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HEIMATBOTE FÜR DEN BEZIRK NAGOLD
FREITAG, 12. MAI 1950
ÜBERPARTEILICHE HEIMATZEITUNG
6. JAHRGANG / NR. 72
Beginn der Londoner Konferenz
Die erste gemeinsame Besprechung der drei Außenminister der Westmächte
LONDON. Die Außenminister der drei Westmächte, Acheson, Bevin und Schu- m a n, traten am Donnerstagvormittag im Lancaster House zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Sie beschlossen zunächst, eine halbstündige private Besprechung ohne Hinzuziehung ihrer Berater abzuhalten. Im Anschluß daran begann die erste Vollsitzung der Konferenz, die wohl mit Recht als die entscheidende strategische Konferenz des „kalten Krieges“ bezeichnet wird. Sie hat die Aufgabe, sich mit der Ausarbeitung eines neuen Programmes der Westalliierten für diesen kalten Krieg zu beschäftigen.
Bei der Ankunft der drei Außenminister im Lancaster House waren nur wenige Zuschauer zugegen. Ein Kommunist, der in der Nähe des Gebäudes ein Banner zu entrollen versuchte, wurde sofort verhaftet. Sonst hatten die vielen Polizisten in Uniform und Zivil keinen weiteren - Anlaß zum Einschreiten.
Wenn auch die Vorbesprechungen der Minister in Paris und in London als nützlich und befriedigend bezeichnet wurden, so verspricht man sich doch den größten Erfolg ihrer Beratungen von dem überraschenden Vorschlag des französischen Außenministers Schuman für eine gemeinsame deutsch-französische Verwaltung der Schwerindustrien der beiden Länder. Es liegen bereits jetzt Anzeichen dafür vor, daß die britische Regierung die Einsetzung eines Ausschusses zur Prüfung des Schuman-Planes verlangen wird.
In den zwei letzten Tagen haben sich Acheson und Bevin ausführlich mit den deutschen Problemen beschäftigt. Die britisch-amerikanischen Gespräche waren jedoch vollständig geheim. Nicht einmal die Namen der Teilnehmer wurden genannt.
Acheson hat am Mittwoch in London Berichte dementiert, denen zufolge er vor der Abreise zu den Außenministerbesprechungen in Europa Präsident Truman seinen Rücktritt angeboten habe. Am Mittwochmorgen wurde Acheson von König Georg in Audienz empfangen und später nahm er zusammen mit seiner Gattin an einem Frühstück mit der königlichen Familie teil.
Auf einer Sitzung der Pilgergesellschaft für britisch-amerikanische Freundschaft in London erklärte Acheson: „Die Wiedereingliederung Deutschlands in die westliche Gemeinschaft muß ein gemeinschaftliches Unternehmen sein, in dem das Risiko und die Verantwortung von allen Völkern des atlantischen Raumes gemeinsam getragen werden. Wenn diese Eingliederung Erfolg haben soll, müssen aber auch die Deutschen selbst bereit sein, ihr Maß an Verantwortung und ein volles Maß dessen zu tragen, was ihnen als Risiko erscheinen mag.“ Deutschland sei kaum in der Lage, die Probleme der Zukunft auf sich selbst gestellt nur im nationalen Rahmen zu lösen. Ein engerer Kontakt mit seinen westlichen Nachbarn sei besonders notwendig.
Teils Zustimmung - teils Zurückhaltung
Die Aufnahme des Schuman-Vorschlages
BONN. Der von dem französischen Außenminister Schuman am Dienstag bekanntgegebene — und in einem Teil unserer Mitt- wochausgabc bereits veröffentlichte — Vorschlag Frankreichs zum Zusammenschluß der deutschen und der französischen Kohle- und Stahlindustrien mit der Möglichkeit des Beitritts anderer europäischer Länder hat in der ganzen Welt ein starkes Echo gefunden. Es ist dabei auffallend, daß er in politischen Kreisen
Um den Beitritt zum Europarat
Dr. Schumacher wiederholt das „Nein“ der SPD
BONN. Nach dem Beschluß des Bundeskabinetts, einen Beitritt der Bundesrepublik in den Europarat zu befürworten, — in einem Teil unserer letzten Ausgabe bereits gemeldet —, begründete Bundeskanzler Dr. Adenauer in den späten Abendstunden des Dienstag in einer Pressekonferenz diesen Beschluß mit dem Hinweis darauf, daß das Ziel der Entwicklung des Europarats nur das eine sein könne, „ein föderatives Europa zu schaffen, das ein eminenter Friedensfaktor in der Welt sein wird“. Da kein Staat stark genug sei, um mit den USA und der UdSSR zu konkurrieren, gelte es, in dem vereinigten Europa
Wir beginnen heute mit dem Abdruck der
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nach bisher unveröffentlichten Dokumenten. Es handelt sich um den ersten Bericht über Stalingrad, der mit Bildern ausgestattet ist.
