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Montag, 3. April 1950

Nummer 52

Ein Monat Arbeit für Besatzungskosten &SÄSJÄS Säfs^; lf-

v satzungslasten machen also mit 8,785 Milliar-

Die Hälfte der unmittelbaren Bundeseinnahmen in Anspruch genommen

BONN. Im Durchschnitt arbeitet jeder er­werbstätige Deutsche etwas über einen Monat im Jahre lür Besatzungslasten, heißt es in einem Bericht des Bundestagsausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Ange­legenheiten. Die Frage der Besatzungskosten nehme an Bedeutung immer mehr zu, da die finanzielle Lage des Bundes sorgenvoller wird. Der Bericht gibt über die bisherigen Besat­zungslasten ein sehr umfassendes Zahlenma­terial. Danach waren in der Zeit vom 1. Okto­ber 1948 bis zum 30. September 1949 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland 4 491 500 000 Dtl zu zahlen, das sind durchschnittlich 95.46 QM pro Kopf der Bevölkerung jährlich.

Bis zur Währungsreform wurden 14,1 Mil­liarden Reichsmark und bis zum 31. März 1949 an Reichsmark und Deutsche Mark zusammen 17,2 Milliarden haushaltsmäßig erfaßt. Die Be­satzungslasten betragen fast das doppelte der für die Finanzierung des Wohnungsbaupro­gramms verfügbar zu machenden Mittel und

Bundesgesetz eingereicht

Für Bildung des Südweststaates

STUTTGART. Bundestagsabgeordneter Ernst Maier teilte in einer Sitzung der Landes- ausschüsse der Demokratischen Volkspartei von Württemberg-Baden und Württemberg-Hohen- zollern mit, daß die SPD am Freitag im Bun­destag den Entwurf für ein Bundesgesetz über den Zusammenschluß der südwestdeutschen Länder eingereicht habe. Ministerpräsident Maier erklärte, es sei das Verdienst der FDP, daß sie in den entscheidenden Stunden dank ihrer Mittelstellung im Süden verhindert habe, daß zu der Frage Südwest noch eine Frage Nord- Süd gekommen sei. Dr. Maier betonte ferner, daß er mit dem Verwaltungsabbau bei den Entnazifizierungsstellen trotz der gegen ihn entfesselten Kampagne beginnen und sich durch nichts in seiner Absicht irre machen lasse.

In der gleichen Sitzung hatte Vizekanzler Blücher auf die Schwierigkeiten des La­stenausgleichs hingewiesen, während Minister Wildermuth als erfreulich die Tatsache herausstellte, daß sich alle Parteien bei der Verabschiedung des Wohnungsbaugesetzes zu­sammengefunden hätten.

Volksbegehren beantragt

Gefahr für den Landtag in Stuttgart

th. STUTTGART. Die Deutsche Gemeinschaft Württemberg-Badens hat, wir ihr Vorsitzen­der Dr. Mattes am Samstag vor versammelten Pressevertretern in Stuttgart bekanntgab, die Zulassung für ein Volksbegehren über die Auflösung des Landtags beim Innenministe­rium beantragt.

Begründet wird der Antrag damit, daßdie zahlreichen, nahezu alle Ministerien des Lan­des betreffenden Korruptionsfälle eine rasche, energische und erschöpfende Untersuchung er­forderlich gemacht haben, und der bestehende Landtag die hierfür notwendigen Vorausset­zungen nicht erfüllt, da in ihm eine unab­hängige und wirkungsvolle Opposition fehlt und die Regierungsparteien für die Mißstände in der Staatsverwaltung mitverantwortlich ge­macht werden müssen/ 1 Nur eine neue Volks­vertretung, so heißt es weiter, könne wirkliche Klarheit und Beseitigung der Mißstände brin­gen.

Nach dem geltenden Gesetz muß der Antrag, der Samstag eingereicht wurde, binnen zwei Wochen vom Innenministerium gebilligt oder abgelehnt werden.

