6. Jahrgang
Nummer 43
DIE LESESTUNDE
Die Geburtssfunde Gösfa Berlings
Von Selma Lagerlöf
Es war einmal eine Saga, die wollte erzählt und in die Welt hinausgetragen werden. Dies war ganz natürlich, weil sie wußte, daß sie schon so gut wie fertig war. Ihr fehlte nur, daß einer sie notdürftig zusammenfügte, damit sie gemächlich durchs Land ziehen könne. Sie war erst ein ganzes Gewühl von Geschichten, eine formlose Wolke von Abenteuern, die hin und her flatterten wie ein Schwarm verirrter Bienen an einem Sommertag und nicht wußten, wo sie einen finden sollten, der sie in einem Korbe vereinigen könnte.
Die Saga, die erzählt werden sollte, war in Värmland entstanden, und man kann sicher sein, daß sie über so manchen Herrenhöfen und Eisenhämmern, über so manchen Pfarr- höfen und Offizierswohnungen in der schönen Provinz schwebte, zum Fenster hineinguckte und um Einlaß bat.
Endlich kam die Saga in ein altes Haus, das Morbacka hieß. Zuweilen kamen die lieben Abenteuer gleichsam noch handgreiflich in das Haus. Alte arme Offiziere fuhren in rumpelnden Carriols, die mit uralten Pferden bespannt waren, an der Freitreppe vor. Sie machten Halt und blieben wochenlang zu Gaste; und am Abend, wenn der Toddy ihnen Mut gemacht hatte, begannen sie von der Zeit zu erzählen, wo sie ohne Strümpfe in den Schuhen getanzt hatten, damit die Füße kleiner aussähen, und wo sie ihr Haar gebrannt und ihren Schnurrbart geschwärzt hatten. Einer von ihnen prahlte mit dem Abenteuer, wie er versucht hatte, ein schönes Mädchen zu ihrem Bräutigam zurückzuführen, und wie er auf der Heimfahrt von Wölfen verfolgt worden war, ein andrer war bei dem Weihnachtsschmause mit dabei gewesen, wo ein erzürnter Gast alle Haselhühner an die Wand warf, weil man ihm eingeredet hatte, es wären Krähen, ein dritter hatte den Alten gesehen, der dazusitzen und auf einem Holztische Beethoven zu spielen pflegte.
Nun verhielt es sich durchaus nicht so, daß da etwa das junge Mädchen von Anfang an die Absicht gehabt hätte, die Sagen und Geschichten niederzuschreiben, die sie umgaben.
Als sie schon zweiundzwanzig Jahre alt war, fuhr sie nach Stockholm, um ein Studium zu beginnen und sich gleichzeitig zur Lehrerin auszubilden.
Wenn wir in jenen lange zurückliegenden sonnigen Florentiner-Tagen ausfahren wollten und um einen Wagen telephonierten, so verlangten wir regelmäßig, daß Romeo selbst komme.
Heute würde er in Hollywood filmen, damals begnügte er sich damit, der schönste und beste Kutscher der Stadt und, durch seine Heirat mit Maria, der Herr über sechs Pferde und drei Wagen zu sein — im Alter von sechsundzwanzig Jahren!
Romeo wußte, daß er schön sei. Hätte es ihm nicht die eigene Eitelkeit gesagt, Marias Anbetung für den zwölf Jahre Jüngeren würde es ihm enthüllt haben. Sie verwöhnte ihn, erfüllte alle seine Wünsche und lebte eigentlich nur für ihn. (Nachdem ich einmal die Photographie ihres ersten Mannes, Signor Tassi, gesehen hatte, begriff ich sie vollkommen.)
Er liebte die Pferde, liebte auch die glänzenden Wagen, liebte das gute Essen und die guten Weine, die Maria ihm vorsetzte, und empfand für die nicht mehr junge Frau eine gewisse knabenhafte Zuneigung.
Das ging so bis zu jenem Tag, da ein gastierendes Opernensemble Gounods , Romeo e Giulietta“ aufführte und im Romeo ein Billett schenkte; Maria ging abends nie aus dem Hause.
Am folgenden Nachmittag fuhr Romeo vor, stieg vom Bock, lehnte sich in romantischer Haltung gegen den Wagen und empfing uns mit den Worten: „Sono Romeo“.
