Zum Konfirmationefonntag
Krokus
Der erste Krokus sprießt hervor In leuchtend jungem Grün,
Bald wird in buntem Frühlingsflor Die ganze Wiese blühn.
So keimt in jedes Menschen Brust Der Hoffnung zartes Grün Von Jahr zu Jahr: Ob Leid, ob Lust, Das laßt nur Gott erblühn!
Wilhelm Rudolphi (Nagold)
Morgen, am Sonntag Judika, ist in fast allen Orten unseres Bezirkes der Konfirmationssonntag. Aus der engeren und weiteren Heimat kommen eure Lieben zu euch, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden. Freilich, da und dort fehlt einer, der Vater oder ein Bruder, der in der Ewigkeit mit euch feiert oder noch nicht aus der bitteren Gefangenschaft zurückgekehrt ist. Das trübt das Fest. Aber es gibt Einen,, der euch hilft und euch beisteht euer Leben lang. Vergeßt ihn nicht! Es ist ein wichtiger Tag morgen; für manches unter euch beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Ihr zählt nun zu den Erwachsenen. Vor allem aber seid ihr nochmals und diesmal euer bewußt aufgenommen in die Kirche, d. h. in die Gemeinschaft Jesu Christi: Taufbund und Gnadenstand werden erneuert für Zeit und Ewigkeit. Es ist ein Tag der Entscheidung, von dem noch viele Entscheidungen in eurem Leben abhängen werden. Wie schön, daß dieser Tag in den Frühling fällt! Ihr steht im Lenze des Lebens: Jugend und Frühling gehören zusammen. Es ist die Zeit der Hoffnungen. Aber auch in euer Leben werden Sommer, Herbst und Winter einmal kommen und an Stelle der Hoffnungen die Erinnerungen treten. Da ist es gut, wenn ihr euch an den morgigen Tag und an euern Konfirmationsspruch erinnert! Und welch schönen Wochenspruch hat der morgige Sonntag! Joh. 17, Vers 19: „Ich heilige mich selbst für sie, auf daß auch sie geheiligt seien in der Wahrheit“. Freut euch dieser über Erde, Leben und Tod in die Ewigkeit führenden Verheißung! Das Buch der Wahrheit habt ihr stets zur Hand. Ob ihr es benützt oder nicht, das liegt allein bei euch. Und noch etwas habt ihr: Das heilige Kreuz des Erlösers steht stets vor euch als Erkenntnis-, Bekenntnis- und Segenszeichen. Es hilft euch, euer Kreuz zu tragen und anderer Kreuz mitzutragen. Eure Heimatzeitung grüßt euch herzlichst zum morgigen Tage. Geht frühlingsfröhlich und voll Gott- vertiauen in der Christusliebe in euer Leben hinein! Und vergeßt auch euer Vaterland nicht, das. seine Jugend nötiger hat denn je zu einer neuen und besseren Zukunft! Der Heilige Dreieinige Gott geleite euch!
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Unsterbliches deutsches Lied
Mit 20 Liedern und Balladen erfreute der Kriegsblinde Hans Kohl, Mannheim, am Donnerstag Abend im Traubensaal eine zahlreiche Zuhörerschaft. Das Konzert wurde von den jetzt vereinigten Konzertgemeinschaften blinder Künstler Westdeutschlands veranstaltet. Schon die Zusammensetzung des Programms war nicht ohne Rei^T sieben unserer besten deutschen Tondichter kamen zu Wort, ange- fahgen bei Schubert über Schumann, Brahms, Wolf, Richard Strauß, Trunk bis zu Loewe. Und jeder kam mit Kompositionen zum Vortrag, die seine Eigenart besonders deutlich erkennen ließ. Obwohl es sich hier um Künstler handelt, die ganz verschiedenen Zeiten und Richtungen angehören und von denen gewiß jeder auf seine Weise der Musik diente, so sprach doch aus aller Schaffen gemeinsam der Geist der deutschen Musik, wie er im Kunstlied seinen charakteristischen Ausdruck findet.
Der Bariton Hans Kohl sang mit großer Hingabe und einer Innerlichkeit, die nur einem Blinden eigen ist. Seine Stimme zeigte vor allem im Forte ihren Glanz; so gelang ihm auch das Dramatische gut wie in Loewes Vertonung von „Archibald Douglas“ und „Odins Meeresritt“. Als hervorragender Begleiter erwies sich Hermann Eckert, dem leider nur ein für derartige Darbietungen kaum genügendes Klavier zur Verfügung stand.