Am Freitagabend .hatte Dr. Mattes auf einer Versammlung der Deutschen Gemeinschaft im Zirkus Schulte Württemberg-Baden alsdas Musterland korruptiver Erscheinungen be­zeichnet. Seine einstündige Rede war ausge­füllt von Berichten über fortlaufende Korrup­tionserscheinungen in der gesamten Verwal­tung. f

ein Mehrfaches des Aufkommens aus der So­forthilfe. Die Besatzungslasten betragen etwas mehr als die Hälfte der unmittelbaren Bun­deseinnahmen, ein Viertel der Einnahmen von Bund und Ländern und etwas mehr als ein Fünftel der Einnahmen aller Gebietskörper­schaften der Bundesrepublik.

Neben den Besatzungslasten von rund 4,5 Milliarden DM für 1949/50 stehen Fürsorge­leistungen für Kriegsbeschädigte und Kriegs­hinterbliebene mit 3,06 Milliarden DM, Zu­schüsse zur Arbeitslosenversicherung mit 625 Millionen und Zuschüsse für Sozialversiche-

den DM etwas mehr aus, wie die unmittel­baren Einnahmen des Bundes, die mit 8,75 Mil­liarden DM veranschlagt sind. Der Ausschuß betont, daß eine Last von 4,5 Milliarden DM auf die Dauer nicht tragbar ist. Im Bundes­haushalt könne dieser Betrag nuruntergebracht werden, wenn viele wirtschaftliche und sozial­politische Aufgaben unberücksichtigt bleiben.

Deutschland werde als Teil einer bedrohten Welt an einer militärischen, politischen und einer sozialen Front verteidigt. Auf lange Sicht seien die militärische und politische Front je­doch nicht zu halten, wenn die soziale Front in Deutschland zerbricht. Deshalb sollten die Besatzungslasten gesenkt werden.

Keine Einigung über Mitbestimmung

Verhandlungen in Hattenheim hatten nur zum Teil Erfolg

HATTENHEIMRheingau. Die Beratungen über das Mitbestimmungsrecht der Arbeitneh­mer zwischen den Spitzenörganisationen der Unternehmer wurden am Freitagabend abge­schlossen. Einigkeit wurde darüber erzielt, der Bundesregierung den Vorschlag zu machen, einen Bundeswirtschaftsrat, Landwirtschafts­räte und -Kammern zu bilden, in denen beide Organisationen paritätisch vertreten sein sol­len. In diesen Institutionen sollen die Vertre­ter der Unternehmer und Arbeitnehmer auf Befragen und auch aus eigener Initiative zu den sie gemeinsam berührenden wirtschaft­lichen und sozialpolitischen Fragen Stellung nehmen.

Ueber die innerbetriebliche Mitbestimmung wurde keine Einigung erzielt. Die Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes hatten die paritätische Besetzung der Aufsichtsorgane

nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Kapital und Arbeit gefordert, dabei soll­ten von den Gewerkschaften zu benennende Vertreter beteiligt werden. Die Unternehmer wollten nur eine Mitwirkung der Betriebsräte statt einem MitWestimmungsrecht zugestehen.

Der Hauptvorstand der Gewerkschaft Öffent­liche Dienste, Transport und Verkehr hat eine Einmischung der politischen Parteien in die Arbeit der Gewerkschaften abgelehnt. In einem einstimmigen Beschluß wurde erklärt, daß die unbedingte Neutralität der Gewerkschaften gewahrt bleiben müsse.

In einer den Hohen Kommissaren überreich­ten Denkschrift zur Neugestaltung des Geset­zes Nr. 75 (Besitzverhältnisse an der Ruhr) wird eine gemeinsame wirtschaftliche Regelung . der Eigentumsfrage der Grundstoffindustrien unter Mitwirkung derGewerkschaften gefordert.

Nachrichten aus aller Welt

STUTTGART. Wie die Zentralspruchkammer Nordwürttemberg mitteilte, ist beabsichtigt, ge­gen den Bundestagsabgeordneten derDeutschen Gemeinschaft, Dr. Franz Ott, ein Spruchkam­merverfahren einzuleiten, weil er bei der NS- Gaustudentenführung in Prag tätig gewesen sei und ihm auch ein Fall von Denunziation zur Last gelegt werde.

HOF. Zu acht Jahren Zuchthaus wurde der 29- jährige Rolf Krasulski aus Gera verurteilt. Er hatte sich illegalen Grenzgängern als Führer an- geboten, seine Opfer in den Hinterhalt gelockt, sie erbarmungslos zusammengeschlagen und dann beraubt.