Wir blickten ihn erstaunt an, kannten wir doch schon seit Monaten seinen Namen. Er erklärte aber, daß er jetzt nicht den Kutscher Romeo meine, nicht den Mann der braven Maria, sondern den _ jungen Veroneser, den unsterblichen Geliebten, den unseligen Helden.
An diesem Tag kutschierte er nicht gut. Er saß düster, schmerzlich bewegt auf dem Bock, er fuhr sich mit der Hand leidenschaftlich durchs Haar, er seufzte, sang halblaut Arien aus der Oper, stieß beinahe mit eitlem anderen Wagen zusammen und rief dem verdutzten Kutscher des anderen Fuhrwerks, nachdem er die Ehre aller seiner weiblichen Vorfahren geschmäht hatte, als letzte Beschimpfung .,Capulet“ zu.
Nach dieser Fahrt ließ er sich vierzehn Tage nicht sehen und schickte regelmäßig den zweiten Kutscher. Wir fragten, ob er krank sei? Nein, hieß es, der Padrone sei nicht krank, der Padrone sei nur traurig.
Und eines Tages begegneten wir im Giar- dino Boboli Romeo, eng umschlungen mit einem jungen Mädchen. Uns erblickend, ließ er das Mädchen stehen und kam auf uns zu.
„Giulietta“, erklärte er und wies auf die kleine Verkäuferin aus der Konditorei an der Ecke der Viale del Colli. „Giulietta. mein Schicksal, mein Leben und“, er starrte uns düster an, wahrscheinlich auch mein Tod.“ Damit machte er kehrt und ging zu Giulietta zurück.
Später erfuhren wir, daß Romeo in den vierzehn Tagen teils seufzend am Fenster gesessen war, teils aber in der Nachbarschaft eine Giulietta gesucht habe. Die erste, die er fand, war über sechzig, die zweite eine Neapolitanerin, mit der ein selbstbewußter Florentiner selbstverständlich nichts anfangen durfte, die dritte hinkte und die vierte hatte Pockennarben. Erst die fünfte entsprach mehr oder weniger der Rolle, die er ihr zugedacht hatte. ’
Das junge stak bald tief in der
Arbeit. Es schrieb nicht mehr, sondern ging in Aufgaben und Lektionen auf. Es sah fast aus, als sollte die Saga es ganz und gar verlieren.
Da begab sich etwas Merkwürdiges. In diesem selben Herbst, nachdem sie ein paar Monate in grauen Gassen zwischen Hausmauern gelebt hatte, ging sie an einem Vormittag mit einem Pack Bücher unter dem Arm die Malms- killnadsgasse hinauf. Sie hatte eben eine Vorlesung über Literaturgeschichte gehört. Die mußte von Bellman oder Runeberg gehandelt haben, denn sie ging einher und dachte an diese beiden und an die Gestalten, die sich in ihrer Dichtung bewegten. Sie sagte sich selbst, daß Runebergs gutmütige Kriegshelden und Bellmans sorglose Zechbrüder das vortrefflichste Material wären, das ein Dichter nur haben könnte. Und da auf einmal tauchte dieser Gedanke in ihr auf: Die Welt, in der du
Man nehme im Jahre 1999 eine nette junge Dame und einen netten jungen Mann. Beide lasse man Arm in Arm in ein Fachgeschäft für Kücheneinrichtungen treten und sich gegenseitig so lange anhimmeln, bis der flotte Verkäufer erscheint und verbindlich sagt: ,,Was wünschen die Herrschaften?“ „Eine komplette Kücheneinrichtung!“ erwidern die Herrschaften dann gleichzeitig. Der flotte Verkäufer ruft daraufhin begeistert aus: „Mit Vergnügen! Darf ich zunächst fragen: Wünscht die gnädige Frau ein nach energiewirtschaftlichen oder ein nach mechanischen Prinzipien entwickeltes Modell? Bitte, mißverstehen Sie mich nicht! Wir haben selbstverständlich auch kombinierte Modelle. Sie vereinigen — wie beispielsweise hier unser ,Standard-Super- Six-Negadyna-Kompressor‘ — die Vorzüge beider Typen. Die auf kleinsten Raum zusammengedrängte vollmechanisierte Anlagt nimmt der Hausfrau jede Arbeit ab. Ihr obliegt nur die Wahl des Gerichtes — auf dieser Tabelle findet sie alle nur erdenklichen Möglichkeiten —, ihr obliegt es, die für das gewünschte Gericht in der Tabelle angezeigte Numtfler auf der an der Stirnseite angebrachten Stellwalze zu wählen. Vielleicht darf ich einmal vorführen... nehmen ’ wir ... beispielsweise
Im August verschwand Romeo, Maria weinte und fluchte, denn auch Giulietta war verschwunden. Einen Monat lang blieb Maria Strohwitwe, einen Monat lang ließ Romeo nichts von sich hören, doch hatte ein von Maria bezahlter Privatdetektiv herausgefunden, daß die beiden sich in Livorno aufhielten. Romeo hätte für sein romantisches Abenteuer lieber einen stilleren Ort aufsuchen sollen, kamen doch in der Badesaison viele Menschen nach Livorno.