eine dritte Kraft zu schaffen, die bei akuten Spannungen ihr Gewicht für die Erhaltung des Friedens in die Waagschale werfen könne. Ohne Deutschland könne sich der Europarat nicht weiterentwickeln. Man müsse sich daher fragen, ob die Bundesrepublik es verantworten könne, durch ihre Nichtteilnahme die Entwicklung zum föderativen Europa zunichte zu machen. So bedauerlich der Abschluß der Saarkonventionen sei, dürfe er doch nicht ein Hindernis sein, dem Europarat beizutreten. Der Beitritt zum Europarat bedeute keineswegs die Remilitarisierung Deutschlands. Atlantikpakt und Europarat verfolgten ganz verschiedene Zwecke. Wenn die Sowjetunion
den Frieden wolle, könne sie im Europarat nur ein Element des Friedens sehen.
Am Mittwoch wurde die Denkschrift der Bundesregierung, in der sie das Für und Wider eines deutschen Beitritts in den Europarat erörterte, veröffentlicht. Bedauert wurde darin u. a., daß die Bundesrepublik nur als assoziiertes Mitglied aufgenommen werden soll. Dasselbe gelte dafür, daß der Kriegszustand mit der Bundesrepublik noch nicht aufgehoben sei und die Besatzungsmächte der Bundesrepublik die ihr zustehenden souveränen Rechte noch nicht verliehen hätten.
Bundeskanzler Adenauer hatte am Mittwoch längere Aussprachen mit den Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien. Die Vorstände der Koalitionsparteien beschlossen, noch am selben Tage ihren Parteien den Beitritt der Bundesrepublik zum Europarat zu empfehlen.
Der Vorsitzende der SPD, Dr. Kurt Schumacher, wiederholte am Mittwoch sein „Nein“ zum Beitritt der Bundesrepublik unter den gegenwärtigen Umständen. Er ließ jedoch die Frage offen, ob sich Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion einer Straßburger Delegation anschließen würden, falls der Bundestag den Beitritt Deutschlands beschließen sollte. Der Europarat könne nur ein „Vorzimmer“ sein. Der Beitritt eines Teiles Deutschlands zum Europarat, „ohne den erklärten europäischen Willen, einmal ganz Deutschland zu holen“, könne Gefahren für die Ostzone mit sich bringen. Schumacher lehnte außerdem wiederum den Beitritt bei gleichzeitiger Aufnahme des Saargebiets ab.
mit großem Optimimus aufgenommen wird, während wirtschaftliche Kreise Frankreichs und vor allem Großbritanniens eine gewisse Zurückhaltung, zum Teil sogar eine ausgesprochene Skepsis beobachten.
In Bonner Regierungskreisen hat man den Vorschlag rückhaltlos begrüßt und Bundeskanzler Adenauer bezeichnete ihn als ein hochherziges Angebot. Der sozialdemokratische Vorsitzende Dr. Schumacher erklärte dagegen, daß die sozialdemokratische Lösung bleibe: „Europa und nicht Europa-Aktiengesellschaft“.
In Bonn erwartet man jetzt zunächst nähere Einzelheiten. Voraussichtlich werden sie über die alliierte Hohe Kommission der Bundesregierung zugestellt, die ihrerseits eine Zusammenstellung anfertigen läßt, in der die gegenwärtige Kapazität und die mögliche Produktion im Eisen- und Stahlsektor sowie Verbesserungsvorschläge für den Kohlenbergbau enthalten sind. Die französische Regierung will offenbar die Verwirklichung des Planes beschleunigt vorantreiben. Schwierigkeiten sieht man in Frankreich darin, daß sich die Kohleindustrie im Staatsbesitz befindet, während die Stahlindustrie privaten Eigentümern gehört. Einige maßgebliche Persönlichkeiten der Stahlindustrie, sowie gewisse Finanzkreise haben sich deshalb bisher sehr zurückhaltend geäußert. Pertiiiax behauptet, am Quai d’Orsay rechne man nicht ernsthaft mit einer britischen Zustimmung.
In englischen Kreisen bewahrt man bisher noch eine gewisse Zurückhaltung und will erst die näheren Einzelheiten abwarten. Allerdings hat man in Londoner Kreisen den Eindruck, daß der Schumanplan ebenso weite politische Perspektiven wie rein praktische wirtschaftliche Möglichkeiten bietet.
