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Montag, 3. April 1950
ÜBERPARTEILICHE HEIMATZEITUNG
6. JAHRGANG / NR. 52
Westeuropas Verteidigung festgelegt
Das Ergebnis der Haager Konferenz des Verteidigungsausschusses der Atlantikpaktmächte
DEN HAAG. Die Konferenz des Verteidigungsausschusses der im Atlantikpakt zusammengeschlossenen Länder hat den von dem militärischen Ausschuß empfohlenen Plan der kollektiven Selbstverteidigung angenommen. Der Ausschuß hatte die allgemeine Verteidigungsstrategie für die Länder des Atlarttik- paktes festgelegt und er hatte ferner eine Beurteilung der militärischen Lage im Falle eines Angriffs auf diese Länder und Verteidigungspläne gegen einen solchen Angriff ausgearbeitet.
„Die Pläne sehen“, so heißt es in dem amtlichen Abschlußbericht, „eine zusammenfassende Verteidigung des ganzen Nordatlantikraumes zum Unterschied von einer nur auf das eigene Land begrenzten Verteidigung der einzelnen Nationen vor. Zum ersten Male haben damit 12 unabhängige und souveräne Nationen auf dem Wege demokratischer Zusammenarbeit ein System zur eigenen und gegenseitigen Verteidigung entwickelt“. Dem militärischen Produktions- und Beschaffungsamt sind besondere Richtlinien für eine Normung der Waffen und eine koordinierte Produktion gegeben worden. Der Finanz- und Wirtschaftsausschuß soll das vorhandene finanzielle und wirtschaftliche Potential. für Verteidigungszwecke überwachen. Die Verteidigungsminister betonten, daß weitere Bemühungen für eine kollektive Sicherheit erforderlich seien.
Auf einer Pressekonferenz erklärte der ame
rikanische Verteidigungsminister Johnson, das neue Programm werde Aenderungen in den Verteidigungsplänen dör einzelnen Länder mit sich bringen, da jede Nation ihren eigenen Plan dem Gesamtplan angleichen müsse. Die Frage der zusätzlichen Mitglieder im Atlantikpakt (es war von Spanien und Deutschland die Rede gewesen) oder der Ausschluß von derzeitigen Mitgliedstaaten sei auf der Tagung nicht besprochen worden. Dagegen habe man die Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit innerhalb der fünf Regionen des Paktes erörtert.
Der Plan, dessen Einzelheiten selbstverständlich streng geheim gehalten werden, sieht,
wie verlautet, eine wesentliche Einschränkung der Funktionen der französischen, holländischen und sogar bis zu einem gewissen Grade der britischen Marine vor. Den amerikanischen Streitkräften wird die Hauptrolle bei der Aufrechterhaltung der Seeverbindungen zufallen. Die amerikanische Luftwaffe wird in erster Linie Langstreckenbomber einsetzen, während Großbritannien und Frankreich Jäger und mittlere Bomber zum Einsatz bringen werden. Die Infanterie wird voraussichtlich von den kontinentalen Mächten gestellt werden. Die ausgearbeiteten Pläne sollen ständig überprüft und der jeweiligen Lage angepaßt werden.
Das Ergebnis von Straßburg
Die nächste Tagung der beratenden Versammlung am 7. August
STRASSBURG. Der aus 13 Außenministern bestehende Ministerausschuß des Europarates hat am Samstag seine dreitägige Sitzung beendet. In dem Abschlußkommunique heißt es, daß die Besprechungen in „herzlicher Atmosphäre und wahrhaft europäischer Zusammenarbeit“ durchgeführt worden seien. Die Ergebnisse dieser Tagung sind folgende:
1. Einladung an Westdeutschland und das Saargebiet.
Die Kontrolle der Stahlindustrie
Ein erläuternder Brief der Alliierten Hohen Kommission
FRANKFURT. Die Alliierte Hohe Kommission hat am Sonntag den Inhalt eines Briefes an den Bundeskanzler veröffentlicht, in dem die bei der Kontrolle der deutschen Stahlindustrie zur Anwendung kommenden Grundsätze festgelegt werden. Der Bundeskanzler hatte um eine klare Stellungnahme zu den mit der Alliierten Kontrolle über die deutsche Stahlindustrie zusammenhängenden Fragen gebeten.