An einem der ersten Septembertage rief Maria mich an, ich solle sofort kommen, Romeo sei da.
Und als ich das kleine Haus hinter dem Stall betrat, saß Romeo in der Küche und aß. Er war blaß und mager, und seine Kleidung war verwahrlost. Er warf mir einen zornigen Blick zu.
„Dieser Mann, der die Oper geschrieben hat“, sagte er vorwurfsvoll, „ist ein Idiot. Sie hat sich nicht vergiftet, sie ist mir mit einem Marchese durchgegangen.“ Er fuhr sich durchs Haar. — „Sie ist treulos!“
„Sie leben ja auch noch, Romeo“, meinte ich.
„Leben?“ schrie er. „War das ein Leben? Keine Pferde, kein Wagen, keine Behaglichkeit! Kein eigenes Haus! Keine...“ er zögerte einen Augenblick und sagte dann fast schüchtern: „Keine Maria“.
„Geschieht dir recht“, erklärte Maria und stellte ein zweites Gericht auf den Tisch.
Romeo füllte seinen Teller. „Das ist gut“, sprach er. ,In Livorno können sie nicht kochen. Aber warum geschieht es mir recht? Ich war dir immer treu, deshalb ist Giulietta auch mit einem Marchese durchgegangen.“ Er wandte sich mir zu und sagte fast drohend: „Nie mehr, nie mehr gehe ich in die Oper.“
Dann seufzte er tief, fuhr sich abermals durchs Haar, summte leise eine Arie aus „Romeo e Giulietta“ vor sich hin, erschrak dann plötzlich und begann hastig die Marcha Reale zu pfeifen.
Und am folgenden Tag kutschierte er uns wie früher, schön, schlank, gewandt und vornehm, durch die Cassinen.
In der Bibliothek meines Vaterl'fand sich ein Buch, und darin ein Bild, an dessen geheimnisvollen Eindruck ich mich bis heute erinnere. Es muß wohl ein gewöhnliches geographisches Handbuch gewesen sein, und was mich so tief betroffen machte und mit unendlicher Ahnung erschütterte, war eine bunte Abbildung, auf der unter blauem Himmel eine steinige Berghalde, einige Latschen und einzelstehende verkümmerte Lärchen, und darunter eine sehr grüne, steinübersäte Almwiese zu sehen waren. Unter dem Bild stand: „Baumgrenze“. Ich erfuhr, im hohen Gebirge gebe es eine Grenze, jenseits deren wegen der Höhe und Kälte und Windausgesetztheit keine Bäume mehr wachsen könnten. Die Laubbäu- ine blieben schon weif unten zurück, dann auch die Tannen und Fichten, schließlich sogar die Lärchen, und nur noch die kriechenden Latschen, an den Boden geschmiegt, könnten sich dort erhalten. Wo auch sie im kahlen Gestein keine Nahrung mehr fänden, da eben sei jene Grenze, wie das Bild sie zeige.
unten in Värmland gelebt hast, ist wohl nicht weniger originell als die Welt Fredmans oder die des Fähnrichs Stal. Kannst du nur lernen, sie zu gestalten, so hast du wohl einen ebenso guten Stoff für deine Arbeit wie diese beiden.