TRIER. Nach dreitägiger Verhandlung verur­teilte die Strafkammer Trier den Hochstapler Georg Wackwitz, der unter dem Namen Günther Wreden mit gefälschten Papieren im Dezember 1947 Leiter der Trierer Kriminalpolizei gewor­den war, zu drei Jahren Gefängnis. Im Laufe der Verhandlung ergab sich, daß der Angeklagte bei seiner Vorgesetzten Dienststelle in Koblenz im Ruf eines hochqualifizierten Kriminalbeam­ten stand, so daß sogar seine Berufung ins Innenministerium erwogen wurde.

BONN. Der Bundestag hat am Freitag, wie bereits im größten Teil der Samstagausgabe be­richtet, den Bundeskanzler ersucht, je ein Bun­desamt für Besatzungsfragen und auswärtige Angelegenheiten einzurichten und unverzüglich einen Staatssekretär für dieses Amt zu ernen r nen. Ferner ist das Diätengesetz in dritter Lesung angenommen worden. Bundeswirlschaftsminister Erhard erklärte, eine völlige Gleichstellung der Heimatvertriebenen und der einheimischen Be­amten könnte zurzeit nur durch.eine Kürzung der Pensionsbezüge aller Beamten um 20 Prozent erreicht werden.

BONN. Das Bundeskabinett hat, wie bereits in einem Teil der Samstagausgabe gemeldet, die Aufhebung der noch bestehenden Rationierung für Zucker ab 1. Mai beschlossen. Damit ist der letzte Strich unter das Kartensystem gezogen worden.

BONN. Die Bayernpartei fordert in einem An­trag an den Bundestag, daß die Kaffeesteuer so­fort um 75 Prozent gesenkt wird. Infolge der hohen Steuern würden gegenwärtig rund 90 Pro­zent des gesamten Kaffeekonsums über den Schwarzen Markt beschafft.

KÖLN. DieAllgemeine Kölnische Rundschau hat am Freitag aus finanziellen Gründen ihr Er­scheinen eingestellt. Auch die in Freiburg er­scheinende katholische TageszeitungTagespost hat am Freitag aufgehört zu erscheinen, da die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Heraus­gabe der Zeitung nicht mehr geschaffen werden konnten.

BOCHUM. In einer Feierstunde zur 135. Wie­derkehr des Geburtstages Bismarcks wurde am Samstag in Bochum die alte Jugendbewegung der ©eutschnationalen Volkspartei, dieBismarck- Jugend, wieder ins Leben gerufen. Zum Vor­sitzenden wurde Hans Joachim Gottsieben ge­wählt.

HANNÖVER. Hans Bod'enstab, der am 6. De­zember vorigen Jahres verhaftet worden war, weil er angeblich ein Attentat auf Bundespräsi­dent Dr. Heuß geplant hatte, wird zur Ueber- prüfung seines Geisteszustandes in eine Heil­anstalt überwiesen.

BUDAPEST. Die römisch-katholischen Bischöfe Ungarns haben sich geweigert, den Treueid auf die Verfassung abzulegen, wie der Staatssekretär füp Volkskultur auf einergegen den Vatikan und den Imperialismus gerichteten Kundgebung mitteilte.

BUKAREKT. Rumänische Staatsbürger dürfen sich in Zukunft mit Ausländern nur noch nach Zustimmung des Präsidiums der Nationalver­sammlung verheiraten.

Warnung an Griechenland

ATHEN. Der USA-Botschafter in Athen, Grady, machte den griechischen Minister­präsidenten Venizelos in einem Schreiben darauf aufmerksam, daß eine unstabile grie­chische Regierung und Erörterungen über eine Auflösung des erst kürzlich gewählten neuen Parlaments eine weitere amerikanische Hilfe in Frage stellen könnten. Es ist das erste Mal, daß die Amerikaner öffentlich von einer möglichen Einstellung der Hilfe wegen einer schwachen Regierung sprechen. Das erst vor kurzem gebildete Kabinett Venizelos stützt sich ausschließlich auf die Liberalen, die jedoch bei den kürzlichen Parlamentswahlen von den insgesamt 250 Sitzen nur 56 erhalten haben.

