindung der Schnellpresse durch Friedrich Koenig zu Anfang des 19. Jahrhunderts in verschiedenen deutschen und und ausländischen Städten Bibelgesellschaften bildeten, entstand in Stuttgart die Würt- tembergische Bibelanstalt, die als das größte Institut dieser Art in Deutschland bisher 35 Millionen Bibeln in verschiedenen Sprachen in die Welt geschickt hat. Und nach dem letzten Kriege ist in Metzingen, unweit der Heimat der ersten Bibelstiftung der Reformationszeit, aus der Preußischen Hauptbibelgesellschaft und von Cansteinsehen Bibelanstalt in Berlin die Bibel- und Missionsstiftung hervorgegangen. Wußten Sie übrigens, daß die Bibel in 1090 Sprachen übersetzt worden ist und daß sie aus 31 173 Versen, 773 692 Worten oder 3 566 260 Buchstaben besteht?
deren noch nicht aufholen konnten. Unsere Druckereien sind vielfach mit älteren Maschinen belastet. Nur dank zuverlässiger gut ausgebildeter Fachleute war es möglich, mit diesen unzulänglichen Mitteln selbst Qualitätsansprüchen zu genügen. Daraus ist ersichtlich, daß zur Qualitätssteigerung eine gediegene fachliche Ausbildung Voraussetzung ist.
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Und die Menschen
Um so bedauerlicher ist es, feststellen zu müssen, daß die Nachwuchsausbildung des graphischen Gewerbes in Südwürttemberg zu wünschen übrig läßt — es fehlte bisher die tatkräftige staatliche Förderung in Form einer den heutigen Erfordernissen gerecht werdenden Gewerbeschulausbildung. Noch ist sie in Südwürttemberg auf einer Stufe, die etwa jener entspricht, die Steinbeis im letzten Jahrhundert aufzubauen vermochte.
Das graphische Gewerbe ist von Natur aus dem Fortschritt zugewandt. Das bestätigt die Wegstrecke zwischen den beiden Marksteinen: dem ersten Druckwerk des Jahres 1450, das mühsam Buchstabe für Buchstabe gesetzt und Blatt für Blatt auf der Handpresse gedruckt wurde, und dem eines Druckwerks des Jahres 1950, etwa einer' bunten illustrierten Zeitschrift, deren aktuelle Reproduktionsmethoden und Druckverfahren farbgetreu auf Tausenden von Blättern ihren Niederschlag finden läßt.
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Faksimile aus der ersten in deutscher Sprache 1466 gedruckten Bibel ' ;