So ging es zu, da sie zum ersten Male der Saga ansichtig wurde. Und in demselben Augenblicke, wo sie sie sah, begann der Boden unter ihr zu schaukeln. Die ganze lange Malms- killnadsgasse vom Hamngatshügel bis hinauf zur Brandstation erhob sich zum Himmel und sank wieder hinab, hob sich und sank. Sie mußte eine gute Weile stille stehen, bis die Gasse zur Ruhe gekommen war; und erstaunt sah sie die Vorübergehenden an, die so ruhig einherschritten und nicht merkten, welches Wunder geschehen war In dieser Stunde beschloß das junge Mädchen, die Geschichte der Värmlandskavalier.e zu schreiben, und sie gab diesen Gedanken nie wieder auf Aber viele, lange Jahre währte es, bis der Entschluß zur Ausführung kam. Aus „Ein Stück Lebensgeschichte“, Nymphenburger Verlagshandlung, München.
Karamellcreme mit gesülzter Chaudeau und Cremeklößchen . . also Nummer 571...“
Der junge Ehemann sagt leise und schüchtern. „vielleicht mag ich das nicht“.
„Bitte, wie Sie wünschen“, erwidert der flotte Verkäufer verbittert, „dann nehmen wir eben . .. Marinierten Auerhahn mit glacierten Kastanien. Das ist Nummer 436. Ich stelle also diese Nummer ein. Ein Druck auf den Knopf hier und .. der 36-PS-Motor mit Sternwicklung beginnt zu arbeiten. Wie Sie erkennen können, ist er sinnvollerweise mit diesem Rotationsbürstensystem und dem Staubsauger gekoppelt, so daß Sie jetzt, während die Maschine alles weitere verrichtet, in Ruhe Teppiche absaugen, den Boden bohnern und, wenn es Ihnen beliebt, die Schuhe — hier schwarz, hier braun — auf Hochglanz polieren können. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, m;t Hilfe dieses Hebels — ich möchte bemerken, daß er als vollautomatischer Bleistiftanspitzer ausgebildet ist — jetzt den Exhaustor zu betätigen. Diese Einrichtung bedeutet eine umwälzende Neuerung, denn — drücken Sie auf diesen Knopf, dann arbeitet er als Fön und Sie können Ihre Haare trocknen. Drücken Sie jedoch auf diesen, dann bläst er in die hier auf dem angebauten Servierbrett aufzustellenden Kaffeetassen Neskaffee. Das, sofern Sie sich die Mühe gemacht haben, in die links angebrachte Klappe eine Büchse Neskaffee gesteckt zu haben.
„Es sind eigentlich ne ganze Menge Knöpfe“, sagt der junge Mann vorsichtig.
„Selbstverständlich“, erwidert der flotte Verkäufer, „dafür ist die Konstruktion auch vollautomatisch und für ihre Bedienung wird nur der Führerschein A und B verlangt. Aber bleiben wir bei der Sache. Der Vorteil des soeben gezeigten Rheostaten ist. daß er jederzeit und überall als Lautstärkeregler für Volks-, Klein- und andere Empfänger verwendet werden kann. Im übrigen ist mit dem ganzen Mechanismus eine Signalanlage verbunden, auf die Sie sich völlig verlassen können. Wenn jetzt ein Klingelzeichen ertönt..
„Dann ist der Auerhahn fertig“, sagt der junge Mann auf atmend.
„Nein, dann ist er nicht fertig!“ erwidert der flotte Verkäufer pikiert, dann schaltet sich automatisch die Welle 6a/35 ein. An ihr können die mitgelieferten Verlängerungsspesen angeschlossen werden. Mit ihrer Hilfe können Sie mühelos sämtliche Uhren in Ihrer Wohnung aufziehen, Löcher in Holz, Leder,
Du wachst eines Morgens auf, und es ist Frühling. Du stehst auf und gehst in den Garten, wenn du keinen hast, tut es auch das Fensterbrett. Es muß natürlich ein Sonntag sein oder sonst ein Tag, an dem du nichts zu tun hast. Die Vögel, die dich schon morgens um fünf Uhr geweckt haben, singen auch jetzt, die Sonne scheint, ein lindes Lüftchen weht, und während du über einen Strauch gebeugt stehst oder die Ueberbleibsel eines Geraniums sorgfältig auf etwaige Knospen untersuchst, erwacht in dir die unwiderstehliche Lust zu gärtnern.