Das Publikum dankte den Künstlern mit herzlichem Beifall.
Konzert der Stuttgarter Philharmoniker
Dem Volksbildungswerk Nagold ist es gelungen, die Suttgarter Philharmoniker zu einem Konzert am Sonntag, den 16. April, nachmittags um 4 Uhr im Traubensaal zu gewinnen. Nach dem mit großer Begeisterung aufgenommenen Konzert im letzten Jahr anläßlich der Gewerbeausstellung ist zu erwarten, daß dieses Mal der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt ist, denn am 16. April wird W. van Hoogstraten selbst am Dirigentenpult stehen. Das Stuttgarter Philharmonische Orchester hat sich unter seiner Leitung- im Musikleben von ganz Westdeutschland einen geachteten Namen erworben: Erst jüngst wurden Dirigent und Musiker in München stürmisch gefeiert. Es ist beabsichtigt, durch
Laien bei der Rechtspflege
Schöffen und Geschworene aus den Gerichtsbezirken Calw und Nagold
Aus dem Gerichtsbezirk Calw:
1. Wilhelm Müller, Bauunternehmer in Calw, Lange Steige,
2. Friedrich Mohr, Gemeindepfleger und Stricker in Altburg,
3. Jakob Stoll, Bürgermeister in Maisenbach,
4. Otto Weiß, Bürgermeister in Gedungen,
5. Gottlob Baiser, Müller in Ostelsheim,
6. Fritz Ha-nselmann, Schreinermeiste'r in Neuweiler,
7. Friedrich Lang, Bürgermeister in Zwerenberg,
8. Ernst Stickel, Fässer in Unterreichenbach,
9. Erwin Strähle, Maurermeister in Altheng- stett, Friedhofstr.,
10. Hermann Schwarzmaier, Reg.Obersekretär in Bad Liebenzell;
ferner aus dem Gerichtsbezirk Nagold:
1. Friedrich Bader, Schreiner und Gemeinderat in Altensteig,
2. Otto Weinstein, Friseurmeister in Altensteig,
3. Ernst Rempp. Fabrikant in Wildberg, Hauptstraße 220,
4. Karl Schühle, Schreinermeister in Nagold, Insel,
5. Georg Köbele, Kaufmann in Nagold, Calwer Straße 25,
6. Paul Bühler, Landwirt in Gültlingen, Calwer Gasse,
7. Gottlieb Renz. Schreinermeister und Gemeinderat in Haiterbach,
8. Georg Rath, Bauer in Egenhausen, Wintergasse,
9. Ernst Seeger, Gerbermeister in Rohrdorf bei Nagold,
10. Wilhelm Luginsland, Schreiner in Nagold.
Daneben sind noch 10 Hilfsschöffen gewählt, die in Calw oder in nächster Umgebung wohnhaft sind und die einspringen müssen, wenn ein zu einer Sitzung ausge- loster Hauptschöffe wegen Krankheit oder aus sonstigen Gründen nicht erscheinen kann.
Für das Schöffenjugendgericht in Calw sind gewählt:
1. Hermann Scholz, Calw, Lange Steige 24,
2. Richard Wolf, Lehrer in Bad Liebenzell,
3. Fritz Kugele. Bürgermeister a. D. in Unterlengenhardt.
4. Ilse Hä-gele, Witwe in Calw, Lederstr. 38,
5. Gottlob Blaich, Molkereirechner in Stammheim Kreis Calw,
6. Karl Mast, Werkführer in Unterreichenbach, Kirchstr. 1.
Hilfsschöffen beim Schöffenjugendgericht Cahv sind:
1. Karl Nuding, Kaufmann in Calw, Lange Steige,
2. Marianne Geprägs, Hausfrau in Calw, Schulgasse 9,
3. Gerhard Vincon, Kaufmann in Calw. Lederstraße 21,
4. Otto Kopp, Behördenangestellter in Calw, Kronengasse,
Aber auch bei den höheren Gerichten, bei der Strafkammer und beim Schwurgericht, beide beim Landgericht in Tübingen, sind Laien als Beisitzer tätig. Bei der Strafkam-
den Omnibusverkehr auch der näheren und weiteren Umgebung einen Konzertbesuch zu ermöglichen.
