6. Jahrgang
WIRTSCHAFT
Nummer SS
Die Voraussetzungen
Liberalisierung und Landwirtschaft
BONN. Am Montag veröffentlichte das Bundesernährungsministerium ein Gutachten seines wissenschaftlichen Beirats, in dem die Erfordernisse für eine erfolgreiche Durchführung der Liberalisierung des Außenhandels dargestellt werden. Die Auswirkungen der Liberalisierung auf die westdeutsche Landwirtschaft werden dabei besonders eingehend untersucht.
Als unerläßlich für den Erfolg der Liberalisierung werden unter anderem die Gegenseitigkeit ihrer Anwendung, möglichst auf multilateraler Basis, der Verzicht auf Dumpings und entsprechend umfangreiche internationale Kapitalbewegungen bezeichnet. Außerdem wird die Freizügigkeit der Arbeitskräfte und der allgemeine Abbau von Subventionen für Agrarprodukte empfohlen.
Die Liberalisierung des Außenhandels, so sagt das Gutachten, ist für Westdeutschland eine Lebensfrage, um die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen durch Exporterlöse zu ermöglichen. Sie bietet ferner schon jetzt die Möglichkeit, die innere Konjunkturpolitik, die zur Verminderung der Arbeitslosigkeit geboten erscheint, durch eine bessere Versorgung mit Gütern aller Art zu unterbauen. Die mit der Liberalisierung zu erwartende Steigerung der Ausfuhr und damit des Beschäftigungsgrades der gesamten Industrie ist die unentbehrliche Voraussetzung für einen lohnenden Absatz derdeutschen Landwirtschaft. Die daraus entstehenden Nachteile werden durch die Bildung eines europäischen Großmarktes weitgehend wettgemacht.
Die bisher aufgetretenen Schwierigkeiten resultieren nach Ansicht des Beirates aus der ungleichzeitigen Anwendung der Liberalisierung und der „durch das Fehlen einer entsprechenden Konjunkturpolitik verursachten Kaufkraftschwäche“. Besonders nachteilig habe sich ausgewirkt, daß die D-Mark im Herbst 1949 nicht so stark wie die Währung wichtiger europäischer Nachbarländer abgewertet worden sei.
Die Preissenkungen für tierische Erzeugnisse, die in den letzten Monaten eingetreten sind, dürften nach Meinung des Beirates nur zum Teil auf die Liberalisierung zurückzuführen sein; auch die Beseitigung der Mangellage habe erheblich zu einer Anpassung der Preise an die Kaufkraft der Verbraucher beigetragen. Gemüse-, Obstund Weinbau sind dem Gutachten zufolge durch die Liberalisierung stärkeren Belastungen ausgesetzt und bedürfen „spezifischer Hilfsmaßnahmen“. Dabei wird für Ausnahmefälle die Anwendung besonderer Zollsätze empfohlen.
Um die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft des Bundesgebietes auch in Zukunft zu gewährleisten, hält der wissenschaftliche Beirat Maßnahmen auf dem Gebiet der Beratung, der Forschung und der Ausbildung, sowie eine Verbilligung der Düngemittel für erforderlich. Auch eine entsprechnde Rücksichtnahme auf die Landwirtschaft bei der Kredit- und Steuerpolitik wird als notwendig erachtet.
Ein neuer Kleinwagen stellt sich vor
Gutbrod „Superior 600“ 1 Preis 3990 DM
WF. Die seit der Währungsreform gegenüber anderen Industriezweigen beispiellose Aufwärtsentwicklung der deutschen Automobilindustrie zeugt nicht zuletzt für die Tatkraft ihrer Initiatoren. Brauchte es dafür nach den in den letzten Monaten gebrachten Neukonstruktionen einer ganzen Anzahl von Kleinwagen noch eines Beweises, so lieferte diesen zum Beginn des neuen
Rückwärtsgang. Das Fahrgestell, bestehend aus einem Zentralrohrrahmen, hat vorne Schwingachsen und hinten Schraubenfedern mit zusätzlich vier Teleskopstoßdämpfern. Bei einem Eigengewicht von zirka 630 kg für das komplette Fahrzeug beträgt der Radstand genau 2000 mm, seine Spurweite ist vorne 1130 mm und hinten 1106 mm. Bei einem Kraftstoffverbrauch von zirka 6 Ltr.