Leider nur ein Aprilscherz

Die Meldung in unserer Ausgabe vom 1. April, daß in der Frage der Regierungsbildung in Südwürttemberg-Hohenzollern eine sensatio­nelle Wendung eingetreten sei und daß Staats­präsident Dr. Gebhard Müller sich entschlos­sen habe, eine Ein-Mann-Regierung zu bilden, werden wohl die meisten Leser sofort als einen Aprilscherz erkannt haben. Es deutet auch zur­zeit nichts darauf hin, daß sich an dem bis­herigen Zustand etwas geändert hat. Hoffent­lich haben wir nicht auch noch nächstes Jahr Gelegenheit, um über die noch, nicht erfolgte Regierungsneubildung in Tübingen erneut zu scherzen.

Der neue Fünfmarkschein

G. W, Die erste von der Bank Deutscher Län­der gezeichnete Fünfmarkbanknote zeigt als Leitbild keine Patriarchenköpfe, Vorschlag­hämmer oder wackere Schnitter. Sie scheint von der lockeren Hand des mythologischen Ka­baretts entworfen zu sein. Eine kaum sieb­zehnjährige, auch bei ungenauem Hinsehen textillose Dame ruht auf einem schwärzlichen, brav durch Meergrün galoppierenden Stier. Dem Kostüm nach ist es Eva; die junge Gene­ration tippt auf Söderbaum, die Altphilolo­gen erläutern: Europa auf dem Stier. Europa also sieht versonnen rückwärts. Mit der Lin­ken hat sie sich rückhalt-, a£er furchtlos in die schützende Hornsichel des marshallplan­mäßig laufenden Stiers geschmiegt. In der

Erscheinungsweise über Ostern

Im Hinblick auf die Osterfeiertage erscheint unsere Zeitung in dieser Woche am Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

In der Woche nach Ostern erscheint die Zei­tung am Mittwoch, Freitag und Samstag.

Anzeigen für die Ausgaben vom 6. und 8. April bitten wir möglichst frühzeitig auf- geben zu wollen.

Verlag und Redaktion

Rechten läßt sie eine zitronenwassergelbe Kin­dersonne schweben. Die Strahlen treffen auf die große ZahlFünf, so daß als Schatten eine ebenso große Fünf entsteht. Der Altspa­rer siehts als Hoffnungslicht auf die Schatten­quote. Trügt der Schein?

Im Schaurand läßt die neue Note als Was*- serzeichen den traurig (gen Ostland?) blicken­den Kopf Europens erkennen. Um die große Fünf der Mitte sind Triumphtrophäen maschi­neller Guillochierkunst drapiert. Die Ecken sind mit startbereiten Fledermausgebilden aus­geschlagen. Bei so viel Symbolträchtigkeit konnte die Rückseite getrost motivlos bleiben.

Daß wieder Ordnung ins Geldwesen ein­kehrt, ist auch aus der quer gedruckten Straf­drohung mit Zuchthaus ersichtlich, deren Nach­druck fürBlütenstecher besonders pikant sein soll. Das Ganze ist wieder, wie es sich gehört, von zwei Direktoren der Notenbank unterschrieben. Das rechte Faksimile ist etwas zag gesetzt. Vielleicht hatte der Herr Evas we­gen Bedenken; denn eine Banknote ist schließ­lich kein Magazin. Auch soll der Bürger den Schein weder unbesehen annehmen noch aus dem Verkehr bringen. Es war ein Aprilscherz, daß er in Landshut von den Leuten abgelehnt worden sei. Die amerikanische Zeitung in Deutschland meint, die Zeichnung der neuen Banknote seivon großer Reinheit und von hohem künstlerischem Rang.

Silberschatz Görlngs

NÜRNBERG. Auf Schloß Veldenstein, der der Familie Göring gehörenden Burg, wurde ein vergrabener Schatz Görings gefunden. Bis jetzt hat man verschiedene goldene Leuchter, eine silberne Badewanne und viele Flaschen alten Kognaks entdeckt. Die Suche soll heute fortgesetzt werden. Die aufgefundenen Schätze wurden von amerikanischen Truppen sicher­gestellt.