Französische Eß- und Kochkunst
Herr Latou von der Akademie Calw, der hier durch seinen Vortrag über deutsch-französische Verständigung in bester Erinnerung steht, wird am Freitag, den 31. März, abends um 8 Uhr im Festsaal der Lehreroberschule über „Französische Eß- und Kochkunst“ sprechen. Ein Thema, das. fernab von aller Politik, hochaktuell ist, denn die Liebe und noch gar vieles andere geht durch den Magen! Herr Latou besitzt den nötigen Witz und das gastronomische Verständnis, über dieses Thema recht Bemerkenswertes zu sagen. Das Volksbildungswerk empfiehlt den Besuch des Vortrags, zu dem die ganze Bevölkerung herzlich eingeladen ist.
Werbefilm der Uhrenfachgeschäfte
Im Vorprogramm zeigt das Tonfilmtheater ab heute einen Werbefilm der Uhrenfachgeschäfte, der auf Veranlassung der beiden Nagolder Uhrmachermeister Fr. Günther (Innungsobermeister) und A. Heuser vorgeführt wird. Der kurze Werbefilm weist in unaufdringlicher Form auf die Vorteile hin, die der Kunde nur beim Fachmann erwarten kann, und nimmt damit auch gegen den immer mehr um sich greifendenr Hausierhandel Stellung.
Die Heimatzeitung gratuliert
Heute kann Frau Agathe Mast Witwe, Freudenstädterstraße 12, ihren 78. Geburtstag feiern.
Am morgigen Sonntag begeht Herr Michael Besch, Rentner, Wolfsbergstraße 18, sein 82. Wiegenfest. Ebenso können wir morgen Frau Berta Hertkorn, geb. Hauser, Freudenstädterstraße 54, zu ihrem 71. Geburtstag, und dem weithin bekannten Schäfer August Schill am Schelmengraben 6, zu seinem 82. Geburtstag gratulieren.
mer des Landgerichts Tübingen sind Hauptschöffen:
a) Aus dem Gerichtsbezirk Calw:
1. Matthäus Rentschler, Stricker in Altburg,
2. Georg Pfrommer, Gemeindepfleger in Beinberg,
3. Karl Mörsch, Gastwirt in «Station Teinach,
4. Kurt Sannwald, Fabrikdirektor in Calw,
5. Gottlob Aiechle, Landwirt in Deckenpfronn,
6. Richard Weik, Kaufmann in Bad Liebenzell,
7. Hans Lörcher, Bürgermeister und Landwirt in Oberkollwangen,
8. Gustav Bäuerle, Schlossermeister in Schömberg.
Aus dem Gerichtsbezirk Nagold:
1. Emil Werner, Kupferschmiedmeister in Nagold,
2. Otto Köbele, Diplom-Ingenieur in Alten-
3. Jakob Götz, kaufm. Angestellter in Nagold,
4. Ernst Gauß jr., Fabrikdirektor in Rohrdorf,
5. Eugen Rauser, Mechaniker in Iselshausen bei Nagold,
6. Karl Rathfelder, Kaufmann in Wildberg, Hauptstraße 113.
7. Alfred Dorner, Prokurist in Altensteig,
8. Jakob Brenner, Bürgermeister in Oberschwandorf,
9. Karl Klu-mpp, Metzgermeister in Nagold,
10. Wilhelm Kaupp, Gipser in Haiterbach,
Hauptstraße.
Die 60 Namen umfassende Liste der Hauptgeschworenen des Schwurgerichts in Tübingen enthält 3 Geschworene aus dem Gerichtsbezirk Calw:
1. Hermann Schmid, Fabrikant in Calw, Bischofstr. 66,
2. Michael Pfrommer, Landwirt in Welten- schwänn,
3. Helmut Kurz. Kaufmann in Ead Liebenzell, und ebensoviel aus dem Gerichtsbezirk Nagold:
1. Gottlieb Hennefarth, Bürgermeister in Altensteig,
2. Eugen Breitling, Bürgermeister in Nagold,
3. Wilhelm Schübel, Schneidermeister in Haiterbach.
Als Hauptschöffen für das große Jugendschöffengericht in Tübingen sind aus dem Gerichtsbezirk Calw gewählt:
Georg Schühle. Kaufmann in Calw, Bahnhcfstraße 52,
Ernst Laich, Calw, Teüchelweg.