Nach inoffiziellen Schätzungen betrug die Kohlenproduktion Frankreichs und des Saargebiets im letzten Jahr insgesamt 65 Millionen t gegenüber einer Produktion von 103 Millionen t in Westdeutschland. Die Stahlproduktion in Frankreich und im Saargebiet belief sich fm letzten Jahr auf insgesamt 10,8 Millionen t gegenüber 9,1 Millionen t in Westdeutschland. Die westdeutsche Produktion blieb damit um rund 2 Millionen t unter der auf Grund des Dreimächteabkommens zugebilligten Quote.
Der britische Außenminister Bevin (links) begrüßt seinen amerikanischen Kollegen Acheson
Foto Ap.
Trygve Lie in Moskau
PRAG. Der Generalsekretär der UN, Trygve Lie, flog am Donnerstag nach Moskau, um seinen angekündigten Besuch bei der soweti- schen Regierung abzustatten. Während seines 24stündigen Aufenthalts in Prag hatte Trygve Lie am Mittwoch eine längere Unterredung mit dem tschechoslowakischen Außenminister Siroky. Auf einer Pressekonferenz bezeichnete er den sowjetischen UN-Boykott als eines der wichtigsten Themen bei seinen bevorstehenden Moskauer Besprechungen. Er werde in Moskau mit AußenministerWyschinski Zusammentreffen und hoffe auch auf eine Besprechung mit Stalin. Trygve Lie erklärte, es wäre ihm lieb, wenn der Sicherheitsrat diesen Sommer in Paris oder in Genf zusammentreten würde.
Reparationsnachlaß erbeten
BERLIN. Das Politbüro der SED hat beschlossen, die Regierung der Sowjetunion um Verminderung der in den Abkommen von •Jalta und Potsdam festgelegten Reparationsverpflichtungen Deutschlands zu bitten. In der Entschließung wurde zum Ausdruck: gebracht, die Reparationsverpflichtungen seien bisher pünktlich erfüllt worden. Die Ostzonenregierung befaßte sich am Donnerstag mit der Anregung des SED-Politbüros.
Am Dienstagnaehmittäg verhaftete die Volkspalizei zwei Amerikanerinnen und eine Engländerin, die dienstlich für die internatio
nale Flüchtlings-Organisation (IRO) tätig waren, in dem sowjetischen Sektor Berlins, als sie Ruinen in der Friedrichstraße fotografierten. Nach 20stündiger Haft setzte die Volkspolizei am Mittwochnachmittag die drei Frauen wieder auf freien Fuß, ohne eine nähere Begründung für die Verhaftung zu geben.
Landtage protestieren
Bericht der Hohen Kommissare
FRANKFURT. Eine Reihe westdeutscher Parlamente, darunter auch das Stuttgarter, hat gegen die Tass-Meldung über den Abschluß der Rückführung der deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion aufs schärfste protestiert. In Wiesbaden wurden zwei kommunistische Abgeordnete wegen ordnungswidrigen Verhaltens für 20 bzw. 8 Sitzungstage ausgeschlossen. In Hamburg verließen alle nichtkommunistischen Mitglieder der Bürgerschaft die Sitzung, als der kommunistische Abgeordnete Dettmann zu der Erklärung des Bürgermeisters Brauer, daß sich unter den in Rußland vermißten allein 30 000 Hamburger befänden, das Wort ergriff. Dettmann behauptete, daß Brauers Erklärung eine Kriegserklärung gegen die Sowjetunion bedeute.
Auf Anforderung des britischen Außenministeriums hat die alliierte Hohe Kommission einen umfassenden Bericht über das Problem der deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion nach London geschickt.
Die Galgenfrist
Von Dr. jur. Hermann Götz, MdB (CDU)
Wir wissen heute, daß der zu eng gewordene deutsche Mutterboden, wie auch immer wir uns drehen und wenden mögen, nicht ausreichen wird, die vielen Menschen zu ernähren, die aus allen Himmelsrichtungen auf ihm zusammengedrängt heute leben. Zudem leben die Bewohner der Deutschen Bundesrepublik heute beinahe zur Hälfte vom Marshallplan. Was wird 1952 geschehen, wenn die amerikanische Unterstützung aufhört?