FRANZ WILHELM KIBLINQ

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Später hatte er Ranks Brieftasche in Dr. Falks Schreibtisch gelegt, auch nachträglich die Mordwaffe in die Manteltasche Falks ge­steckt, was ihm zum Verhängnis geworden war.

Damit, daß man seinen Verkehr mit Frau von Haack in Erfahrung gebracht hatte, hatte er nicht gerechnet. Um zu verhindern, daß jede, auch die leiseste Beziehung zwischen ihm und der geschiedenen Frau seines Chefs bekannt würde, hatte er das Bild aus dem Album entfernt und die Liste ihrer Kunden, die Frau von Haack zufällig zur Hand gehabt hatte, an sich genommen. Die Liste hatte er vernichtet, das Bild, das ihm zum Verräter wurde, hatte er als unverfänglich aufbewahrt.

Mit fliegender Hand hatte der Oberregie­rungsrat das Geständnis Bemings nachsteno­grafiert. Ja, es schien alles geklärt zu sein in dieser Sache, weitere Fragen erübrigten sich. Haben Sie uns sonst noch etwas mitzuteilen, Dr. Berning?

Bernings Blick war. auf die Uhr gerichtet. Nein danke. Verwandte habe ich nicht, das ist auch besser so. Seine Stimme klang ver­ändert, sein Gesicht hatte das Verzerrte, Ent­stellende verloren. So leise, daß seine Worte nur schwer zu verstehen waren, fuhr er fort: Ich bin gern Arzt gewesen, war auf dem besten Wege, ein Mittel gegen Rückenmarks­lähmung zu finden, hätte vielen helfen kön­nen, doch es sollte alles zu schnell gehen . . . schade . . Langsam sank sein Kopf zurück, eine seltsame Starre lag über der ganzen Ge­stalt, ein tiefer Atemzug, es war vorüber.

Schade, nahm Oberregierungsrat Werner Bernings letztes Wort auf,sicherlich hätte er bei seinen hohen Gaben viel zu leisten ver­mocht, wenn ihn sein maßloser Ehrgeiz nicht auf solch unheilvolle Bahn getrieben hätte. Unsere Pflicht ist getan. Die Akten über die Fälle Rank, Haack und Falk können geschlos­sen werden. Nur soll noch in einem eingehen­den Polizeibericht die völlige Makellosigkeit

des Sanitätsrats Dr. Falk dargelegt werden.

*

Paul Reuter ging langsam heimwärts. Man hatte ihm sehr freundlich für seine freiwil­lige Mitarbeit bei der Aufklärung dieser Fälle gedankt, und Oberregierungsrat Werner hatte ihm empfohlen, bei seiner offensichtlich vor­handenen besonderen Begabung die Polizei­laufbahn einzuschlagen.

Was er getan hatte, war nicht nur aus Ehr­geiz geschehen. Er hatte Dorothea Falk hel­fen wollen, weil er sie liebte. Wenn er auch alle Hoffnungen aufgegeben hatte, erfüllte es ihn doch mit Freude, daß es ihm gelungen war, wesentlich dazu beizutragen, daß ihres Vaters Bild von all den häßlichen Flecken befreit worden war.

In einem Blumengeschäft, das an seinem Wege lag, erstand er einen großen Strauß rosa Nelken, von denen er wußte, daß sie Do­rotheas Lieblingsblumen waren.

Kurz vor dem väterlichen Grundstück be­gegnete ihm ein elegant gekleideter, gut aus­sehender junger Herr, der ebenfalls mit ei­nem Blumenstrauß bewaffnet war.

Nanu 1 , dachte Paul Reuter, ,den Jüngling habe ich doch schon einmal gesehen?

An der Haustür stieß man aufeinander. Jetzt kehrte Paul Reuter die Erinnerung zu­rück: Berlin, Anhalter Bahnhof, Frau von Haack,'die von zwei Männern begrüßt wurde, deren einer dieser junge Mensch gewesen war, Also Dorotheas Stiefbruder, ganz gewiß ihr Stiefbruder, denn die Familienähnlichkeit war verblüffend.

Herr von Haack, wenn Ich nicht irre? er- öffnete Paul Reuter das Gespräch.