In dem Schreiben wird festgestellt, daß die Hohe Kommission für die Kontrolle der Produktionsstadien der deutschen Stahlindustrie nach dem Besatzungsstatut „eine Zuständigkeit weiteren Ausmaßes besitzt, die sich auch darauf erstreckt, die Entwicklung der Produktionskapazität derjenigen Kontrolle zu unterwerfen, welche ihr aus Sicherheitsgründen erforderlich erscheint.“
In dem Bericht heißt es dann weiter: „Insbesondere erachtet es die Hohe Kommission für ihre Pflicht, sicherzustellen, daß die Stahlindustrie, einschließlich der weiterverarbeitenden, nicht zur Entwicklung eines Kriegspotentials führt. Sie steht ferner auf dem Standpunkt, daß der Aufbau neuer Ausrüstungen für die Zwecke der ersten Weiterverarbeitungsstadien des Stahls, sowie die Errichtung von Walzwerken und von Schmelzöfen eine Gefahr darstellen würde, wenn dies nicht durch eine friedliche Zweckbestimmung gerechtfertigt wäre, oder wenn dies zu einer übermäßigen Erweiterung der für die erste Weiterverarbeitung bestimmten Produktionsmittel führen würde, die außerhalb jeden Verhältnisses zu dem für die Herstellung von Rohstahl genehmigten Produktionsniveau stände. Die Hohe
Kommission hat die Absicht, die Kontrolle nicht strenger anzuwenden, als für notwendig erachtet wird.“
Das militärische Sicherheitsamt wird bestimmte Industrieanlagen kontrollieren, die für die erste Weiterverarbeitung von Stahl besonders wichtig sind. Dazu gehören unter anderem Werkeinricht.ungen für Walzwerke. Einzelheiten sollen dem Bundeskanzler demnächst mitgeteilt werden. Durch die Kontrollmaßnahmen ist nicht beabsichtigt, die Stahlquote für Deutschland zu beeinflussen.
Demnächst zu erlassende neue Rechtsvorschriften der Hohen Kommission werden die Verbote und Beschränkungen aufzählen, die Deutschland auferlegt worden sind, um seine Wiederaufrüstung auf industriellem Gebiet zu verhindern.
2. Bildung eines gemeinsamen zeitweiligen Ausschusses der aus sieben Vertretern des Ministerausschusses und einer gleichen Zahl von Vertretern des ständigen Ausschusses der beratenden Versammlung bestehen soll und der die Aufgabe hat, die Trage der Verbesserung der Verbindung zwischen den beiden Körperschaften des Europarates zu erörtern.
3. Erörterung von Maßnahmen zur Koordinierung der Tätigkeit der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEC) und des Europarates um künftige Doppelarbeit zu vermeiden.
4. Die Kartellfra" 1 soll in Zusammenarbeit mit einem Ausschuh der internationalen Handelsorganisation untersucht werden.
Der Ministerausschuß gelangte außerdem zu der Feststellung, daß die Zeit augenblicklich für die Abhaltung einer europäischen Wirtschaftskonferenz nicht geeignet ist. Während der Verhandlungen haben sich, die Außenminister Frankreichs und Großbritanniens, Robert Schuman und B e v i n gegenseitig in allen wichtigeren Fragen unterstützt, so daß ein Beobachter feststellte, die französische Zusammenarbeit sei seit dem Kriege niemals besser . gewesen.
Der Ministerausschuß wird im Mai in London zu seiner nächsten Tagung zusammentreten, während die beratende Versammlung für den 7. August nach Straßburg einberufen wird.
Zum Generalsekretär der beratenden Versammlung ist der Italiener Caracciolo, Fürst von Castagneto, ernannt worden.