Du machst dich auf. holst einen Spaten (im Fall des Fensterbretts genügt der Löffel, mit dem du sonst deine Suppe ißt) und beginnst zu graben. Es ist der uralte Menschheitsinstinkt, der in dir erwacht, der Ackerbauer. Du entfernst Steine, reißt Wurzeln aus, die dir den Eindruck machen, als gehörten sie nicht, zur Sache, und entdeckst dabei mancherlei
Es gelang mir nicht, begreiflich zu machen, was mich daran so sehr bewegte. Wahrscheinlich erriet es mein Vater, hielt aber für gut, den ehrfürchtigen Schauer, der mich angerührt hatte, nicht mit Erklärungen aufzulösen. Daß keine Bäume mehr aufkommen, wo das nährende Erdreich fehlt, war nicht so schwer einzusehen, desto geheimnisvoller aber die Tatsache selbst: nicht überall hin, hinauf und hinab, bleibt die Welt, die wir bewohnen, die gleiche; Grenzen sind dem wachsenden Leben gesetzt; der Same, der darüber hinausweht, stirbt, und unser Weg endet im Unzugänglichen. Daß der Mensch in dieses baumlose Zauberreich hinaufdringen konnte, ohne daß „etwas geschieht“, hatte mich anfangs enttäuscht. aber ich war sehr geneigt anzunehmen, daß die Gefahr nur eine verborgene sei und irgendwann hervorbrechen müsse. Jedenfalls blieb mir für immer etwas von dem halb entzückten, halb schaudernden Gefühl, mit dem ich beim erstenmal, auf jener bunten Abbildung, die „Baumgrenze“ betrachtet hatte.
Der Märzenritt
Von Johann Peter Hebel Ein Mann reitet an einem blanken Märzentag auf einem Esel nach Haus und läßt seinen Jungen zu Fuß nebenher laufen. Kommt ein Wanderer und sagt: „Das ist nicht recht, Vater, daß ihr reitet und laßt euren Sohn laufen; ihr habt stärkere Glieder.“
Da steigt der Vater vom Esel herab und läßt den Sohn reiten. Kommt wieder ein Wandersmann und sagt: „Das ist nicht recht, Bursche, daß du reitest und Iässest deinen Vater zu Fuß gehen. Du hast jüngere Beine.“ Da sitzen beide auf und reiten eine Strecke. — Kommt ein dritter Wandersmann und sagt; „Was ist das für ein Unverstand; zwei Kerle auf einem schwachen Tier; sollte man nicht einen Stock nehmen und euch beide hinabjagen?“
Da steigen beide ab und gehen selbdritt zu Fuß. rechts und links Vater und Sohn, und in der Mitte der Esel. Kommt ein vierter Wandersmann und sagt: „Ihr seid mir drei seltsame Gesellen. Ists nicht genug, wenn zwei zu Fuß gehen? Gehts nicht leichter, wenn einer von euch reitet?“
, Da bindet der Vater dem Esel die vorderen Beine zusammen, und der Sohn bindet ihm die hinteren Beine zusammen. Dann ziehen sie einen starken Baumpfahl durch, der an der Straße steht, und tragen den Esel auf der Achsel heim.
Soweit kanns kommen, wenn man es allen Leuten recht will machen, meint der Chronist zu diesem kuriosen Stücklein.
Pappe. Eisen bis zu 20 mm Stärke bohren. Das wenigstens so lange, bis an dieser Tafel ein grünes Licht erscheint...“
„Und der Auerhahn fertig ist“, flüsterte der junge Mann schüchtern. „Nein!“ entgegnet der flotte Verkäufer. „Aber das Kaffeewasser?“ erkundigt sich die nette Dame. „Welches Kaffeewasser?“ erkundigt sich der Verkäufer entrüstet. „Für den Neskaffee!“ meint der junge Mann gebrochen. „Aber mein Herr“, entgegnet der flotte Verkäufer streng. „Sie werden doch nicht im Ernst beabsichtigen für ein lächerliches Kaffeewasser ein derartiges Wunderwerk der Technik in Betrieb zu setzen!“ „Durchaus nicht“, entgegnet die junge Dame, „aber wenn ich sowieso mit diesem Standard- Super-Six-Negadyna-Kompressor koche ...“ „Was“, fragt der flotte Verkäufer entsetzt, „kochen wollen Sie damit auch?“
„Natürlich“, wirft der junge Mann schüchtern ein, den Auerhahn!“
„Aber ich bitte Sie, daran gibt es doch nicht das geringste zu kochen“, erwidert der Verkäufer verbittert, „Marinierter Auerhahn mit glacierten Kastanien ist eines des 553 Gerichte, die diese Tabelle enthält und die sie binnen 20 Minuten tischfertig und überallhin von unserem weltbekannten Küchenbetrieb geliefert bekommen können. Anruf genügt. Unsere Nummer steht auch auf der Tabelle.“ Die junge Dame meint: „Oooch — und ich hatte gedacht, ich könnte wenigstens einmal ein Schnitzel..