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Jahres die Firma Gutbrod. Dieses württember- gische Automobilwerk in Plochingen am Neckar, einst und vielfach auch heute noch unter seiner früheren Fabrikmarke „Standard“ bekannt, ist in den letzten Wochen im Zusammenhang mit einem neuentwickelten Personenwagen oft genannt worden. Wenn auch mit dem Beginn der Serienproduktion erst im Monat Mai zu rechnen ist, so läuft eine Serie von Versuchswagen bereits seit längerer Zeit auf den deutschen Straßen. Nach Angaben des Werkes sollen ab Mai monatlich zirka 300 Stück dieses Wagens hergestellt werden, dessen Produktion für das Jahr 1950 bereits ausverkauft ist.
Leistung 18—20 PS
Der „Superior 600“ ist mit einem vorne liegenden wassergekühlten Zweizylinder-Zweitakthochleistungsmotor von 600 ccm ausgerüstet, der eine Leistung von 18 bis 20 PS erreicht. Der ganze Motorgetriebeblock ist in Gummi gelagert. Der Frontantrieb hat eine Dreigangschaltung mit
auf 100 km reicht der Inhalt des Kraftstofftanks für eine Wegstrecke von ungefähr 450 km. Bei einer Autobahndauergeschwindigkeit von 80 km'h erreicht der Wagen eine Höchstgeschwindigkeit von 97 km in der Stunde. Als Aufbau wurde eine 2- bis 3sitzige Kabrio-Limousine mit verstell-
Steuerterminkalender
für die Ilauptsteuern ln Württemberg-Hohenzollcrn im Monat März 1950
10.3. Umsatzsteuer: Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung und Abführung der Umsatzsteuer für den Vormonat.
Lohnsteuer: Anmeldung und Abführung der im Vormonat einbehältenen Beträge. Einkommensteuer: Abschlagszahlung für Februar und März 1950, sofern noch besondere Weisung ergeht.
Notopfer Berlin: Anmeldung und Abführung der im Vormonat einbehaltenen Abgabe der Arbeitnehmer und, sofern noch besondere Weisung ergeht, auch der Abgabe der Veranlagten und der Körperschaften.
15.3. Gewerbesteuer: Monatsbetrag in Gemeinden mit Monatszahlung.
Grundsteuer: in der Regel Monatsrate.
20.3. Soforthilfeabgabe: Abführung von einem Drittel der Soforthilfesonderabgabe. Beförderungssteuer: Nachweisung und Abführung der Beförderungssteuer aus Personen- und Gepäckverkehr und aus Güterfernverkehr für den Vormonat.
baren Sitzen in Ganzstahlausführung mit Rolldach gewählt, bei der sich hinter den Sitzen ein großer Kofferraum befindet. Die 5fache Bereifung hat die Größe von 4.00X15, die Räder besitzen lackierte Radzierkappen, während die Sitze au3 Kunstleder und die Innenwände lackiert sind. Eine Warmluftheizung einschließlich Defrosteranlage sorgt für gleichmäßige Erwärmung in der kalten Jahreszeit. Am Armaturenbrett befinden sich Tachometer, Lichtschalter, Zündschloß, Schalter für Winker und Scheibenwischer sowie ein Handschuhkasten. Der Wagen hat vorne und hinten lackierte Stoßstangen, die Farbe der serienmäßigen Ausführung ist zunächst taubengrau.
Der normale Preis dieser Ausführung beträgt 3990 DM, während eine Luxusausführung des Superior 4380 DM kostet. Bei diesem Wagen haben die Räder verchromte Radzierkappen, außerdem sind Stoßstangen, Zierleisten und Türgriffe verchromt. Die Innenbeleuchtung schaltet sich hier beim Oeffnen der Türe automatisch ein, Sitze und Innenwände sind mit Kunstleder bezogen und es ist Platz für ein Einbauradio vorhanden. Von der Luxusausführung werden ohne Mehrpreis vier Farbkombinationen geliefert, die später noch bekanntgegeben werden.