Zusammenarbeit in der Luft
■Chinesisch-sowjetisches Abkommen
LONDON. Der Moskauer Sender gab am Sonntag bekannt, daß zwischen Außenminister Wyschinski und dem Botschafter der chinesischen Volksrepublik am 27. März in Moskau ein Abkommen über die Gründung einer sowjetisch-chinesischen Gesellschaft für Zivilluftfahrt unterzeichnet worden ist. Die Gesellschaft werde drei Fluglinien betreiben und zwar von Peking nach Tschita in der Nähe des Baikalsees, von Peking nach Irkutsk und von Peking nach Alma Ata in Kasakstan. Die Kosten und die Einkünfte der Gesellschaft sollen zu gleichen Teilen unter den Partnern geteilt werden. Das Abkommen ist für die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen worden.
Ausiandshilfe genehmigt
Irland-Klausel zurückgezogen
WASHINGTON. Das amerikanische Repräsentantenhaus hat am Freitag mit großer Mehrheit die Auslandhilfevorlage in Höhe von 3 102 450 000. Dollar für das am 1. Juli beginnende Fiskaljahr genehmigt. Von dem Gesamtbetrag, der von der Regierung angefordert worden war, hat das Repräsentantenhaus insgesamt 270 Millionen Dollar gestrichen. Das Haus hat den sogenannten irischen Zusatzantrag, der die Hilfe für England aussetzen wollte, solange die beiden Irland nicht vereinigt würden, zurückgezogen. Auch der Zusatz, eine Milliarde Dollar für den Ankauf überschüssiger amerikanischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu benützen, wurde nicht aufrecht erhalten.
Deutsche können zurückkehren
Eine ungarische Erleichterung
BUDAPEST. Alle nach Ende des Krieges aus Ungarn ausgewiesenen Volksdeutschen, die noch ihre nächsten Verwandten in Ungarn haben, können wie das ungarische Außenministerium bekanntgab, um die Erlaubnis zur Rückkehr nach Ungarn und zum Erwerb der ungarischen Staatsangehörigkeit nachsuchen. Die Ausgewiesenen, die nach Ungarn zurückzukehren wünschen, müssen diesen Entschluß bis zum 25. September der ungarischen diplomatischen Mission in Berlin mitteilen. Diese Vertretung Ungarns ist zwar nur bei der Ostzonenregierung akkreditiert, die Antragstellung kann jedoch bei dieser Mission erfolgen, ganz gleich wo der Antragsteller lebt.
Bei der Volkszählung von 1940 betrug die Zahl der ungarischen Staatsangehörigen, die als Muttersprache Deutsch angegeben hatten,
Das Einladungsschreiben
BONN. Die Einladung des Straßburger Ministerausschusses an die Bundesrepublik hat folgenden Wortlaut:
„Herr Bundeskanzler!
Der Ministerausschuß des Europarates hat mich beauftragt, der Deutschen Bundesregierung folgende Mitteilung zu machen:
Artikel 5 des Statuts des Europarats bestimmt, daß unter besonderen Umständen ein europäisches Land, welches als fähig und willens gilt, den Bestimmungen des Artikels 3 zu entsprechen, von dem Ministerausschuß eingeladen werden kann, assoziiertes Mitglied des Europarates zu werden. Aus der Erwägung, daß es wünschenswert sei, Deutschland an die europäischen Länder anzuschließen, die zur Wahrung ihrer demokratischen Lebensform entschlossen sind, lädt der Ministerausschuß die Deutsche Bundesrepublik offiziell ein, as-
470 000. Ausgewiesen wurden jedoch lediglich soziiertes Mitglied des Europarates zu werden.
diejenigen, die sich als deutsche Staatsbürger bezeichnet oder dem „Volksbund der Deutschen im Ausland“ angehört hatten. Nach zuverlässigen Schätzungen handelte es sich um 100 000 Angehörige der deutschen Minderheit,
Ostdeutsche Armee
Ein Bericht McCloys
WASHINGTON. Am Sonntag sind Einzelheiten übei- die Aufstellung einer kommunistischen Polizeitruppe in der Sowjetzone Deutschlands, die „in Wirklichkeit eine Armee ohne moderne oder schwere Waffen“ sei, veröffentlicht worden. Sie stammen aus einem Bericht des Hohen Kommissars McCloy. Die Organisation, die den Namen Bereitschaftspolizei führt, ist danach zurzeit 45 000 Mann stark. Als Ausbilder sind ehemalige Wehrmachtsoffiziere und „alte Kommunisten“ eingesetzt. Nach Mitteilung McCloys handelt es sich um eine ausgesprochene Infanterietruppe.