Weitere Nagolder Nachrichten
Farbige „Fledermaus“
Aus Anlaß seines 30jährigen Jubiläums zeigt das Tonfilmtheater Nagold von Samstag einschließlich kommenden Donnerstag (jeden Tag Vorführung) den von Geza von Bolvary während des Krieges fertiggestellten deutschen Farbfilm „Fledermaus“. Der Film wurde von den Russen in Babelsberg erbeutet und bald darauf auch in Amerika herausgebracht. Vor kurzem wurde er nun auch in Deutschland vorgeführt. Das Tonfilmtheater Nagold hatte große Anstrengungen zu machen, um ihn jetzt schon zur Aufführung zu erhalten.
Der Film ist in jeder Beziehung ein Meisterwerk. Die Hauptmotive der Strauß-Operette sind beibehalten, werden aber durch einen filmgerechten Einfall in einen neuen Zusammenhang gebracht: zwei ähnliche Handlungen laufen nebeneinander ab, was eine unerschöpfliche Gelegenheit zu witzigen Effekten gibt. Mit Marte Harell, Dorit Kreysler, Johannes Heesters, Hans Brausewetter, Sigfried Breuer, Willi Fritsch und Will Dohm hat diese Filmoperette eine Besetzung, wie sie in den seitherigen Verfilmungen noch nicht erreicht wurde. Die Farbe (Asfacolor) unterscheidet sich mit ihren Pastelltönen wesentlich von den bekannten Technicolor-Buntfilmen.
Besuch der 7 Schwabenmädle
Die Sieben Schwabenmädle haben am Mittwoch auf dem Rückweg von Altensteig, wo sie ebenfalls gute Aufnahme gefunden hatten, in Nagold im Hotel „Post“ Halt gemacht. Natürlich war auch Werner Veidt, der unübertroffene schwäbische Humorist, mit von der Partie. Geschäftsführer Rometsch vom Verkehrs- und Verschönerungsverein Nagold begrüßte die Gäste und bat sie nochmals, bei ihrer nunmehr beginnenden Werbung für unser schönes Schwabenland unsere Stadt nicht zu vergessen.
Naturfreunde auf Pfingstfahrt
Die Sektion Nagold des Touristenvereins „Naturfreunde“ wird auch am diesjährigen Landestreffen in Heidenheim am 28. und 29. Mai teilnehmen. Die Fahrt nach Heidenheim erfolgt am Pfingstsonntag früh mit Omnibus, die Rückfahrt am Pfingstmontag Abend. Neben den Mitgliedern können sich auch Gäste daran beteiligen. Möglichst frühzeitige Anmeldung zur Teilnahme muß bei G. Dürr (am Lemberg) vorgenommen werden.
Mit
„Boogie Woogie" in Alfensfeig
Eines der Sieben Schwabenmädel berichtet
„Alte — steig...“ sagte der.Teufel zu seiner Großmutter am Ende einer Schwarzwaldtour, als sie kaum noch den steilen Hang schaffen wollte. Ja, und so wurde das entzückende Städtchen im Nagoldtal, eingebettet in dunkle, würzig duftende Tannenwälder — Altensteig benannt.
Daß es das Ende einer Wanderung war, glaube ich bestimmt behaupten zu köniftn, weil ganz oben am Berg, wo die Steige in den Wald übergeht, die „Hölle“ ist, in die sich die ,,teuflische amilie“ wieder verkroch. Später wurde sie das Verlies für sogenannte schwere Verbrecher, und darüber bauten die Altensteiger ein Häuschen — „den Himmel“ — für das leichtere Gesindel.
Wir genießen den Anblick von der gegenüberliegenden Höhe. Da liegt die obere Stadt, mit den Giebelfronten und das untere Städtchen mit den Breitseiten der Häuser zum Tale. Diese — direkt an der so sanft scheinenden Nagold gelegen — hatten vor zwei Jahren gar sehr um ihre Existenz zu kämpfen. Sie ist nicht immer so still, diese Nagold, sie setzte damals all diese schmucken und sauberen Häuschen lVs Meter unter Wasser und brauste wie ein Gebirgsbach durch das Tarl.