Erstaunt sah ihn der andere an.Gewiß, nur weiß ich nicht , .

Woher ich Sie kenne, nein, das können Sie auch nicht wissen. Mein Name Ist Reuter. Ich nehme wohl mit Recht an, daß Sie Fräu­lein Falk besuchen wollen?

Wenn das gnädige Fräulein mich zu emp­fangen bereit wäre, würde ich mich freuen, sonst möchte ich nur diese Blumen . . .

Bitte, Herr von Haack, treten Sie ein. Fräulein Falk, der es sehr schlecht gegangen ist, sollte heute zum ersten Male wieder auf­stehen; vor größeren Aufregungen soll sie aber bewahrt bleiben. Doch vermag ich ihr eine gute Kunde zu bringen. Auch Sie wird es interessieren, daß sich die völlige Unschuld von Sanitätsrat Falk herausgestellt hat.

Ich habe, obwohl ich den Sanitätsrat nur einmal in meinem Leben gesehen habe, nicht an seine Schuld am Tode meiner Mutter glau­ben können, und ich bin sehr froh, daß mein Gefühl mich nicht betrog. Darf ich erfah­ren . .

Als Täter in allen Fällen kommt Dr. Falks Assistent Berning in Frage. Er hat ein Ge­ständnis abgelegt und seinem Leben selbst ein Ende gesetzt. Aber bitte, nehmen Sie doch Platz, Herr von Haack.

Der Justizrat, der die Stimmen auf der Diele gehört hatte, erschien, sah einen Au­genblick erstaunt auf den Besucher, den er sofort freundlich begrüßte, und bat ihn ln sein gemütliches Studierzimmer.

Als Paul an die Tür seines eigenen Zim­mers klopfte, fühlte er sich merkwürdig be­fangen.

Sie half ihm über diesen peinlichen Augen­blick Hinweg.Es ist wirklich nett von dir, daß du nach mir schaust, Paul. Du hast also nicht vergessen, daß ich die herrlichen Nel­ken immer gern mochte? Ich habe dir vieles abzubitten . ,

Wir wollen an all das nicht mehr denken, Dorothea, es war eine schlimme Z eit. Sie ver­ging, die Schatten werden weichen. Ich bringe gute Kunde: dein Vater ist gerechtfertigt. Langsam und schonend begann er ihr die Er­eignisse der letzten Stunden zu schildern. Stumm, ohne ihn ein einziges Mal zu un­terbrechen, folgte das Mädchen seinen Wor­ten.Berning, wie furchtbar! Einmal .ließ er auch mir gegenüber die Maske fallen. Aber du hast recht, wir wollen die Vergangenheit ruhen lassen und vorwärts schauen. Ergriffen neigte sich Dr. Reuter über ihre schmale, weiße Hand.

Wir wollen gute Kameradschaft halten, Dorothea. Herrgott, da fällt mir ein, ich habe in meinem grenzenlosen Egoismus ganz ver­gessen, dir zu melden, daß noch ein mit einem Blumenstrauß versehener junger Mann dar­auf wartet, von dir empfangen zu werden. Wer sollte das sein?

Das würdest du wohl kaum raten: dein Herr Bruder!

Aber Paulchen, jetzt redest du wieder Un­sinn!

Durchaus nicht. Ich werde den Jüngling heranschleppen, dann kannst du selbst ur­teilen. Er ist deinem Vater wie aus dem Ge­sicht geschnitten.es ist Karl-Heinz von Haack. Dorothea schloß einen Augenblick die Au­gen. Der Abend fiel ihr ein, an dem der Fremde in ihrem Zimmer in einer offenbar verzweifelten Stimmung vor ihr stand.

Wir wollen ihn freundlich aufnehmen, Paul, auch er hat Furchtbares durchgemacht. Gewiß, er scheint übrigens ein ganz brauchbarer Mensch zu sein. Wenn du ihn in deine energische Erziehung nehmen .wirst, wird sicherlich noch etwas aus ihm zu ma­chen sein. Bei mir hat deine Behandlung ja auch Wunder gewirkt.

Ende

. Der HomanRätsel um Dr. Falk Ist ln Buchform ln ?. Herbert Bauer Verlag, Tübingen-Lustnau, er­schienen.