Wirtschaftliche Kurzberichte
Paraguay nimmt deutsche Auswanderer auf
Handelsdelegation unterzeichnet neuen Vertrag
WP. Einer Einwanderung von Deutschen in den südamerikanischen Staat Paraguay stehe nichts entgegen, erklärte der Vizekanzler und Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten Paraguays, Dr. Osvaldo Chaves, auf einer Pressekonferenz in Hamburg. Mit den deutschen Auswanderern habe Paraguay bisher die besten Erfahrungen gemacht, und die Kolonien der deutschen Landwirte und Weinbauern sind heute Zentren der Wirtschaft. Bei einer deutschen Auswanderung will der Staat Paraguay Land, Maschinen und Ueberbrückungskredite für die ersten Jahre bereitstellen. Die Finanzierung dieser Projekte müßte aber nach den Ausführungen des Ministers zum Teil auch von Deutschland getragen werden.
Dr. Chaves, der mit den beiden anderen Mitgliedern der paraguayanischen Delegation, Roque Z a 1 d i v a r und Felix Kemper, im Anschluß an die Unterzeichnung eines neuen Handels- und Zahlungsabkommens in Deutschland weilt, sprach sich befriedigt über das Abkommen aus. Deutschland habe durch den Reexport der Paraguay benachbarten Länder schon häufig Waren aus diesem Lande bezogen, ohne es zu wissen. Mit dem neuen Handelsverträge über 5,2 Millionen Dollar soll der Handel zwischen den beiden Ländern intensiviert werden. Paraguay als Agrarland und Deutschland als Industrieland ergänzen sich gut, und die deutschen Preise sind konkurrenzfähig. Zum Gesamtwert des Abkommens erklärte Dr. Chaves, daß man ein Volumen angenommen habe, das auch tatsächlich erreicht werden könne. Paraguay habe eine kleine Bevölkerung von nur
1,5 Millionen Menschen, und durch den Krieg ergaben sich Verlagerungen der Absatzmärkte. Diese Tatsache sowie die Produktionsschwierigkeiten haben den Umfang des Abkommens bestimmt. Devisenschwierigkeiten sind nicht der Grund des geringen Volumens gewesen. Auch stellt der Handelsvertrag mit Deutschland erst einen ersten Anfang dar. Geschäfte mit Firmen der sowjetischen Besatzungszone beabsichtigt Paraguay nach den Ausführungen des Ministers nicht abzuschließen.
Das Kreditgeschäft der Sparkassen
TÜBINGEN. Von den 16 öffentlichen Sparkassen in Württemberg-Hohenzollern einschließlich der Hohenzollerischen Landesbank Sigmaringen waren am 31. Dezember 1949 an Krediten und Darlehen ohne Wechselkredite insgesamt 48,3 Millionen DM ausgegeben. Von ihnen entfallen 38,7 Millionen DM auf kurz- und mittelfristige Ausleihung. Sie verteilen sich auf 16 940 Kreditnehmer. Weitaus der größte Teil der Kredite — rund 16 250 Stück — bewegt sich in der Größenordnung bis zu 10 000 DM.
Wenn die Sparkassen besonders auch im mittel- und langfristigen, vorwiegend dem sozialen Wohnungsbau dienenden Kreditgeschäft in sehr ansprechendem Ausmaße tätig gewesen sind, so darf dabei nicht übersehen werden, daß die individuelle Sparkapitalbildung allein die Quelle ist, aus der dieses Kreditgeschäft der Sparkassen gespeist werden kann.
Handelsdelegation nach Rio de Janeiro
FRANKFURT. Voraussichtlich Ende März wird eine deutsche Delegation zu Verhandlungen über ein Handels- und Zahlungsabkommen mit Brasilien nach Rio de Janeiro reisen. Die alliierte Hohe Kommission, die deutschen Vorschlägen über ein globales Kompensationsgeschäft von 15 Mill. Dollar mit Brasilien unter der Begründung nicht zugestimmt hatte, daß der deutsch-brasilianische Warenverkehr auf eine vertragliche Basis gestellt werden solle, dürfte, wie man glaubt, diese ersten Verhandlungen einer deutschen Delegation in Uebersee gutheißen. Der deutsche Außenhandel drängt seit langem darauf, den vertragslosen Zustand mit Brasilien zu beseitigen.
Volkswagen nach Aegypten
WOLFSBURG. Die ersten 35 Volkswagen für Aegypten wurden am Freitag im Hamburger Hafen verladen. Der Transport erfolgt auf einem holländischen Frachter, da keine deutschen Schiffe mit geeignetem Laderaum zür Verfügung stehen. Das Volkswagenwerk hat bisher die Lieferung von einigen hundert Wagen nach Aegypten abgeschlossen.