„Drüben — seitlich von .Himmel und Hölle“ sehen Sie das Schloß der Grafen von Hohenberg“, informierte uns der Reisebegleiter, und erzählte uns die Sage, die mit diesem Schloß verbunden ist. Sie wird am Altensteiger Heimattag im Juni im Schloß ausgeführt. Das Programm sieht die-Beleuchtung des ganzen Städtchens vor, ein großes Feuerwerk im Schloß, und dort — wo eine Lücke zwischen dem oberen und unteren Teil besteht — wird ein künstlicher Wasserfall angelegt. Von überall her, von In- und Ausland werden Altensteiger erwartet. Ein großes Fest soll es werden, und ich glaube, daß es auch ein sehr schönes wird. Wer kommt nicht herzlich gerne in diese ruhige, idyllische Gegend, wo man das Gefühl hat, es ist alles gut in der Welt, es gibt keine Sorgen und keinen Streit. Oben auf den Wiesen um die Burgruine der Herren von Altensteig weidet der Schäfer seine Schafherde, die Frühjahrssonne lacht vom blauen, ja sogar schon wolkenlosen Himmel auf das wiedererwachende Leben hier unten. „Das Schloß ist übrigens wieder von Raubrittern bewohnt“, ließ uns der Begleiter, mit verschmitztem Lächeln wissen, „und zwar vom Finanzamt“,
Nach herzlichem Abschied und dem Versprechen auf ein Wiedersehen, holperte unser Stolz — unser kleiner gelber ..Boogie Woogie“ (lies DKW) — etwa 3 km das Nagoldtal abwärts — nach dem verträumt und versteckt liegenden Berneck, dem zweit kleinsten
Städtchen Württembergs. Wir trauten unseren Augen kaum — das ganze Volk war auf den Beinen, und — während wir aus unserem „besten Stück“ herauskraxelten, hub der Mannergesangverein Berneck mit einem Ständchen zu unseren Ehren an. Wir waren beinahe gerührt!... Die Dorfjugend im Schlepptau, stiegen wir über die Wiesen zum Schloß der Barone von Gütlingen hinauf. Ein unbeschreiblich wundervoller Blick von hier oben in das Tal! Unter uns lag der See, auf den die Sonne silberne Sternchen zauberte und in dem sich bunte und weiße Entchen tummelten mit „Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh’...““ — „Den hinteren, von
Büschen überwucherten Teil des Sees wollen wir trocken legen und einen Tennisplatz daraus machen“, erklärt uns der Förster, und mit Stolz und Eifer erzählt er von seinen Plänen, wie er Berneck zu einem Fremden- verkehrsstädtchen herausputzen will. Wir wünschen ihm ein gutes Gelingen hierfür. Während uns die Baronin und der Baron von Gültlingen. dessen Sippe noch heute die beiden Schlösser bewohnt — durch ihre Räume führen, fühlen wir uns zurückversetzt in die Zeit der roten und Jplauen Husaren, in die Zeit der schweren, ^prachtvoll geschnitzten Eichenmöbel und der Plüschsofas und der roten Samt-Portieren, — in die Zeit der strengen Etikette. „Das ist eine Photographie aus meiner Husarenofflzierszeit mit dem Grafen von Zeppelin“, beantwortete der Baron meine Frage. „Als er aus seinem gelandeten Luftschiff stieg und zu seiner Gattin und zu mir trat, meinte er. das ist der Augenblick, in dem die Frau auf die Niederkunft des Mannes wartet.“ Auch sonst sind noch viele große und kleine Kostbarkeiten in dem Schloß zu sehen — dem Schloß, das wiederum von einer Kostbarkeit umgeben ist, den schwarzen Tannen — dem Schwarzwald.
Nachher waren wir übrigens froh, daß wir unseren Kollegen nicht mit dem kleinen Pappschild „zu Hofe“ gelassen hatten, das wir unten im Schloßgarten gefunden und ihm zu unser aller Belustigung hinten am Jackett- Kragen befestigt hatten. Es trug die. vielsagende Aufschrift „Zuerst ein größeres Blatt Papier einlegen, dann mit Wasser spülen und mit einem Stock nachhelfen.“ Es hätte peinlich werden können!
Mit Danziger Goldwasser in der Kehle und frischer Schwarzwaldluft in den Lungen schieden wir mit „Boogie Woogie“ von dem glitzernden See und dem Wald. Und auch die Abendsonne schied von diesem Frühlingstag hinter den dunklen Bergen.
Yvonne Kiibler-De Wulf