„Braten?“ fragt der Verkäufer eisern. Und die beiden jungen Leute nicken traurig.
„Dann“, sagt der Verkäufer, „wenn Sie das von einer Kücheneinrichtung verlangen, dann kann ich Ihnen nur das Allerneueste empfehlen: Einen zweiflammigen Gasherd. Ich muß Sie allerdings darauf aufmerksam machen, die Sache steckt noch sehr in den Kinderschuhen. Und wenn auch an ihrer Entwicklung mit Hochdruck gearbeitet wird, ob sich jemals damit Schuhe putzen, Nägel feilen, Teppiche saugen, Fensterwaschen, Uhren aufziehen lassen — ich muß es bezweifeln.“ FA.
in unserer Mutter Erde, das dich zu tiefsinnigen Betrachtungen anregt. Wenn du ein Dichter bist, läßt du jetzt alles stehen und gehst hin und verfaßt ein Gedicht. Die meisten Gedichte entstehen so.
Bist du aber kein Dichter, sondern ein Mann der Tat, dann regt sich nach der Lust des Grabens der Wunsch des Stutzens in dir. Du hast gehört und gelesen, daß Pflanzliches, wenn es richtig gedeihen soll, im Frühjahr zurückgeschnitten werden muß. Also holst du dir eine Schere. Falls du einen Garten hast, besitzt du unter Umständen ein geeignetes Werkzeug, sonst nimmst du, was dir in die Hände fällt, von der Papierschere bis zur Hautschere scheint dir alles, was sich auf- und zuklappen läßt, nicht ungeeignet.
Und nun schneidest du. — Leider ist es so, daß die pflanzliche Kreatur nicht schreien kann. Könnte sie es, die Welt wäre von e ; nem dauernden Wehgeheul erfüllt, über dem selbst den entschlossensten Blumenliebhabern Hören und Sehen verginge. Zuerst allerdings gehst du behutsam vor, du zwickst nur die äußersten, verdorrten Aestchen ab, aber mit der zeitlichen Dauer deiner Tätigkeit wächst gewissermaßen dein fachliches Können und damit dein Mut.
Nach einer Viertelstunde sehen wir dich bereits in einiger Erregung unter die Vorstellung des Egalisierens gebannt, die nach künstlerischen Gesichtspunkten schöpferisch gestaltend mit der Natur verfährt. Nach einer weiteren Viertelstunde ist von dem Holunderstrauch, der dir im vorigen Sommer Schatten spendete, oder von dem Rosenbusch, dessen schönste Blüten immer rätselhafterweise über Nacht verschwanden, oder der Geraniumplantage auf deinem Fensterbrett, von allen diesen Gewächsen ist — gestehe es nur — nichts als ein kläglicher, trauriger, furchteinflößender Stumpen vorhanden; du aber gehst, vor den ängstlichen Augen deiner Familie stolze Befriedigung mimend, zur Lektüre der Zeitung oder zum Frühstück über, und während der nächsten zwei Wochen wirfst du allmorgendlich unruhig forschende Blicke auf dein Werk.
Aber sei guten Muts, die Fruchtbarkeit des Lebens ist unerschöpflich, und wenn du nur ein bißchen Glück gehabt hast, wächst alles wieder nach.
Die mechanisierte Küche
Romeo
Von Hermynia zur Mühlen
Die Baumgrenze
Von Bernt von Heiseier
Wenn man in diesen Wochen . . .
Von Rudolf Schneider-Schelde