Die früheren Wehrmachtsoffiziere hätten sich vor allem der hohen Gehälter wegen in den Dienst dieser Truppe gestellt. Es gebe sogar
Fälle von bisher in Westdeutschland lebenden ^ ^ __
ehemaligen Offizieren, die aus diesem Grunde tung steht noch nicht fest.
Der Ministerausschuß wünscht, daß ich bei Uebermittlung dieser Einladung an die Deutsche Bundesregierung die Aufmerksamkeit dieser Regierung auf die Tatsache lenke, daß sie mir nach den Bestimmungen des Artikels 5 des Statuts eine Urkunde über die Annahme des Statuts übermitteln muß. Aus dieser Urkunde muß hervorgehen, daß die Deutsche Bundesrepublik gewillt ist, die leitenden Grundsätze und die Ziele des Europarates, wie sie in der Präambel und im Artikel 3 des Statuts dargelegt sind, anzunehmen. Ein Exemplar des Statuts wird Ihnen anliegend' überreicht.'
Ich bin gleichfalls beauftragt, Ihnen mitzuteilen, daß Deutschland in der beratenden Versammlung auf 18 Sitze Anspruch hätte und daß die Höhe seines Beitrages zum laufenden Rechnungsjahr 126 Millionen Francs (etwa 1,5 Millionen DM. Die Red.) betragen würde.
Genehmigen Sie, Herr Bundeskanzler, den Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung.
Camille Paris, Generalsekretär.“
Wie von der Bundespressestelle mitgeteilt wird, wird Dr Adenauer nach seiner Rückkehr von München den Empfang der Einladung bestätigen. Ein Zeitpunkt für die Bera-
Funktionen bei dieser Polizei übernommen hätten. Das Vorhandensein dieser Truppe und die Berichte heimkehrender Kriegsgefangener aus Sowjetrußland seien nicht gerade dazu angetan, das Sicherheitsgefühl des Durchschnittsdeutschen und der politischen Führer zu steigern.
In Bonner Kreisen rechnet man damit, daß die deutschen Vertreter voraussichtlich aus den Reihen des Bundestages gewählt werden. Es wird angenommen, daß die CDU/CSU und die SPD je 6 Delegierte, die FDP 3, die Deutsche Partei, die Bayernpartei und das Zentrum je 1 Delegierten stellen werden.
Zum Handeln entschlossen
Von unserem Stuttgarter th-Mitarbeiter
Die innerpolitische Entwicklung in Württemberg-Baden treibt einer schwerwiegenden Ent- . Scheidung entgegen. Die „Deutsche Gemeinschaft“ hat die Forderung auf ein Volksbegehren erhoben, mit dem Ziele, den Landtag aufzulösen und die Regierung zu stürzen. Ihre Erfolgsrechnung stützt sich auf die vermeintliche Opposition in der Bevölkerung gegen ein Korruptionssystem, das weiterwirkt, „weil die Beschuldigten zugleich Richter in eigener Sache sind.“
Der Vorsitzende, Minister a. D. Dr. Mattes, hat betont, es handle sich bei dem Antrag nicht um eine „Parteisache“, die Deutsche Gemeinschaft wolle nur das „Instrument zur Durchsetzung des Volkswillens“ sein. Auch wenn der Vorstoß mehr einem „taktischen“ Bedürfnis entspricht, als eine schöne Funktion zu erfüllen, wäre das ein gutes Recht dieser Partei, denn sie hat bei den Bundestagswahlen immerhin 300 000 Stimmen in Württemberg-Baden auf sich vereinigen können. Daß ihr damals fünf Mandate versagt blieben, weil ihre Landesliste nicht anerkannt wurde, dürfte sie in dem Entschluß noch bestärkt haben, jetzt, da ihr das Gefüge gebrechlich erscheint, die Initiative zu ergreifen, um in einem neuen Landtag zum Zuge zu kommen.