Streichung von der schwarzen Liste
FRANKFURT. Sämtliche deutschen und ausländischen Firmen in’Spanien und Portugal, mit denen Handelsbeziehungen nach dem Jeia-Operatio- nal-Memorandum Nr. 18 als unerwünscht angesehen wurden, sind von der in diesem Memorandum aufgeführten Liste gestrichen worden. Es handelt sich dabei um rund 50 Firmen in Spanien und 26 Firmen in Portugal. Da die deutschen und ausländischen Firmen in Schweden bereits vor einiger Zeit von der Liste gestrichen worden sind, gelten nun nur noch die Handelsbeziehungen der Bundesrepublik mit etwa 100 schweizerischen Firmen als un- verwünscht.
Gütezeichen für landwirtschaftliche Markenware
BONN. Das Bundesernährungsministerium hat einen Gesetzentwurf über ein Gütezeichen für deutsche landwirtschaftliche Markenware und über Handelsklassen für landwirtschaftliche Erzeugnisse fer- tiggestellt. Der Ernährungsminister soll weiterhin eine allgemeine Markensatzung für deutsche landwirtschaftliche Markenwaren erlassen. Als Gütezeichen wurde das vom Verband der Landwirtschaftskammern geschützte Warenzeichen vorge* schlagen; seine Verleihung soll durch die Landwirtschaftskammern oder die obersten Landesbehörden erfolgen.
Investitionskredite — auch für kleinere Landwirtschaftsbetriebe BONN. Die landwirtschaftlichen Investitionskredite betragen nach den Angaben des Bundesernährungsministeriums im Marshall-Plan-Jahr 1949'50 rd. 312 Mill. und für 1950/51 vorläufig 330 Mill. DM. Um eine gleichmäßige Streuung der Kredite auf Betriebe aller Größenklassen zu ermöglichen, will das Bundesernährungsministerium der Wiederaufbaubank durch eine Auflage den Anteil der kleineren Betriebe vorschreiben.
Kreditvolumen im Januar 10,5 Mrd. DM
FRANKFURT. Das gesamte Bankkreditvolumen in der Bundesrepublik hat sich bis Ende Januar auf rund 10.5 Mrd. DM erhöht, geht aus dem Januarbericht der Bank deutscher Länder hervor. Allein das Volumen der kurzfristigen Kredite der Geschäftsbanken an ihre Nichtbankenkundschaft ist im Januar um rund eine Viertelmilliarde angewachsen.
Wieder größere Buttereinfuhren FRANKFURT. Nach Mitteilungen aus beteiligten Kreisen wird die derzeitige, in der Bundesrepublik teilweise auftretende Butterknappheit voraussichtlich bereits in den nächsten 8 bis 14 Tagen behoben sein, denn aus Dänemark und Holland sind wieder größere Mengen Butter unterwegs.
Dänemarkflüchtlinge können Reichsmarkbeträge Umtauschen FRANKFURT. Deutsche Flüchtlinge, die vor der Währungsreform aus dänischen Internierungslagern entlassen worden sind, können jetzt bei der zuständigen Landeszentralbank den Umtausch von Reichsmarkbeträgen in Deutsche Mark beantragen, wenn ihnen bei der Währungsreform die Möglichkeit zu einem solchen Umtausch gefehlt hat. Die Anträge müssen bis zum 31. März 1950 bei der Landeszentralbank eingehen.
Deutsche Schlaf- und Speisewagengesellschaft gegründet
FRANKFURT. Mit einem Stammkapital von 8 Mill. DM wurde die ,,Deutsche schlaf- und Speisewagengesellschaft m. b v H.“ gegründet. Damit ist die Rechtsgrundlage für einen einheitlichen Betrieb der Schlaf- und Speisewagen im Bundesgebiet geschaffen. Das gesamte Stammkapital der neuen Gesellschaft befindet sich in der Hand der Deutschen Bundesbahn. In die neue Gesellschaft wurden sämtliche im Bundesgebiet gelegenen Vermögenswerte der früheren Mitropa-AG eingebracht. Ob der Name „Mitropa“ als Firmenzeichen beibehalten wird, steht noch nicht fest.
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