Warum, um alles in der Welt, behandelt man angesichts dieses Zustandes die Möglichkeit einer Auswanderung von Deutschen nach Uebersee immer noch wie ein heißes Eisen? Warum schweigen die Parteien und die Regierung sich aus? Was hat es für einen Sinn, von Tag zu Tag elender werdende Menschen mit Gewalt hier festzuhalten, wo sie nie wieder glücklich sein werden? Vielleicht warten anderswo kaum erschlossene Länder auf arbeitswillige Menschen! Sollten wieder einmal die Amerikaner europäischer denken als wir? Nach einer unwidersprochen gebliebenen Pressemeldung vom 13. Januar dieses Jahres haben die drei Hohen Kommissare der Bonner Regierung dringend nahegelegt, „energische Maßnahmen zur Regelung des Auswandererproblems“ ins Auge zu fassen. Der amerikanische Abgeordnete Walter hat eine Reihe von wohldurchdachten Vorschlägen in die Debatte geworfen. Die Liste ließe sich leicht verlängern. Aus Deutschland kam kein Echo. Das ist unverständlich, vielleicht sogar verhängnisvoll.
Gewiß, wir haben keinen Grund, unsere besten und tüchtigsten jungen Leute, unsere vorzüglichsten Spezialisten und Fachkenner ins Ausland gehen zu lassen. Das einzige echte Kapital, das wir aus der Vergangenheit in eine hoffentlich bessere Zukunft hinüberzuretten vermögen, ist unser Fleiß, unsere technische und wissenschaftliche Begabung, sind die Erfahrungen und Kenntnisse, die sich in den Köpfen und Händen unserer Facharbeiter, Gelehrten und Spezialisten jeder Art über den Zusammenbruch hinweg bis heute erhalten haben. Diese Menschen können wir nicht entbehren, wenn wir jemals den Rang wiedergewinnen wollen, den wir einstmals in der Familie der europäischen Völker inne- hrtten.
Es ist ebenso unmöglich, die Auswanderung einzelner junger Männer im besten Alter, ganz gleich welchen Berufs, gutzuheißen. Wer soll die Alten, die Frauen und Kinder, diese übergroße Erbschaft eines verlorenen, männermordenden Krieges, ernähren, wenn nicht jene gesunden und kräftigen Männer, die der Krieg verschonte? Man versteht auch jene Sudetendeutsche, Schlesier oder Pommern, die die Hoffnung nicht aufgeben wollen, in ihre alte Heimat zurückzukehren.
Dann aber bleiben immer noch Hunderttausende, vielleicht Millionen von Menschen übrig, die beim besten Willen auf deutschem Boden nicht glücklich werden können, die unvermeidlich früher oder später ins Lumpenproletariat absinken. Es sind jene deutschen Menschengruppen aus dem europäischen Südosten, die kaum noch hoffen können, ihre ehemaligen Adoptiv-Vaterländer wiederzusehen: die Deutschen aus der Ukraine, aus Rumänien, aus Ungarn und manchen anderen Ländern. Ihnen sollte Auswanderung „en bloc“ ermöglicht werden. Odd Nansen, der Freund aller Vertriebenen, erklärte wörtlich, „daß von den Aufnahmeländern ganze Familien, wenn nicht Teile ganzer Volksgruppen geschlossen angesiedelt werden müßten!“ Das ist das A und O der ganzen Auswanderungsfrage.
Je größer die Gruppen sind, die geschlossen nach Uebersee verpflanzt werden, — sozusagen vom Pfarrer bis zum letzten Hütejungen im Dorf —, desto sicherer werden die Auswanderer jenseits der Meere auch wirklich heimisch werden.
Kein einziger überseeischer Staat ist berechtigt zu behaupten, daß er mit solchen Gruppen deutscher Einwanderer in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht hätte. Im Gegenteil! Diese geschlossenen deutschen Volksgruppen haben sich jenseits der Meere überall als treue und fleißige Bürger ihrer neuen Heimatländer bewährt, sie haben niemals politische, erst recht nicht wirtschaftliche Schwierigkeiten verursacht. Sie haben ihrer neuen Heimat überall zum Vorteil gereicht.
Es wird auch heute noch schwierig sein, in den Gastländern den psychologischen Widerstand gegen deutsche Gruppensiedlungen auf genossenschaftlicher Basis zu beseitigen. Es sind aber im letzten halben Jahr jenseits unserer Grenzen so viele gute und verständnisvolle Worte zur deutschen Auswan^-u" r frage gesagt worden, daß wir n’>ht g'-'ib n wollen, es handelte sich nur um Phra- n
Deshalb müssen wir endheh un co re 5? erheben, um zu fordern. das Problem <i ■ * •< - Wanderung deutscher bäuerlicher Mensch;n- gruppen endlich auch in der Praxis anzufassen. Diese Aufforderung ist an das deutsche Parlament und die deutsche Regierung ebenso gerichtet wie an die Regierungen der aufnahmefähigen Lander in Uebersee.
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