Das Innenministerium, das über die Zulassung eines Volksbegehrens entscheidet, wird nur die formale Seite des Antrags zu prüfen haben, nicht also auch die Beweggründe untersuchen müssen. Da es für die Deutsche Gemeinschaft leicht sein dürfte, notfalls auch die von der Verfassung vorgeschriebenen 5000 Unterschriften zu sammeln, ist es kaum denkbar, daß der Antrag abschlägig beantwortet werden könnte. Auch die 100 000 Unterschriften für die Einzeichnungslisten, die erst die eigentliche Volksabstimmung bewirken, werden wahrscheinlich aufgebracht werden können. Fraglich bleibt dann nur, ob bei der binnen eines Monats vorzunehmenden Volksabstimmung die erforderliche „Mehrheit der stimmberechtigten Staatsbürger“ die Notwendigkeit erkennen wird, sofort, ohne eine Minute zu verlieren, für die Auflösung des Landtags zu stimmen, obwohl ohnehin seine Wahlperiode in wenigen Monaten zu Ende geht.
Es wird darauf ankommen, ob die Bevölkerung im Juni — das wäre der früheste Termin der Volksabstimmung — sidi der Korruptionsaffären noch erinnert. Zweifellos stand die Bevölkerung noch vor einem Monat ganz unter dem Eindruck der sich überstürzenden Nachrichten über das, was unter dem Sammelbegriff „Entnazifizierungs-Skandal“ die Gemüter erregte. Aber besteht die Erregung heute noch? Oder ist es gelungen, wie McCloy kürzlich auf der Botschafterkonferenz in Rom sagte, „die Angelegenheit unter den Teppich zu schieben“, ohne daß noch weitere Worte der Entrüstung fielen? Fast möchte man meinen, daß es so sei. Der gravierendste Fall von allen, die die Absicht der Vertuschung erkennen ließen, nämlich die Ablehnung der Immunitätsaufhebung des ehemaligen Befreiungsministers Kamm durch den Landtag, hat kaum mehr Beachtung gefunden, geschweige denn Aufsehen erregt. Die Bevölkerung hat auch nicht mit einem Aufschrei des Protestes geantwortet. als entschieden wurde, daß die Untersuchung des Entnazifizierungs-Skandals — bis auf die kleinen Fälle May-Meier — von der richterlichen Ebene in das Dunkel eines Unterausschusses des Ständigen Ausschusses des Landtags verlegt wurde. Schon gar nicht war besondere Notiz davon genommen worden, daß der zweite parlamentarische Untersuchungsausschuß, der zur Aufdeckung der Mißstände im Landwirtschaftsministerium im Herbst vergangenen Jahres eingesetzt wurde — fast hätte man seine Existenz überhaupt vergessen — jetzt, nach sechs Monaten, zum Abschluß der „Beratungen“ gekommen ist, und zwar „ohne nennenswertes Ergebnis“.
Es ist kein Zweifel möglich, auch nicht für Uneingeweihte, daß Regierung und Landtag alle Gegenkräfte wirkungslos gemacht haben, mit dem Erfolg, daß sogar die Zeitungen dem Korruptionsthema, das sie monatelang fasziniert hatte, kaum noch Raum widmen. Wenn man sich also jetzt schon Ueberlegungen hingeben will, ob der Antrag für ein Volksbegehren schließlich zum gewünschten Effekt führen wird muß man mit der Apathie, die sich der Bevölkerung Württemberg-Badens inzwischen wieder bemächtigt hat, wohl rechnen. Es bleibt deshalb ungewiß, ob der erste Versuch einer praktischen Anwendung von Demokratie. durch ein Volksbegehren die Regierung zu stürzen, tatsächlich von Erfolg gekrönt sein wird.
Dr. Adenauer in München
MÜNCHEN. Bundeskanzler Dr. Adenauer, der am Sonntagmorgen von Bonn nach München abgereist war, ist abends in der bayerischen Landeshauptstadt eingetroffen, um der bayerischen Regierung einen ersten offiziellen Besuch zu machen. Er will sich zwei Tage in der Isarstadt aufhalten und Besprechungen mit maßgebenden Politikern des Landes führen. Auch einer öffentlichen Kundgebung der CSU wird er beiwohnen.